Definition:Insulinmangel durch Zerstörung der Betazellen in der Bauchspeicheldrüse.
Häufigkeit:Inzidenz in Deutschland 15 Fälle pro 100.000 Einwohner*innen.
Symptome:Zu Beginn der Erkrankung oft reduzierter Allgemeinzustand, Polyurie, Polydipsie und Gewichtsverlust.
Befunde:Bei fulminantem Beginn ketoazidotisches Koma möglich mit Hyperglykämie, Kussmaulatmung mit Azetongeruch, abdominellen Beschwerden und Bewusstseinsstörung.
Diagnostik:Diagnosestellung durch Blutzuckermessung und klinische Symptomatik. Im Zweifel Bestimmung Diabetes-assoziierter Autoantikörper, HbA1c und/oder oraler Glukosetoleranztest.
Therapie:Standard ist die intensivierte Insulintherapie.
Allgemeine Informationen
Definition
Typ-1-Diabetes ist gekennzeichnet durch eine progrediente Zerstörung der insulinproduzierenden Betazellen in den Langerhans-Inseln des Pankreas.1
Der Insulinmangel entwickelt sich individuell unterschiedlich.
Typ-1-Diabetes schließt auch Patient*innen ein, die zunächst klinisch die Diagnose Typ-2-Diabetes erhalten und erst viele Jahre später aufgrund eines positiven Insel-Autoantikörpers korrekt als LADA (Latent Autoimmune Diabetes in the Adults) diagnostiziert werden.1
Häufigkeit
Eine Erstmanifestation ist in allen Altersgruppen möglich, in 50–60 % der Fälle tritt sie jedoch vor dem Alter von 16–18 Jahren auf.2
Inzidenz in Deutschland 15 Fälle pro 100.000 Einw. pro Jahr3
Prävalenz bei Personen < 20 Jahren in Deutschland etwa 0,1 %4
Prävalenz und Inzidenz in Mitteleuropa in den letzten 40 Jahren ansteigend5-6
Auf Patient*innen mit Typ-1-Diabetes entfallen ca. 5 % aller Diabetes-Fälle.2,4,7
Klassifikation
Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
weit überwiegende Zahl der Typ-1-Diabetes-Fälle, insbesondere in Europa
zellulär vermittelte, chronische autoimmune Zerstörung der Betazellen
Genetische Faktoren spielen eine prädisponierende Rolle – allerdings sind genetische Zusammenhänge deutlich weniger stark ausgeprägt als beim Typ-2-Diabetes.
serologische Marker
Inselzellantikörper (ICA)
Insulinautoantikörper (IAA)
Autoantikörper gegen Glutamat-Decarboxylase der B-Zelle (GAD65A)
Autoantikörper gegen Tyrosinphosphatase (IA-2 und IA-2ß)
Autoantikörper gegen den Zink Transporter 8 der B-Zelle (ZnT8)
permanenter Insulinmangel, wiederholte Episoden einer Ketoazidose und Autoantikörper-negativ
keine Assoziation mit HLA-Risikoallelen
Mit hoher Penetranz vererbbar, tritt sehr selten und überwiegend bei Patient*innen asiatischer oder afrikanischer Herkunft auf.
Ätiologie und Pathogenese
Typ-1-Diabetes ist durch Insulinmangel gekennzeichnet, der in der Regel auf die Zerstörung der Betazellen im Pankreas durch einen Autoimmunprozess zurückzuführen ist.8-9
Eine geringe Restmenge Insulin wird von den meisten Patient*innen in den ersten Jahren nach Diagnosestellung noch hergestellt, nach 40 Jahren findet man nur noch bei 6–16 % der Patient*innen Restmengen von Insulin.10
Die Erkrankung entwickelt sich nach und nach, der klinische Beginn ist in jungem Alter jedoch häufig akut.
Hyperglykämien treten ab der Zerstörung von 80–90 % der Betazellen auf.
Der Erkrankung liegt eine Kombination aus genetischer Prädisposition und umweltbedingten Faktoren zugrunde.11-14
Pathogenese
Wahrscheinlich ist der Typ-1-Diabetes eine T-Zell-vermittelte Erkrankung.15
Die Infiltration der Langerhans-Zellen durch CD4- und CD8-T-Lymphozyten, B-Lymphozyten und Makrophagen führt zu einer inflammatorischen Reaktion (Insulitis) und der Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen.9
Bestimmte Allele erhöhen signifikant das Risiko an Typ-1-Diabetes zu erkranken.16-18
Zöliakie hat den HLA-DQ2-Genotyp mit dem Typ-1-Diabetes gemein und tritt bei Patient*innen mit Typ-1-Diabetes gehäuft auf.19
Ein viraler Infekt stimuliert die Antikörper-Bildung gegen das virale Protein.
Das virale Protein ähnelt Betazell-Molekülen, sodass es zu einer autoimmunen Reaktion gegen die körpereigenen Betazellen kommt.
Vorhersage des Typ-1-Diabetes
Mittlerweile kann die Diagnose auch präsymptomatisch durch den Nachweis von Auto-Antikörpern gestellt werden.21
Interferon-alpha scheint durch Aktivierung des Immunsystems und direkte toxische Effekte auf die Betazellen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung des Typ-1-Diabetes zu spielen.22
möglicher Angriffspunkt für Verhinderung der Manifestation bei präsymptomatischen Patient*innen
Prädisponierende Faktoren
Genetische Prädisposition
Familiäres Risiko für die Entwicklung eines Typ-1-Diabetes
bei erkrankter Mutter 2–3 %
bei erkranktem Vater 5–6 %
Wenn sowohl Mutter als auch Vater erkrankt sind, > 30 %.
Bei Geschwistern, die im Kindesalter erkranken, liegt das kumulative Risiko im einstelligen Bereich.24
Der stärkste Prädiktor für das Auftreten von Diabetes bei Geschwistern ist eine frühe Manifestation des Diabetes bei der Indexperson.
Darüber hinaus steigt das Risiko auch mit zunehmendem maternalem und paternalem Alter und bei männlichem Geschlecht.
Höchster Risikoanstieg bei Kombination von den Allelen HLA-DQ2 und -DQ816-17
Das kumulative Lebenszeitrisiko liegt bei 12 % für die Entwicklung von Typ-1-Diabetes.
Die Bestimmung dieser Genvarianten unterliegt nach dem Gendiagnostik-Gesetz der Pflicht zur eingehenden Beratung und zur schriftlichen Einwilligung der Patient*innen.
Äußere Umweltfaktoren
In einer großen prospektiven Studie (DAISY-Studie) wurden keine Hinweise darauf gefunden, dass sich das Diabetesrisiko durch den Verzehr von Kuhmilch erhöht.25
Eine Metaanalyse ermittelte Infektionen mit Enteroviren während der Schwangerschaft oder im Kindesalter als prädisponierenden Faktor für den Typ-1-Diabetes.26
Bei genetisch prädisponierten Kindern erhöht sich das Risiko für Typ-1-Diabetes bei Infekten der oberen Atemwege im 1. Lebensjahr.27
Es wurde untersucht, ob die Exposition gegenüber Getreide und Gluten das Risiko einer Erkrankung am Typ-1-Diabetes erhöht29-30, ohne dass sich Empfehlungen diesbezüglich ableiten ließen.
Als weiterer Risikofaktor wird eine übermäßige Hygiene diskutiert, in deren Folge das Immunsystem nicht ausreichend stimuliert wird und der Schutz vor Autoimmunprozessen nur in geringerem Maße gewährleistet ist.13
ICPC-2
T89 Diabetes 1 ohne Komplikationen
ICD-10
E10 Diabetes mellitus, Typ 1
E10.0 Mit Koma
E10.1 Mit Ketoazidose
E10.2 Mit Nierenkomplikationen
E10.3 Mit Augenkomplikationen
E10.4 Mit neurologischen Komplikationen
E10.5 Mit peripheren vaskulären Komplikationen
E10.6 Mit sonstigen näher bezeichneten Komplikationen
E10.7 Mit multiplen Komplikationen
E10.8 Mit nicht näher bezeichneten Komplikationen
E10.9 Ohne Komplikationen
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
Die Diagnose eines Typ-1-Diabetes basiert auf der klinischen Symptomatik und der Blutzuckermessung.31
Ein generelles Screening auf Typ-1-Diabetes sollte weder bei der Allgemeinbevölkerung noch bei Hochrisikogruppen unter Kindern und Jugendlichen durchgeführt werden.
Wird aufgrund einer in der Regel mangelnden Konsequenz und insgesamt niedrigen Prävalenz nicht empfohlen.
Anamnese
Häufige Symptome sind reduziertes Allgemeinbefinden, Polyurie, Polydipsie und Gewichtsabnahme.
Bei manchen Patient*innen manifestiert sich die Erkrankung initial in Form einer schweren Ketoazidose und eines Komas („Manifestationskoma").32
Bei Erstdiagnose eines Typ-1-Diabetes zur diabetologischen Einstellung
Insbesondere bei Kindern soll umgehend nach Diagnosestellung des Typ-1-Diabetes eine Insulintherapie eingeleitet werden, da sich der kindliche Stoffwechsel rapide verschlechtern kann.31
Die Patient*innen zu einem späteren Zeitpunkt im Krankheitsverlauf überweisen, falls die Therapieziele trotz angemessener Behandlung nicht erreicht werden.
Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes sollen in Bezug auf die glykämische Kontrolle individualisierte Therapieziele vereinbart werden.
Die Wahl des HbA1c-Zielwertes soll stets als ein Kompromiss zwischen dem Risiko für Hypo- und Hyperglykämien und deren Folgen, dem erwartbaren Nutzen der Risikoreduktion hinsichtlich diabetesbedingter Akut- und Folgekomplikationen, der Präferenz der Patient*innen und den Möglichkeiten der Erkrankten zur Therapieadhärenz behandelt werden, wobei etwaige Komorbiditäten, das Alter und die Erkrankungsdauer zu berücksichtigen sind.
Menschen mit Typ-1-Diabetes sollen neben dem Nutzen auch über die Gefahren einer intensiven Insulintherapie aufgeklärt werden. Diese Aufklärung soll insbesondere das Thema der Hypoglykämien und dabei auch das der unbemerkten Stoffwechselentgleisungen beinhalten sowie den dadurch möglichen negativen Einfluss einer intensiven Insulintherapie auf kognitive Fähigkeiten, Wahrscheinlichkeiten für z. B. Herzrhythmusstörungen, Unfälle und Unfalltod umfassen.
Diese Aufklärung soll in verständlichen Worten und ergebnisoffen geschehen.
Zielwerte
Bei Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes sollte ein HbA1c-Wert ≤ 7,5 % (≤ 58 mmol/mol) angestrebt werden, solange keine problematischen Hypoglykämien auftreten.
Bei Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes kann auch ein HbA1c-Wert ≤ 6,5 % (≤ 48 mmol/mol) angestrebt werden, wenn ein niedriges intrinsisches Hypoglykämierisiko besteht (z. B. neumanifester Typ-1-Diabetes, stabil geringe glykämische Variabilität).
Bei Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes sollte ein weniger strenger HbA1c-Wert < 8,5 % (< 69 mmol/mol) angestrebt werden, wenn die Therapiesicherheit nicht gewährleistet werden kann, gehäuft schwere Hypoglykämien aufgetreten sind, extensive Komorbiditäten oder fortgeschrittene makrovaskuläre Komplikationen vorliegen.
Bei Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes ist ab einem HbA1c-Wert > 9 % (> 75 mmol/mol) von Symptomen der Polyurie und einem deutlich gesteigerten Risiko für Folgeerkrankungen auszugehen.
Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes und schweren Hypoglykämien in den letzten Monaten sollte eine Anhebung des HbA1c-Ziels erfolgen.
Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes und geringer Lebenserwartung oder bedeutenden Komorbiditäten kann eine Anhebung des Blutzuckers mit dem alleinigen Therapieziel der Symptomfreiheit erwogen werden.
Eine Insulintherapie soll umgehend nach Diagnosestellung des Typ-1-Diabetes eingeleitet werden, da sich der kindliche Stoffwechsel rapide verschlechtern kann. Schnellstmöglich soll ein mit Kindern erfahrenes Diabetes-Team hinzugezogen werden.
Diabetes-Team besteht aus Kinderärzt*innen mit der Zusatzanerkennung Diabetologie oder Kinderärzt*innen mit der Weiterbildung Kinderendokrinologie und -Diabetologie bzw. Kinderärzt*innen „Diabetologe DDG", Diabetesberater*innen, Diätassistent*innen bzw. Ernährungsfachkräften sowie diabetologisch geschulte Psycholog*innen und Sozialarbeiter*innen.
Betreuungsmaßnahmen sollen darauf gerichtet sein, die Kompetenz der Familie und des Kindes/Adoleszenten in Abhängigkeit vom Alter und den vorhandenen familiären Ressourcen im Umgang mit der Diabetes-Erkrankung sowie die Selbständigkeit und Eigenverantwortung zu stärken.
Alle an der Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus Beteiligten sollen den Erhalt bestmöglicher Gesundheit, lebenslange Teilhabe und gute Lebensqualität des Kindes und seiner Familie zum Ziel haben.
Die Behandlung des Typ-1-Diabetes durch das Behandlungsteam sollte umfassen:
Mit dem Kind bzw. der/dem Jugendlichen und ihrer/seiner Familie sollen individuelle Therapieziele formuliert werden (HbA1c-Wert, Blutzuckerzielbereiche, Verhaltensänderungen bei risikofördernder Lebensweise, Integrationsbemühungen u. a.).
Eine kontinuierliche Dokumentation der Therapieziele im Diabetes-Pass für Kinder und Jugendliche sollte durchgeführt werden.
Zielwert
Der angestrebte HbA1c-Wert soll < 7,5 % sein, ohne dass Hypoglykämien auftreten. Blutzuckerschwankungen sollten möglichst gering gehalten werden.
Allgemeines zur Therapie
Die Therapie besteht aus den Komponenten Schulung, Ernährungsberatung, Insulintherapie, Glukoseselbstkontrolle und psychosoziale Betreuung.1
Zudem sollten weitere ggf. vorliegende kardiovaskuläre Risikofaktoren behandelt werden.
Schulungen
Leitlinie: Strukturierte Schulungs- und Behandlungsprogramme1
Allen Patient*innen mit Typ-1-Diabetes sowie ggf. wichtigen Bezugspersonen (z. B. Angehörigen) sollen strukturierte Schulungs- und Behandlungsprogramme unmittelbar nach Diagnosestellung des Diabetes und regelmäßig im Verlauf der Erkrankung als unverzichtbarer Bestandteil der Diabetesbehandlung angeboten werden.
Patient*innen mit Typ-1-Diabetes und Problemen im Zusammenhang mit Hypoglykämien (z. B. Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung, rezidivierende schwere Hypoglykämien) sollte ein Schulungs- und Behandlungsprogramm zur Verbesserung der Wahrnehmung und des Umgangs mit Hypoglykämien angeboten werden.
Wiederholungs-, Refresher- und Ergänzungsschulungen sowie problemorientierte Schulungen sollten bei Patient*innen mit Typ-1-Diabetes bei besonderen Problemen bei der Umsetzung der Diabetes-Therapie, dem Nichterreichen bedeutsamer Therapieziele (z. B. glykämischer Kontrolle, Vermeidung von Hypoglykämien, Ketoazidosen), dem Auftreten von Folge- und Begleiterkrankungen, die besondere Kenntnisse und Fähigkeiten der Patient*innen erfordern, sowie bei bedeutsamen Motivationsproblemen bei der Durchführung der Diabetes-Therapie angeboten werden.
Empfehlungen für Patient*innen
Für eine erfolgreiche Diabetes-Therapie ist entscheidend, dass die Patient*innen selbst eine aktive Rolle in der Behandlung und Pflege übernehmen.
Die Patient*innen sollten ihre Krankheit verstehen und aktiv in die therapeutischen Entscheidungen einbezogen werden, um ihre Eigenverantwortung zu stärken.
Gerade für jüngere Patient*innen mit Typ-1-Diabetes ist es oft sehr schwer, ihre Krankheit mit der Abhängigkeit von einer Insulinbehandlung zu akzeptieren.
Für Menschen mit Typ-1-Diabetes ist weder eine spezifische Ernährungsform oder Diät noch sind spezifische „Diät-Lebensmittel“ erforderlich. Für sie gelten die allgemeinen Empfehlungen hinsichtlich einer gesunden Ernährung.
Die Beratung von Menschen mit Typ-1-Diabetes soll folgende besondere Komponenten umfassen:
Glukosewirksamkeit von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen
Zur Begrenzung oder gesteigerten Proteinzufuhr als Teil einer spezifischen Diabetes-Kost liegen widersprüchliche Aussagen hinsichtlich der Nutzen-/Schadensbilanz vor. Allenfalls bei bestehenden Nierenerkrankungen kann unter wenigen spezifischen Umständen eine Beschränkung der täglichen Eiweißzufuhr sinnvoll sein.
Patient*innen mit Typ-1-Diabetes sollten, wie auch für die Allgemeinbevölkerung empfohlen, die Menge des Alkoholgenusses begrenzen (in der Regel Frauen 10 g Alkohol am Tag, Männer 20 g am Tag). Im Besonderen sollte darauf hingewiesen werden, dass bei Genuss größerer Alkoholmengen
das Risiko für schwere, insbesondere nächtliche Hypoglykämien ansteigt und
dieses Risiko durch Nahrungsaufnahme während der Zeit des Alkoholgenusses reduziert wird.
Von entscheidender Bedeutung für die Therapie des Typ-1-Diabetes ist, dass die Patient*innen in die Lage versetzt werden, den Kohlenhydratgehalt ihrer Nahrung einzuschätzen, um die Insulindosierung entsprechend anpassen zu können.
Körperliche Aktivität
Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.37
Menschen mit Typ-1-Diabetes können im Grunde jegliche Sportart auch als Wettkampf- oder Leistungssport ausüben.
Nicht geeignet sind Sportarten, bei denen das Risiko von Bewusstseinsstörungen/eingeschränkter Urteilsfähigkeit infolge evtl. Hypoglykämien erhöht ist (z. B. Tauchen, Fallschirmspringen, Extremklettern, Skitouren in großer Höhe, Wildwasserkanufahren oder Drachenfliegen).
Nur in Ausnahmefällen möglich, sofern langjährige persönliche Erfahrung der Patient*innen, besonders sorgfältiges Verhalten, individuelle Planung und eine intensive Schulung vorliegen.
Empfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)
Basisregeln
Da es nur grobe Dosis-Wirkungs-Beziehungen gibt, sollten individuelle Anpassungsregeln erarbeitet werden.
Dazu sollten bei sportlicher Aktivität regelmäßig Blutzuckerprofile erstellt und zusammen mit Insulindosis, Injektions-Trainingszeit-Abstand, Zusatzkohlenhydraten und Belastungsform (Ausdauer-, Krafttraining, Intensität, Trainingspuls) in einem Sporttagebuch protokolliert werden. Dieses Protokoll bildet die Basis für die Analyse individueller Stoffwechselreaktionen beim Sport, dient zur Sammlung von Erfahrungen und hilft bei der Therapieoptimierung mit dem Diabetes-Team.
Bei Blutzuckerwerten > 13,9 mmol/l (> 250 mg/dl) und Ketonämie (Blutazeton > 1,1 mmol/l) und Ketonurie (Azeton im Urin) liegt ein starker Insulinmangel vor. Dieser muss durch Insulinsubstitution behoben werden, bevor Muskelarbeit begonnen oder fortgesetzt wird.
Optimalerweise sollte eine Ergometrie inklusive Laktattestung oder Spiroergometrie zur Bestimmung des aeroben und anaeroben Stoffwechsels erfolgen. Aufgrund der Bestimmung dieser Stoffwechselgrenzen und der assoziierten Pulsfrequenzen können dezidierte Trainingsempfehlungen gegeben werden.
Belastungen im aeroben Bereich führen primär zu einer Hypoglykämie, anaerobe Belastungen zu einer Hyperglykämie. Bei dieser letzten, intensiven Belastungsform werden vermehrt Katecholamine freigesetzt, die unter Belastung zu Blutglukoseanstiegen führen, in der Nachbelastungsphase, gerade jenseits von 6 h, aber besonders Hypoglykämien begünstigen können. Dabei sollte vor allem auch auf nächtliche Hypoglykämien geachtet werden.
Beim Sport immer ein SOS-Sportset (z. B. Traubenzucker, Glukosegels, Softdrinks, Saft) mitführen, um bei Hypoglykämie sofort reagieren zu können.
Lange Belastungen im Wasser wie Langdistanzschwimmen, die eine Blutzuckerkontrolle unmöglich machen, sind zu vermeiden.
Sportkamerad*innen, Freund*innen, Trainer*innen, Lehrer*innen über das Hypoglykämie-Risiko und Gegenmaßnahmen informieren.
Umgebungsbedingungen (Hitze, Kälte) und Höhe müssen mitberücksichtigt werden, da diese die Interaktion zwischen Insulin, Glukose, Glukagon und Katecholaminen beeinflussen. In diesen Fällen sind häufigere Blutzuckerkontrollen indiziert.
Praktische Empfehlungen
Prävention sportinduzierter Komplikationen bei der Insulin-Therapie
bei Sportbeginn bis zu 3 h nach Insulininjektion und einer Mahlzeit Reduktion des kurzwirkenden Insulins um 25–75 %
bei Sportbeginn mehr als 3 h nach Insulininjektion und einer Mahlzeit keine Reduktion des kurzwirkenden Insulins, bedarfsweise zusätzliche Kohlenhydrate
bei kurzzeitigem Sport keine Reduktion des langwirkenden Insulins; ggf. zusätzliche Kohlenhydrate bzw. Reduktion kurzwirksamer Insuline zur Vermeidung von Hypoglykämien
vor ganztägigen körperlichen Aktivitäten Reduktion des langwirksamen Insulins um 20–40 % und danach um 10–20 %
Prävention sportinduzierter Komplikationen bei der Therapie mit einer Insulinpumpe
für eine Reduktion des Mahlzeitenbolus und zusätzlicher Kohlenhydrate: gleiche Regeln wie bei traditioneller Insulininjektionstechnik
bei Sport von mehr als 1–2 h Halbierung der Basalrate bei Normalinsulin 2 h und bei Analoginsulin ca. 1 h vor Sportbeginn, dann je nach Dauer und Intensität
bei Ablegen der Pumpe für mehr als 2–4 h Umstellung auf traditionelle Insulintherapie, Reduktion der Basalrate um 10–50 % für bis zu 14 h
Insulintherapie
Die Indikation für Insulintherapie ist bei Typ-1-Diabetes immer und lebenslang gegeben.1
Es ist belegt, dass durch eine gute Einstellung des Stoffwechsels die Häufigkeit mikrovaskulärer Spätkomplikationen wie Neuropathien, Retinopathien und Nephropathien verringert werden kann.38-40
Besonderes Augenmerk auf die Gefahr einer Hypoglykämie bei Insulintherapie richten.
Manche Medikamente können die Symptomatik maskieren, z. B. unselektive Betablocker.
Aktuell verwendetes Insulin kann bei Zimmertemperatur aufbewahrt, vorrätig gehaltenes Insulin soll hingegen im Kühlschrank gelagert werden.1
Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes beeinflussen folgende Faktoren die adäquate Insulinersatztherapie:
Ausmaß des Insulindefizits
individuelle Insulinempfindlichkeit unter Berücksichtigung von BMI, körperlicher Aktivität, Vorliegen weiterer Erkrankungen und Einnahme von Medikamenten
Pharmakokinetik und -dynamik der verwendeten Insulinpräparate
Nahrungszufuhr.
Eine intensivierte Insulintherapie (ICT) sollte Behandlungsstandard bei Patient*innen mit Typ-1-Diabetes sein.
Bei Patient*innen mit Typ-1-Diabetes soll die Insulintherapie im Rahmen einer strukturierten Diabetesbetreuung erfolgen.
Zur Therapie von Menschen mit Typ-1-Diabetes sollen Humaninsuline (Normalinsulin oder Humaninsuline mit Verzögerungsprinzip) oder Insulinanaloga (kurzwirksame oder langwirksame) eingesetzt werden.
Die Injektionsbereiche und Injektionsstellen sollen regelmäßig von einem Mitglied des Diabetes-Teams untersucht werden (Inspektion und Palpation). Menschen mit Diabetes sollen lernen, ihre eigenen Injektionsbereiche und Spritzstellen zu inspizieren und Lipohypertrophien zu erkennen.
Zur Vermeidung von Lipohypertrophien soll die Injektionsstelle bei jeder Injektion gewechselt werden Es sollen zudem die Nutzung größerer Injektionszonen und die Einmalverwendung der Nadel sichergestellt werden.
Patient*innen mit Diabetes sollen nicht in den Bereich einer Lipodystrophie (Lipohypertrophie/Lipoatrophie) injizieren.
Menschen mit Typ-1-Diabetes sollen über die Pharmakodynamik von Insulinen in Bezug auf einen Spritz-Ess-Abstand aufgeklärt werden.
Empfehlungen zur CSII (Continous Subcutanous Insulin Injection = Insulinpumpe)
Bei Patient*innen mit Typ-1-Diabetes sollte der Einsatz einer Insulinpumpentherapie bei Nichterreichen der individuellen Therapieziele unter intensivierter Insulintherapie überprüft werden.
Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes sollte bei häufigen Hypoglykämien bzw. bei rezidivierenden schweren Hypoglykämien unter intensivierter Insulintherapie der Einsatz einer Insulinpumpentherapie überprüft werden.
Patient*innen mit Typ-1-Diabetes kann eine Insulinpumpentherapie bei folgenden Konstellationen angeboten werden:
bei häufig unregelmäßigem Tagesablauf (z. B. Schichtarbeit, Tätigkeiten mit variierender körperlicher Aktivität, Probleme bei der Durchführung einer klassischen ICT/Spritzentherapie – u. a. zur Verbesserung der Lebensqualität)
bei geplanter Schwangerschaft (Beginn präkonzeptionell) bzw. zu Beginn einer Schwangerschaft
bei geringem Insulinbedarf
bei unzureichender glykämischer Kontrolle der Stoffwechsellage unter ICT (z. B. Dämmerungsphänomen).
Voraussetzungen für den Beginn einer Insulinpumpentherapie bei Patient*innen mit Typ-1-Diabetes sind:
Beherrschung einer intensivierten Insulintherapie durch Patient*in
die Sicherstellung der Betreuung durch eine qualifizierte diabetologische Einrichtung mit entsprechender Erfahrung in der Anwendung von Insulinpumpen
Schulung zur Insulinpumpentherapie durch ein ausgebildetes Schulungsteam.
Prinzip der Insulintherapie
Standardmäßig sollte, wenn möglich, eine intensivierte Therapie mit mehrmals täglichen Injektionen (Basis-Bolus-Prinzip) erfolgen.
Nachahmung der physiologischen Insulinsekretion
Basis: langwirksames Insulin unabhängig von den Mahlzeiten (NPH-Insulin)
1 IE Insulin senkt den Blutzucker um 30–40 mg/dl (2 mmol/l).
10 g Kohlenhydrate heben den Blutzucker um 30–40 mg/dl (2 mmol/l).
Die Tagesdosis liegt meist zwischen 0,5 und 1 IE je kg Körpergewicht, die Anfangsdosis jedoch häufig bei 0,2–0,4 IE je kg.
Typischerweise verteilt sich die Dosis wie folgt:
1/3 der Tagesdosis als abendliche Dosis NPH-Insulin
30–50 % der abendlichen Dosis NPH-Insulin als morgendliche Dosis
Rest: etwa 50 % der Tagesdosis, Aufteilung auf die Mahlzeiten je nach deren Größe.
Maßgeblicher Blutzuckerwert
Der Glukosewert wird zu dem Zeitpunkt gemessen, der sich am besten zur Anpassung der jeweiligen Insulindosis eignet.
Die abendliche Dosis NPH-Insulin richtet sich nach dem am Morgen gemessenen Nüchternblutzucker.
Bei NPH- und Mischinsulin am Morgen ist der vor dem Mittag gemessene Glukosewert maßgeblich.
Die zu den Mahlzeiten angewendeten Dosen schnell wirksamen Insulins richten sich nach dem Glukosewert 2 Stunden nach der Mahlzeit sowie der Größe der Mahlzeit.
Basalinsulin-Arten
Als Standard gilt Humaninsulin.
Zur Therapie von Patient*innen mit Typ-1-Diabetes sollen Humaninsuline oder Insulinanaloga eingesetzt werden.1,31
Werden strenge Therapieziele angestrebt, ist der Einsatz kurzwirksamer und langwirksamer Insulinanaloga im Vergleich zu Normalinsulinen mit Vorteilen hinsichtlich HbA1c-Absenkung sowie dem Risiko für Hypoglykämien assoziiert.1Allerdings ist kein Vorteil solch strenger Therapieziele belegt.
Insulinanaloga haben keinen Vorteil gegenüber Normalinsulinen hinsichtlich schwerer Hypoglykämien41
Sie senken die Rate leichter nächtlicher Hypoglykämie nur dann, wenn das HbA1c sehr niedrig eingestellt werden soll.42-43Auch für den Nutzen eines solch niedrigen HbA1c gibt es keine Belege.
Das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sieht keinen Zusatznutzen für kurz- und langwirksame Analoginsuline beim Typ-1-Diabetes.44-45
In Deutschland stehen bzw. standen kurzwirksame (Lispro, Aspart, Glulisin) und langwirksame Analoginsuline (Detemir, Glargin, Degludec) zur Verfügung.
Langwirkende Insulinanaloga sind grundsätzlich nur dann zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnungsfähig, wenn sie nicht teurer sind als Humaninsulin. Betroffen sind von der Regelung die Wirkstoffe Insulin Glargin und Insulin Detemir.46
Eine Insulinpumpe ermöglicht eine kontinuierliche Versorgung mit schnell wirkendem Insulin. Die Pumpe wird auf eine festgelegte Dosis pro Stunde eingestellt. Außerdem wird den Patient*innen zu jeder Mahlzeit eine zusätzliche Dosis über die Pumpe verabreicht.
Generell gibt es eine Tendenz hin zu einer immer häufigeren Anwendung von Pumpentherapien.
signifikant erniedrigte Zahl an Hypoglykämien und Senkung der kardiovaskulären sowie Gesamtmortalität47
Nachteile sind technische Probleme sowie Bedienungsfehler, wobei eine erfolgreiche Therapie durch stetige technische Verbesserungen zunehmend besser möglich wird.1
Insulinpumpe mit integrierter Glukosemessung
Bei der sensorunterstützten Insulinpumpentherapie wird der Blutzuckerspiegel kontinuierlich gemessen und die Insulindosis von den Patient*innen entsprechend dosiert.
genaue und kontinuierliche Glukoseüberwachung und damit bessere glykämische Kontrolle
Ermöglicht eine Feinjustierung des Blutzuckerspiegels durch automatische Abgabe von Insulin und Glukagon.
Optimierung des durchschnittlichen Glukosespiegels und weniger Hypoglykämien48
Orale Antidiabetika
Leitlinie: Orale Antidiabetika bei Typ-1-Diabetes1
Für das alleinige Therapieziel Verbesserung der glykämischen Kontrolle sollte der zusätzliche Einsatz von Metformin bei Patient*innen mit Typ-1-Diabetes nicht erfolgen.
Bei Typ-1-Diabetes-Patient*innen, bei denen kardiovaskuläre Risikofaktoren und Übergewicht/Adipositas vorliegen, kann die zusätzliche Gabe von Metformin wegen vorteilhafter Effekte auf das LDL-Cholesterin, das Körpergewicht sowie auf Surrogatparameter der Arteriosklerose erwogen werden. Der Zulassungsstatus von Metformin ist zu beachten.
Dapagliflozin darf seit 25.10.2021 nicht mehr zur Behandlung des Typ-1-Diabetes verwendet werden. 49
Studienergebnisse deuten darauf hin, dass orale Antidiabetika bei LADA-Patient*innen mit niedriger GAD-Antikörperzahl eine Therapiealternative sein können (untersucht wurde Metformin in Kombination mit Sitagliptin).50
Glukoseselbstmessung
Die Präzision der Ergebnisse mit haushaltsüblichen Blutzuckermessgeräten ist für das Selbstmanagement ausreichend, wenn auch gegenüber Labormessungen geringer.1
Die Genauigkeit der Blutglukoseselbstmessungen sollte deshalb in regelmäßigen Abständen überprüft, und die Patient*innen sollten zu Beginn einer Therapie mit Blutglukoseselbstmessung geschult werden.1
Selbstmanagement mithilfe RTCGM (Real Time Continous Glucose Monitoring) oder ISCCGM/FGM (Intermittent Scanning CGM/Flash Glukose Monitoring) sollte angeboten werden, wenn individuelle Therapieziele nicht erreicht werden.
Zu RTCGM liegt Evidenz für folgende Endpunkte vor:
Reduktion von Hypoglykämien, insbesondere schwere Hypoglykämien
Systeme mit Basalratenabschaltung reduzieren die Rate an Hypoglykämien weiter.
je größer die Adhärenz zur Nutzung eines solchen Systems desto größer der Benefit der Anwender*innen
bei Schwangeren: Verbesserung des neonatalen Outcomes
Verbesserung der Lebensqualität: Für viele Patient*innen ist es ein erheblicher Fortschritt, dass sie nicht mehrfach am Tag sich selbst stechen müssen, um die Blutglukose zu messen.
Zu ISCCGM (FGM) liegt Evidenz für folgende Endpunkte vor:
Reduktion von Hypoglykämien
Verbesserung der Behandlungszufriedenheit.
Um die Vorteile eines RTCGM/ISCCGM-Systems effektiv nutzen zu können, bedarf es einer adäquaten Schulung und regelmäßigen diabetologischen Betreuung durch in der Nutzung dieser Systeme versierte Diabetes-Teams.
RTCGM-Geräte messen die Glukosekonzentration in der interstitiellen Flüssigkeit.1
Entsprechende Messgeräte für Patient*innen mit intensivierter Insulintherapie sind in Deutschland seit 2016 Kassenleistung.51
Können in Kombination mit einer konventionellen intensivierten Insulintherapie oder einer Insulinpumpentherapie genutzt werden.
Alternative ist das Intermittent Scanning CGM (Flash Glukose Monitoring, FGM).1
Messtechnik vergleichbar wie RTCGM
Ohne Alarmfunktion, aber umfassendere Bewertung der Glykämie inklusive Glukosetrend
Die Entscheidung, welche Therapieoption, RTCGM oder FGM, für welche Patient*innen geeignet ist, sollte durch eine diabetologisch qualifizierte Einrichtung bewertet werden.1
Schwer einstellbarer Diabetes
Zur Beurteilung von Patient*innen mit unerklärlich hohen HbA1c-Werten oder einem stark schwankenden Blutzuckerspiegel kann eine 1-wöchige Intensivüberwachung der Glukosewerte hilfreich sein, bei der vor und 2 Stunden nach allen Mahlzeiten, vor dem Schlafengehen und um 3 bis 4 Uhr nachts der Blutzucker gemessen wird.
Geht man die Ergebnisse dieser Messungen gemeinsam mit den Patient*innen durch, können sich wertvolle Hinweise zur Justierung der Therapie ergeben.
In vielen Fällen ist die ungenügende Blutzuckereinstellung auf eine Insulinüberdosierung zurückzuführen, die immer wieder kurzzeitige insulinbedingte Unterzuckerungen hervorruft. Im Anschluss kommt es dann aufgrund gegenregulierender Hormone und einer übermäßigen Nahrungsaufnahme zu Hyperglykämien.
Eine solche Hyperglykämie kann danach 1 Tag oder mehr bestehen.
Nur in Ausnahmefällen benötigen Patient*innen mit Typ-1-Diabetes eine Insulindosis von mehr als 1 IE/kg täglich.
Kardiovaskuläre Prävention
Leitlinie: Risikoberatung zur kardiovaskulären Prävention52
ARRIBA
In der Primärprävention soll das globale, absolute kardiovaskuläre Risiko als vorrangige Entscheidungsgrundlage dienen.
Zur Kalkulation des kardiovaskulären Risikos soll ein evaluierter Risiko-Algorithmus verwandt werden.
Für die hausärztliche Versorgungsebene sollte zur Berechnung des Risikos der ARRIBA-Rechner angewandt werden.
Empfehlungen zum Diabetes
Auch bei Patient*innen mit Diabetes soll das kardiovaskuläre Risiko (für Herzinfarkt und Schlaganfall) kalkuliert werden.
Ein Diabetes gilt nicht automatisch als Risiko-Äquivalent.
Bei Menschen mit Diabetes sollen im Rahmen des kardiovaskulären Risiko-Assessments die Blutlipide bestimmt werden.
Das durchschnittliche HbA1c der letzten Jahre sollte in die Kalkulation mit einbezogen werden.
Beim Typ-1-Diabetes soll jährlich das Mikroalbumin bestimmt werden.
Beim Typ-1-Diabetes und Mikroalbuminurie kann das für eine gleiche Person ohne Diabetes kalkulierte Risiko in 3-facher Höhe veranschlagt werden.
ASS-Therapie
Es gibt keine Grundlage, um bei Diabetes-Patient*innen ohne erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bzw. gesicherte kardiovaskuläre Erkrankung präventiv eine Therapie mit Acetylsalicylsäure zu empfehlen.52-53
Blutdruck-Zielwerte
Mit einem Zielwert von unter 130/80 mmHg waren die Blutdruck-Vorgaben für Diabetes-Patient*innen lange Zeit strenger als für die übrige Bevölkerung.
In Studien konnte jedoch nicht bewiesen werden, dass sich Letalität oder Morbidität durch niedrige Zielwerte verringern lässt.54
Die viel zitierte SPRINT-Studie zur strengeren Blutdruckeinstellung hatte keine Patient*innen mit Diabetes eingeschlossen.55
Gemäß der ACCORD-Studie gelten auch für Menschen mit Diabetes Zielwerte unter 140/90 mmHg.56
Dies wurde in der europäischen Hypertonie-Leitlinie von 2018 bestätigt.57
Rauchen
Rauchen ist ein wesentlicher zusätzlicher Risikofaktor im Hinblick auf kardiovaskuläre Erkrankungen.
Der Verzicht auf Zigaretten stellt eine wichtige Maßnahme zur Risikoreduktion dar.
Falls die Patient*innen mit dem Rauchen aufhören möchten, wägen Sie den Bedarf einer medikamentösen Unterstützung bei diesem Prozess ab.
Bei allen Patient*innen mit Typ-1-Diabetes und (prä-)terminaler Niereninsuffizienz sollte die Möglichkeit einer kombinierten Pankreas-Nieren-Transplantation geprüft werden.
Bei allen Patient*innen mit Typ-1-Diabetes und schwerer metabolischer Instabilität mit Hypoglykämien und/oder Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung sollten zunächst die konservativen Möglichkeiten der Therapieoptimierung einschließlich technischer Hilfsmittel ausgeschöpft und bei Versagen die Optionen einer Betazellersatztherapie (Insel- oder Pankreastransplantation) geprüft werden.
Die Inseltransplantation ist ein minimalinvasives Verfahren mit guten Ergebnissen, das bislang in Deutschland wegen einer sehr komplexen Regulation jedoch bislang weniger als 10 x/Jahr durchgeführt wird.1
in anderen Ländern bereits als Therapieverfahren etabliert1
Allerdings ist zu bedenken und gemeinsam mit den Patient*innen zu besprechen, dass jede Transplantation erhebliche persönliche Einschränkungen im Alltag zur Folge haben kann (dauerhafte Immunsuppression, dadurch erhöhte Infekt-Gefährdung, viele mögliche Medikamenteninteraktionen, regelmäßig erforderliche Laborkontrollen).
Eine Pankreastransplantation ist wegen der hohen Nebenwirkungsrate nur als Ultima Ratio bei konservativ nicht suffizient einstellbaren Blutzuckerspiegeln angezeigt.1
Die Relaparotomierate wegen Komplikationen liegt bei 15–40 %.59
DMP Typ-1-Diabetes
Disease-Management-Programme (DMP) sind strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch kranke Menschen, deren Teilnahme für Patient*innen freiwillig ist.60
Ein koordiniertes Vorgehen soll dazu beitragen, unnötigen Komplikationen, Krankenhausaufenthalten und Folgeschäden vorzubeugen.60
Das DMP Typ-1-Diabetes umfasst folgende Leistungen:61
individuelle Therapieplanung gemeinsam mit der Ärztin oder dem Arzt
abhängig von Begleiterkrankungen, Lebensumständen und Risiko für Folgeschäden
Beachtung von Neben- und Wechselwirkungen, Dosisanpassung
Vorbeugung und Behandlung von Begleit- und Folgeerkrankungen
in Zusammenarbeit mit Spezialist*innen (u. a. aus der Nephrologie, Augenheilkunde und Kinderheilkunde)
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Patient*innen mit Typ-1-Diabetes produzieren selbst kaum oder kein Insulin und sind deshalb lebenslänglich auf eine Insulintherapie angewiesen.
Der Krankheitsverlauf richtet sich nach der Einstellung des Stoffwechsels und der Behandlung etwaiger Komplikationen.
Remissionsphase („Honeymoon")
Nach der Einleitung einer Insulintherapie bei Patient*innen mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes tritt meist eine Remissionsphase ein, die Wochen bis Monate anhalten kann.
In dieser Phase sind geringe Dosen exogenen Insulins häufig ausreichend, und der Blutzucker lässt sich oft auch mit einem relativ einfachen Insulinregime gut einstellen.
Menschen mit Typ-1-Diabetes und einer milden Hypoglykämie (typische Symptome und geringe Blutglukosekonzentration, Selbsttherapie möglich) sollen 15–20 g Kohlenhydrate vorzugsweise in Form von Glukose zu sich nehmen. Diese Maßnahme soll nach 15 Minutenmin wiederholt werden, wenn die Blutglukosekonzentration weiter gering (50–60 mg/dl [2,8–3,3 mmol/l]) bleibt.
Patient*innen mit Typ-1-Diabetes und einer schweren Hypoglykämie (Selbsttherapie nicht möglich), die bei Bewusstsein sind, sollen 30 g Kohlenhydrate in Form von Glukose verabreicht werden. Diese Maßnahme soll nach 15 Minutenmin wiederholt werden, wenn die Blutglukosekonzentration weiter gering (50–60 mg/dl [2,8–3,3 mmol/l]) bleibt.
Menschen mit Typ-1-Diabetes und einer schweren Hypoglykämie (Selbsttherapie nicht möglich), die bewusstlos sind, sollen mindestens 20 ml 50-prozentige Glukose im Bolus i. v. oder alternativ (wenn intravenöser Zugang nicht verfügbar ist) 1 mg Glukagon i. m. oder s. c. erhalten.
Patient*innen mit Typ-1-Diabetes und ihre Angehörigen oder primären Betreuungspersonen sollten über die Anwendung der Glukagonspritze und anderer Sofortmaßnahmen bei einer Hypoglykämie aufgeklärt werden.
Patient*innen mit Typ-1-Diabetes und dem klinischen Verdacht auf eine mittlere oder schwere diabetische Ketoazidose sollen umgehend stationär eingewiesen werden. Sie sollen in der Klinik auf der Grundlage eines detaillierten schriftlichen Behandlungsplans versorgt werden.
Die Überwachung von Typ-1-Diabetes-Patient*innen, die wegen einer diabetischen Ketoazidose behandelt werden, soll unter intensivmedizinischen Bedingungen erfolgen. Während der Behandlung der schweren Ketoazidose sollen klinische Beurteilung und Monitoring mindestens stündlich erfolgen.
Die Hypoglykämie ist die häufigste Komplikation der Insulintherapie.
Häufigkeit
Bei der Häufigkeit gibt es zwischen den Patient*innen erhebliche Unterschiede.
Milde Hypoglykämien treten bei fast allen Patient*innen auf.
Schwere Hypoglykämien (Verlust des Bewusstseins und/oder Notwendigkeit von Hilfe durch andere Menschen) treten bei etwa 1/4 der Patient*innen mit intensivierter Insulintherapie auf, die Hälfte davon nachts.6062
Schulung und Prävention
Patient*innen sollten in der Erkennung von Hypoglykämie-Symptomen geschult werden.1
Es sollten stets mindestens 15 g Traubenzucker mitgeführt werden, die bei unvorhergesehenen Hypoglykämien eingenommen werden können.
Bei gefährdeten Patient*innen ist es auch sinnvoll, Sets von Glukagon und Injektionsbesteck bereitzuhalten, die Angehörige für eine subkutane oder intramuskuläre Injektion bei einer schweren Hypoglykämie verwenden können, wenn nicht rechtzeitig medizinische Hilfe in Anspruch genommen werden kann.
Symptome und Beschwerdebilder
initiale Symptome einer Hypoglykämie u. a. Unruhe, vermehrtes Schwitzen, Heißhunger, Übelkeit, Kopfschmerzen und Wortfindungsstörungen6163
Symptome in der Regel ab Blutzuckerspiegel < 35–55 mg/dl (2‒3 mmol/l)
bei Blutzucker < 35 mg/dl (2 mmol/l) mögliche zerebrale Symptome wie eingeschränktes Bewusstsein, Bewusstlosigkeit oder Krämpfe
Toleranzentwicklung
Die Fähigkeit zur Wahrnehmung insulinbedingter Hypoglykämien ist mitunter nicht mehr gegeben, wenn
die Erkrankung bereits seit einigen Jahren besteht.
Diese Fähigkeit zur Wahrnehmung eines zu niedrigen Blutzuckerspiegels (Hypoglykämie) kehrt häufig zurück, wenn der Blutzuckerspiegel über einen Zeitraum von 3–5 Wochen nicht unter etwa 90 mg/dl (5 mmol/l) fällt.
Gewichtszunahme
Jede Form der Insulintherapie führt bei Senkung der Glykämie zu einer Gewichtszunahme, die umso höher ausfällt, je ausgeprägter die Hyperglykämie bei Beginn der Therapie war.1
Spezifische Insulinarten beeinflussen diesen Zusammenhang nicht.
Die Patient*innen verabreichen sich bewusst zu geringe Dosen Insulin und nutzen den Kalorienverlust, den die sich daraus ergebende Glukosurie mit sich bringt, sowie die Appetitlosigkeit, die mit der Ketoseneigung einhergeht, um Gewicht zu verlieren.
Essstörungen treten bei Mädchen mit Typ-1-Diabetes im Alter zwischen 12 und 19 Jahren doppelt so häufig auf wie in einer gesunden Kontrollgruppe.6264
Es wird vermutet, dass dies mit der zentralen Rolle zusammenhängt, die die Ernährung im Leben von Patient*innen mit Diabetes spielt.
Möglicherweise besteht auch ein Zusammenhang zu dem Gewichtsverlust, der sich zu Beginn der Erkrankung einstellt, und der nachfolgenden Gewichtszunahme zu Beginn der Therapie.
Bei Patient*innen mit Typ-1-Diabetes und Essstörungen ist der Stoffwechsel häufig schlechter eingestellt, sodass ein erhöhtes Risiko frühzeitiger Spätkomplikationen besteht.
Besondere Aufmerksamkeit sollte diesem Phänomen bei Patient*innen gewidmet werden, die zu Untergewicht neigen oder deren Blutzuckereinstellung unerklärlich schlecht ist.
Ab dem 11. Lebensjahr oder nach einer Diabeteserkrankungsdauer von 5 Jahren sollten bei Patient*innen mit Typ-1-Diabetes ohne bekannte diabetesassoziierte Folge- oder Begleiterkrankungen folgende Früherkennungsuntersuchungen regelmäßig durchgeführt werden:
Bestimmung der Albumin-Kreatinin-Ratio und Berechnung der glomerulären Filtrationsrate zur Früherkennung einer Mikroalbuminurie und Nephropathie
ein opthmalogisches Screening des Fundus in Mydriasis
Wenn keine diabetische Netzhautveränderung festgestellt wird, soll das Screeningintervall bei bekanntem geringem Risiko (= kein ophthalmologisches Risiko und kein allgemeines Risiko) 2 Jahre und
für alle anderen Risikokonstellationen 1 Jahr betragen.
Sind der Augenärztin/dem Augenarzt die allgemeinen Risikofaktoren nicht bekannt, sollen die Patient*innen so behandelt werden, als ob ein ungünstiges allgemeines Risikoprofil vorliegt.
Anamnese und Untersuchung zur Früherkennung einer Neuropathie, mindestens jährlich
Anamnese und Untersuchung zur Früherkennung von Fußkomplikationen, mindestens jährlich
Untersuchung des Herz-Kreislauf-Systems, risikoadaptiert: Hierzu gehört neben einer körperlichen Untersuchung die Bestimmung biochemischer Parameter für kardiovaskuläre Risikofaktoren, wie Blutdruckmessung, Bestimmung der Blutlipide zur Früherkennung von FettsoffwechselstFettstoffwechselstörungen.
Durch den Nachweis einer fehlenden Sensibilität gegenüber einem 10-g-Monofilament oder eines fehlenden peripheren Pulses lassen sich Patient*innen identifizieren, bei denen ein mittelgradiges oder intermediäres Risiko besteht, Fußgeschwüre zu entwickeln.6365
In Deutschland liegt bei Patient*innen mit Typ-1-Diabetes die Prävalenz der diabetischen Retinopathie bei 25 %, der diabetischen Nephropathie bei 15 % und der diabetischen Neuropathie bei 27 %.6466
In Skandinavien liegt die kumulative Inzidenz der Nephropathie bei 2,2 % nach 20 Jahren und bei 7,8 % nach 30 Jahren.6567
Bei Kindern, die die Diagnose vor Ende des 5. Lebensjahres erhalten, ist die Prognose am günstigsten.6567
Ursache vermutlich ischämische Kardiomyopathie bei erhöhtem Risiko für KHK
Weibliche Erkrankte haben ein fast doppelt so hohes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie männliche Patienten mit Typ-1-Diabetes.6870
Erhöhtes Infektionsrisiko, vor allem für Knochen- und Gelenkinfektionen, Hautinfektionen sowie Sepsis6971
Bis zu 12% aller infektionsbedingten Todesfälle ist mit der Grunderkrankung Diabetes assoziiert.6971
Mikroalbuminurie
besonderer Stellenwert bei Typ-1-Diabetes
Während Mikroalbuminurie bei Patient*innen mit Typ-2-Diabetes keine wesentliche Prädiktion zusätzlich zu den klassischen im ARRIBA-Rechner abgebildeten Framingham-Risikofaktoren bedeutet, ist dies bei Patient*innen mit Typ-1-Diabetes anders.
Patient*innen ohne Mikroalbuminurie haben ein Risiko wie Menschen ohne Diabetes, während das mit ARRIBA errechnete Risiko bei Mikroalbuminurie mit 3 zu multiplizieren ist.34,36
Chronische, tiefe und oft schmerzlose Ulzera, die durch eine Kombination von Neuropathie und Mikroangiopathie mit Arteriosklerose sowie ungünstiger Belastung, peripherer Gefäßerkrankung und sekundärer Infektion hervorgerufen werden.
Die wichtigste Maßnahme ist die Prophylaxe.
Die wesentlichen Prinzipien in der Wundbehandlung sind die Entlastung sowie Sanierung des Infektionsherds.7072-7173
Wundheilung kann durch Hydrogel verbessert werden.7274
Teilweise lässt sich durch hyperbare Sauerstofftherapie verbesserte Wundheilung erzielen.7375
Bei Diabetes-Patient*innen mit kritischer Ischämie in den unteren Extremitäten lässt sich durch Bypassoperation oder endovaskuläre Verfahren oft verbesserte Revaskularisation erzielen.
als Ultima Ratio Amputation, z. B. bei nekrotischen Zehen
Cheiropathie („Syndrom der steifen Hand")
Kennzeichnendes Merkmal sind Verdickungen der Sehnen und Haut, die die Beweglichkeit der Hand/des Arms einschränken.
In einer Studie mit 1.217 Typ-1-Diabetes-Patient*innen und einer Beobachtungsdauer von durchschnittlich 24 Jahren wurde bei 66 % der Patient*innen mindestens eine der folgenden Erkrankungen diagnostiziert:7476
Etwa 60 % der Patient*innen entwickeln keine Spätkomplikationen.20
Patient*innen, die die ersten 10–20 Jahre nach Diagnosestellung ohne schwere Komplikationen überleben, haben eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen langfristig positiven Verlauf.20
Lebenserwartung
Im Jahr 2019 betrug die Lebenserwartung für einen 20-jährigen Mann mit Typ-1-Diabetes 66 Jahre, für eine 20-jährige Frau 68 Jahre.7678
Die häufigste Ursache für verkürzte Lebensdauer liegt bei unter 50-jährigen Patient*innen in diabetischen Ketoazidosen, bei Patient*innen über 50 Jahre dagegen in der ischämischen Herzerkrankung.7678
Besprechung der Blut- bzw. interstitiellen Glukoseselbstmessungen und Insulinanpassungen
Mit Betroffenen, die eine kontinuierliche Glukosemessung (CGSM, FGM) durchführen, kann ein individuell festzulegender Zielbereich vereinbart werden.
Die prozentuale Zeit, die in diesem Zielbereich zugebracht werden sollte, kann als eigenständiger Parameter der Stoffwechselkontrolle erfasst werden (Zeit im Zielbereich, Time in Range, TIR).
Die Ergebnisse der Eigenmesswerte sollten auf Vorhandensein und Plausibilität in der Regel vierteljährlich geprüft werden. Betroffenen sollte die Möglichkeit gegeben werden, diese mit dem Behandlungsteam regelmäßig zu reflektieren.
Zur Diagnostik von Lipohypertrophien sollten eine Inspektion der Einstichstellen und die Palpation der Haut mindestens jährlich, bei Auffälligkeiten und insbesondere bei unerklärlich schwankender Stoffwechsellage vierteljährlich erfolgen.
Selbstkontrolle
Alle Patient*innen mit Typ-1-Diabetes sollten in der Lage sein, ihren Blutzuckerspiegel selbst zu messen.
Kontrollieren Sie in regelmäßigen Abständen die Messtechnik und die Genauigkeit des Blutzuckermessgeräts der Patient*innen.
Fahrsicherheit: Bezeichnet die situations- und zeitbezogene Fähigkeit zum Führen eines Fahrzeugs.
Sie ist durch äußere Faktoren sowie durch Beeinträchtigungen der Fahrer*innen rasch veränderbar (im Gegensatz zur Fahreignung).
Fahreignung: von aktuellen Situations- und Befindlichkeitsparametern unabhängige Fähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr
In diese Fähigkeit gehen Eigenschaften der Persönlichkeit sowie psychophysische Leistungsfunktionen ein.
Der Einfluss des Diabetes auf die Fahrsicherheit und die Fahreignung wird diskutiert, da mit diesem sowohl krankheits- als auch therapiebedingte Komplikationen und Nebenwirkungen einhergehen können.
Die Mehrheit der Menschen mit Diabetes erfüllt jedoch die Voraussetzungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 (bis 3,5 t und Motorräder) und Gruppe 2 (über 3,5 t).
Unfallhäufigkeit bei Menschen mit Diabetes
Laut verschiedener Metaanalysen aus den Jahren 2002 bis 2012 ist das Unfallrisiko von Menschen mit Diabetes nur 1,12- bis 1,19-fach höher als für die Allgemeinbevölkerung.
Spezifischere Analysen verdeutlichen, dass nicht Diabetes per se mit einem erhöhten Unfallrisiko assoziiert ist, sondern dass es innerhalb der Erkrankten Hochrisikogruppen gibt.
Insbesondere Personen mit einer starken Neigung zu Hypoglykämien weisen ein erhöhtes Unfallrisiko auf.
Bei der Einschätzung der Fahrsicherheit/Fahreignung von Personen mit Diabetes ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles erforderlich.
Mögliche Beeinträchtigungen der Fahrsicherheit bei Diabetes-Patient*innen
Patient*innen mit Diabetes, die ein Risiko für schwere Hypoglykämien haben, soll Folgendes geraten werden:
Vor Fahrtantritt eine Messung der Blutglukose durchführen und immer ein BG-Messgerät sowie geeignete Snacks zur Stabilisierung des Blutzuckerspiegels griffbereit im Fahrzeug mitführen.
Bei niedrig-normaler Blutglukose BG (z. B. 50–80 mg/dl) sollen vor Fahrtantritt geeignete Mengen Kohlenhydrate zugeführt werden, um die Blutglukose anzuheben und ein Abfall während des Fahrens zu vermeiden.
Im Falle einer Hypoglykämie soll die Fahrt nicht angetreten werden bzw. sofort das Fahrzeug gestoppt und die Hypoglykämie behandelt werden. Die Fahrt soll nach einer Hypoglykämie erst wieder fortgesetzt werden, wenn die Blutglukosewerte sicher normalisiert und die kognitiven Funktionen wiederhergestellt wurden.
Patient*innen mit Diabetes sollen über das Risiko einer verschlechterten Sehkraft, verschwommenes Sehen bei schneller Blutglukosesenkung bei stark erhöhten Blutglukosewerten und die damit verbundenen möglichen Einschränkungen der Fahrsicherheit aufgeklärt werden.
Diabetische Folgeerkrankungen: Augenerkrankungen und -störungen
Patient*innen mit fortgeschrittener diabetischer Retinopathie oder Makulopathie sollen nur Auto fahren, wenn eine nach der Fahrerlaubnis-Verordnung ausreichende Sehfähigkeit vorliegt.
Zur Beurteilung der Fahrsicherheit bei Menschen mit Diabetes soll ein aktueller ophthalmologischer Untersuchungsbefund herangezogen werden. Bei bestehender fortgeschrittener diabetischer Retinopathie, bei diabetischer Makulopathie oder bei eingeschränkter Sehfähigkeit soll in der augenärztlichen Praxis die Fahrsicherheit bzgl. der Sehfunktion geprüft und festgestellt werden.
Betroffene sollen bei der Überweisung an die Augenarztpraxis darauf hingewiesen werden, dass aufgrund der Pupillenerweiterung nach der Untersuchung für 2–4 Stunden kein Fahrzeug geführt werden soll.
Bei peripheren Polyneuropathien (PNP) können schwere Funktionsstörungen auftreten, die die Sicherheit der Benutzung der Pedale beeinträchtigen. Nach funktioneller Anamnese und klinischer Untersuchung soll bei nachgewiesenen klinisch relevanten Funktionseinschränkungen den Patient*innen mitgeteilt werden, dass sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen bis auf Weiteres nicht mehr zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sind („ärztliches Fahrverbot").
Bei schwerwiegenden anderen neurologischen Folgekomplikationen (z. B. Sehstörungen durch Augenmuskellähmung, Schwindel bei autonomer kardialer Neuropathie) soll eine fachärztliche Untersuchung zur Klärung der Fahrsicherheit erfolgen.
Bei Patient*innen mit diabetischem Fußsyndrom, v. a. bei Z. n. Amputationen und Prothesenversorgung, können ernsthafte Beeinträchtigungen bei der Pedalbenutzung bestehen. Die Notwendigkeit eines „ärztlichen Fahrverbots" sollte überprüft werden.
Zur Sicherung der Teilhabe können technische Hilfen (z. B. Umrüstung des Fahrzeugs) erwogen werden. Finanzielle Unterstützungen werden ggf. von Sozialleistungsträgern gewährt.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen treten bei Menschen mit Diabetes häufiger und früher auf als in der Allgemeinbevölkerung. Diese können die Fahreignung beeinträchtigen. Diabetes-Patient*innen sollen über diesen Zusammenhang aufgeklärt und beraten werden.
Altersspezifische Besonderheiten
Jugendliche und junge Heranwachsende
Bei Heranwachsenden mit Stoffwechselentgleisungen die einen Führerscheinwunsch haben, sollte zunächst die Stoffwechseleinstellung optimiert werden, ggf. durch Änderung des Behandlungsregimes.
Ärzt*innen und medizinisches Fachpersonal sollen darauf achten, ihre Patient*innen und deren Eltern bereits im frühen Jugendalter (ab 14 Jahren) über mögliche Auswirkungen des Diabetes auf die Fahrsicherheit zu informieren. Das Risiko soll gemeinsam mit den Betroffenen individuell bewertet und dokumentiert werden.
Fahrschüler*innen sollten die Fahrlehrer*innen über die Erkrankung und deren mögliche Auswirkungen auf die Fahrsicherheit aufklären.
Begleitetes Fahren ab 17 Jahren: Fahranfänger*innen sollten die Begleitperson über die Erkrankung und deren mögliche Auswirkungen auf die Fahrsicherheit aufklären.
Die Begleitperson sollte, genauso wie der/die Fahranfänger*in, in der Lage sein, frühe Symptome einer Hypoglykämie zu erkennen und beim Eintreten einer Hypoglykämie mit geeigneten Maßnahmen zu helfen.
Personen im höheren Erwachsenenalter (ab 65 Jahre)
Menschen mit Diabetes im höheren Alter, die mit Hypoglykämie induzierenden Substanzen (v. a. Insulin, Sulfonylharnstoffen) behandelt werden, sollten besonders auf das Auftreten von Hypoglykämien während des Fahrens achten. Dies sollte von den Behandler*innen wiederholt bei den älteren Patient*innen angesprochen werden.
Älteren Menschen mit Diabetes, die am Straßenverkehr teilnehmen und bei denen eine verminderte Hypoglykämie-Wahrnehmung vorliegt/vermutet wird, sollte die Teilnahme an einem Hypoglykämie-Wahrnehmungstraining empfohlen werden.
Aufklärung durch medizinisches Personal
Die Ärzt*innen bzw. das Diabetes-Team müssen dafür Sorge tragen, dass die Aufklärung der Patient*innen und deren Dokumentation entsprechend der gesetzlichen Vorgaben erfolgen.
Jede/r Patient*in muss individuell über das therapiespezifische Hypoglykämierisiko, die damit potenziell verbundenen Gefahren im Straßenverkehr sowie geeignete Verhaltensmaßnahmen zur Risikominimierung aufgeklärt werden.
Dies betrifft insbesondere Patient*innen, bei denen eine blutglukosesenkende Therapie mit Hypoglykämie-Risiko begonnen oder bereits ausgeführt wird (§ 630e Abs. 1 BGB).
Bei Patient*innen mit Hypoglykämie-Risiko soll eine regelmäßige Wiederholungsaufklärung erfolgen.
Diabetesbedingte Komplikationen, die die Fahrsicherheit beeinträchtigen können, müssen den Patient*innen mitgeteilt und deren Auswirkung auf die Sicherheit im Straßenverkehr erklärt werden.
Die Aufklärung muss für die Patient*innen verständlich sein.
Erforderlichenfalls sollen eine sprachkundige Person oder Dolmetscher*in hinzugezogen werden (§ 630e Abs. 2 Nr. 3 BGB).
Die Aufklärung muss durch die/denBehandelnde/nBehandler*innen oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt (§ 630e Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Die Aufklärung muss in der Patientenakte dokumentiert werden (§ 630e Abs. 1 und 2 BGB).
In jeder Praxis/Klinik soll eine SOP die Verantwortlichkeit für diese Informationen regeln.
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?
Die Patient*innen tragen einen großen Anteil an der erfolgreichen Therapie ihrer Erkrankung.
Regelmäßige Schulungen und ein intensives Beschäftigen mit der eigenen Erkrankung sind obligat für eine gute Prognose.
Insbesondere Hypoglykämien sollten frühzeitig erkannt und eigenständig behandelt werden können.
Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). Therapie des Diabetes mellitus Typ 1. AWMF Leitlinie 057-013. S3, Stand 2018. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM). Hausärztliche Risikoberatung zur kardiovaskulären Prävention. AWMF-Leitlinie Nr. 053-024. S3., Stand 20172016. www.degam.de
Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). Diabetes und Straßenverkehr. AWMF-Leitlinie Nr. 057-026. S2e, Stand 2017. www.awmf.org
Deutsche Diabetes Gesellschaft e. V. (DDG). Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter. AWMF-Leitlinie Nr. 057-016. S3, Stand 2015. www.awmf.org
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Autor*innen
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
Günther Egidi, Dr. med., Arzt für Allgemeinmedizin, Bremen (Review)
Caroline Beier, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Definition:Insulinmangel durch Zerstörung der Betazellen in der Bauchspeicheldrüse. Häufigkeit:Inzidenz in Deutschland 15 Fälle pro 100.000 Einwohner*innen. Symptome:Zu Beginn der Erkrankung oft reduzierter Allgemeinzustand, Polyurie, Polydipsie und Gewichtsverlust.