Thyreoiditis

Zusammenfassung

  • Definition:Als Thyreoiditis werden akut oder chronisch entzündliche Veränderungen der Schilddrüse bezeichnet, die verschiedene Ursachen haben können.
  • Häufigkeit:Je nach Ursache eine häufige Erkrankung der Schilddrüse (z. B. Hashimoto) bis hin zu Einzelfällen (Riedel-Thyreoiditis).
  • Symptome:Klinisches Leitsymptom meist Druck- oder Spontanschmerz im Bereich der Schilddrüse als Folge der lokalen Entzündungsreaktion (Kapseldehnungsschmerz).
  • Befunde:Als klinische Befunde können eine vergrößerte, manchmal schmerzhafte Schilddrüse und Anzeichen einer Hyper- oder Hypothyreose vorliegen.
  • Diagnostik:Bestimmung von TSH, FT4, Auto-Antikörpern sowie ggf. CRP, BSG und Blutbild. Sonografie. Eine Szintigrafie ist in der Regel nicht indiziert.
  • Therapie:Die Behandlung richtet sich nach Ursache und Ausmaß der Thyreoiditis.

Prüfungsrelevant für die Facharztprüfung Allgemeinmedizin1

Allgemeine Informationen

Definition

  • Als Thyreoiditis werden akute oder chronische Entzündungen der Schilddrüse (Glandula thyreoidea) bezeichnet, die verschiedene Ursachen haben können.2
  • Die 3 Thyreoitiden M. Basedow, M. Hashimoto (chronisch lymphozytäre Thyreoiditis) und subakute granulomatöse Thyreoiditis (Thyreoiditis de Quervain) werden in eigenen Artikeln behandelt und daher hier nur jeweils kurz erwähnt.

Klassifizierung nach zeitlichem Verlauf3

  • Akute Thyreoiditis (Tage bis Wochen)
    • suppurative Thyreoiditis
    • perineoplastische Thyreoiditis
  • Subakute Thyreoiditis (Wochen bis Monate)
    • granulomatöse Thyreoiditis de Quervain
    • lymphozytäre (stumme) Thyreoiditis
    • Postpartum-Thyreoiditis
    • Amiodaron-induzierte Thyreoiditis
    • Interferon-induzierte Thyreoiditis
  • Chronische Thyreoiditis (Monate bis Jahre)
    • chronisch-lymphozytäre Thyreoiditis (M. Hashimoto)
    • chronisch-fibrosierende Thyreoiditis (Riedel-Thyreoiditis)

Klassifizierung nach Ursachen

Häufigkeit

  • Thyreoiditiden stellen eine der häufigsten Erkrankungen der Schilddrüse dar.
  • Etwa 5 % der Bevölkerung in Deutschland sind von einer Autoimmunthyreoiditis betroffen, wobei die Hashimoto-Thyreoiditis häufiger ist als Morbus Basedow.4
  • Hashimoto-Thyreoiditis
    • am häufigsten bei Frauen im jungen und mittleren Alter
    • jährliche Inzidenz 30–50 Fälle je 100.000 Einw.5
    • häufigste Ursache einer Hypothyreose in Deutschland3
  • Morbus Basedow
    • Prävalenz von 0,5–2 % in Deutschland6
    • zweithäufigste Ursache für Hyperthyreose6
      • häufigste Ursache funktioneller Autonomie
    • Verhältnis Frauen zu Männer 5:17
  • Subakute lymphozytäre, „stumme“ Thyreoiditis
    • am häufigsten bei Frauen im jungen und mittleren Alter
    • jährliche Inzidenz 5 Fälle je 100.000 Einw.5
    • Verhältnis Frauen zu Männer 3,5:15
  • Postpartale Thyreoiditis
    • Prävalenz von 11–90 pro 1.000 Frauen im Jahr nach der Entbindung8
    • Somit ist fast jede 12. Mutter nach der Entbindung betroffen.9
  • Akute suppurative Thyreoiditis 
    • Sehr selten, macht 0,1–0,7 % aller Schilddrüsenerkrankungen aus.10
  • Subakute granulomatöse Thyreoiditis
    • jährliche Inzidenz 12 Fälle pro 100.000 Einw.11
  • Arzneimittelinduzierte Thyreoiditis
    • Etwa 40 % aller Patient*innen, die wegen Hepatitis C mit Interferonen behandelt werden, entwickeln eine Thyreoiditis.12
  • Riedel-Thyreoiditis
    • extrem selten, Inzidenz etwa 1:100.00013

Ätiologie und Pathogenese

  • Zu den Thyreoiditiden zählt eine Reihe ätiologisch heterogener Krankheitsbilder mit unterschiedlichen Manifestationsformen.

Bakterielle Thyreoiditiden

  • Bakterielle Thyreoiditiden sind aufgrund der guten Blutversorgung und Lymphdrainage sowie der bakterizid wirkenden hohen intrathyreoidalen Jodkonzentration selten.3

Autoimmune Thyreoiditiden (M. Basedow, M. Hashimoto)

  • Polygene, multifaktorielle Erkrankungen, die vermutlich dadurch entstehen, dass genetisch prädisponierte Personen einem exogenen Faktor ausgesetzt sind, der zu einer Aktivierung des Immunsystems führt.
    • Verschiedene Viren wurden mit der Autoimmunthyreoiditis in Verbindung gebracht, doch ein kausaler Zusammenhang zwischen einer Infektion und einer Autoimmunthyreoiditis ist bislang nicht gesichert.
  • Die am häufigsten nachgewiesenen Schilddrüsenantikörper sind jene gegen die Thyreoperoxidase (mikrosomales Antigen, früher „MAK“, heute Anti-TPO, klassisch für M. Hashimoto), den TSH-Rezeptor (TSH-Rezeptor-Antikörper, „TRAK“, klassisch für M. Basedow) und gegen das Thyreoglobulin (Anti-TG, „TAK“, sowohl bei H. Hashimoto als auch M. Basedow häufig).

Subakute lymphozytäre „stumme“ Thyreoiditis

Postpartale Thyreoiditis

  • Wird als Sonderform der subakuten lymphozytären Thyreoiditis angesehen.3
  • Hormoneller Stress während der Schwangerschaft verursacht bei fast jeder 12. Frau nach der Entbindung eine postpartale Thyreoiditis.9
    • Besonders gefährdet sind Patientinnen mit Nachweis von Anti-TPO-Antikörpern sowie mit Diabetes mellitus.

Akute suppurative Thyreoiditis

  • Bakterielle Infektion der Schilddrüse
  • Sehr selten, da die Schilddrüse ein abgekapseltes Organ ist und die hohe Jodkonzentration in der Schilddrüse einem bakteriellen Infekt entgegenwirkt.14
  • Die Infektion wird in der Regel begünstigt durch verschiedene Faktoren:15
    • anatomische Varianten oder strukturelle Schädigungen, z. B. Sinus-piriformis-Fisteln, Traumata, operative Eingriffe im Halsbereich
    • Immunsuppression, z. B. HIV-Infektion.

Perineoplastische Thyreoiditis3

  • Schilddrüsentumoren und Metastasen im Schilddrüsenlager können zu einer reaktiven lymphozytären Entzündungsreaktion im benachbarten Schilddrüsengewebe führen.

Iatrogene Thyreoiditis

  • Auftreten nach Radiojodtherapie oder Feinnadelaspiration der Schilddrüse sowie nach Strahlentherapie im Halsbereich

Arzneimittelinduzierte Thyreoiditis

  • Amiodaron (stark jodhaltig)16
    • Bei Patient*innen mit bekannter Schilddrüsenautoimmunität besteht ein erhöhtes Risiko, bei der Behandlung mit Amiodaron eine Hyper- oder auch eine Hypothyreose zu entwickeln.
  • Lithium
    • Bei Patient*innen mit vorbestehender Schilddrüsenautoimmunität kann Lithium zu einer Erhöhung der Konzentration von Schilddrüsenantikörpern und zu einer subklinischen oder klinischen Hypothyreose führen.17
  • Interferon-alpha und Interleukin-2
    • Synonym: Zytokin-induzierte Thyreoiditis3
    • Stimulation des Immunsystems mit vermehrter Auto-Antikörperbildung12
    • evtl. zusätzlicher direkter zytotoxischer Effekt auf die Schilddrüse12
    • Im Fall einer vorbestehenden Schilddrüsenautoimmunität kann es bei bis zu 15 % der Patient*innen, die mit Interferon-alpha oder Interleukin-2 behandelt werden, zu einer Schilddrüsendysfunktion kommen.

Riedel-Thyreoiditis

  • Vermutlich autoimmune Erkrankung mit zunehmender Fibrosierung der Schilddrüse und des umliegenden Gewebes13
    • Als Indizien für eine autoimmune Genese sprechen die häufig zu findende IgG4-Erhöhung und das gute Ansprechen auf Steroide.

Prädisponierende Faktoren

  • Schwangerschaft und Geburt9
  • Frauen sind von nahezu allen Formen einer Thyreoiditis häufiger betroffen.
    • Ausnahme ist die suppurative Thyreoiditis, bei der Männer gleich häufig betroffen sind.18
  • Atemwegsinfektion
  • Rauchen
    • Bei rauchenden Patient*innen mit einer Hashimoto-Thyreoiditis ist das Risiko der Entwicklung einer Hypothyreose höher als bei Nichtraucher*innen.19

ICPC-2

  • T99 Endo./metab./ernäh. Erkrank., andere
  • T70 Endokrinologische Infektion

ICD-10

  • E06 Thyreoiditis
    • E06.0 Akute Thyreoiditis inkl. eitrige Thyreoiditis
    • E06.1 Subakute Thyreoiditis
    • E06.2 Chronische Thyreoiditis mit transitorischer Hyperthyreose
    • E06.3 Autoimmunthyreoiditis
    • E06.4 Arzneimittelinduzierte Thyreoiditis
    • E06.5 Sonstige chronische Thyreoiditis
    • E06.9 Thyreoiditis, nicht näher bezeichnet
  • O90.5 Postpartale Thyreoiditis

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der Anamnese und dem klinischen Befund.
  • Die Ultraschalluntersuchung kann weitere diagnostische Hinweise liefern.
  • Die Diagnosebestätigung erfolgt durch laborchemische Untersuchungen (Inflammationsparameter, Schilddrüsenwerte, ggf. Antikörper) und ggf. eine Feinnadelpunktion mit histopathologischer Aufarbeitung.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

Postpartale Thyreoiditis

  • In der Regel schmerzlos
  • Initial Schilddrüsenüberfunktion mit Zittern, Nervosität, Tachykardie und verstärktem Schwitzen9
  • Später hypothyreote Phase mit Müdigkeit und Antriebslosigkeit9

Subakute lymphozytäre „stumme" Thyreoiditis

  • Der klinische Verlauf ähnelt dem der postpartalen Thyreoiditis mit dem Unterschied, dass keine Schwangerschaft vorangegangen ist.
    • Die postpartale Thyreoiditis wird daher auch als eine Sonderform der lymphozytären, subakuten Thyreoiditis angesehen.3
  • In der Regel treten nur leichte oder keine Symptome ohne systemische Entzündungszeichen auf („stumme“ Thyreoiditis).

Akute suppurative Thyreoiditis

  • Schwellung des Halses verbunden mit schwerem Krankheitsgefühl, Schmerzen, Dysphagie und Fieber18

Perineoplastische Thyreoiditis

  • Schwellung des Halses
  • Meist schmerzhaft

Iatrogene Thyreoiditis

  • Auftreten nach Behandlung im Halsbereich, z. B. Bestrahlung
  • Schwellung des Halses
  • Meist schmerzhaft

Arzneimittelinduzierte Thyreoiditis

  • Medikamentenanamnese: 
    • Amiodaron? 
    • Lithium?
    • Interferone?

Riedel-Thyreoiditis

  • Kompressionsbedingte Beschwerden durch zunehmende Fibrosierung
    • Dyspnoe
    • Dysphagie

Klinische Untersuchung

  • Als klinisches Leitsymptom tritt meistens ein Druck- oder Spontanschmerz im Schilddrüsenlager auf, der Folge der lokalen Entzündungsreaktion im Schilddrüsengewebe (Kapseldehnungsschmerz) ist.3
    • Ausnahmen: Die subakute lymphozytäre Thyreoiditis und postpartale Thyreoiditis sind in der Regel schmerzlos.

Postpartale Thyreoiditis/subakute lymphozytäre „stumme" Thyreoiditis

  • In der Regel keine auffälligen klinischen Befunde

Suppurative Thyreoiditis

  • Ausgeprägtes Krankheitsgefühl
  • Fieber
  • Schmerzhafte Schwellung der Schilddrüse mit lokalem Erythem
    • Typischerweise unilateral, der linke Schilddrüsenlappen ist häufiger als der rechte betroffen.18

Riedel-Thyreoiditis

  • „Eisenharte“ Struma
  • Ggf. Horner-Trias (Miosis, Ptosis, Enophthalmus)

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis – Labor

Postpartale Thyreoiditis

  • Bestimmung von TSH und FT4, Veränderungen sind abhängig von der Phase der Erkrankung (hyper- oder hypothyreote Stoffwechsellage).
  • Bei 70 % der Patientinnen sind Antikörper gegen Thyreoperoxidase (Anti-TPO) nachweisbar.20

Subakute lymphozytäre „stumme" Thyreoiditis

  • Im Unterschied zur Hashimoto-Thyreoiditis finden sich bei der subakuten lymphozytären Thyreoiditis niedrigere Titer an schilddrüsenspezifischen Antikörpern (TPO-Ak häufiger als TG-Ak, selten TSH-Rezeptor-Ak).3

Suppurative Thyreoiditis

  • Inflammationsparameter erhöht: CRP, BSG, Leukozyten
  • Asservation von Blutkulturen und möglichst auch Gewinnung von Gewebe zur weiteren kulturellen Testung18

Schilddrüsen-Sonografie

  • Siehe Artikel Sonografie, Schilddrüse.
  • Farbkodierte Doppler-Sonografie
    • Diese kann eingesetzt werden, um zwischen dem Morbus Basedow und einer schmerzhaften subakuten Thyreoiditis de Quervain zu unterscheiden.
    • Beim Morbus Basedow ist die Schilddrüse hypervaskularisiert, bei Patient*innen mit einer schmerzhaften subakuten Thyreoiditis dagegen hypoechogen und gering bis normal vaskularisiert.21

Suppurative Thyreoiditis

  • Typische Befunde in der akuten Phase22
    • hypoechogene Läsion in dem und um den betroffenen Schilddrüsenlappen in Verbindung mit einer Zerstörung des Schilddrüsengewebes und einer begleitenden Abszessformation
    • hypoechogener Saum um die Schilddrüse
    • unscharfe Begrenzung zwischen der Schilddrüse und dem umliegenden Gewebe
    • unilaterales Auftreten
  • Einen exemplarischen Ultraschallbefund finden Sie hier.

Diagnostik bei Spezialist*innen

Computertomografie suppurative Thyreoiditis

  • In der Akutsituation zur Darstellung der beteiligten Strukturen, Ausdehnung der Inflammation und möglicher anatomischer Varianten22

Feinnadelpunktion

  • Bei unklaren Befunden indiziert
  • Hilft z. B. bei der Differenzierung von subakuter granulomatöser Thyreoiditis, suppurativer Thyreoiditis, perineoplastischer Thyreoiditis und Schilddrüsen-Ca.3,18
  • Die Diagnosestellung der Riedel-Thyreoiditis erfolgt durch den histopathologischen Nachweis von Fibrosierung und den charakteristischen eosinophilen Infiltraten.13

Szintigrafie mit radioaktiv markiertem Jod23

  • Bei Hyperthyreose und Verdacht auf eine Thyreoiditis (Differenzialdiagnostik zwischen M. Basedow oder einem autonomen Adenom)
    • Eine reduzierte/fehlende Aufnahme des Radiopharmakons bei hyperthyreoter Soffwechsellage spricht diagnostisch für eine Thyreoiditis.
    • Die Hyperthyreose bei einer Thyreoiditis beruht auf der vermehrten Hormonfreisetzung infolge einer Schilddrüsendestruktion und nicht, wie beim Morbus Basedow, aufgrund einer -überfunktion.
    • Beim Morbus Basedow ist die Jodaufnahme aufgrund der vermehrten Schilddrüsenstimulation erhöht.
  • Beim typischen Bild einer Hashimoto- (hypo- oder euthyreot, positive TPO-AK, typische Sonografie) oder postpartalen Thyreoiditis soll keine Schilddrüsenszintigrafie durchgeführt werden.
    • In der hyperthyreoten Phase der postpartalen Thyreoiditis wäre eine verminderte Jodaufnahme zu beobachten.
    • Da die postpartale, genau wie die lymphozytäre „stumme“ Thyreoiditis in der Regel symptomarm und vorübergehender Natur ist, sollte nur in Ausnahmefällen zur differenzialdiagnostischen Klärung einer Hyperthyreose eine Szintigrafie erwogen werden.

Indikationen zur Überweisung

  • Bei unklarer Diagnose

Therapie

Therapieziele

  • Eine euthyreote Stoffwechsellage erreichen.
  • Komplikationen und Folgeerkrankungen verhindern.
  • Symptome lindern.

Spezifische Therapie

Postpartale Thyreoiditis und lymphozytäre (stumme) Thyreoiditis

  • Hyperthyreote Phase
    • Bei einer leichten Hyperthyreose ist nur selten eine Behandlung erforderlich, bei ausgeprägter Symptomatik sind jedoch Betablocker indiziert.24
      • Propranolol darf sowohl in der Schwangerschaft als auch Stillzeit eingesetzt werden.25
  • Hypothyreote Phase
    • In der hypothyreoten Phase ist in der Regel keine Behandlung erforderlich.
    • Besteht die Stoffwechsellage jedoch über lange Zeit oder liegt eine ausgeprägte Hypothyreose vor, kann eine Thyroxinbehandlung indiziert sein. Nach 6–9 Monaten sollte versucht werden, das Medikament abzusetzen.26

Arzneimittelinduzierte Thyreoiditis

  • Amiodaron: Hyperthyreose
    • Es lassen sich zwei Typen der Amiodaron-induzierten Hyperthyreose unterscheiden.3
    • Typ I: bereits vor Applikation von Amiodaron latente Autonomie der Schilddrüse oder vorliegendem Morbus Basedow
      • Gabe von Thyreostatika
      • Absetzen von Amiodaron27
    • Typ II: ohne vorbestehender Schilddrüsenerkrankung
      • Gabe von Glukokortikoiden
      • Fortführung der Amiodaron-Therapie meist möglich
  • Amiodaron: Hypothyreose
    • ggf. symptomatische Thyroxinbehandlung erforderlich
    • Fortführung der Amiodaron-Therapie in der Regel möglich
  • Interferon-Therapie bei Hepatitis C12
    • symptomatische Behandlung der häufig auftretenden Thyreoiditis (sowohl Hyper- als auch Hypothyreose möglich)
    • kein Einsatz von Thyreostatitika wegen Hepatotoxizität

Suppurative Thyreoiditis

  • Nach Asservation von Blutkulturen umgehender Beginn einer kalkulierten Antibiose18
    • Bei immunkompetenten Personen z. B. Penicillase-resistentes Penicillin in Kombination mit einem Beta‑Laktamase-Inhibitor (wie Piperacillin/Tazobactam)
    • Bei immunkompromittierten Patient*innen sollten auch opportunistische Erreger bedacht und ein breiteres Keimspektrum abgedeckt werden.
  • Ggf. Abszessentlastung durch chirurgische Drainage oder (Hemi)Thyreoidektomie28
    • Großzügige Indikationsstellung, um die Abszessentleerung in die umgebenden Strukturen mit Gefahr einer Tracheal- oder Ösophagusruptur zu vermeiden.29
  • Im Falle einer persistierenden Hypothyreose durch Destruktion der Schilddrüse Substitution der Schilddrüsenhormone

Perineoplastische Thyreoiditis

  • Störungen der Schilddrüsenfunktion im Rahmen einer perineoplastischen Thyreoiditis sind selten und gewöhnlich nicht behandlungsbedürftig.3

Riedel-Thyreoiditis13

  • Initialer Therapieversuch mit Steroiden
    • 15–100 mg Prednisolon/d
  • Weitere medikamentöse Therapieversuche mit Tamoxifen oder Mykophenolat möglich
  • Bei medikamentösem Therapieversagen oder deutlichen Kompressionssymptomen operative Resektion (Hemi- oder totale Thyreoidektomie)

Schwangerschaft

  • Schwangeren wird in Deutschland eine Supplementation von 100–150 µg (DGE) bzw. 150–200 µg (DGIM) Jod/d empfohlen.30-31

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Im Verlauf von Thyreoiditiden kommt es häufig zu transienten Schilddrüsenfunktionsstörungen (Hyperthyreose oder Hypothyreose), doch bleibt nach überstandener Thyreoiditis meist eine euthyreote Stoffwechsellage erhalten.
    • Nur nach ausgedehnter Zerstörung des Schilddrüsenparenchyms tritt eine persistierende, substitutionspflichtige Hypothyreose auf.3

Subakute und chronische lymphozytäre Thyreoiditis

  • Die subakute und chronische (M. Hashimoto) lymphozytäre Thyreoiditis können zum Zeitpunkt der Diagnosestellung häufig nicht unterschieden werden, da beide ein ähnliches sonografisches Bild zeigen und ähnliche Antikörpermuster aufweisen.
    • Erst im Verlauf wird deutlich, ob sich eine chronische, zur Hypothyreose führende Hashimoto-Thyreoiditis entwickelt, oder ob eine transiente Form vorliegt, bei der die Substitution mit Schilddrüsenhormon wieder beendet werden kann.

Postpartale Thyreoiditis

  • Einige Wochen nach der Geburt entwickelt sich in der Regel eine Hyperthyreose, die 1–2 Monate andauert. Sie kann Palpitationen, Irritabilität und Wärmeintoleranz hervorrufen.
  • Anschließend tritt eine Hypothyreose auf, die 4–6 Monate andauert.26
    • In den meisten Fällen tritt spontan eine Besserung ein.

Suppurative Thyreoiditis

  • Unbehandelt Fortschreiten der bakteriellen Entzündung mit Abszedierung

Komplikationen

  • Temporäre Hyperthyreose
  • Dauerhafte Hypothyreose
  • Bei suppurativer Thyreoiditis Gefahr der Abszedierung mit Schädigung umliegender Strukturen (Gefäße, Trachea, Ösophagus)

Prognose

Postpartale Thyreoiditis

  • Meist selbstlimitierend mit Restitutio ad integrum von 50 % der Patientinnen nach 1 Jahr9
  • Bei 20–25 % der Patientinnen mit einer postpartalen Thyreoiditis entwickelt sich nach 3–5 Jahren eine dauerhafte Hypothyreose.3
  • Rezidivrisiko bei erneuter Schwangerschaft 70 %32

Suppurative Thyreoiditis

  • Bei einer adäquaten antibiotischen Therapie und ggf. chirurgischen Sanierung gute Prognose, kann jedoch auch lebensgefährliche Verläufe durch Abszedierung nehmen.

Subakute lymphozytäre Thyreoiditis

  • Im Gegensatz zur chronischen lymphozytären Thyreoiditis (M. Hashimoto) häufig keine dauerhafte Hypothyreose
    • Daher eine Reduktion oder Beendigung der Schilddrüsenhormon-Substitution unter TSH-Kontrollen mit den Patient*innen besprechen.33

Verlaufskontrolle

  • Bieten Sie den Patient*innen Kontrolluntersuchungen abhängig von der Art der Thyreoiditis Kontrollen im Abstand von Tagen (akute suppurative Thyreoiditis) bis einigen Monaten (subakute lymphozytäre Thyreoiditis) an.
  • Kontrolle von:
    • Allgemeinbefinden
    • FT4 und TSH
    • ggf. Inflammationsparametern.

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

  • Über den wahrscheinlichen Verlauf der Erkrankung
  • Der Verlauf ist in der Regel selbstlimitierend, eine Hypothyreose kann persistieren.

Patienteninformationen in Deximed

Patientenorganisationen

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM). Erhöhter TSH-Wert in der Hausarztpraxis. AWMF-Leitlinie Nr. 053-046. S2k, Stand 2016. www.degam.de

Literatur

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Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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