Sekundäre Amenorrhö

Allgemeine Informationen

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.1-2

Definition  

  • Ausbleiben der Menstruation über einen Zeitraum von mindestens 3 Zyklen – gemessen an der bisherigen Intervalldauer – oder über mindestens 6 Monate, bei einer nicht schwangeren und zuvor spontan menstruierenden Frau.1-2
  • Ausbleiben der Menstruation über einen Zeitraum von 9 Monaten oder mehr bei Frauen mit zuvor unregelmäßigem Zyklus3

Häufigkeit

  • Die Inzidenz wird mit 8 % der 16- bis 24-jährigen Frauen im Lauf eines Jahres angegeben.
  • Die sekundäre Amenorrhö kommt häufiger vor als die primäre Amenorrhö.4

Diagnostische Überlegungen

  • Allgemeines
    • Wenn die Amenorrhö seit weniger als 1 Jahr besteht, ist eine über die gynäkologische Untersuchung hinausgehende Abklärung selten indiziert. Bei 75 % setzt die Menstruation innerhalb eines Jahres wieder ein.
    • Nach Abschluss des Stillens kann man vor einer Abklärung ein halbes Jahr zuwarten.
  • Häufige Ursachen1-2,5
    • hypothalamische Amenorrhö, häufig durch:
      • Essstörungen
      • exzessiven Leistungssport
      • emotionale oder körperliche Überlastung.
    • Hyperprolaktinämie (Prolaktinom? Hypothyreose? Medikamente?)
    • hormonelle Kontrazeption
      • besonders nach Anwendung von Medroxyprogesteron-Dreimonatsdepot
      • Gestagenpräparat?
      • Hormonelles IUP?
    • Ovarialinsuffizienz
    • Hyperandrogenämie, meist aufgrund eines polyzystischen Ovarialsyndroms
  • Seltenere Ursachen1-2
    • Mangelernährung oder chronische Systemerkrankung
    • Empty-Sella-Syndrom
    • Sheehan-Syndrom (postpartale Hypophysennekrose)
    • Post-Enzephalitis-Syndrom
    • androgenproduzierender Ovarial- oder Nebennierentumor
    • autoimmune vorzeitige Ovarialinsuffizienz
    • Cushing-Syndrom
    • Asherman-Syndrom (Synechien des Uterus, meist iatrogen nach Kürettage)
  • Nach Ausschluss einer Schwangerschaft, Schilddrüsenerkrankung und Hyperprolaktinämie als mögliche Ursachen werden die verbleibenden Ursachen als normogonadotrope Amenorrhö, hypogonadotroper Hypogonadismus und hypergonadotroper Hypogonadismus klassifiziert.6-7
    • ovarielle Ursache: immer hypergonadotrop (hohes FSH)
    • hypothalamisch-hypophysär: normo- oder hypogonadotrop (normales oder niedriges FSH)

Stufendiagnostik2

  • Physiologische Amenorrhö?
    • Ausschluss Schwangerschaft, Laktationsamenorrhö, postpartale Situation
    • Bei Patientin > 40 Jahre: Physiologisch eingetretene Menopause?
    • Bei junger Patientin: Erst vor wenigen Jahren eingetretene Menarche mit rezidivierenden monatelangen Amenorrhöen? (Bei primärer Amenorrhö: konstitutionelle Entwicklungsverzögerung ausschließen!)
  • Hypothalamische Ursachen (ca. 60 %): reaktive und unbekannte Störungen
    • Schließt Sportlerinnen mit ein – bei Gewichtsabnahme und hartem Training.
  • Hypophysäre Ursachen: Tumoren, insbesondere Prolaktinom6
  • Nebennierenrinde: androgenproduzierende Tumoren
  • Ovarien: polyzystisches Ovarialsyndrom, androgenproduzierende Tumoren
  • Schwere Schilddrüsenfunktionsstörung: meist Hyper-, aber auch Hypothyreose

Abwendbar gefährliche Verläufe

ICPC-2

  • X05 Fehlende/spärliche Menstruation

ICD-10

  • N91.1 Sekundäre Amenorrhoe
  • N91.2 Amenorrhoe, nicht näher bezeichnet

Differenzialdiagnosen

Schwangerschaft

Normo- oder hypogonadotrope Ovarialinsuffizienz

  • Sowohl psychische als auch körperliche Überlastungssituationen können zu einer verminderten GnRH-Ausschüttung des Hypothalamus führen. Dies führt – über die verminderte Gonadotropinausschüttung – zu einer tertiären Ovarialinsuffizienz.6-7
    • Die Gonadotropine im Blut sind dabei oft nur leicht erniedrigt oder liegen im Normbereich.2
  • Zu den möglichen Ursachen zählen z. B.:
  • Wie sich Stress oder Gewichtsverlust auf die Ausschüttung von GnRH auswirkt, ist nicht im Einzelnen geklärt.8-9
  • Die Behandlung orientiert sich an der Ursache.

Psychische Belastung

  • Ursächlich können z. B. geänderte Lebensumstände (50 %), Reisen oder traumatische Lebensereignisse sein.
  • Die somatische Untersuchung  ist in der Regel unauffällig.
    • Die Hormone im Blut sind in der Regel normal (FSH und Estradiol können etwas unter der Norm liegen).
  • Psychische Exploration zum Ausschluss einer psychischen Störung, z. B. posttraumatische Belastungsstörung, Depression, Burnout, Essstörung.
  • Bei den meisten kommt es zur spontanen Remission; Beobachtung reicht aus. Die Patientin sollte weiterhin verhüten.

Female Athlete Triad

  • Junge Sportlerinnen können eine Kombination aus mehreren Gesundheitsproblemen entwickeln, die als „Female Athlete Triad“ bezeichnet wird und Essstörungen, Amenorrhö und Osteoporose umfasst.
  • Hypogonadotroper Hypogonadismus
  • Die Menstruation setzt nach einer moderaten Erhöhung der Kalorienzufuhr bzw. Reduzierung des Trainings wieder ein.
  • Knochensubstanzverlust
    • Wie bei Personen mit Essstörungen besteht auch bei Sportlerinnen mit anhaltender Amenorrhö das Risiko eines Knochensubstanzverlusts.
    • Bei Sportlerinnen im Teenageralter erfolgt dieser in der Zeit, in der die stärkste Knochenmassenbildung stattfindet; der Substanzverlust kann daher irreversibel sein.10-11
    • Krafttraining mit Gewichten kann teilweise vor Osteoporose schützen.12
  • Behandlung gegen Knochensubstanzverlust
    • Die Einnahme von oralen Kontrazeptiva oder eine menopausale Hormontherapie kann zur Knochenmineralisation und -protektion beitragen.12
    • Transdermal verabreichtes Östradiol, evtl. kombiniert mit zyklisch peroral verabreichtem Gestagen, kann dazu beitragen, bei diesen Patientinnen die Knochendichte zu erhöhen.13
      • Perorale Verabreichung von Östradiol reduziert den Insuline-like-Growthfactor-1 und Testosteron und hat deswegen nicht den gleich guten trophischen Effekt, wie eine transdermale Verabreichung.
      • Die transdermale Therapie ist zudem mit einem niedrigeren Thrombophilierisiko assoziiert als die orale.2
    • Bisphosphonate sind potenziell teratogen und waren bislang in diesem Zusammenhang noch nicht Gegenstand von Studien an Frauen im reproduktionsfähigen Alter.
    • ggf. Substitution von Kalzium und Vitamin D
    • Näheres siehe auch Artikel Anorexia nervosa.

Hormonelle Kontrazeptiva

  • Normo- oder hypogonadotrope Ovarialinsuffizienz
  • Die Menstruation kann nach Absetzen oraler Kontrazeptiva einige Monate ausbleiben.
  • Eine Amenorrhö kommt besonders häufig nach Verwendung von Medroxyprogesteron-Dreimonatsdepots, hormonellen IUP und reinen Gestagenpräparaten vor.1
    • Nach Verwendung von Depotpräparaten kann die Amenorrhö 1–2 Jahre anhalten.

Hyperprolaktinämie

  • Ist selten.
  • Ist meist auf prolaktinproduzierende Mikroadenome in der Hypophyse (Prolaktinom) zurückzuführen6, kann aber auch eine Reihe anderer Ursachen haben.
  • Es kann zu Amenorrhö, Galaktorrhö, Infertilität und Hirsutismus kommen.

Medikamenteninduziert

  • Medikamente sind die zweithäufigste Erklärung für eine Prolaktinämie. Dabei steigen die Prolaktinwerte in der Regel nicht über 100 ng/ml.6 Zu den möglichen Verursachern zählen z. B.:6,14
    • Neuroleptika wie:15
      • Haloperidol
      • Chlorpromazin
      • Amisulpirid
      • Risperidon
      • Zotepin
      • Ziprasidon
      • Olanzapin.
    • Antidepressiva (Näheres im Artikel Depression) wie:
      • SSRI
      • TZA
      • MAO-­Hemmer.
    • Metoclopramid
    • Östrogene
    • orale Kontrazeptiva (20–30 % der Frauen unter 35 μg Ethinylestradiol)
    • Antihypertensiva
    • H2-Blocker
    • Opiate
    • Kokain

Prolaktinom

  • Ein erhöhtes Prolaktin (PRL) führt zu einer gestörten GnRH-Ausschüttung, was wiederum zu einem niedrigen FSH- und LH-Spiegel führt. Niedrige Gonadotropine reduzieren die Ovarialfunktion und damit auch die Estradiolproduktion.
    • Ein Prolaktinspiegel über 100 ng/ml lässt auf ein Prolaktinom schließen und erfordert eine MRT-Untersuchung.
  • Bei manchen Frauen ist Amenorrhö das einzige Symptom, es kommen aber auch Galaktorrhö (30 %), verringerte Libido, Scheidentrockenheit und Osteoporose (nach langer Zeit) vor.
  • Mit zunehmender Tumorgröße Symptome eine sellären Raumforderung wie Gesichtsfeldausfall und Kopfschmerzen
  • Schwangerschaftstest
    • Bei Schwangeren nimmt die Hypophyse um 100 % an Größe zu, und es kann zu Symptomen eines zuvor asymptomatischen Tumors kommen.
  • Die Hormonanalysen ergeben hohe PRL- und niedrige FSH-, LH- und Estradiolwerte.
  • Bei kleinen intrasellaren Tumoren werden Dopaminagonisten wie Cabergolin oder Bromocriptin eingesetzt.16
    • Bei größeren Tumoren oder wenn die medikamentöse Behandlung nicht zum gewünschten Ergebnis führt, ist ein operativer Eingriff indiziert.
  • Mehr über Hypophysenerkrankungen

Hypergonadotroper Hypogonadismus

Prämature Menopause

  • Wenn Frauen unter 40 Jahren in die Menopause kommen.17 Die Hälfte hat intermittierend funktionierende Ovarien.18
  • Die Ätiologie ist in der Regel unbekannt: Zu geringe Follikelanzahl, Virusinfektionen und Autoimmunprozesse sind mögliche Ursachen.18-19
  • Die Diagnose erfordert das Vorliegen menopausaler Symptome einschließlich Zyklusstörungen.20 
    • Hormontests können eine vorzeitige Ovarialinsuffizienz weder nachweisen noch ausschließen.
    • Häufig ist der Östradiolwert im Serum niedrig, FSH erhöht und PRL normal.
    • Hinweisend ist ein in 2 Messzeitpunkten im Abstand von 4–6 Wochen gemessenes FSH > 30 mIU/ml.
    • Nüchternglukose, TSH und Morgenkortisol sollten im Hinblick auf mögliche Differenzialdiagnosen ebenfalls gemessen werden.21
  • Eine unbehandelte vorzeitige Ovarialinsuffizienz geht mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Osteoporose, Atherosklerose, trockene Schleimhäute und Brustverkleinerung einher.18,22-23
  • Die Behandlung besteht aus einer Hormonersatztherapie (Näheres siehe Artikel Klimakterium) oder der Einnahme eines Östrogen-Gestagen-Kombinationspräparats zur oralen Kontrazeption.20
  • Verlauf
    • Ca. 20–40 % der Frauen mit prämaturer Ovarialinsuffizienz entwickeln eine Autoimmunerkrankung. Dazu zählen Diabetes mellitus, M. Addison oder Autoimmunthyreoiditis.20 Regelmäßige Laborkontrollen sind zu empfehlen.
    • Bei entsprechenden Hinweisen evtl. Chromosomenanalyse zur Detektion von Aberrationen der Geschlechtschromosomen (z. B. Fragiles-X-Syndrom, Turner-Syndrom).1,18
    • Der Nutzen von Ovarialbiopsien oder Anti-Ovar-Antikörpertests ist nicht erwiesen.18-19
    • Auch die Bestimmung von Anti-Müller-Hormon kommt für die Routinediagnostik nicht infrage, da es durch unterschiedliche Faktoren verändert werden kann, u. a. durch ein polyzystisches Ovarsyndrom oder die Anwendung hormoneller Kontrazeptiva sowie anderer Hormonpräparate.20

Weitere Ursachen für gonadale Schädigung2

  • Autoimmunerkrankung
  • Chemotherapie
  • Strahlentherapie, insbesondere des Beckens
  • Galaktosämie
  • Genetisch bedingter 17-Hydroxylase-Mangel
  • Systemische Infektionen, z. B. Mumps

Hyperandrogenämie

Polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS)

  • Multiple zystische Follikel in den Ovarien
  • Häufigste Ursache für Hyperandrogenämie, mit Ovulations- und Zyklusstörungen sowie Infertilität
  • Tritt bei ca. 5‒10 % aller Frauen im fertilen Alter auf. Schleichender Beginn im Alter zwischen 15 und 25 Jahren.
  • Menstruationsstörungen, unerfüllter Kinderwunsch, Akne, Übergewicht und metabolisches SyndromHirsutismus

Andere Ursachen

  • Cushing-Syndrom (endogener Typ)
  • Androgenausschüttender Tumor (ovarial oder adrenal)
  • Exogene Androgene (z. B. Anabolika)
  • Nichtklassisches adrenogenitales Syndrom

Anatomische Ursachen

  • Am häufigsten ist das Asherman-Syndrom mit intrauterinen Synechien und Narbenbildung, in der Regel aufgrund einer Kürettage oder Infektion.
    • Eine Hysterosalpingografie, Hysteroskopie oder Sonohysterografie können für die Diagnosestellung hilfreich sein.
  • Zervikale Stenose
  • Obstruktive Myome
  • Polypen

Anamnese

Besonders zu beachten

Schwangerschaft?

  • Bei sexuell aktiver Frau mit zuvor spontanen Menstruationen: Schwangerschaftstest

Menarche und Menstruationsanamnese

  • Vorliegen einer primären oder sekundären Amenorrhö?

Medikamentenanamnese

  • Einzelne Medikamente können eine Hyperprolaktinämie und damit Amenorrhö verursachen (s. o.).
  • Drogenkonsum
  • Hormonelle Kontrazeption

Gewichtsabnahme?

Sportliche Aktivität

  • Hohe Trainingsaktivität
  • Leistungssport?
  • Treibt die Patientin mehr Sport als früher?

Psychischer Stress

  • Reisen, psychische Belastungen, Änderungen der Lebenssituation (Umzug, Prüfungsstress etc.)?

Andere Erkrankungen

  • Chronische Erkrankungen (s. o.)

Frühere Behandlungen

  • Operationen?
  • Chemotherapie?
  • Bestrahlung
    • Des Gehirns?
    • Des Beckens?

Familiäre Belastung?

  • Ausführliche Familienanamnese20

Andere Symptome?

  • Hypertrichose/Hirsutismus?
  • Akne?
  • Sekretion aus der Brust (Galaktorrhö, klare und milchähnliche Flüssigkeit kann auch idiopathisch bedingt sein)
  • Kopfschmerzen? Sehfeldausfälle? Hypophysentumor in Betracht ziehen.
  • Symptome und Beschwerdebilder einer Hypothyreose oder Hyperthyreose: Schilddrüsenerkrankung in Betracht ziehen.
  • Vasomotorische Symptome: Prämature Ovarialinsuffizienz in Betracht ziehen.

Klinische Untersuchung

In der Hausarztpraxis

Bei Spezialist*innen

  • Schwangerschaftstest
  • Augenuntersuchung – Gesichtsfeld

Ergänzende Untersuchungen

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Gynäkologische Untersuchung, vaginaler Ultraschall

Hormonanalysen

  • Estradiol, FSH, LH, PRL, TSH, FT4
    • evtl. SHBG, Testosteron, Androstendion, DHEAS
    • Falls die Patientin die Pille nimmt oder eine Hormonsubstitution erhält, ist die Bestimmung von Estradiol, FSH und LH sinnlos.
  • Hyperprolaktinämie
    • Die häufigste Ursache ist ein Prolaktinom.
    • Hemmt die Ausschüttung und Wirkung von Gonadotropinen.6
    • Werte über 100 ng/ml sprechen für ein Prolaktinom und sind eine Indikation für eine MRT-Untersuchung.6,24
      • Verschiedene Labors verwenden verschiedene Messmethoden zur Prolaktinbestimmung. Die Einheiten ng/ml und mIU/l können daher nicht unmittelbar miteinander verglichen werden. Bei der Auswertung dieser Testergebnisse sind deshalb die Referenzrahmen der verschiedenen Analysemethoden zu verwenden.
    • Medikamente sind die zweithäufigste Ursache und können erhöhte Werte ergeben, in der Regel jedoch unter 100 ng/ml.
    • Andere Erklärungen können sein:
  • Hohe FSH/LH-Werte
    • Sprechen für eine Ovarialinsuffienz, z. B. primäre Ovarialinsuffienz 25 oder Menopause.
    • Die primäre Ovarialinsuffienz kommt bei bis zu 1 % aller Frauen vor; tritt vor dem 40. Lebensjahr mit Oligomenorrhö oder Amenorrhö ein.
  • Hoher LH- und niedriger SHBG-Wert
  • Niedriger FSH-, LH- und Östrogen-Wert
    • Anzeichen eines Hypophysen-/Hypothalamus-Versagens, z. B. durch psychische Belastung, Gewichtsverlust, Leistungssport oder Essstörungen4,26
  • Hoher DHEAS-Wert
    • Da DHEAS ganz überwiegend in den Nebennieren gebildet wird, kann es auf einen androgenproduzierenden Tumor der Nebennieren hinweisen.
  • Hypothyreose
    • Das Risiko einer Amenorrhö ist bei einer subklinischen Hypothyreose geringer als bei einer manifesten Hypothyreose.
    • Ob sich eine subklinische Hypothyreose nennenswert auf Menstruation und Fertilität auswirkt, ist unklar.
    • Anomale Schilddrüsenhormone können den Prolaktinspiegel beeinflussen.27-28
  • Hyperthyreose
    • Eine schwere Hyperthyreose führt häufiger zu einer Amenorrhö als eine leichte Hyperthyreose oder Hypothyreose.29

Ergänzende Untersuchungen

  • Kranielle MRT bei Verdacht auf Erkrankung der Hypophyse
  • Evtl. Knochendichtemessung bei Verdacht auf Osteoporose (Näheres siehe dort).

Maßnahmen und Empfehlungen

Indikationen zur Überweisung

  • Bei allen Patientinnen zur gynäkologischen Untersuchung und ggf. Mitbehandlung
  • Wenn die Abklärung somatische Ursachen nahelegt, z. B. bei anomalen Prolaktinwerten zu zwei Messzeitpunkten. Je nach Befund: Endokrinologie, Neurologie, Ophthalmologie.
  • Bei Essstörungen oder anderen psychischen Störungen: Psychotherapie, Psychosomatik, Psychiatrie

Empfehlungen

  • Bei normo- oder hypogonadotroper Ovarialinsuffizienz ohne Hinweise auf behandlungsbedürftige somatische oder psychische Grunderkrankungen kann zur Beruhigung der Patientin auf die vermutlich stressbedingte Amenorrhö hingewiesen werden.
  • Patientinnen mit vorzeitiger Ovarialinsuffizienz sollten darüber aufgeklärt werden, wie wichtig eine Hormonersatztherapie oder Einnahme eines kontrazeptiven Kombinationspräparats für die Prävention von Osteoporose und Atherosklerose sowie anderer menopausaler Folgeerscheinungen ist. (IIb/B)20,30  

Funktionelle hypothalamische Amenorrhö

  • Behandlung: Eine adäquate Ernährung wiederherstellen sowie Stress und übermäßige körperliche Aktivität vermeiden.26
  • Bei unterernährten Patientinnen, etwa mit Anorexie, setzt die Menstruation in der Regel mit der angemessenen Ernährung wieder ein.31

Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS)

  • Bei übergewichtigen Patientinnen mit PCOS besteht die Behandlung zunächst aus Gewichtsreduzierung und erhöhter körperlicher Betätigung.32
  • Metformin kann den Metabolismus und die Ovulation positiv beeinflussen.32-34 Es ist primär indiziert bei bei nichtadipösen Frauen mit PCOS und Insulinresistenz.35

Hypophysenadenom

  • Bei nachgewiesenen asymptomatischen Mikroadenomen (kleiner als 10 mm) sollten regelmäßig Prolaktinmessungen und neue MR-Aufnahmen erfolgen, um eine evtl. Progression zu beobachten.
  • Mikroadenome wachsen langsam und sind selten maligner Natur.
  • Die Behandlung von Mikroadenomen kann sich in der Regel auf die hormonell bedingten Symptome wie Infertilität, Galaktorrhö oder Brustbeschwerden beschränken.
  • Ein Dopaminagonist kann die Symptome lindern und die Infertilität verbessern. Bromocriptin ist effektiv; Cabergolin scheint jedoch effektiver zu sein und besser vertragen zu werden.1,36
  • Makroadenome können mit Dopaminagonisten behandelt oder nötigenfalls mittels transsphenoidaler Resektion oder Kraniotomie entfernt werden.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Genitalia interna, Seitenansicht
Seitenansicht der inneren Genitalien

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen. AWMF-Leitlinie Nr. 015-062. S3, Stand 2020. www.awmf.org

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Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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