Katzenkratzkrankheit

Zusammenfassung

  • Definition:Infektion mit dem Bakterium  Bartonella henselae infolge einer Kratz- oder Bissverletzung durch eine Katze.
  • Häufigkeit:Zur Verbreitung der Erkrankung in Deutschland liegen keine Angaben vor. Für die USA ist eine Inzidenz von ca. 5 auf 100.000 Personen pro Jahr angegeben.
  • Symptome:3–10 Tage nach der Kratz-/Bissverletzung bricht die Erkrankung mit einer oder mehreren 3–5 mm großen rot-braunen Papeln an der Kontaktwunde aus, die sich im Verlauf zu Pusteln entwickeln. Bei einem Teil der Patient*innen treten außerdem Allgemeinsymptome wie Fieber, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen auf. Selten kommt es zu schweren Verläufen.
  • Befunde:Im weiteren Verlauf lokale Lymphknotenschwellung. Diese Lymphadenitis tritt erst nach dem Abklingen der Hautveränderungen zutage.
  • Diagnostik:Klinische Verdachtsdiagnose, Sicherung ggf. mittels Serologie oder PCR.
  • Therapie:In der Regel heilt die Erkrankung nach 2–8 Wochen aus und bedarf keiner Therapie; ggf. sind Antibiotika zu verabreichen.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Infektion mit Bartonella henselae infolge einer Kratz- oder Bissverletzung durch eine Katze. Führt zu Papeln und Pusteln im Bereich der Kontaktwunde sowie zu lokaler Lymphknotenschwellung, verläuft aber normalerweise harmlos und selbstlimitierend.1
  • Englische Bezeichnung: Cat Scratch Disease

Häufigkeit

  • Weltweite Verbreitung, gehäuft in feucht-warmem Klima2
  • Zur Verbreitung der Erkrankung in Deutschland liegen keine Daten vor. Für die USA ist eine Inzidenz von etwa 5 auf 100.000 Personen pro Jahr angegeben (12.500 Fälle pro Jahr).3
  • In gemäßigten Zonen gehäuftes Auftreten in Herbst und Winter, in den Tropen ganzjährig2

Ätiologie und Pathogenese

  • In vielen Ländern tritt das Bakterium Bartonella henselae im Maul (Speichel) sowie an Haut und Krallen von Katzen auf.
    • Jungkatzen sind häufiger infiziert als adulte Katzen.
  • Die (durch Flohbisse) infizierten Katzen zeigen in den meisten Fällen keine Symptome.4
  • Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist ausgeschlossen. Selten können auch Hunde infiziert sein.2
  • Bei einer durch die Katze zugefügten Kratz- oder Bissverletzung kann das Bakterium in die Wunde gelangen und die Infektion auslösen.
  • Beim Menschen führt das Bakterium zu einer lokalisierten Hautreaktion im Bereich der Biss- oder Kratzstelle, außerdem wird das lokale Lymphsystem aktiviert.
  • In Einzelfällen kommt es zu einem atypischen Erkrankungsverlauf mit hämatogener Streuung des Erregers und damit zu einer disseminierten Infektion, bei der es u. a. zu Enzephalitis, Leberabszessen und Osteomyelitis kommen kann. Ebenso können die Augen, das Herz oder das zentrale Nervensystem befallen sein.1-2,5

Prädisponierende Faktoren

  • Von einer Katze zugefügte Kratz- oder Bissverletzung
  • Immunsuppression

ICPC-2

  • A78 Infektiöse Erkrankung NNB, andere

ICD-10

  • A28.1 Katzenkratzkrankheit

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Papeln oder Pusteln mit Eiterbildung auf der Haut, einseitige Lymphadenitis nach Kratz- oder Bissverletzung durch eine Katze sowie ggf. positive Serologie und/oder PCR aus Sekreten

Differenzialdiagnose

Anamnese

  • Nicht alle Patient*innen erinnern sich daran, von einer Katze gekratzt oder gebissen worden zu sein.
  • In ca. 95 % der Fälle kommt es zu einem typischen Verlauf.2
    • 3–10 Tage nach der Kratz-/Bissverletzung bricht die Erkrankung mit einer oder mehreren 3–5 mm großen rot-braunen schmerzlosen Papeln an der Kontaktwunde aus, die sich im Verlauf zu Pusteln entwickeln.
    • Die Inkubationszeit kann bis zu 3 Wochen betragen.1
    • Nach etwa 1–3 Wochen kommt es zu einer lokoregionären Lymphadenopathie.
    • Bei etwa 50 % der Patient*innen treten außerdem Allgemeinsymptome wie Fieber, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen auf.
    • Seltener kommt es zu Gewichtsverlust.2
    • Charakteristisch ist, dass die Lymphknotenschwellung länger als 3 Wochen, teilweise sogar über 2–3 Monate, anhält.
  • In etwa 5 % der Fälle entwickelt sich ein atpyischer Verlauf mit unterschiedlichsten Manifestationen, z. B.:2
    • okoglanduläres Parinaud-Syndrom mit granulomatöser Konjunktivitis sowie ipsilateraler präaurikulärer Lymphadenitis
    • Neuroretinitis (meist einseitige Sehstörungen)6
    • ZNS-Beteiligung (u. a. Enzephalitis, Neuritis, Myelitis)
    • Hepatitis, Abszesse in Leber und Milz sind möglich.
    • Endokarditis, Myokarditis7
    • Arthritis, Osteomyelitis8
    • anhaltendes Fieber
      • Bei Fieber ohne sonstige erkennbare Ursache sollte die Katzenkratzkrankheit mitbedacht werden.2

Klinische Untersuchung

  • Kleine rot-braune Papeln oder Bläschen im Bereich der Kontaktwunde
  • Im weiteren Verlauf lokale tastbare Lymphknotenschwellung. Diese Lymphadenitis tritt erst nach dem Abklingen der Hautveränderungen auf.
  • In Ausnahmefällen kann die Erkrankung auch andere Symptome verursachen (s. o.), die eine entsprechende Diagnostik erfordern.

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Meist erfolgt die Diagnosesicherung per Serologie. Sie weist allerdings in diesem Fall nur eine mäßige Sensitivität und Spezifität auf. Es können zudem Wochen bis zur Serokonversion vergehen. Meist können nur IgG-Antikörper bei fehlenden IgM-Antikörpern nachgewiesen werden.2
  • 25 % der Patient*innen bleiben für über 1 Jahr seropositiv (IgG), weswegen ein Rückschluss auf die Erkrankungsaktivität schwierig ist.5
  • PCR per Feinnadelaspiration aus Sekret der Primärläsion oder Lymphknotengewebe (Test nicht allgemein verfügbar)
    • hohe Spezifität, aber niedrigere Sensitivität als Serologie2,5
  • Andere Ursachen der lokalen Lymphknotenschwellung sind auszuschließen.
  • Ggf. BSG-Bestimmung im Rahmen einer Routine-Blutuntersuchung
  • Blutkultur: Das Bakterium wächst in Blutkulturen sehr schlecht. Bis zum Nachweis können mehrere Wochen vergehen; geringe Sensitivität.
  • Bei prolongiertem Verlauf, insbesondere der Lymphadenopathie, sollte ein Malignom ausgeschlossen werden.2,9

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Eine Lymphknotenbiopsie ist in der Regel nicht indiziert, kann aber bei langwieriger Lymphadenopathie sinnvoll sein.

Indikationen zur Überweisung

  • Patient*innen mit Immundefizienz
  • Atypischer Verlauf je nach betroffenem Organsystem

Therapie

Allgemeines zur Therapie

  • In der Regel heilt die Erkrankung nach 2–8 Wochen aus und bedarf keiner Therapie.
  • Ggf. antipyretische und analgetische Therapie
  • Bei ausgeprägter Lymphadenitis und starken Symptomen kann eine Antibiotikatherapie indiziert sein.
    • Laut einigen Studien können Antibiotika den Verlauf der Infektion verkürzen.4,10

Empfehlungen für Patient*innen

  • Allgemeine Wundhygiene für Hautläsionen

Medikamentöse Therapie

  • Eine antibiotische Therapie ist nur selten indiziert:
    • Azithromycin 500 mg p. o. Tag 1, 250 mg p. o. an den Tagen 2–42,4
    • Doxycyclin 100 mg 1–0–1 p. o. für 2–4 Wochen (je nach Schwere der Symptome und betroffenem Organsystem), bei schweren Verläufen auch in Kombination mit Rifampicin2
  • Der Nutzen einer Therapie ist umstritten.2,10
  • Die Gabe systemischer Glukokortikoide kann z. B. bei einer Neuroretinitis erwogen werden.2

Weitere Therapien

  • Bei eitrigen Lymphknotenabszesse kann eine chirurgische Intervention notwendig werden.2

Prävention

  • Vermeiden Sie, von einer Katze gekratzt oder gebissen zu werden.
  • Reinigen Sie bei einem Katzenbiss die Wunde unverzüglich und gründlich mit fließendem Wasser und Seife.
  • Lassen Sie eine Katze nicht an offenen Wunden lecken.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • In aller Regel verläuft die Erkrankung unkompliziert und heilt nach 2–3 Monaten auch ohne Therapie aus.2
  • Wenn keine schweren Symptome vorliegen, scheint eine Antibiotikatherapie den Verlauf nicht so stark zu beeinflussen, dass eine Therapie indiziert wäre.

Komplikationen

  • In der Regel gutartiger Verlauf ohne Komplikationen
  • Bei hämatogener Ausbreitung kann allerdings so gut wie jedes Organsystem betroffen sein, was entsprechend schwerwiegende Verläufe nach sich ziehen kann.2
  • Eine Studie aus den USA berichtete von 224 atypischen Fällen einer Katzenkratzkrankheit zwischen 2005 und 2014, wobei Mädchen zwischen 10 und 14 Jahren am häufigsten betroffen waren.
    • Meist handelte es sich um eine okuläre Beteiligung im Sinne einer Retinitis.1

Prognose

  • Es ist von einer lebenslangen Immunität nach Erkrankung auszugehen.2
  • Die Prognose ist abhängig von etwaigen Komplikationen.

Verlaufskontrolle

  • Kontrollieren Sie, dass die Lymphknotenschwellung zurückgeht.
  • Wenn die Erkrankung länger als 3–4 Monate anhält, sind andere Ursachen der Lymphknotenschwellung abzuklären.

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

  • Selbstlimitierende Erkrankung mit relativ langem Verlauf, aber guter Prognose

Patienteninformation in Deximed

Quellen

Literatur

  1. Nawrocki C, Max R, Marzec N. Atypical Manifestations of Cat-Scratch Disease, United States, 2005-2014. Emerg Infect Dis. 2020 Jul;26(7):1438-1446. www.ncbi.nlm.nih.gov
  2. Seybold J, Suttorp N. Katzenkratzkrankheit. In: Suttorp N, Möckel M, Siegmund B, Dietel M, Hrsg. Harrisons Innere Medizin. 20. Auflage. Berlin: ABW Wissenschaftsverlag; 2020 eref.thieme.de
  3. Nelson C, Saha S, Mead P. Cat-Scratch Disease in the United States, 2005-2013. Emerg Infect Dis. 2016 Oct;22(10):1741-6. www.ncbi.nlm.nih.gov
  4. Baranowski K, Huang B. Cat Scratch Disease. [Updated 2022 Jun 21]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2022. www.ncbi.nlm.nih.gov
  5. Mazur-Melewska K, Mania A, Kemnitz P, et al. Cat-scratch disease: a wide spectrum of clinical pictures. Postepy Dermatol Alergol. 2015 Jun;32(3):216-20. www.ncbi.nlm.nih.gov
  6. Lapp N, Ulbig M, Lohmann C, et al. Bartonellenneuroretinitis : Eine atypische Manifestation der Katzenkratzkrankheit Ophthalmologe. 2019 Jan;116(1):51-57. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  7. Okaro U, Addisu A, Casanas B, et al. Bartonella Species, an Emerging Cause of Blood-Culture-Negative Endocarditis. Clin Microbiol Rev 2017; 30: 709-46. www.ncbi.nlm.nih.gov
  8. Erdem G, Watson JR, Hunt WG, et al. Clinical and Radiologic Manifestations of Bone Infection in Children with Cat Scratch Disease. J Pediatr 2018. pmid:30041935 www.ncbi.nlm.nih.gov
  9. Dhal U, Hicklen R, Tarrand J, et al. Cat Scratch Disease as a Mimicker of Malignancy. Open Forum Infect Dis. 2021 Oct 5;8(11). pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  10. Rolain R, Brouqui P, Koehler J, et al. Recommendations for treatment of human infections caused by Bartonella species. Antimicrob Agents Chemother 2004; 48: 1921-33. PubMed

Autor*innen

  • Bonnie Stahn, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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