Erektile Dysfunktion

Zusammenfassung

  • Definition:Erektile Dysfunktion ist eine über mindestens 6 Monate fortwährende Unfähigkeit, eine penile Erektion zu erreichen oder aufrecht zu erhalten, die für einen befriedigenden Sexualakt ausreicht.
  • Häufigkeit:Die Inzidenz steigt mit dem Alter und betrifft 20–25 % der Männer über 65 Jahren.
  • Symptome:Die Unfähigkeit zur Erektion des Penis ist diagnostisch abzugrenzen von Veränderungen der Libido, Orgasmus- oder Ejakulationsstörungen.
  • Befunde:In der Regel kein auffälliger Lokalbefund. Evtl. Zeichen allgemeiner Atherosklerose, vaskuläre Risikofaktoren, neurologische oder endokrine Symptome, psychische Störungen oder Belastungen der Paarbeziehung.
  • Diagnostik:Anamnestische Abgrenzung psychischer und organischer Entstehungsfaktoren. Kardiovaskuläre, endokrinologische, neurologische und psychosoziale Exploration. Untersuchung des äußeren und inneren Genitals durch andrologisch erfahrene Ärzt*innen.
  • Therapie:Richtet sich in erster Linie auf die Beseitigung der zugrunde liegenden Ursachen, z. B. im Rahmen einer Paartherapie. In zweiter Linie und evtl. begleitend kann die symptomatische Behandlung mit erektionsfördernden Mitteln infrage kommen. Für die orale Pharmakotherapie stehen verschiedene PDE-5-Hemmer zur Verfügung. Damit kann in den meisten Fällen eine Erektionsverbesserung erreicht werden.

Allgemeine Informationen

  • Sofern nicht anders gekennzeichnet basiert der gesamte Artikel auf diesen Referenzen.1-2

Definition

  • Siehe auch den Symptom-Artikel Erektile Dysfunktion.
  • Die erektile Dysfunktion (ED) ist definiert als eine über mindestens 6 Monate anhaltende Unfähigkeit, eine penile Erektion, die für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr ausreicht, zu erreichen oder aufrecht zu erhalten.
  • Die ED führt bei vielen Betroffenen zu erheblichen negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität, das Selbstwertgefühl und die Paarbeziehung.

Häufigkeit

  • In Deutschland sind rund 95 % der Männer in der Altersgruppe von 30–40 Jahren und rund 70 % in der Altersgruppe von 70–80 Jahren regelmäßig sexuell aktiv.
  • Dabei nimmt die Prävalenz der erektilen Dysfunktion von rund 2 % in der 3. Lebensdekade auf über 50 % in der 7. Lebensdekade zu.
  • Bei bestimmten Grunderkrankungen, z. B. Diabetes mellitus, Gefäßerkrankungen, Alkoholkrankheit, ist die Prävalenz deutlich höher.

Ätiologie und Pathogenese

  • In Bezug auf Sexualität sind stets psychische, soziale (besonders die Paarbeziehung betreffende) und organische Faktoren miteinander verknüpft. Dies gilt auch für die ED.
  • Wie häufig überwiegend psychisch gegenüber überwiegend somatisch bedingten ED-Fällen sind, ist unklar.

Pathophysiologie

  • Defizite in folgenden Systemen können die Erektionsfähigkeit mindern:
    • Physiologische Voraussetzungen dafür, dass sexuelle Stimulation zu einer Erektion führt:
      • intakte Funktion des Nervensystems
      • reflektorische Erweiterung der Schwellkörperarterien
      • intakter Venenverschlussmechanismus des Schwellkörpers
      • ausreichender Testosteronspiegel.
    • Psychische Bedingungen, die zur Erektionsfähigkeit maßgeblich beitragen können:
      • Libido
      • Fähigkeit, sich in der sexuellen Situation zu entspannen.
      • Selbstvertrauen
      • Vertrauen zur Partnerin/zum Partner.

Psychisch bedingte erektile Dysfunktion

  • Beispiele für psychische Faktoren, die eine ED verursachen, auslösen oder verstärken können:

Neurogen bedingte erektile Dysfunktion

  • Läsionen erektionsrelevanter zentralnervöser Strukturen, z. B. durch:
  • Läsionen erektionsrelevanter peripherer Nerven
    • Polyneuropathie, z. B. bei:
      • Diabetes mellitus: häufigste Ursache neurogen bedingter erektiler Dysfunktion und als Gefäßrisikofaktor potenziell schädigend für die vaskuläre Komponente der Erektion
      • chronischem Alkoholismus.
    • iatrogen nach Strahlentherapie oder operativer Behandlung, z. B. von:
    • Nervenwurzelläsionen, z. B. durch:
    • Fahrradfahren
      • Durch Druck auf die Perinealnerven kann es zu vorübergehenden Ausfällen der Penisinnervation kommen.
      • Laut einer großen Metaanalyse haben Fahrradfahrer nach Alters- und Komorbiditätsadjustierung ein doppelt so hohes ED-Risiko wie Nicht-Fahrradfahrer.3
      • Zur Vorbeugung von Nervenschäden scheint es daher sinnvoll zu sein, auf eine anatomisch angepasste Sattelform zu achten, beim Fahren immer wieder die Sitzposition zu wechseln und alle 10 Minuten in den Stand zu gehen.
      • Besonders schonend für die perineale Durchblutung und Innervation sind Liegeräder.

Vaskuläre Ursachen und Mechanismen

  • Die Risikofaktoren für allgemeine Atherosklerose, wie Hyperlipidämie, Diabetes, Rauchen und Hypertonie, gehen auch mit einem erhöhten Risiko für eine atherosklerotische Schädigung der Penisgefäße einher.
  • Arterielle Erkrankungen können den Blutfluss einschränken und somit einen geeigneten Druck in den Sinusoiden des Penis verhindern.
  • Die venös abdichtende Funktion der Schwellkörper wird durch eine unzureichende Anfüllung von Sinusoiden reduziert.

Hormonell bedingte erektile Dysfunktion

  • Das häufigste Symptom bei einem verringerten Testosteronspiegel ist eine verminderte Libido.
  • Testosteronmangel ist selten die Ursache für eine erektile Dysfunktion.

ED als Arzneimittelnebenwirkung

  • Pharmaka, die das serotinerge, dopaminerge und adrenerge Nervensystem beeinflussen, können zu sexuellen Störungen führen, z. B.:
    • Antipsychotika (Neuroleptika)
    • Antidepressiva (z. B. SSRI/SNRI)
    • Betablocker
    • Thiaziddiuretika
    • Cimetidin (antiandrogen)
    • Östrogene
    • Antiandrogene
    • LHRH-Agonisten
    • Anabolika
    • Statine
      • Statine haben potenziell erektionsfördernde und -mindernde pharmakologische Effekte.
      • Vermutlich überwiegt ein leicht erektionsfördernder Effekt.4-8

Genussmittel und Drogen 

Erkrankungen der Genitalorgane

Prädisponierende Faktoren

ICPC-2

  • Y07 Impotenz NNB
  • P08 Verminderte sexuelle Erfüllung

ICD-10

  • Nach ICD-10-GM Version 202210
    • F52 Sexuelle Funktionsstörungen, nicht verursacht durch eine organische Störung oder Krankheit
      • F52.2 Versagen genitaler Reaktionen
    • N48 Sonstige Krankheiten des Penis
      • N48.4 Impotenz organischen Ursprungs

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Siehe Abschnitt Definition.
  • Die Diagnose ED erfordert die Abgrenzung von:
    • Libidomangel
    • Orgasmusstörungen
    • Ejakulationsstörungen.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

Faktoren, die auf psychische Ursachen hinweisen

  • Plötzlicher Beginn des Problems
  • Kurze Erektion
  • Gute oder bessere Erfahrung mit einer spontanen, selbst stimulierten oder morgendlichen Erektion
  • Zu frühe oder fehlende Ejakulation
  • Probleme oder Veränderungen in der Paarbeziehung
  • Wichtige Lebensereignisse oder psychische Probleme

Faktoren, die auf eine somatische Ursache hinweisen können

  • Schrittweiser Beginn des Problems
  • Fehlende nächtliche oder morgendliche Erektionen
  • Normale Ejakulation
  • Normale Libido
  • Somatische Krankheiten, die ursächlich sein könnten.
  • Operationen, Bestrahlung oder Traumata im Genitalbereich
  • Einnahme von Medikamenten mit ED als potenzielle Nebenwirkung (siehe Abschnitt ED als Arzneimittelnebenwirkung)
  • Rauchen
  • Übermäßiger Alkoholkonsum
  • Drogenkonsum

Klinische Untersuchung

Allgemeines

  • Inspektion der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale
  • Gynäkomastie?
    • z. B. Prolaktin produzierender Tumor
    • medikamentös bedingt (z. B. Neuroleptika)
  • Anzeichen von Atherosklerose: peripherer Puls, Blutdruck?
  • Untersuchung des Unterbauchs
  • Rektale Untersuchung
    • Analreflex
    • Sphinktertonus
    • Prostata
  • Anzeichen einer neuronalen Ursache?
    • orientierende neurologische Untersuchung
    • Anal- und Kremasterreflex
    • Hirnnerven: z. B. Gesichtsfeldausfälle?

Klinisch-andrologisch

  • Diese Untersuchung erfordert ausreichende Erfahrung auf diesem Gebiet und sollte ggf. bei Spezialist*innen durchgeführt werden.
  • Inspektion und Palpation des Penis
  • Palpation des Skrotalinhalts
  • Sensibilitätsprüfungen im Urogenital- und Perianalbereich

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Hormonuntersuchungen
    • bei Veränderungen der Libido
    • bei deutlichen Hinweisen auf Androgenmangel, z. B.:
    • Testosteron, z. B. bei Verdacht auf Hypogonadismus
    • LH: bei erniedrigtem Testosteron 
    • Prolaktin
      • bei Gynäkomastie
      • bei erniedrigtem Testosteron
      • bei Verlust der Libido
    • Weitere ggf. relevante Tests:
      • Sexualhormon-bindendes Globulin (SHBG)
      • FSH.

Intrakavernöser Injektionstest1

  • Kann durchgeführt werden, um die Wirkung von vasodilatierenden Medikamenten zu testen.
  • Eine Erektion (positiver Test) beweist intakte arteriovenöse Funktion.
  • Eine Injektionstherapie kann in dem Fall eine indizierte Behandlung sein.

Indikationen zur Überweisung

  • Zur detaillierten Untersuchung und Verlaufskontrolle. Je nach Ursache der Störung kommen folgende Fachdisziplinen infrage:
    • Urologie
    • Andrologie 
    • Psychotherapie, Psychosomatik
      • Paartherapie
      • Sexualtherapie
    • Neurologie
    • Endokrinologie
    • Kardiologie.
  • Wenn die ED-Ursache durch die obigen hausärztlichen Untersuchungen nicht zuverlässig aufgeklärt werden kann.
  • Wenn die Behandlung mit PDE-5-Hemmern keine Wirkung zeigt.

Checkliste zur Überweisung

Erektile Dysfunktion

  • Zweck der Überweisung
    • Bestätigende Diagnostik? Therapie? Sonstiges?
  • Anamnese
    • Wie und wann hat es angefangen? Wie häufig? Psychosoziale Problematik? Trauma?
    • Erektile Dysfunktion? Libidoveränderung? Ejakulationsproblem? Frühzeitige Ejakulation? Fehlender Orgasmus? Wasserlassen und Stuhlgang?
    • Potenziell ursächliche und begleitende Erkrankungen? Somatisch? Psychisch?
    • Regelmäßige Medikamente?
    • Genussmittel und Drogen?
  • Klinische Untersuchung
    • Verdacht auf zugrunde liegende psychische oder somatische Erkrankung?
    • Geschlechtsmerkmale?
    • Penis, Hoden, Prostata: Anzeichen für Pathologie?
  • Ergänzende Untersuchungen

Therapie

Therapieziel

  • Erektile Funktion wiedergewinnen.

Allgemeines zur Therapie

  • Bevor die Therapie beginnt, sollten die Patienten über die Ursachen und die therapeutischen Möglichkeiten aufgeklärt werden.
    • Wenn möglich, sollten die Partner*innen einbezogen werden.

Ursachenbezogen

  • Die Behandlung der Ursache und die Vorbeugung stehen an erster Stelle, z. B. bei:
  • Dazu gehört auch die Veränderung des Lebensstils und der Lebensgewohnheiten (s. u.).
  • Erst danach erfolgt bei Bedarf die symptomatische Therapie.
    • Seit PDE-5-Hemmer auf dem Markt sind, wird diese Reihenfolge leider häufig missachtet.
    • Andere organbezogene Therapieoptionen werden eher selten eingesetzt und sind spezialisierten Ärzt*innen vorbehalten.

Empfehlungen für Patienten

  • Bei Übergewicht: Gewicht reduzieren.
    • Etwa 30% aller ED-Betroffenen mit ausgeprägter Adipositas können ihre Sexualfunktion wiedergewinnen und beibehalten, wenn sie abnehmen und körperlich aktiv sind (Ib).
  • Mit dem Rauchen aufhören.
  • Weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren vermeiden.
  • Alkoholkonsum reduzieren.
  • Entspannung und Stressreduktion

Beratung und Psychotherapie

  • Je nach Problemstellung als Einzel-, Paar- oder Gruppenintervention
  • Die Kombination von Gruppenpsychotherapie mit Sildenafil ist einer alleinigen Behandlung mit Sildenafil überlegen.

Phosphodiesterase(PDE)-5-Hemmer

Allgemeines

  • Wirksamkeit
    • höhere Wirksamkeit als Placebo (Ia)
    • Bei fast 80 % der betroffenen Männer kann eine Erektionsbesserung erreicht werden.
    • Die erektionsfördernde Wirkung tritt nur bei sexueller Stimulation ein.
    • Neben den Symptomen der ED können sich unter PDE-5-Hemmern auch Symptome des unteren Harntrakts verbessern. 
  • Verträglichkeit
  • Sicherheit
    • Das Risiko kardiovaskulärer Nebenwirkungen ist bei den meisten herzkranken Patienten oder bei Patienten mit einer Blutdruckbehandlung nicht erhöht, mit folgenden Ausnahmen (siehe auch Abschnitt Kontraindikationen):
      • Patienten, die mit nitrathaltigen Medikamenten behandelt werden.
      • Patienten, deren kardiovaskuläres Risiko so hoch ist, dass Geschlechtsverkehr eine Gefahr für sie darstellen würde.
    • Vor der Verordnung sollte daher eine kardiologische Risikoabklärung erfolgen.
  • Kontraindikationen1
    • Therapie mit Nitraten und NO-Donatoren (z. B. Molsidomin)
    • „Poppers“ (Amylnitrit oder Amylnitrat)
    • alpha-adrenerge Blocker
      • z. B. Doxazosin gegen BPH
      • Ausgeprägte orthostatische Hypotonien traten auf, wenn 50 oder 100 mg Sildenafil innerhalb von 4 Stunden nach Einnahme eines Alphablockers eingenommen wurde.
    • Substanzen, die die Elimination der PDE-5-Hemmer über eine Hemmung von CYP3A4 verzögern können, sollten nicht oder nur bei entsprechender Dosisanpassung in Kombination mit PDE-5-Hemmern verabreicht werden.
    • arterielle Hypertonie > 170/110 mmHg
    • komplexe antihypertensive Medikation
    • HerzinfarktSchlaganfall oder Arrhythmien in den letzten 6 Monaten
    • Kardiomyopathie
    • Aortenstenose
    • arterielle Hypotonie mit Blutdruckwerten < 90/50 mmHg
    • Retinitis pigmentosa
    • dekompensierte Leberinsuffizienz
    • nicht-arteriitische anteriore ischämische optische Neuropathie (NAION)
      • Plötzliche Sehstörungen und permanenter Visusverlust wurde im zeitlichen Zusammenhang mit der Einnahme von PDE-5-Hemmern berichtet.
    • bei plötzlicher Abnahme oder Verlust des Hörvermögens im zeitlichen Zusammenhang mit der Einnahme des Medikaments: keine weitere Einnahme von PDE-5-Hemmern
  • Wirkstoffe
    • Zugelassen sind Avanafil12, Sildenafil, Tadalafil und Vardenafil.
    • In Bezug auf Wirksamkeit und generelle Verträglichkeit gibt es keinen signifikanten Unterschied zwischen den verschiedenen PDE-5-Hemmern.
    • Unterschiede betreffen vor allem den Zeitpunkt des Wirkeintritts und die Wirkdauer. Nebenwirkungsspektrum und -häufigkeit bei den einzelnen Substanzen unterscheiden sich nur geringfügig.

Lokale Pharmakotherapie

  • Wenn die bedarfsgerechte Einnahme von PDE-5-Hemmern unwirksam oder wegen Nebenwirkungen nicht indiziert ist.
    • Prostaglandin E1 (Alprostadil) wirkt direkt im Schwellkörper.
      • Entspannung der glatten Muskulatur
      • arterielle Blutzufuhr verstärkt
      • venöser Abfluss reduziert
      • erhöhtes Blutvolumen
  • MUSE (Medical Urethral System for Erection)
    • lokale Anwendung Alprostadil-haltiger Pellets über die Harnröhre
    • Führt bei etwa 40 % der Betroffenen zu einer zufriedenstellenden Erektion.
    • potenzielle Nebenwirkungen: Schmerzen im Penis oder in der Harnröhre bei etwa 1/3 der Patienten
    • evtl. zusätzlich zu PDE-5-Hemmer
  • SKAT (Schwellkörperautoinjektionstherapie)
    • Alprostadil 5/10/20 µg/ml
    • Wird vor der sexuellen Aktivität in einen Schwellkörper injiziert.
      • Nach ausführlicher Anleitung und Übung in der fachärztlichen Praxis kann der Patient die Behandlung selbst durchführen.
    • Erektion unabhängig von sexueller Stimulation
      • bei 60–80 % der Patienten
      • Hält 30–60 Minuten an.
    • Nebenwirkungen
      • prolongierte Erektionen bis zum Priapismus
      • Thrombosen und lokale Fibrosen am Schwellkörper mit evtl. bleibenden Funktionsausfällen
    • Viele beenden die Behandlung, weil sie sie als unangenehm empfinden.

Lokale Hilfsmittel

Leitlinie: Erektile Dysfunktion – Diagnostik und Therapie1

  • Stützkondom
  • Penisring
  • Vakuumpumpen
    • Prinzip
      • Vakuum-Zylinder wird über den Penis gestülpt.
      • Unter Verwendung eines Gels schließt er dicht um die Peniswurzel.
      • Eine Pumpe erzeugt einen Unterdruck im Zylinder. Dadurch wird Blut in den Schwellkörper gesaugt.
      • Bei voller Erektion wird ein enger Gummiring rund um die Peniswurzel gerollt, um die Erektion zu halten.
    • nur gelegentliche und leichte Komplikationen
      • lokale Hauthämatome
      • Schmerzen
    • dennoch nur für wenige Patienten akzeptable Alternative
      • Viele Männer empfinden die Vakuumpumpe und den engen Ring als unangenehm und ziehen eine Selbstinjektion in den Schwellkörper vor.
  • Lokale Elektrotherapie
    • Ischiokavernosusstimulation
    • bei leichten und mittleren Graden venöser Okklusionsstörungen als Monotherapie
    • zur Verbesserung des Ansprechens auf eine orale Pharmakotherapie

Operation

Leitlinie: Erektile Dysfunktion – Diagnostik und Therapie1

  • Intrakavernöse Penisprothese, semirigides oder funktionell aufblasbares Implantat
    • Sollte die letzte Therapiewahl sein.
      • Beim Implantieren einer Penisprothese wird das korporale Gewebe dauerhaft beschädigt, sodass die Entspannung der glatten Muskulatur dann nicht mehr möglich ist.
    • 70 % der Patienten und 90 % ihrer Partner*innen sind nach Penisimplantationen zufrieden.
    • Die häufigste Komplikation der Endoprothetik ist eine Protheseninfektion, die in 2–4 % der Fälle auftritt.
    • Etwa die Hälfte der Patienten benötigt wegen Spätfolgen eine Reoperation.

Testosteron

  • Sofern nicht anders gekennzeichnet basiert der gesamte Abschnitt auf diesen Referenzen.13-16
  • Bei Hypogonadismus
  • Wirksamkeit
    • meist ohne relevante Wirkung auf die Erektionsfähigkeit
    • Kann bei hypogonadalen Patienten die Libido steigern.
  • Untersuchungen vor Behandlungsbeginn
    • hämatologische und kardiovaskuläre Untersuchung sowie Untersuchung von Brust und Prostata13
  • Weitere Kontrolluntersuchungen unter Testosteron-Substitution (Näheres siehe Artikel Testosteronbehandlung)
    • PSA
    • Hk, Hb
    • kardiologische Kontrollen bei Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko

Extrakorporale Stoßwellentherapie mit niedriger Intensität (LI-ESWT)

  • Ist eine neue Modalität zur Behandlung von erektiler Dysfunktion.17-18
    • LI-ESWT induziert Mikrotraumata, die wiederum die Freisetzung von angiogenen Faktoren und somit die Neovaskularisation des behandelten kavernösen Gewebes stimulieren sollen.
    • Studien bestätigen eine deutliche Verbesserung von erektiler Funktion und Hämodynamik des Penis, bei guter Verträglichkeit.
    • Weitere Studien sind jedoch erforderlich.

Erektile Dysfunktion nach radikaler Prostatektomie

  • Bei erektiler Dysfunktion nach nervenerhaltender radikaler Prostatektomie kann eine Verbesserung der Erektionsfähigkeit in bis zu 2 Jahren nach der Operation beobachtet werden.
  • Fehlende nächtliche Erektionen führen indessen zu Hypoxie in den Schwellkörpern, was wiederum zu Fibrose und somit zu venösem Abfluss aus dem erektilen Gewebe führen kann.
  • Bei diesen Patienten kann ein frühzeitiger Beginn der Behandlung mit PDE-5-Inhibitoren oder anderen erektionssteigernden Mitteln zu einem besseren Endresultat führen.
  • PDE-5-Hemmer haben laut einer Metaanalyse keinen besseren Effekt als Placebo bei Patienten nach Prostataoperation oder -bestrahlung.19

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Die Erkrankung tritt mit dem Alter mit zunehmender Häufigkeit auf.
  • Das Ausmaß des Problems kann mit der Zeit variieren.

Prognose

  • Die Bedingungen, die zu einer ED geführt haben, können individuell stark variieren, und häufig liegt ein komplexes Zusammenspiel organischer und psychischer Faktoren vor (siehe Abschnitt Anamnese).
    • Eine verlässliche Prognose ist, auch mangels geeigneter prognostischer Parameter, in den meisten Fällen nicht möglich.
  • Retrospektive Studien lassen vermuten, dass Männer mit vaskulär bedingter ED ein erhöhtes Risiko auch für koronare, zerebrovaskuläre und periphere Gefäßerkrankungen haben.
    • Viele Männer, bei denen eine koronare Herzkrankheit festgestellt wird, haben bereits seit etwa 3 Jahren eine ED.

Verlaufskontrolle

  • Eine stufenweise Verschlechterung spricht für eine organische Ursache der ED und sollte ggf. zum erneuten Überdenken der Diagnose führen.
  • Kontrolluntersuchungen bei Testosteron-Substitution siehe Abschnitt Testosteron.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Längsschnitt durch Blase, Prostata und Penis
Längsschnitt durch Blase, Prostata und Penis
Männliche Geschlechtsorgane
Männliche Geschlechtsorgane
Querschnitt Penis
Querschnitt Penis

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Diagnostik und Therapie der erektilen Dysfunktion. AWMF-Leitlinie Nr. 030-112. S1, Stand 2018. www.awmf.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Neurologie. S1-Leitlinie Erektile Dysfunktion: Diagnostik und Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 030-112. S1, Stand 2018. www.awmf.org
  2. Kim ED. Erectile dysfunction. BMJ Best Practice. Last reviewed: 3 Oct 2021; Last updated: 01 Feb 2019. bestpractice.bmj.com
  3. Gan ZS, Ehlers ME, Lin FC et al. Systematic Review and Meta-Analysis of Cycling and Erectile Dysfunction. Sex Med Rev 2021; 9: 304-311. PMID: 32147498 PubMed
  4. Kostis JB, Dobrzynski JM. The effect of statins on erectile dysfunction: a meta-analysis of randomized trials. J Sex Med 2014; 11 (7): 1626–1635. PMID: 24684744 PubMed
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  8. Kostis JB, Dobrzynski JM. Statins and Erectile Dysfunction. World J Mens Health 2019; 37: 1-3. PMID: 29756418 PubMed
  9. Goldstein I, Goren A, Liebert R et al. National Health and Wellness Survey exploratory cluster analysis of males 40-70 years old focused on erectile dysfunction and associated risk factors across the USA, Italy, Brazil and China. Int J Clin Pract 2019; 73: 1-15. PMID: 31120179 PubMed
  10. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 2022. Stand 17.09.2021 www.dimdi.de
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  12. PZonline. Neue Arzneistoffe: Avanafil. Pharmazeutische Zeitung Online. Zugriff 14.3.2016. www.pharmazeutische-zeitung.de
  13. European Association of Urology. Guidelines on Male Hypogonadism. EAU Guidelines. Edn. presented at the EAU Annual Congress Barcelona 2019. uroweb.org
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  16. Testosteron-Ersatz-­Therapie: Kein erhöhtes Risiko für Prostatakrebs. aerzteblatt.de, 11. Mai 2016. www.aerzteblatt.de
  17. Grünwald I, Appel B, Kitrey ND, Vardi Y. Shockwave treatment of erectile dysfunction. Ther. Adv. Urol. 2013; 5 (2): 95–99. doi: 10.1177/1756287212470696 DOI
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Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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