Masern

Zusammenfassung

  • Definition:Hochansteckende, fieberhafte Virus-Erkrankung mit Exanthem durch das Morbillivirus.
  • Häufigkeit:2021 in Deutschland 10 Fälle. Weltweit 2018 über 140.000 Todesfälle durch Masern.
  • Symptome:Fieber, Husten, Schnupfen, Konjunktivitis und Exanthem.
  • Befunde:Enanthem im Mund (Koplik-Flecken), Hautausschlag.
  • Diagnostik:Nachweis mittels PCR aus Rachenabstrich oder Urin.
  • Therapie:Symptomatisch mit fiebersenkenden Mitteln und Flüssigkeitsgabe. In Ländern mit Unterversorgung hochdosiert Vitamin A. Behandlung von bakteriellen Superinfektionen.
  • Prophylaxe:Impfung.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Bei Masern handelt es sich um eine hochansteckende, fieberhafte Virus-Erkrankung, die zu langwierigen Verläufen und selten auch zu schweren Komplikationen führen kann.1
  • Die Impfung bietet einen hocheffektiven Schutz gegen die Erkrankung.2

Häufigkeit

  • Masern existieren weltweit und sind insbesondere in den Entwicklungsländern eine Ursache für hohe Kindersterblichkeit.
    • Weltweit: 2018 starben mehr als 140.000 Menschen an Masern, insbesondere Kinder unter 5 Jahren.3
    • Europa: 2018 erkrankten 89.000 Menschen an den Masern, rund 60 % wurden hospitalisiert, 74 Menschen starben.3
  • In Deutschland
    • Die Masern-Fallzahlen sind aufgrund der weltweiten und nationalen Eindämmungsmaßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie erheblich zurückgegangen.2
      • 2020: 76 Fälle
      • 2021: 10 Fälle
      • 2022: bis zum 31.07.2022 13 Fälle registriert
  • Impfung
    • globale Impfquote für Masern-Erstimpfung 84 % und für Zweitimpfung 70 % (Stand 2020)2
    • In Deutschland liegt die Rate für die Masern-Erstimpfung bei 97,2 % und für die Zweitimpfung bei 93,1 % (Stand 2018).3

Ätiologie und Pathogenese

  • Dieser Abschnitt bezieht sich auf Angaben des RKI.3

Erreger

  • Humanpathogenes RNA-Virus, das zur Gattung der Morbilliviren der Familie der Paramyxoviren gehört.

Reservoir

  • Das natürliche Reservoir des Masernvirus bilden infizierte und akut erkrankte Menschen. Das Virus besteht fort, solange eine ausreichende Zahl empfänglicher Individuen eine Zirkulation des Erregers ermöglicht.
  • Da der Mensch der einzige Wirt des Masernvirus ist, der Erreger antigenisch weitgehend stabil ist und ein geeigneter Impfstoff zur Verfügung steht, ist eine wirksame Prävention bis hin zur weltweiten Eradikation der Masern möglich.
    • Es wird geschätzt, dass eine Immunität gegen Masern in der Bevölkerung
      von ca. 95 % benötigt wird, um eine endemische Transmission nachhaltig zu unterbrechen und einen Bevölkerungsschutz (Herdenimmunität) aufzubauen.2

Infektionsweg

  • Masernviren werden durch das Einatmen infektiöser Tröpfchen (Sprechen, Husten, Niesen) oder aerogen über Tröpfchen sowie durch Kontakt mit infektiösen Sekreten aus Nase oder Rachen übertragen.
  • Das Masernvirus führt bereits bei kurzer Exposition zu einer Infektion und löst bei fast allen ungeschützten Infizierten eine klinische Symptomatik aus.

Ansteckungsfähigkeit

  • Die Ansteckungsfähigkeit beginnt bereits 4 Tage vor Auftreten des Exanthems und hält bis 4 Tage nach Auftreten des Exanthems an.
  • Unmittelbar vor Erscheinen des Exanthems ist sie am größten.

Prädisponierende Faktoren

  • Fehlende/unzureichende Impfung
    • Ungeimpfte Kinder haben etwa 300-fach erhöhtes Risiko, in den ersten 10 Lebensjahren an Masern zu erkranken.2
  • Dichte Population
  • Immunschwäche

ICPC-2

  • A71 Masern

ICD-10

  • B05 Masern

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Meist ist die klinische Diagnose anhand des charakteristischen Krankheitsbildes und der Anamnese (unzureichender Impfstatus, Fälle in unmittelbarer Umgebung) möglich.

Kommentar des RKI3

  • Für Masern besteht ein Eliminationsziel der WHO. Deswegen soll in jedem Verdachtsfall eine Laboruntersuchung erfolgen.
  • Bei Verdacht auf Masern geeignetes Material (Rachenabstrich, Urin, ggf. Serologie) an ein Labor senden, das Diagnostik und ggf. Genotypisierungen durchführt, wie z. B. das Nationale Referenzzentrum MMR am RKI.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Impfstatus
    • Cave: Nestschutz durch mütterliche Antikörper nur für 3–4 Monate!3
    • Die 1. Impfdosis wird erst im Alter von 11–14 Monaten verabreicht.
    • vom 4.–11. Lebensmonat besonders vulnerable Phase
  • Kontakt mit einer Infektionsquelle?
    • Definition Masern-Kontakt4
      • jeglicher direkter Kontakt zu an Masern erkrankten Personen während deren Ansteckungsphase (3–5 Tage vor bis 4 Tage nach Auftreten des Exanthems)
      • Aufenthalt in einem Raum, in dem sich eine an Masern erkrankte Person < 2 h davor aufgehalten hat.
  • Fieber oder andere Infektsymptomatik vor dem Ausschlag?
  • Behandlung mit Zytostatika oder anderen immunsupprimierenden Medikamenten?
    • Cave: Kann zu einem lebensbedrohlichen Verlauf führen!
  • Einnahme von Medikamenten?
  • Schwangerschaft?
    • erhöhtes Risiko für einen komplizierten Verlauf während der Schwangerschaft
    • Kann zu Frühgeburt oder Fehlgeburt führen.

Klinische Untersuchung

Prodromalstadium/katarrhalisches Stadium

  • Fieber
  • Konjunktivitis mit Rötung der Augen und Lichtscheu
  • Erkältungssymptome, nasale Obstruktion, Niesen und Halsschmerzen
  • Unproduktiver Husten
  • Vergleichsweise schlechter Allgemeinzustand
  • Koplik-Flecken, Beginn (Bildquelle: CDC)
    Koplik-Flecken, Beginn (Bildquelle: CDC)
    Koplik-Flecken pathognomonisch für Masern3
    • Enanthem an der Mundschleimhaut
    • rosa-rote Flecken mit weißlichem Zentrum

 

Exanthemstadium, meist am 2.–4. Tag nach Prodromalstadium3

  • Bräunlich-rosafarbene konfluierende Flecken, die im Gesicht und hinter den Ohren beginnen, sich über den Körper ausbreiten und 4–7 Tage bestehen.
    2064-2-meslinger.jpg
    Masern, typischer Ausschlag
  • Beim Abklingen ist oft eine kleieartige Schuppung zu beobachten.
  • Am 5.–7. Krankheitstag kommt es zum Temperaturabfall.

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Empfehlungen des RKI2

  • Die Labordiagnostik der akuten Masernvirus-Infektion soll durch den Nachweis des Masernvirus-Genoms mittels RT-PCR aus Rachenabstrich oder Urin in den ersten 7 Tagen nach Symptombeginn erfolgen.
    • Rachenabstrich ist ab Symptombeginn für ca. 7 Tage positiv.
    • Im Urin lässt sich das Virus von Tag 3 bis ca. Tag 10 nachweisen.
  • Der alleinige Nachweis einer Masernerkrankung durch Masern-IgM Serologie wird nicht mehr empfohlen, da Masern-IgM in den ersten 3 Erkrankungstagen nur in knapp 70 % der Fälle nachweisbar ist.
    • Weiterhin nimmt der positive prädiktive Wert des Masern-IgM-Nachweises in Zeiten sinkender Erkrankungszahlen ab; damit steigt die Wahrscheinlichkeit für falsch-positive Ergebnisse.
    • Deswegen sollte der Nachweis von Masern vorrangig über die PCR geführt werden.

Indikationen zur Klinikeinweisung

  • Eine Einweisung ins Krankenhaus kann bei stark beeinträchtigtem Allgemeinzustand indiziert sein.

Therapie

Therapieziele

  • Symptome lindern.
  • Komplikationen vermeiden.

Allgemeines zur Therapie

  • Symptomatische Therapie und Flüssigkeitszufuhr
  • Es gibt kein wirksames antivirales Mittel gegen das Morbillivirus.
  • Antibiotika sind bei sekundären bakteriellen Infektionen (z. B. Mittelohr- oder Lungenentzündung) indiziert.
  • Vitamin A3
    • Kann bei Kindern zwischen 6 Monaten und 5 Jahren die Mortalität senken, sofern ein Vitamin-A-Mangel vorliegt.
    • in Deutschland wegen niedriger Prävalenz von Vitamin-A-Mangel nicht routinemäßig empfohlen

Empfehlungen für Patient*innen

  • Personen mit einer bestätigten Masernerkrankung sollten bis zum 4. Tag nach Ausbruch des Exanthems zu Hause bleiben und Kontakte zu Personen vermeiden, bei denen der Impfstatus nicht geklärt ist und kein Schutz gegen Masern angenommen werden kann.3

Medikamentöse Therapie

  • Symptomatische Therapie
    • ausreichende Flüssigkeitszufuhr
    • ggf. fiebersenkende und analgetische Therapie
      • z. B. mit Ibuprofen-Saft gewichtsadaptiert
  • Evtl. sekundäre bakterielle Infektionen werden mit Antibiotika behandelt.
    • Möglicherweise kann durch vorbeugenden Einsatz von Antibiotika die Häufigkeit einiger bakterieller Komplikationen (Mittelohr-, Mandel- und Lungenentzündung) reduziert werden.5
      • Auswahl der Präparate und Dauer der Therapie für präventiven Einsatz unklar
  • Vitamin A (jeweils 200.000 IE oral an 2 aufeinanderfolgenden Tagen) kann die Sterblichkeit insgesamt und aufgrund von Pneumonien bei Kindern unter 2 Jahren reduzieren.6
    • Betrifft Regionen mit hoher Prävalenz von Vitamin-A-Mangel (Deutschland gehört nicht dazu).

Meldepflicht gemäß IfSG

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.3
  • Dem Gesundheitsamt wird gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an Masern sowie gemäß § 7 Abs. 1 IfSG der direkte oder indirekte Nachweis des Masernvirus, soweit er auf eine akute Infektion hinweist, namentlich gemeldet.

Impfung/Prävention

Impfstoff

  • Der Masern-Impfstoff ist ein Lebendimpfstoff mit abgeschwächten Masern-Viren.7
    • In Deutschland liegt er als kombinierte Impfung mit Mumps, Röteln und Varizellen vor (MMR- oder MMRV-Vakzine).

Indikationen zur Impfung

  • Empfehlungen gemäß RKI8

Kinder

  • Babys und Kleinkinder sollen die 1. MMR-Impfung im Alter von 11–14 Monaten erhalten.
    • Die 2. Impfung sollte frühestens 4 Wochen nach der ersten Impfung, im Alter von 15–23 Monaten durchgeführt werden.
  • Wenn das Kind in eine Gemeinschaftseinrichtung aufgenommen werden soll oder nach Kontakt zu einer an Masern erkrankten Person, kann die Impfung ab einem Alter von 9 Monaten verabreicht werden.
    • Sofern die Erstimpfung im Alter von 9–10 Monaten erfolgte, soll die 2. MMR-Impfung bereits zu Beginn des 2. Lebensjahres gegeben werden.

Erwachsene

  • Generell wird von der STIKO eine einmalige Impfung gegen Masern für alle Erwachsenen empfohlen, die nach 1970 geboren wurden und bei denen keine oder nur eine einmalige Impfung in der Kindheit gegen Masern dokumentiert wurde oder deren Impfstatus unklar ist.
    • Es sollte vorzugsweise MMR-Impfstoff verwendet werden.
  • Allen nach 1970 geborenen Personen, die beruflich einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind, empfiehlt die STIKO eine zweimalige Impfung gegen Masern.
    • Die 2. Impfung kann im Mindestabstand von 4 Wochen nach der ersten MMR-Impfung gegeben werden.
  • Die berufliche Indikation betrifft folgende Tätigkeitsbereiche:
    • medizinische Einrichtungen inklusive Einrichtungen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe
    • Tätigkeiten mit Kontakt zu potenziell infektiösem Material
    • Einrichtungen der Pflege
    • Gemeinschaftseinrichtungen
    • Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerber*innen, Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedler*innen
    • Fach-, Berufs- und Hochschule.

Effektivität der Impfung

  • Das allgemein geschätzte Risiko für ungeimpfte Kinder, in den ersten 10 Lebensjahren an Masern zu erkranken, lag nach Berechnungen des RKI aus dem Jahr 2016 bei etwa 1,5 %.2
    • Die übrigen Kinder profitieren von der Herdenimmunität, da die meisten Menschen in ihrem Umfeld geimpft sind.
  • Für Geimpfte lag das Risiko einer Ansteckung etwa 300-fach niedriger bei 0,005 %.2
  • Etwa 8 % der Geimpften sind nach der ersten Impfung nicht immun gegen Masern. 8
    • Die Impfeffektivität der 2. MMR-Impfung liegt in Deutschland bei 98–99 %. 
    • Die zweite Impfung ist keine Boosterimpfung, sondern verhilft den Personen, die nach der ersten Impfung noch nicht immun waren, zu einem Schutz vor der Erkrankung.

Impfpflicht

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.9-10
  • Für Menschen in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen (siehe berufliche Indikation) gilt ab 01.03.2020 in Deutschland eine Impfpflicht.
  • Das Masernschutzgesetz besagt zudem, dass Eltern vor Aufnahme ihres Kindes in eine Kindertagesstätte oder Schule nachweisen müssen, dass das Kind gegen Masern geimpft oder bereits immun ist.
  • Aufgrund der weltweiten Zunahme der Masernfälle wurde diese Impfpflicht in Deutschland eingeführt, obwohl die Anzahl der Masernfälle in Deutschland 2019 nicht außerhalb der üblichen Schwankungsbreite lag.11
    • DEGAM-Positionspapier zur Impfpflicht (März 2019):
      • Die DEGAM befürwortet die zweimalige Impfung gegen Masern gemäß STIKO-Empfehlungen und setzt sich nachdrücklich für eine vollständige Durchimpfung der Bevölkerung ein.
      • U. a. sollte die erweiterte Gesundheitsvorsorgeuntersuchung ab einem Alter von 18 Jahren genutzt werden, um insbesondere die Gruppe der 20- bis 49-Jährigen mit ungenügendem Impfschutz zu erreichen.
      • Die DEGAM lehnt eine Impfpflicht ab, weil ihr Nutzen unklar und sie womöglich nicht geeignet sei, das Ziel höherer Durchimpfungsraten zu erreichen.
      • Die DEGAM steht aber Sanktionen für Ungeimpfte von Seiten öffentlicher Einrichtungen aufgeschlossen gegenüber.
    • Auch das arznei-telegramm hält eine verpflichtende Impfung gegen Masern nicht für angemessen, u. a. auch, weil sich relevante Impflücken bei Erwachsenen durch eine verpflichtende Impfung für Kinder nicht beheben lassen.12

Postexpositionsprophylaxe

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.4
  • Nach Kontakt zu an Masern erkrankten Personen sollten Ungeimpfte ab dem Alter von 9 Monaten bzw. in der Kindheit nur einmal geimpfte Personen oder Personen mit unklarem Impfstatus möglichst innerhalb von 3 Tagen mit einer Impfstoffdosis gegen Masern geimpft werden.
  • Säuglinge im Alter von 6–8 Monaten erhalten eine aktive Immunisierung mit einem MMR-Impfstoff (Off-Label-Use bis zum Alter von 8 Monaten).
  • Die Gabe von Immunglobulinen innerhalb von 7 Tagen nach Kontakt kann das Risiko, an Masern zu erkranken, deutlich senken.13
  • Die Masern-Postexpositionsprophylaxe mit Standardimmunglobulinen sollte bei den folgenden Risikopersonen erfolgen bzw. erwogen werden (die Anwendung erfolgt außerhalb der Zulassung, Off-Label-Use):4 
    • Säuglinge im Alter von < 6 Monaten
    • Schwangere, die keine stattgehabte zweifache Impfung und keinen vorliegender Laborbefund eines positiven IgG-Antikörper-Titers haben.
    • immundefiziente Patient*innen.
  • So schnell wie möglich, optimal innerhalb von 6 Tagen als intravenöse Gabe 1 x 400 mg/kg KG
  • Nach einer Immunglobulin-Gabe ist die MMR-Impfung für 8 Monate nicht sicher wirksam und sollte erst danach durchgeführt werden.

Kontraindikationen

  • Als medizinische Kontraindikationen zur MMR-Impfung gelten im Allgemeinen:8
    • akutes Fieber (> 38,5 °C) oder eine akute schwere Erkrankung
    • Schwangerschaft (nach der MMR-Impfung sollte eine Schwangerschaft 4 Wochen vermieden werden)
    • schwere Einschränkungen des Immunsystems
      • Die im MMR-Impfstoff enthaltenen abgeschwächten, aber vermehrungsfähigen Viren können sich unkontrolliert vermehren und somit schwere und in Einzelfällen sogar tödliche Infektionen hervorrufen.
      • Andererseits können Patient*innen mit eingeschränktem Immunsystem auch ein erhöhtes Risiko für eine schwer verlaufende Masern-, Mumps- oder Röteln-Erkrankung haben und in besonderer Weise von einer Impfung profitieren.
      • Eine Impfung kann daher bei Patient*innen mit bestimmten Formen der Immundefizienz in Absprache mit den behandelnden Spezialist*innen in Betracht gezogen werden, wenn der Nutzen der Impfung die Risiken überwiegt.
    • bekannte Allergien gegen Bestandteile des Impfstoffs

Video

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

Komplikationen

  • Angaben in diesem Abschnitt vom Bundesministerium für Gesundheit1
  • Erhöhtes Komplikationsrisiko bei Alter < 5 Jahre und > 20 Jahre
  • Akute postinfektiöse Enzephalitis (in etwa 1 von 1.000 Fällen)3
    • etwa 4–7 Tage nach Beginn des Exanthems Auftreten mit Kopfschmerzen, Fieber und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma
    • Bei etwa 10–20 % der Betroffenen tödlich, bei etwa 20–30 % muss mit Residualschäden gerechnet werden.
  • Durch eine vorübergehende Immunschwäche kann es nach einer Masernerkrankung zu anderen Erkrankungen wie z. B. Durchfall, Mittelohrentzündung, Sinusitis, Bronchitis oder Lungenentzündung kommen.
  • Als Spätfolge kann außerdem nach Jahren die sog. subakut sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) auftreten, eine schwere und stets tödlich verlaufende Gehirnerkrankung.
    • Risiko für Kinder, die im 1. Lebensjahr an Masern erkrankt waren: 1,7 Fälle von SSPE auf 1.000 Masernfälle3

Impfnebenwirkungen

  • Ein aktuelles Cochrane-Review kommt zu der Erkenntnis, dass das Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil der Impfstoffe die bestehenden bevölkerungsweiten Impfprogramme gegen Masern, Mumps und Röteln rechtfertigen.14
  • Angaben in diesem Abschnitt stammen vom RKI. 3
  • Häufig
    • Lokalreaktionen an der Injektionsstelle wie Rötung, Schwellung und Schmerzen
      Durch die Masernimpfung ausgelöster Ausschlag
      Durch die Masernimpfung ausgelöster Ausschlag
    • Allgemeinsymptome wie Kopfschmerzen, Mattigkeit und Fieber
    • Exanthem bei etwa 5 % der Geimpften in der 2. Woche nach der Impfung („Impfmasern“)
    • Arthralgien bei etwa 1 % der Geimpften, v. a. Erwachsenen
  • Selten
    • Impfungen erhöhen bei Kindern im Alter zwischen 10 und 24 Monaten das Baseline-Risiko für Fieberkrämpfe um etwa 10 %.
      • Pro 1.000 Dosen werden 3–8 Fieberkrämpfe zusätzlich durch die Impfungen beobachtet.
    • idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP) bei 3 von 100.000 Geimpften innerhalb von 2 Monaten nach der 1. Impfung
  • Wissenschaftlich gut belegt, dass die MMR- oder monovalente Masern-Lebendimpfung nicht mit erhöhtem Risiko für Autismus in Verbindung steht.15

Prognose

  • Die Sterblichkeit der Masern liegt in entwickelten Ländern bei 1:1.000 bis 1:2.000 Fällen.3
  • Höchste Letalitätsrate bei Säuglingen von 4–12 Monaten und immunsupprimierten Kindern (z. B. durch HIV). 16
  • Prognostisch negative Faktoren16
    • Alter < 5 Jahre und > 20 Jahre
    • Immunsuppression
    • Mangelernährung
    • Vitamin-A-Mangel
    • fehlender/unzureichender Impfschutz

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Video

Illustrationen

Koplik-Flecken
Erste Koplik-Flecken (Bildquelle: CDC)
Koplik-Flecken 3. Tag
Koplik-Flecken 3. Tag
Masern.jpg
Masern
2064-2-meslinger.jpg
Masern, typischer Ausschlag
Masern, Exanthemstadium
Masern, Exanthemstadium (Bildquelle: CDC)
Morbiliformer Ausschlag
Morbilliformes Exanthem, ausgelöst durch die MMR-Impfung (Masernimpfung)

Quellen

RKI-Ratgeber

  • Robert Koch-Institut: Masern

Literatur

  1. Bundesministerium für Gesundheit. Masern. Stand 13.10.2022. Letzter Zugriff 13.11.2022. www.bundesgesundheitsministerium.de
  2. Robert Koch-Institut. Epidemiologisches Bulletin 34/2022. Aktuelles zu Masern in Deutschland und weltweit. Letzter Zugriff 13.11.2022. edoc.rki.de
  3. Robert Koch-Institut. RKI-Ratgeber: Masern. Stand: 23.07.2021. Letzter Zugriff 13.11.2022. www.rki.de
  4. Robert Koch-Institut. Stellungnahme der STIKO: Fachliche Anwendungs­hinweise zur Masern-Post­expositions­prophylaxe bei Risiko­personen. Epidemiologischen Bulletin 2/2017.Zugriff 29.01.2018 www.rki.de
  5. Kabra SK, Lodha R. Antibiotics for preventing complications in children with measles. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, Issue 8. Art. No.: CD001477. DOI: 10.1002/14651858.CD001477.pub4 DOI
  6. Yang HM, Mao M, Wan C. Vitamin A for treating measles in children. Cochrane Database of Systematic Reviews 2005. www.cochranelibrary.com
  7. RKI. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission. Epi Bull 34/2020. www.rki.de
  8. Robert Koch-Institut. Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Schutzimpfung gegen Masern. Stand 04.11.2021. Letzter Zugriff 13.11.2022. www.rki.de
  9. Bundestag beschließt Masernschutzgesetz. aerzteblatt.de. 14. November 2019. www.aerzteblatt.de
  10. KVB. Praxisnachrichten (letzter Zugriff am 16.01.2020). www.kbv.de
  11. Rober Koch-Institut Epidemiologische Situation der Masern und Röteln in Deutschland in 2018; Stand: 1.2.2019. www.rki.de
  12. arznei-telegramm. Im Blickpunkt: MASERN: IST ES ZEIT FÜR EINE IMPFPFLICHT IN DEUTSCHLAND? a-t 2019; 50: 41-3. www.arznei-telegramm.de
  13. Young MK, Nimmo GR, Cripps AW, Jones MA. Post-exposure passive immunisation for preventing measles. Cochrane Database of Systematic Reviews 2014, Issue 4. Art. No.: CD010056. DOI: 10.1002/14651858.CD010056.pub2 DOI
  14. Di Pietrantonj C, Rivetti A, Marchione P, et al. Vaccines for measles, mumps, rubella, and varicella in children. Cochrane Database of Systematic Reviews 2020. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  15. Hviid A, Hansen JV, Frisch M, Melbye M. Measles, Mumps, Rubella Vaccination and Autism: A Nationwide Cohort Study. Ann Intern Med 2019. pmid:30831578. www.ncbi.nlm.nih.gov
  16. Chen SSP. Measles. Medscape, last updated Jun 06, 2019. emedicine.medscape.com

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Münster
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/). 

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