Hyperglykämie (Überzuckerung), Akutbehandlung

Die Ursache eines hohen Blutzuckers (Plasmaglukose) ist häufig eine schlechte Regulierung des Blutzuckerspiegels. Mit regelmäßigen Messungen des Blutzuckers kann einer Hyperglykämie am besten vorgebeugt werden.

Was ist eine Hyperglykämie?

Definition

Eine Hyperglykämie ist ein zu hoher Blutzuckerspiegel. Ein erheblich erhöhter Blutzuckerspiegel, der sich über ein paar Tage entwickelt, kann zu einem akuten, lebensbedrohlichen Zustand führen. Hyperglykämie kann bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes auftreten.

Man spricht auch von ketoazidotischer Dekompensation, diese tritt häufiger bei Typ-1-Diabetes auf, bei Typ-2-Diabetes hingegen häufiger die hyperglykämisch-hyperosmolare Dekompensation.

Symptome

Ketoazidotische Dekompensation (überwiegend bei Typ-1-Diabetes)

  • Vermehrtes Wasserlassen
  • Verstärktes Durstgefühl
  • Gewichtsverlust
  • Schwäche
  • Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen
  • Bauchschmerzen (Pseudoperitonitis)
  • Erniedrigte Körpertemperatur
  • Fruchtiger Geruch der Ausatemluft (Azetongeruch)
  • Veränderte Atmung
  • Bewusstseinsstörungen

Die Symptomatik entwickelt sich rasch innerhalb von Stunden bis Tagen. Es sind überwiegend jüngere Patient*innen betroffen.

Hyperglykämisch-hyperosmolare Dekompensation (überwiegend bei Typ-2-Diabetes)

  • Vermehrtes Wasserlassen
  • Verstärktes Durstgefühl
  • Schwäche
  • Gewichtsverlust
  • Zeichen der Austrocknung (z. B. stehende Hautfalten)

Der Beginn ist schleichend (innerhalb von Tagen bis Wochen). Überwiegend sind ältere Patient*innen betroffen.

Ursachen

Typ-1-Diabetes (ketoazidotische Dekompensation)

Durch das Neuauftreten eines Typ-1-Diabetes oder zu wenig Insulingabe kann es zu einem starken, absoluten Insulinmangel kommen. Grunde dafür kann ein erhöhter Insulinbedarf sein, der nicht angepasst wird.

Wenn der Insulinbedarf steigt (z. B. während eines fieberhaften Infekts), müssen Patient*innen, die Insulin spritzen, die Dosis erhöhen; geschieht dies nicht, kann es zu einer Hyperglykämie kommen.

Auch Operationen, bestimmte Medikamente und akute schwere Erkrankungen wie ein Herzinfarkt, Schlaganfall, eine Bauchspeicheldrüsenentzündung oder eine Schilddrüsenüberfunktion können den Insulinbedarf erhöhen. Ein weiterer Grund kann die Unterbrechung einer Insulintherapie sein.

Ohne Insulin kann der Körper den Zucker nicht richtig verstoffwechseln. Der Körper stellt daher den Stoffwechsel vorübergehend um und gewinnt seine Energie über die Spaltung von Fetten, wodurch sog. „Ketonkörper“" entstehen, die zur Energiegewinnung genutzt werden. Dies kann zu einer starken Stoffwechselentgleisung bis hin zum Koma führen (ketoazidotische Dekompensation, ketoazidotisches Koma).

Hyperglykämie kommt bei Patient*innen mit Typ-1-Diabetes viel häufiger vor als bei Menschen mit Typ-2-Diabetes.

Typ-2-Diabetes (hyperglykämisch-hyperosmolare Dekompensation)

Wie beim Typ-1-Diabetes kann der Insulinbedarf höher sein als die Zufuhr. Akute Infektionen, Herzinfarkt, Schlaganfall, Bauchspeicheldrüsenentzündung, die Einnahme von anderen Medikamenten, Absetzen der Diabetesmedikamente oder Operationen können auslösend sein.

Im Gegensatz zur ketoazidotischen Dekompensation bei Typ-1-Diabetes liegt kein absoluter Insulinmangel vor, der Körper schaltet seinen Stoffwechsel nicht auf die Energiegewinnung aus Ketonkörpern um. Dennoch kann ein lebensgefährlicher Zustand aufgrund des stark erhöhten Blutzuckerspiegels entstehen. Es wird vermehrt Wasser ausgeschieden, sodass der Körper austrocknet (Exsikkose).

Häufigkeit

Notfälle durch erhöhte Blutzuckerspiegel sind insgesamt viel seltener als Notfälle durch Unterzuckerung.

Bei Patient*innen mit neu aufgetretenem Typ-1-Diabetes macht sich dieser häufig mit einer ketoazidotischen Dekompensation bemerkbar. Es handelt sich dabei überwiegend um jüngere Patient*innen im Alter von 18–44 Jahren.

Die hyperglykämisch-hyperosmolare Dekompensation tritt viel häufiger bei Patient*innen mit Typ-2-Diabetes auf. Überwiegend Patient*innen in höherem Alter und mit weiteren chronischen Begleiterkrankungen sind betroffen.

Untersuchungen

Der Allgemeinzustand der Patient*innen ist meist schlecht, eine Messung des Blutzuckerspiegels zeigt deutlich erhöhte Messwerte > 250 mg/dl. Im Urin können Ketonkörper nachweisbar sein. Eine Blutgasanalyse kann das Ausmaß der Stoffwechselstörung zeigen. Betroffene Patient*innen müssen rasch in einem Krankenhaus aufgenommen und behandelt werden.

Therapie

Unter kontrollierten Bedingungen wird der Blutzuckerspiegel durch die Gabe von Insulin gesenkt. Flüssigkeit und Blutsalze können über die Venen verabreicht werden.

Bei schwerer Erkrankung werden die Betroffenen auf einer Intensivstation behandelt.

Was können Sie selbst tun?

Sie können der Erkrankung mit einer guten und regelmäßigen Blutzuckerkontrolle am besten vorbeugen. Indem Sie den Blutzuckerspiegel regelmäßig selbst messen, können Sie den Zustand gut kontrollieren. Steigt der Blutzuckerspiegel, ohne dass Sie ihn senken können, sollten Sie ärztliche Hilfe aufsuchen.

Prognose

Bei jüngeren Patient*innen ist die Prognose meist sehr gut. Prognostisch ungünstig sind ein höheres Lebensalter, weitere Begleiterkrankungen, ein hoher Grad der Austrocknung (Exsikkose), Unterkühlung und Bewusstseinsstörungen.

Weitere Informationen

Autorin

  • Susanna Allahwerde, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Berlin

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Hyperglykämie, Akutbehandlung. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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