Zusammenfassung
- Definition:Alle Formen der Nierenschädigung, die im zeitlichen oder ursächlichen Zusammenhang mit Diabetes mellitus auftreten. Diabetische Nephropathie im engeren Sinne (DNP) bezeichnet progrediente Angiopathie der Glomerula durch diabetische Stoffwechsellage.
- Häufigkeit:Häufigste Ursache für Niereninsuffizienz in Industriländern. Prävalenz der DNP in Deutschland bei Patient*innen mit Typ-1-Diabetes ca. 15 %,
bei Typ-2-Diabetes ca. 10 %. - Diagnostik:Verdachtsdiagnose bei Nachweis einer Mikroalbuminurie bei Patient*innen mit Diabetes mellitus, bei fehlendem Anhalt für andere Ursachen. Nierenbiopsie durch Nephrolog*in nur bei unklarer Diagnose.
- Therapie:Lifestyle-Modifikation mit Nikotinkarenz, körperlicher Aktivität, Ernährungsumstellung. Optimale Einstellung von Blutzucker (ggf. Metformin, SGLT2-Inhibitoren), Blutdruck (ACE-Hemmer/Angiotensin-1-Blocker) und Blutfetten (ggf. Statine). Verzicht auf NSAR sowie Kontrastmittel und Dosisanpassung renal ausgeschiedener Medikamente.
Allgemeine Informationen
Definition
- Synonym: Noduläre Glomerulosklerose (nach histologischem Bild)
- Alle Formen der Nierenschädigung, die im zeitlichen oder ursächlichen Zusammenhang mit Diabetes mellitus auftreten.1
- Diabetische Nephropathie im engeren Sinne (DNP) bezeichnet progrediente Angiopathie der Glomerula mit Schädigung der Gefäße durch erhöhten Blutzuckerspiegel und konsekutiver Veränderungen am Gefäßendothel.2
- Zählt zu mikroangiopathischen Spätkomplikationen eines Typ-1- und Typ-2-Diabetes.
- Mikroalbuminurie: Albumin-Kreatinin-Quotient von 30–300 mg/g3 bzw. 20–200 mg Albumin pro Liter Urin2
- Makroalbuminurie: Albumin-Kreatinin-Quotient > 300 mg/g3 bzw. > 200 mg Albumin pro Liter Urin2
Einteilung
- Stadien der Nierenerkrankung bei Diabetes mellitus werden anhand der eGFR (G-Stadien) und der quantitativen Albuminurie (A-Stadien) eingeteilt.1
G-Stadien
- G1: normale Nierenfunktion, eGFR > 90 (ml/min/1,73 m2 KO)
- G2: leichtgradige Niereninsuffizienz, eGFR 60–89
- G3a: leichte bis moderate Niereninsuffizienz, eGFR 45-59
- G3b: moderate bis starke Niereninsuffizienz, eGFR 30-44
- G4: starke Niereninsuffizienz, eGFR 15-29
- G5: Nierenversagen, eGFR < 15
A-Stadien
- A1: unauffällige Albuminurie, Albumin/Kreatinin-Quotient < 30 mg/g
- A2: Mikroalbuminurie, Albumin/Kreatinin-Quotient 30-300 mg/g
- A3: Makroalbuminurie, Albumin/Kreatinin-Quotient > 300mg/g
Häufigkeit
- Häufigste Ursache für Niereninsuffizienz in Industrieländern2
- Ursächlich für 1/3 aller dialysepflichtigen Niereninsuffizienzen in Deutschland4
- Prävalenz der diabetischen Nephropathie in Deutschland:5
- bei Patient*innen mit Typ-1-Diabetes ca. 15 %
- bei Patient*innen mit Typ-2-Diabetes ca. 10 %.
Ätiologie und Pathogenese
- Sowohl genetische Faktoren als auch hämodynamische und nichthämodynamische Mechanismen sind an der Pathophysiologie der DNP beteiligt.4
- Hauptfolgen
- Entstehung einer tubulointerstitiellen Fibrose (noduläre Sklerose) mit reduzierter glomerulärer Filtration
- Schädigung von Podozyten mit gesteigerter Permeabilität für Albumin
- Hauptfolgen
Genetik und Epigenetik
- Bestimmte Gen-Polymorphismen stark mit DNP assoziiert6
Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS)
- RAAS beeinflusst die renale Zellinfiltration und Inflammation.4
- Sowohl Angiotensin II als auch Renin und Aldosteron induzieren die renale Produktion von inflammatorischen und profibrotischen Zytokinen.
- Hauptangriffspunkt der medikamentösen Therapie ist daher die Hemmung des RAAS.
Aktivierung von Mediatoren durch Hyperglykämie
- Hyperglykämie hat ebenfalls direkte Effekte auf renale Zellen.4
- Aktivierung von TGF-β (Transforming Growth Factor beta): Verdickung der Basalmembranen durch vermehrte Produktion von extrazellulärer Matrix
- Induktion von VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) hauptsächlich in Podozyten und Tubuluszellen: deutlich gesteigerte vaskuläre Permeabilität
Proteinurie
- Schädigung von Podozyten durch Entzündungsmediatoren verursacht erhöhte Permeabilität der glomerulärer Filtrationsbarriere.
Disponierende Faktoren
- Beeinflussbare Risikofaktoren2
- Hyperglykämie
- Bluthochdruck
- Albuminausscheidungsrate
- Tabakkonsum
- Hyperlipidämie
- hohe LDL-Cholesterin- und Triglyzeridspiegel
- erniedrigte Werte für HDL-Cholesterin
- erhöhter Body-Mass-Index
- Nicht beeinflussbare Risikofaktoren2
- höheres Alter
- männliches Geschlecht
- Dauer der Diabeteserkrankung
- Beginn des Diabetes in einem Alter < 20 Jahre
- gleichzeitiges Vorliegen einer Retinopathie
- positive Familienanamnese einer Hypertonie und/oder Nephropathie
- ethnische Herkunft (Patient*innen afroamerikanischer, lateinamerikanischer und indigener amerikanischer Abstammung)
ICPC-2
- T89 Diabetes 1
- T90 Diabetes 2
ICD-10
- N08.3 Diabetische Nephropathie
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Die Verdachtsdiagnose erfolgt bei Nachweis einer Mikroalbuminurie bei Patient*innen mit Diabetes mellitus bei fehlendem Anhalt für andere Ursachen.7
- beweisend nur Nierenbiopsie, jedoch selten indiziert
- Bestimmung der eGFR 1 x/jährlich bei allen Patient*innen mit Diabetes3
- Cave: Unterschiedliche Empfehlungen der Fachgesellschaften bezüglich Screening auf Mikroalbuminurie!
- Die DEGAM empfiehlt bei Patient*innen mit Diabetes nur bei Erstdiagnose einer eGFR < 60 ml/min/1,73m2 Bestimmung eer Albumin-Kreatinin-Ratio und ansonsten ein individuell bestimmtes Screeningintervall auf Albuminurie.3
- Die DDG empfiehlt bei allen Patient*innen mit Diabetes ein jährliches Screening.1
- Es gilt die 2-aus-3-Regel.2
- Wenn zwei hintereinander zu analysierende Urinproben übereinstimmend positiv oder negativ sind, ist Albuminurie bewiesen bzw. ausgeschlossen.
- Wenn eine der Urinproben negativ und die andere positiv ist, sollte eine 3. Urinprobe auf Albuminurie getestet werden.
Differenzialdiagnosen
- Nierenerkrankungen anderer Ursachen
- Nephrosklerose (generelle Arteriosklerose?)
- interstitielle Nephritis
- Glomerulonephritis
- polyzystische Nierenerkrankung
- Nierenarterienstenose
- chronische Pyelonephritis
- Albuminurie durch andere, teils vorübergehende Ursachen
- Fieber
- Herzinsuffizienz
- Harnwegsinfektionen
- nach starker körperlicher Betätigung
- Einleitung weiterer differenzialdiagnostischer Maßnahmen und/oder eine nephrologische Vorstellung empfohlen bei:1
- plötzlich auftretender hoher Proteinurie
- rasch zunehmender Proteinurie
- raschem Abfall der eGFR
- pathologischem Urinstreifentest, insbesondere Nachweis von Erythrozyten und/oder Leukozyten
- Diabetesdauer ≤ 5 Jahre bei Menschen mit Typ-1-Diabetes mellitus
- auffälligen sonografischen Veränderungen der Nieren, asymmetrischer Nierengröße, einseitiger Verkleinerung.
Anamnese
- Bekannter Diabetes mellitus Typ 1 oder Typ 2
- Diabetesdauer
- Einstellung: HbA1c bekannt?
- Vorliegende Risikofaktoren
- Anhalt für andere differenzdiagnostische Ursachen2
- generalisierte Arteriosklerose (DD Nierenarterienstenose)
- langjähriger Hypertonus (DD Nephrosklerose)
- Nierenerkrankung bei Verwandten (DD genetisch bedingte Nierenerkrankung)
- Hämaturie (DD Glomerulonephritis)
- Dysurie (DD Harnwegsinfekt)
Klinische Untersuchung
- Inspektion der Füße einschließlich klinischer Prüfung auf Neuropathie und Prüfung des Pulsstatus
- Blutdruckmessung: arterielle Hypertonie?
- Strömungsgeräusch in den Flanken/paraumbilikal: Nierenarterienstenose?2
Ergänzende Untersuchungen
- Bestimmung der Albuminurie im Morgenurin1
- Verhältnis von Albumin zu Kreatinin (Albumin-Kreatinin-Ratio, ACR) ermöglicht standardisierte und konzentrationsunabhängige Bestimmung des Ausmaßes der Albuminurie.
- zum Ausschluss von Störfaktoren (z. B. Leukozyturie als Hinweis auf Infekt) vorab Urin-Mehrfelder-Streifen-Test (UMST)
- Bei unklarem oder pathologischem Ergebnis im UMST ist eine wiederholte Bestimmung in 3-monatigem Abstand zur Validierung angeraten.
- Labor2
- Blutbild
- Hb1Ac
- Kalium
- Kreatinin, eGFR
- Lipidprofil, insbesondere LDL-Cholesterin
- Ggf. EKG
Diagnostik bei Spezialist*innen
- Ultraschall der Nieren empfohlen bei eGFR < 60 ml/min/1,73m2 und mind. 1 weiteren Kriterium:3
- Progression der Niereninsuffizienz mit
- Übergang in ein höheres Stadium und 25 % Verringerung der eGFR gegenüber dem Ausgangswert
- anhaltender Verringerung der GFR um > 5 ml/min/1,73m2 pro Jahr
- sichtbare oder persistierende unsichtbare Hämaturie
- Hinweise auf eine obstruktive Uropathie: abgeschwächte und verzögerte Miktion, Restharngefühl, Nykturie
- Hinweise in der Familienanamnese auf polyzystische Nierenerkrankung
- eGFR < 30 ml/min/1,73 m2
- (Makro)Proteinurie ACR > 30
- Progression der Niereninsuffizienz mit
- Nierenbiopsie
- normalerweise nicht erforderlich
- ggf. bei Anzeichen einer schweren Nierenerkrankung, vor allem zur Abklärung von Differenzialdiagnosen
- Fundoskopie1
- Ausschluss Retinopathie bei Erstdiagnose einer diabetischen Nephropathie
Indikationen zur Überweisung
- Überweisung zu Nephrolog*in anbieten bei eGFR < 60 ml/min/1,73m2 und nachgewiesener Mikroalbuminurie.3
- Bei jüngeren Patient*innen, insbesondere < 50 Jahre, Indikation zur Überweisung großzügig stellen.3
- Cave: physiologische Abnahme der Nierenfunktion mit dem Alter!
- bei Patient*innen > 75 Jahre Überweisung bei eGFR < 45 ml/min/1,73 m1
Checkliste zur Überweisung
Diabetische Nephropathie
- Zweck der Überweisung
- Bestätigende Diagnostik? Therapieeinleitung/-optimierung?
- Anamnese
- Wann wurde der Diabetes nachgewiesen? Verlauf? Ggf. frühere Komplikationen? Nierenschaden: wie lange?
- Evtl. Symptome? Ggf. Anzeichen für andere Komplikationen? Ggf. Probleme mit Hypoglykämie/Hyperglykämie?
- Andere relevante Krankheiten? Regelmäßige Medikamente?
- Gegenwärtige Behandlung des Diabetes? Wie gut eingestellt?
- Konsequenzen: Arbeit, Freizeit?
- Klinische Untersuchung
- Genereller Organstatus: Retinopathie? Neuropathie? Periphere Durchblutung?
- Blutdruck
- Ergänzende Untersuchungen
Therapie
Therapieziele
- Verhinderung von:
- Progression von Mikro- zu Makroalbuminurie
- Abnahme der Nierenfunktion (eGFR)
- Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse.
Allgemeines zur Therapie
DDG-Praxisempfehlung: Diabetische Nephropathie1
- Prophylaxe und Progressionshemmung des Nierenschadens durch folgende Maßnahmen:
Modifikation des Lebensstils
- Gewichtsreduktion
- Nichtrauchen
- Ggf. Normalisierung einer erhöhten Eiweißaufnahme
Allgemeinmaßnahmen in alltäglicher Diagnostik und Therapie
- Differenzierte Indikationsstellung bei Anwendung von Kontrastmitteln
- Vermeidung der Gabe nichtsteroidaler Antirheumatika
- Antibiotische Therapie von symptomatischen Harnwegsinfekten
- Dosisanpassung von Medikamenten an die reduzierte Nierenfunktion und Beachtung der Gefahr der Kumulation und Interaktion von Medikamenten
Konsequente Therapie von Begleiterkrankungen
- Zielwertorientierte Therapie von:
- Dyslipidämien (siehe Dyslipidämie)
- arterieller Hypertonie (siehe Blutdruckkontrolle)
- Diabetes mellitus (siehe Blutzuckerkontrolle).
Blutzuckerkontrolle
- Zielwert: HbA1c-Korridor von 6,5–7,5 % (48–58 mmol/mol) anstreben.1-2
- bei Vorliegen makroangiopathischer Komplikationen und/oder Vorliegen einer Wahrnehmungsstörung für Unterzuckerungen Zielwert 7,0–7,5 %
- Medikamentenwahl
- Metformin und SGLT-2-Inhibitoren Medikamente der 1. Wahl1
- ausführliche Informationen s. u.
- ORIGIN-Studie: Insulintherapie beim Typ-2-Diabetes reduziert nicht das Vorkommen von Endpunkten wie Herzinfarkten, Schlaganfällen und Tod aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen und wirkt nicht protektiv auf Nieren.8
- Cave: Orale Antidiabetika können bei nachlassender Nierenfunktion ab einer GFR < 60 ml/min nur noch bedingt eingesetzt werden, ab einer GFR < 30 ml/min sind fast alle Substanzen kontraindiziert.
- Metformin und SGLT-2-Inhibitoren Medikamente der 1. Wahl1
- Effekte
- Ein hoher HbA1c-Wert erhöht das Risiko klinischer und struktureller Manifestationen einer diabetischen Nephropathie bei Patient*innen mit Typ-1-9 oder Typ-2-Diabetes.10
- ADVANCE-Studie: Strenge glykämischen Überwachung bei Patient*innen mit Typ-2-Diabetes führt zu Risikoreduktion um 21 % für Nephropathie.11
- Cave: ACCORD, ADVANCE und VADT-Studie haben auch gezeigt, dass sich zu intensive Blutzuckereinstellung auf kardiovaskuläre Endpunkte und mikrovaskuläre Komplikationen (mit Ausnahme der Entwicklung einer Makroalbuminurie) nicht auswirkt12 und außerdem mit Nebenwirkungen13-15 und erhöhter Sterblichkeitsrate verbunden ist.16
- Senkung vom HbA1c auf unter 7‒7,5 % bei Patient*innen mit erhöhter Komorbidität und lange erhöhtem HbA1c erbrachte keine signifikanten Vorteile.
- Ein hoher HbA1c-Wert erhöht das Risiko klinischer und struktureller Manifestationen einer diabetischen Nephropathie bei Patient*innen mit Typ-1-9 oder Typ-2-Diabetes.10
Metformin
- Lange galt Metformin bei GFR < 60 ml/min wegen der Gefahr einer Laktatazidose als kontraindiziert.
- Seit 2016 auch bei chronischer Nierenerkrankung im Stadium 3 (GFR 30–60 ml/min) durch EMA zugelassen17
- BfArM hat in Risikobewertungsverfahren 2017 ebenfalls festgestellt, dass Metformin bis zu GFR von 30 ml/min unter Dosisanpassung und regelmäßigen Kontrollen eingesetzt werden kann.18
- Kontraindikation für Metformin weiterhin bei GFR < 30 ml/min
- TREAT-Studie: Metformin kann im Stadium G3 einer chronischen Nierenerkrankung (GFR 30–60 ml/min) das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse1und Letalität senken.19
SGLT2-Inhibitoren
- Bei Fehlen von Kontraindikationen empfiehlt die DDG bei Patient*innen mit Typ-2-Diabetes mellitus und klinisch im Vordergrund stehender chronischer Niereninsuffizienz neben Metformin den Einsatz von SGLT2-Inhibitoren.1
- Auch DEGAM sieht für Empagliflozin einen nephroprotektiven Effekt bei Patient*innen mit Makroalbuminurie.20
Blutdruckkontrolle
- Die DDG empfiehlt einen systolischen Zielblutdruck bei Patient*innen mit chronischer Niereninsuffizienz von 130–139 mmHg.1
- individuelle Anpassung in Abhängigkeit vom Ausmaß der Proteinurie, von Begleiterkrankungen und Therapiesicherheit
- ACCORD-Studie: beim Vergleich von Patient*innen mit einem Ziel-Blutdruck von 120 bzw. 140 mmHg kein Unterschied in der klinischen Wirkung21
- Medikamentenwahl: Primärer Einsatz von Medikamenten, die die Wirkung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems blockieren.22-25
- 1. Wahl: ACE-Hemmer, bei Unverträglichkeit Angiotensin-I-Blocker
- bei Kontraindiktionen für ACE-Hemmer und AT-I-Blocker: Kalzium-Antagonisten empfohlen2
- Medikamentenkombinationen1
- empfohlen: ACE-Hemmer – bei Unverträglichkeit AT-I-Blocker – in Kombination mit Kalziumantagonisten sowie ggf. anderen Substanzen
- nicht empfohlen: kombinierte Therapie von ACE-Hemmern und AT1-Blockern sowie ggf. Aldosteronantagonisten (Gefahr der Hyperkaliämie)
- Effekte
- ACE-Hemmer wirken am besten, auch besser als AT-I-Blocker.28-29
- Reduktion der Progression von Mikro- zu Makroalbuminurie bei Typ-1-Diabetes um 60 %30 und bei Typ-2-Diabetes um 70 %31
- ACE-Hemmer senken das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse und Mortalität.32
Dyslipidämie
- Im Folgenden sind die Empfehlungen der DEGAM genannt.33 Kardiovaskuläre Risikobestimmung mit einem validierten Risikokalkulationsinstrument (
- ).
- Bei einem Gesamtrisiko über 20 % für kardiovaskuläre Ereignisse in 10 Jahren sollte eine Statintherapie angeboten werden.
- Durchführung der Statintherapie
- Fixdosistherapie in Standarddosierung (insbesondere Simvastatin 20–40 mg/d oder Pravastatin 40 mg/d).
- Dosis-Titration auf bestimmten LDL-Zielwert hin sollte nicht durchgeführt werden.
- Dementsprechend sind Lipid-Kontrollen unter laufender Statinbehandlung nicht erforderlich.
- Wirksamkeit der Therapie
- Durch eine Statintherapie lässt sich das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen bei gefährdeten Patient*innen senken.34
Ernährung
- Evidenz für Empfehlung zur Proteinzufuhr bei DNP unzureichend35
- möglicherweise Progressionshemmung durch milde Proteinrestriktion, jedoch Gefahr der Mangelernährung
- Ab Stadium G3 (GFR 30–59 ml/min) maximal 6 g Kochsalz pro Tag3
- Ab Stadium G4 (GFR 15–29 ml/min) maximal 600–1.000 mg Phosphat/d mit der Nahrung aufnehmen.3
- Ab Stadium G4 Ernährungsberatung anbieten.3
Weitere Maßnahmen
Knochenstoffwechsel
- Kalzium, Phosphat, Parathormon und Vitamin D ab Stadium ≥ G4 einmalig messen. Kontrollintervall individuell festlegen.3
- Bei nachgewiesenem Vitamin-D-Mangel Ernährungs- und Lebensstilberatung, ggf. Colecalciferol anbieten.
- keine routinemäßige Vitamin-D-Substitution
Anämie
- Im Folgenden sind die Empfehlungen der DEGAM aufgeführt.3
- Bei Hämoglobin < 11 mg/dl (< 6,8 mmol/l) Überprüfung des Eisenstatus (Serumferritinwert und Serumtransferrinsättigung)
- Bei behandlungsbedürftiger Eisenmangelanämie, die auf orale Eisensubstitution nicht anspricht, intravenöse Eisensubstitution.
- Bei symptomatischer Anämie, die nicht auf Eisensubstitution anspricht, Überweisung an Nephrolog*in zur Indikationsprüfung für eine Therapie mit Erythropoese-stimulierenden Substanzen.
- Bei möglicher zukünftiger Nierentransplantation Transfusion von zellhaltigen Blutprodukten vermeiden.
Disease-Management-Programm (DMP)
Allgemeine Informationen
- In Deutschland wurden DMP bzw. strukturierte Behandlungsprogramme im Jahr 2002 bundesweit implementiert mit dem Ziel, eine Verbesserung der Qualität der medizinischen Versorgung und des Behandlungsablaufes für Patient*innen mit chronischen Erkrankungen zu erreichen.36
- Sie umfassen regelmäßige Arzttermine mit Beratungsgesprächen und Untersuchungen sowie die Vermittlung von Hintergrundinformationen z. B. durch Schulungen.37
- Derzeit gibt es in Deutschland DMP für Menschen mit den folgenden chronischen Erkrankungen:38
- Wer mehrere dieser Erkrankungen hat, kann für jede Erkrankung ein DMP in Anspruch nehmen.37
- Cave: Patientinnen mit Schwangerschaftsdiabetes werden nicht in das DMP aufgenommen.39
Ablauf
- Nach Gesprächen, Untersuchungen und Diagnose erstellt die Ärztin oder der Arzt auf Grundlage von DMP-Vorgaben einen individuellen Therapieplan.37
- Dieser umfasst u. a. die medikamentöse Behandlung und andere therapeutische Maßnahmen, Schulungstermine und regelmäßige Kontrolluntersuchungen, z. T. auch in anderen Praxen oder Kliniken.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Unbehandelt entwickelt sich Mikroalbuminurie häufig zu Makroalbuminurie und schließlich zu Niereninsuffizienz.40
- jährliche Übergangsraten bei Typ-2-Diabetes41
- Normo-Albuminurie zu Mikroalbuminurie: 2 %
- Mikroalbuminurie zu Makroalbuminurie: 2,8 %
- Makroalbuminurie zu Kreatinin-Erhöhung: 2,3 %
- Zahlen für Typ-1-Diabetes vermutlich ähnlich
- jährliche Übergangsraten bei Typ-2-Diabetes41
- Bei optimal kontrollierten Parametern für Blutdruck, insbesondere bei Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, und Blutzucker sind diabetesbedingte Veränderungen an Glomeruli zumindest teilweise reversibel.1
Komplikationen
- Nierenversagen mit Dialysepflichtigkeit
- Kardiovaskuläre Erkrankung
Prognose
- Diabetische Nephropathie ist mit erhöhter Mortalität verbunden.
- vor allem durch kardiovaskuläre Ereignisse verursacht42
- Jährliches Risiko für kardiovaskulären Tod abhängig von Nierenbeteiligung bei Patient*innen mit Typ-2-Diabetes41
- Normo-Albuminurie: 0,7 %
- Mikro-Albuminurie: 2 %
- Makro-Albuminurie: 3,5 %
- erhöhte Kreatinin-Werte und/oder Nierenersatztherapie: 12,1 %
Patienteninformationen
Patienteninformation.de
Videos
- TrainAMed Blutzuckermessung (Universität Freiburg)
- TrainAMed Fußuntersuchung bei Diabetes mellitus (Universität Freiburg)
- Videotutorial DMP Diabetes (Universitätsklinik Greifswald, Jean-François Chenot)
Quellen
Leitlinien
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. DEGAM-Anwenderversion als Addendum zur Nationalen VersorgungsLeitlinie (NVL) Typ-2-Diabetes. AWMF-Register Nr. nvl-001. Stand 2021. www.degam.de
- Deutsche Diabetes Gesellschaft e. V. (DDG). Nephropathie bei Diabetes. Praxisempfehlungen. Stand 2020. www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de
- Deutsche Diabetes Gesellschaft e. V. (DDG). Ernährungsempfehlung. Praxisempfehlungen. Stand 2020. www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM). Versorgung von Patienten mit nicht-dialysepflichtiger Niereninsuffizienz in der Hausarztpraxis. S3, Stand 2019. www.degam.de
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM). Leitlinie: Hausärztliche Risikoberatung zur kardiovaskulären Prävention. S3, Stand 2017. www.degam.de
Literatur
- Deutsche Diabetes Gesellschaft e.V. (DDG). Nephropathie. Praxisempfehlungen. Stand 2020. www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de
- Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Nierenerkrankungen bei Diabetes im Erwachsenenalter – 1. Auflage. Version 6. Stand September 2015. (abgelaufen) www.leitlinien.de
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Autor*innen
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
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