Abdominale Resistenz

Allgemeine Informationen

Definition

  • Eine abdominale Resistenz bezeichnet einen Untersuchungsbefund, bei der eine umschriebene Verhärtung bzw. ein diffuser Widerstand des Abdomens festgestellt wird.
  • Unterscheidung zwischen:1-2
    • Resistenzen der Bauchwand (z. B. Lipome, Hämatome, Lymphknoten, Hernien)
    • intraabdominellen Resistenzen (z. B. benigne oder maligne Neoplasien, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Abszess).
  • Eine diffuse abdominelle Resistenz kann durch Obstipation, Koprostase und Meteorismus entstehen.
  • Bei pulsatiler abdomineller Resistenz Abklärung eines abdominellen Aortenaneurysmas3
  • Eine Unterscheidung kann entsprechend verschiedener Charakteristika erfolgen:1
    • Größe und Form
    • Lokalisation
    • Konsistenz
    • Oberfläche
    • Pulsatilität
    • Verschieblichkeit.

Diagnostische Überlegungen

  • Zeitlicher Verlauf der Schwellung (akut, subakut, chronisch)
  • Größenveränderung
  • Schmerzempfindlichkeit
  • Begleitsymptome
  • Grunderkrankungen und Risikofaktoren

ICD-10

  • R19.0 Schwellung, Raumforderung und Knoten im Abdomen und Becken
  • R16 Hepatomegalie und Splenomegalie, anderenorts nicht klassifiziert
  • R14 Flatulenz und verwandte Zustände

Differenzialdiagnosen

Unspezifische/variable Lokalisation

Lokalisation im rechten oberen Quadranten

Lokalisation im linken oberen Quadranten

Lokalisation im rechten unteren Quadranten

Lokalisation im linken unteren Quadranten

Anamnese

  • Beginn und Entwicklung der Resistenz (akut, subakut, chronisch)
  • Bauchschmerzen
    • Lokalisation, Intensität, Modulierbarkeit
    • Abdominale Resistenzen können asymptomatisch sein.4
  • Begleitsymptome, falls vorhanden:4
    • Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust
      • Gewichtsverlust und palpable Resistenz im rechten Unterbauch in jüngerem Alter eher Hinweis auf chronisch-entzündliche Darmerkrankung, bei älteren Patient*innen eher malignitätsverdächtig
    • Stuhlunregelmäßigkeiten (z. B. bei Obstipation und Obstruktion)
    • Pollakis- oder Dysurie
    • Hämaturie
  • Alter der Betroffenen
    • bei Frauen im gebärfähigen Alter: Möglichkeit einer Schwangerschaft und Zeitpunkt der letzten Regelblutung
  • Vor- bzw. Grunderkrankungen

Klinische Untersuchung

Inspektion

  • Allgemeinzustand
  • Äußere Form des Abdomens (flach, eingefallen, aufgetrieben)
  • Vorwölbungen der Bauchwand oder des Bauchnabels
  • Hautveränderungen

Auskultation

  • Beurteilung der Darmgeräusche
    • fehlende oder hochgestellte Darmgeräusche beim Ileus
  • Gefäß- oder Stenosegeräusche (Aneurysma)
  • Kratzauskultation zur Bestimmung der Lebergröße

Perkussion

  • Tympanitischer Klopfschall über luftgefüllten Darmanteilen
    • verstärkter Klopfschall z. B. bei Meteorismus
  • Abgeschwächter Klopfschall über flüssigkeitsgefüllten und soliden Strukturen

Palpation

  • Beurteilung der Lokalisation, Größe, Form, Oberfläche, Verschiebbarkeit, Pulsation und Konsistenz einer abdominellen Resistenz sowie der Bauchorgane (Leber, Milz, Nierenlager)
    • Beginn in nichtschmerzhafter Region und mit leichter Intensität
  • Spezifische palpatorische Befunde
    • Peritonismus: hartes Abdomen mit Abwehrspannung und starken Schmerzen schon bei leichter Erschütterung, z. B. bei Peritonitis
    • Appendizitis-Zeichen: z. B. schmerzhafte Palpation am McBurney- oder Lanz-Punkt bzw. kontralateraler Loslassschmerz (Blumberg-Zeichen)
    • Courvoisier-Zeichen: vergrößerte, palpable Gallenblase, z. B. bei Pankreaskarzinom
    • Murphy-Zeichen: Palpationsschmerz unter dem rechten Rippenbogen, insbesondere bei Inspiration, z. B. bei Cholezystitis
    • Tastbare Walze im linken Unterbauch bei Sigmadivertikulitis
    • Pulsatile (pulssynchrone) Resistenz bei abdominalem Aortenaneurysma
  • Lymphknotenstatus
  • Ggf. zusätzlich digital-rektale Untersuchung (DRU)

Ergänzende Untersuchungen

In der Hausarztpraxis

  • Weitere Untersuchungen abhängig von Lokalisation und Charakter der Resistenz
  • Laboruntersuchungen4
  • Ultraschall (Abdomen-Sonografie)2-5
    • Bildgebung der 1. Wahl (schnell, kostengünstig und nichtinvasiv)
      • Insbesondere bei Kindern und Schwangeren vorzuziehen.4
    • laut amerikanischer Leitlinie Spezifität und Sensitivität von > 95 %2
    • Beurteilung von Leber, Nieren, Milz, Pankreas, Aorta und Blase
    • ggf. Darstellung der Appendix und weiterer Darmabschnitte
    • Beeinträchtigung durch Körperstatur und luftgefüllte Darmschlingen

Bei Spezialist*innen

  • Bildgebende Verfahren des Abdomens
    • Bestätigung einer klinisch vermuteten Raumforderung sollte durch bildgebende Untersuchungen erfolgen.2,4-5
    • Magnetresonanztomografie (MRT)
      • Einsatz bei unklaren Ultraschallbefunden zur weiteren Abklärung2,4-5
      • gegenüber CT und Ultraschall bei der Darstellung von Weichteilen überlegen
      • Vorteil der ausbleibenden Strahlenbelastung, insbesondere im Falle von Kindern und Schwangeren
      • ggf. MRA (MR-Angiografie) zur Abklärung eines Aortenaneurysmas
    • Computertomografie (CT)
      • Entsprechend der amerikanischen ACR-Empfehlungen stellt eine CT-Untersuchung mit Kontrastmittel eine Alternative dar bei:2-3
        • V. a. intraabdominelle Neoplasien
        • V. a. Neoplasien der Bauchwand
        • V. a. abdominelles Aortenaneurysma.
    • Röntgen des Abdomens
      • sehr begrenzte Indikationen
      • ggf. bei akutem Abdomen Röntgen in Linksseitenlage
        • Nachweis von Spiegelbildung bei Ileus oder freier Luft bei Perforation5
  • Weitere Abklärung abhängig von der Verdachtsdiagnose
    • ggf. Endoskopie (Koloskopie)
    • ggf. Aszitespunktion (Zytologie, Kultur und Albuminbestimmung)
    • ggf. Angiografie
    • ggf. Biopsie und Histologie
    • ggf. Operation (explorative Laparoskopie)

Maßnahmen und Empfehlungen

Indikationen zur Überweisung

  • Betroffene Personen mit abdomineller Resistenz und Verdacht auf eine intraabdominelle Raumforderung, die nicht in einer Hausarztpraxis behandelt werden können, sollten zu Spezialist*innen überwiesen werden.
    • z. B. zu weiteren bildgebenden Untersuchungen
    • ggf. zur chirurgischen, gynäkologischen oder urologischen Mitbeurteilung

Checkliste zur Überweisung

Resistenz im Abdomen

  • Zweck der Überweisung
    • Weiterführende Diagnostik? Behandlung? Operation?
  • Anamnese
    • Symptomatisch oder Zufallsbefund? Zeit seit den ersten Symptomen? Zeitliche Entwicklung?
    • Schmerzen: Lokalisation, Charakter? Sonstige Beschwerden? Lindernde oder auslösende Umstände? Störungen der Defäkation? Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme? Fieber?
    • Andere relevante Erkrankungen? Medikamenteneinnahme?
    • Auswirkungen auf die Lebensqualität?
  • Klinische Untersuchung
    • Allgemeinzustand?
    • Resistenz: Lokalisation? Größe? Form? Konsistenz? Verschieblichkeit? Pulsatilität?
  • Ergänzende Untersuchungen

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Video

Illustrationen

Übersicht, Magen-Darm-Trakt
Übersicht, Magen-Darm-Trakt

Quellen

Leitlinien

  • Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie. Bauchschmerz bei Kindern - Bildgebende Diagnostik. AWMF-Leitlinie Nr. 064-016. S1, Stand 2020. www.awmf.org
  • American College of Radiology. ACR Appropriateness Criteria: Palpable abdominal mass - suspected neoplasm. Stand 2019. www.acr.org
  • American College of Radiology. ACR Appropriateness Criteria: Pulsatile abdominal mass, suspected abdominal aortic aneurysm. Stand 2016. www.acr.org

Literatur

  1. Ian B. Wilkinson, Tim Raine, Kate Wiles, Anna Goodhart, Catriona Hall, and Harriet O'Neill. Oxford Handbook of Clinical Medicine. Oxford: Oxford University Press, 2017. global.oup.com
  2. American College of Radiology. Fowler, K., MD et al. ACR Appropriateness Criteria: Palpable abdominal mass - suspected neoplasm. Stand 2019 (14.12.2021). acsearch.acr.org
  3. American College of Radiology. Reis, P., MD et al. ACR Appropriateness Criteria: Pulsatile abdominal mass, suspected abdominal aortic aneurysm. Stand 2016. (14.12.2021). acsearch.acr.org
  4. Potisek, Nicholas M, and James W Antoon. “Abdominal Masses.” Pediatrics in review vol. 38,2 (2017): 101-103. doi:10.1542/pir.2016-0087 pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  5. Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie. Bauchschmerz bei Kindern - Bildgebende Diagnostik. AWMF-Leitlinie Nr. 064-016, Stand 2020. www.awmf.org

Autor*innen

  • Jonas Klaus, Arzt in Weiterbildung, Neurologie, Freiburg im Breisgau
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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