Bei ausgeprälteren, gebrechlicheren Menschen kann auch ein geringerergter Gewichtsverlust bedeutend sein.
Ungewollter Gewichtsverlust kann Grund ärztlichen Konsultation sein oder als Zufallsbefund auffallen.
Eine Vielzahl an möglichen Ursachen kann zu einem ungewollten Gewichtsverlust führen, darunter psychische, neurologische, maligne und endokrinologische Erkrankungen.
Oft ist der Gewichtsverlust multifaktoriell bedingt.3
Eine unbeabsichtigte Gewichtsabnahme ist insbesondere bei älteren Menschen häufig und mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität assoziiert.1-2,5
Die Mortalität innerhalb von 1–2,5 Jahren nach einem signifikanten, ungewollten Gewichtsverlust liegt bei9–38 %.1
Niedriges Körpergewicht gehört zu den wichtigsten Risikofaktoren für unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen (UAW) im Alter.6
Eine Gewichtsabnahme stellt bei unverändertem Weiterführen der Medikation – vor allem bei Multimedikation – ein Risiko dar.6
Physiologische Gewichtsveränderungen im Verlauf des Lebens
Normalerweise steigt das Körpergewicht schrittweise vom frühen Erwachsenenalter bis zur 5.–6. Lebensdekade.3
Ab einem Alter von 70–75 sinkt das Körpergewicht dann um etwa 0,1–0,2 kg/Jahr.
Der Abbau von SkelettmuskulaturMuskel- und Fettgewebe im AlterRahmen (Sarkopenie) ist ein wichtiger Faktor für Gebrechlichkeit im Alter.7
Ein schnellerer Gewichtsverlust sollte daher nicht als Begleiterscheinung des Alterns abgetan werden, sondern Anlass zur sorgfältigen Abklärung darstellen.3
Eine Mangelernährung ist auch im Krankenhaus eine häufige Ursache für Gewichtsverlust und stellt einen vermeidbaren Risikofaktor dar.8
In deutschen und österreichischen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen wurden bei etwa 25 % der Patient*innen Zeichen einer Mangel- oder Unterernährung festgestellt.8-9
Frühzeitige Erfassung und Behandlung einer beginnenden Mangelernährung haben einen positiven Einfluss auf die individuelle Letalität, Morbidität, Therapietoleranz, Komplikationsrate und damit die Prognose der Betroffenen.8
Die deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) hat mehrere Leitlinien zur klinischen Ernährung in Krankheitssituationen veröffentlicht.10-12
Gewichtsverlust kann häufig im späten Stadium schwererchronischer Erkrankungen auftreten(z.
AlsKachexieB. bezeichnet man eine starke Abmagerung mit Abbau von Stützgewebe und Skelettmuskulatur.Tumorkachexie)
UngewollterPrävalenz Gewichtsverlusteines wirdungewollten bei 1,3–3Gewichtsverlusts %in derden Patient*innenvergangenen 6 Monaten in der InnerenAllgemeinbevölkerung Medizinbei beobachtet.etwa 7 %2-35
BeiHöhere Prälterenvalenz bei Menschen ≥ muss65 vonJahren: einemca. höheren Anteil ausgegangen werden.
Etwa 15–20 % der Menschen über 65 Jahren sind von unbeabsichtigter Gewichtsabnahme betroffen.1,5-6
EinerPrävalenz amerikanischen Studie aus dem Jahr 2001 zufolge kommt es bei bis zu 50–65 % derunter Bewohner*innen von Pflegeeinrichtungen: bis zu ungewolltem50–60 Gewichtsverlust.%14
Bei älteren Patient*innen mit unbeabsichtigter Gewichtsabnahme lag in 19–36 % eine maligne Ursache zugrunde.4-5,15
Anorexia nervosa hat eine Prävalenz von etwa 0,4 % bei Frauen im Alter von 15–35 Jahren.16
Mangel- oder Unterernährung zeigte sich beibetrifft etwa 25 % allerder Patient*innen in deutschen Krankenhäusern.811-912
zunehmende Abhängigkeit und Einschränkungen im Alltag
Risiko für KnochenfrakturenZytokine (z. B.Schenkelhalsfraktur TNF-α) immit Alter.verschiedenen Effekten:5
Reduktion des Appetits
Abbau Muskel- und Fettgewebes
erhöhter Energieverbrauch
ZuAuch denbei häufigstenchronischen UrsachenOrganerkrankungen (zählen:. B. Kachexie bei Herzinsuffizienz) wird proinflammatorischen Zytokinen (IL-1, IL-6, TNF-α) mit Störung des katabol-anabolischen Gleichgewichts eine zentrale Bedeutung beigemessen.16
Entwicklungsverzerhögerungenhter Mortalität und Gewichtsverlust werden meist als Abweichung von den Perzentilen bei Routineuntersuchungen festgestellt.
Gewichtsverlust wird von Betroffenen möglicherweise nicht ernst genommen und fällt somit erst spät auf.Hospitalisierung
beierhöhtem jungenperioperativem FrauenRisiko mitfür Störungen des Essverhaltens häufig erst Vorstellung nach Aufforderung durch AngehörigeKomplikationen
InitialEmpfohlenes nurBasisprogramm zur grundlegendeAbklärung diagnostischeeines ungewollten Maßnahmen, um bereits eine Ursache zu finden oder aber weitergehende Untersuchungen festzulegen.Gewichtsverlustes1-2,4-57
Standardlaboruntersuchungen Basisdiagnostik(inkl. Schilddrüsenparameter aus wesentlichen Laboruntersuchungen, Röntgenthorax,und Test auf okkultes Blut im Stuhl und ggf. )
Sinnvoll, da etwaEtwa 1/3 der Fälle sind auf malignegastrointestinale und nichtmaligne Erkrankungen des GastrointestinaltraktsUrsachen zurückzuführen sind.1
einfachernicht undinvasive wenigerDiagnostik, invasivjedoch als Endoskopie
begrenzte Sensitivität und Spezifität, daher
weitergehende Diagnostik bei positivem Ergebnis
ggf.ergänzende Koloskopie zur Darmkrebsfrüherkennung, falls bisher nicht erfolgt(Endoskopie)
Weiterführende Diagnostik entsprechend spezifischer Hinweise in der Anamnese (z. B. Begleitsymptome) oder zur weiteren Abklärung auffälliger Untersuchungsbefunde mittels
weiterer Laboruntersuchungen
weiterer bildgebender Untersuchungen (z. B. Computertomografie)
Bei unklarem Gewichtsverlust und unauffälligen Befunden in der Basisdiagnostik wird eine Beobachtung über einen Zeitraum von 3–6 Monaten empfohlen.1,4,6-57
Eine Studie zeigte, dass eine organische Ursache bei unauffälliger Basisdiagnostik unwahrscheinlich ist und einEin beobachtendes Abwarten ist günstiger sei,als alseine ungerichtete, invasive Diagnostik.1714
Diagnostik bei Spezialist*innen
Abhängig von der Anamnese, den Befunden und der Verdachtsdiagnose, z. B.:
weitere Laboruntersuchungen
weitere bildgebende Untersuchungen
Endoskopie (z. B. Koloskopie)
Biopsie und Histologie
Malabsorptionsdiagnostik
psychiatrische Beurteilung.
Maßnahmen und Empfehlungen
Indikationen zur Überweisung
Bei unklarem, signifikantem Gewichtsverlust
Bei auffälligen Befunden, die auf eine organische Ursache hinweisen, ist eine Überweisung zur weiteren Abklärung sinnvoll.57
ggfTrotz ausführlicher Diagnostik und Verlaufskontrolle bleibt die Ursache des ungewollten Gewichtsverlusts in 5–36 % der Fälle ungeklärt. Notwendigkeit von künstlicher Ernährung101,3,6-127
Checkliste zur Überweisung
Gewichtsabnahme bei Erwachsenen
Zweck der Überweisung
Weiterführende Diagnostik? Therapie? Sonstiges?
Anamnese
Dauer und Beginn? Ausmaß der Gewichtsabnahme?
Appetit und Nahrungsaufnahme? Allgemeinzustand? Fieber?
Verschiedene Studien haben gezeigt, dass eine ungewollte Gewichtsabnahme ein Symptom mit sehr ernster Prognose und Mortalität von bis zu 38 % darstellen kann und daher angemessen abgeklärt und behandelt werden sollte.2
Die Behandlungsmaßnahmen richten sich nach der zugrunde liegenden Ursache, falls bekannt.
Bei unbekannter Ursache Verlaufskontrolle des Gewichts über 3–6 Monaten empfohlen1-2,6-7
Bei anzunehmenderfortbestehender Grunderkrankung,unklarer solltenGewichtsabnahme entsprechendeweiterführende UntersuchungenDiagnostik und eine Behandlung begonnen werdenanstreben.
Überweisung an Spezialist*innen bei malignen, psychischen oder infektiologischen Ursachen
Bei multifaktoriellem Gewichtsverlust ist u. U. eine interdisziplinäre Beurteilung und Behandlung (Zahnärzt*in, Ernährungsberater*in, Physio- und Ergotherapeut*in, Logopäd*in, Sozialarbeiter*in, ambulanter Pflegedienst), ggf. unter Einbeziehung der Angehörigen sinnvoll.5,1916
FDie frürhzeitige vieleBehandlung Erkrankungenvon Mangelernährung hat einen positiven Einfluss auf die Mortalität, z.Morbidität B.sowie DiabetesTherapietoleranz oderund Tumorerkrankungen,Komplikationsrate existierenmedizinischer speziell angepasste ErnährungsberatungenBehandlungen.10,1211
Nichtmedikamentöse Maßnahmen
Nichtmedikamentöse Maßnahmen
EineErnährungsberatung wirdsind bei älteren Patient*innen mit unbeabsichtigtem Gewichtsverlust empfohlen.1
Anpassung der Ernährungsgewohnheiten
häufigere und kleinere Mahlzeiten
Veränderung/Verbesserung des Geschmacks oder der Konsistenz der Mahlzeiten
Regelmäßige körperliche Aktivität oder Physiotherapie kann bei älteren Patient*innen den Appetit steigern und dem Abbau von Muskelmasse (Sarkopenie) vorbeugen.57,16
Ernährungsberatung
Für viele Erkrankungen, z. B. Diabetes oder Tumorerkrankungen, existieren speziell angepasste Ernährungsberatungen.18-19
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Autor*innen
Jonas Klaus, Arzt in Weiterbildung Neurologie, Freiburg im BreisgauHamburg
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
BBB MK 09.03.2023 revidiert, stellenweise umgeschrieben und gekürzt.
Revision at 15.11.2015 17:18:47:
Final German Version
Revision at 14.11.2015 20:01:46:
German Version
BBB MK 06.06.2018, komplett überarbeitet
Von einem ungewollten Gewichtsverlust spricht man bei unbeabsichtigter Abnahme des Körpergewichts um > ≥ 5 % innerhalb von 6–12 Monaten.1-47 Kachexie6-8
Beiausgeprägter älteren,Gewichtsverlust gebrechlicherenmit Abbau Menschenvon kannMuskel- und Fettgewebe im Rahmen chronischer Erkrankungen (z. B. Tumorkachexie)
Siehe auch einden geringererArtikel Kachexie Gewichtsverlustund bedeutendDehydratation seinin der Palliativmedizin.