Allgemeine Informationen
Definition
- Tumoren oberhalb des Foramen magnum, die vom Hirngewebe, den Hirnhäuten, den Hirnnerven oder der Hypophyse ausgehen.
- Sowohl gut- als auch bösartige Tumoren
- klare Unterscheidung nicht immer möglich, da z. T. auch maligne Transformation im Zeitverlauf (z. B. Gliome)
- Die korrekte histologische und molekulargenetische Diagnose ist entscheidend für die Wahl der Therapie sowie die Prognose.
WHO-Klassifikation
- ZNS-Tumoren wurden lange allein nach histopathologischen Kriterien klassifiziert, zuletzt in der WHO-Klassifikation von 2007.1
- Erstes Kriterium der Klassifizierung ist dabei die zelluläre Abstammung des Tumors (z. B. Astrozytom aus Astrozyten).
- Mit der Gradierung WHO I–IV wird zudem anhand histopathologischer Kriterien (nukleäre Pleomorphie, mitotische Aktivität, Nekrosen, Gefäßendothelproliferation) der Malignitätsgrad beschrieben:2
- WHO I: geringe Proliferation, Heilung häufig alleine durch Resektion
- WHO II: noch geringe proliferative Aktivität, aber infiltratives Wachstum
- WHO III: maligner Tumor
- WHO IV: rasch wachsender maligner Tumor.
- Der WHO-Grad korreliert grundsätzlich mit der Prognose, innerhalb eines WHO-Grades kann es aber zu deutlich unterschiedlichen Überlebenskurven kommen.
- In der Revision der WHO-Klassifikation von 2016 werden erstmals zusätzlich zu den fortbestehenden histopathologischen Kriterien auch molekulargenetische Marker zur Klassifikation verwendet.3-5
- Für die molekulargenetische Charakterisierung werden Genmutationen oder Chromosomendeletionen der Tumoren erfasst, u. a.:6
- Mutation von IDH (
IsozitratdehydrogenaseIsozitrat-Dehydrogenase)-1 - LOH („Loss of Heterozygozity") von 1p/19q
- Methylierung des Promotors der MGMT-(
MethylguaninmethyltransferaseMethylguanin-Methyltransferase).
- Mutation von IDH (
- Für die molekulargenetische Charakterisierung werden Genmutationen oder Chromosomendeletionen der Tumoren erfasst, u. a.:6
- Die histopathologischen Parameter behalten dabei ihren Stellenwert, durch die zusätzliche Angabe molekularer Marker entstehen aber Tumorgruppen mit einheitlicherer Prognose und einheitlicherem Therapieansprechen.2
- Die integrierte neuropathologische Diagnose basiert somit nun neu auf 3 statt auf 2 Diagnoseebenen:2
- histologische Artdiagnose (z. B. Astrozytom)
- histologische Gradierung (z. B. WHO Grad II)
- molekulargenetische Charakterisierung (z. B. IDH-mutiert).
- Tumorgruppen der WHO-Klassifikation 2016 (die zahlreichen einzelnen Tumorarten jeder Gruppe sind nicht aufgeführt):3
- diffuse astrozytäre und oligodendrogliale Tumoren
- andere astrozytäre Tumoren
- ependymale Tumoren
- andere Gliome
- Choroid-Plexus-Tumoren
- neuronale und neuronal-glial gemischte Tumoren
- Tumoren der Pinealisregion
- embryonale Tumoren
- Tumoren der kranialen und paraspinalen Nerven
- Meningeome
- mesenchymale, nicht-meningeotheliale Tumoren
- melanozytische Tumoren
- Lymphome
- histiozytische Tumoren
- Keimzelltumoren
- Tumoren der Sellaregion
- Metastasen.
Häufigkeit
- Inzidenz ca. 17/100.000 bei Männern und 20/100.000 bei Frauen7
- Prävalenz in der Altersgruppe zwischen 55 und 64 Jahren am höchsten8
- Lebenszeitprävalenz ca. 0,6 %8
- Ca. 60 % der primären intrakraniellen Tumoren sind bösartig.
- Primäre intrakranielle Tumoren 3 % aller Malignome bei Erwachsenen, bei Kindern 30 %
- Verteilung der Tumorarten7
- Meningeome 35 %
- Gliome 22 %
- davon ca. 75 % Glioblastome
- Tumoren der Sellaregion 14 %
- überwiegend Hypophysenadenome9
- Schwannome 6 %
- primäre ZNS-Lymphome 3 %
- embryonale Tumoren 1 %
- v. a. Medulloblastome
- Bei Erwachsenen sind Glioblastome und Meningeome am häufigsten.
- Bei Kindern sind Astrozytome, Medulloblastome, Ependymome und Kraniopharyngeome am häufigsten.
- Bei Erwachsenen sind die Tumoren meistens supratentoriell (im Großhirn).
- Auch bei Kindern überwiegend supratentorielle Lokalisation, aber größerer Anteil infratentorieller Tumoren (im Kleinhirn und im Hirnstamm)
- Intrakranielle Metastasen extrakranieller Malignome sind weitaus häufiger als primäre intrakranielle Tumoren.
Ätiologie und Pathogenese
Erbliche Disposition und Risikofaktoren
- Erbliche Disposition und ionisierende Strahlung sind Risikofaktoren.
- Kein Nachweis eines Zusammenhangs primärer intrakranieller Tumoren mit:8
- Konsum von Tabak oder Alkohol
- Nutzung von Mobiltelefonen
- Exposition gegenüber Hochspannungsleitungen
- Infektionen
- Verwendung von Haarfärbemitteln.
- Zusammenhang mit genetischen Erkrankungen
- Neurofibromatose Typ 1: Assoziation mit niedriggradigen Gliomen (insbes. Astrozytomen im Opticus-Chiasma-Hypothalamus)
- Neurofibromatose Typ 2: Assoziation mit Vestibularisschwannomen, Meningeomen und Gliomen (insbesondere Ependymomen)
- tuberöse Sklerose: Assoziation mit Astrozytomen (subependymales Riesenzellastrozytom)
- Von-Hippel-Lindau-Syndrom: Assoziation mit kapillären Hämangioblastomen
- Turcot-Syndrom: Assoziation mit Glioblastomen und Medulloblastomen
- Li-Fraumeni-Syndrom: Assoziation mit Medulloblastomen und Astrozytomen
Ausbreitung und Gewebearten
- Ausbreitung von primären Hirntumoren
- lokale Infiltration, z. B. entlang der Basalmembranen der Blutgefäße (Gliome)
- mit dem Liquor (Medulloblastome)
- Metastasen primärer Hirntumoren selten
- Gewebearten: Primäre Tumoren können von allen Gewebearten ausgehen, die in der Schädelhöhle vorkommen.
- größter Teil Gliome (Astrozytom, Oligodendrogliom, Oligoastrozytom, Ependymom)
- Meningeome entspringen den Hirnhäuten.
- Schwannome entstehen in den Hirnnerven (Akustikusneurinom).
- Hypophysenadenome
- in seltenen Fällen Entstehung in Neuronen (z. B. Gangliogliom) oder embryonalen Zellen (z. B. Medulloblastom)
- häufiger bei Kindern als bei Erwachsenen
Neuroepitheliale Tumoren
- Häufigste primäre Hirntumoren
- Entstehung aus Gliazellen oder Neuronen, d. h. aus Zellen, die von Neuroepithelien abstammen.
- Tendenz zur diffusen Infiltration
- eingeschränkte Möglichkeit zur radikalen chirurgischen Therapie
- Seltene Metastasierung
- Gliom ist der Sammelbegriff für Tumoren, die histologisch bestimmten Gliazellen (Astrozyten, Oligodendrozyten, Ependymzellen) ähneln.
Astrozytom
- Pilozytisches Astrozytom (WHO-Grad I): Astrozytom-Variante mit niedrigem Malignitätsgrad
- gut abgegrenzte, langsam wachsende Tumoren
- Auftreten am häufigsten im Kinder- und Jugendalter7
- nur selten Tendenz zu maligner Transformation
- Vorkommen vor allem im Kleinhirn, im Nervus opticus und im Hypothalamus
- Astrozytome WHO-Grad II und anaplastische Astrozytome (WHO-Grad III) sind Untergruppen mit zunehmendem Malignitätsgrad.
- Entartung zu Glioblastom (WHO-Grad IV) möglich
Oligodendrogliom
- Auftreten am häufigsten im Alter zwischen 40 und 50 Jahren
- Lokalisation in der Regel in der Großhirnhemisphäre
- Auch hier Unterscheidung zwischen niedrigem (WHO-Grad II) und hohem (anaplastisch, WHO-Grad III) Malignitätsgrad
- Zusammenhang zwischen histologischem Befund und Prognose nicht so klar wie bei Astrozytomen
- Auch hier maligne Transformation zu Glioblastom möglich
Glioblastom
- Bösartigster primärer Hirntumor (WHO-Grad IV)
- Schnell und infiltrierend wachsend
- Alter bei Erstdiagnose meist 55–65 Jahre7
- Entstehung de novo (primäres Glioblastom, häufiger) oder aus niedriggradigen Gliomen (sekundäres Glioblastom)
Neuronale Tumoren
- Neuronale und gemischte, neuronal-gliale Tumoren (dysembryoplastischer neuroepithelialer Tumor, Gangliogliom und zentrales Neurozytom)
- Selten
- Insgesamt gute Prognose
- maligne Transformation bei Gangliogliomen möglich
- Lokalisation von neuronalen und neuronal-glialen Tumoren oft in den Temporallappen
- Verursachen häufig Krampfanfälle.
- Zentrale Neurozytome in der Regel intraventrikuläre Tumoren
- Lokalisation meistens in der Nähe der Foramina interventriculares
- Auftreten am häufigsten bei jungen Erwachsenen
Meningeome10
- Etwa 35 % der primären intrakraniellen Tumoren11
- Entstehung aus den Deckzellen der Arachnoidea7
- 95 % gutartig
- Häufigkeitsgipfel um 45. Lebensjahr12
- Frauen häufiger betroffen als Männer (ca. 2:1)
- Häufigkeit des Mammakarzinoms bei Frauen mit Meningeom erhöht
- beide Tumorarten z. T. mit Hormonrezeptoren
- Beeinflussung durch weibliche Sexualhormone
- Meistens gut abgegrenzt, von Kapsel umgeben
- Langsames, verdrängendes Wachstum
- Tumoren häufig relativ groß bei Symptombeginn
Tumoren der Hirnnerven
- Vestibularis-Schwannom (früher Akustikusneurinom genannt)
- Häufigste primäre infratentorielle Tumorart (6 % der primären intrakraniellen Tumoren)
- Auftreten zwischen 45. und 70. Lebensjahr, bei Frauen etwas häufiger als bei Männern7
- Gutartiges Neurinom, ausgehend von den Schwannzellen
- Langsames Wachstum
- Ausgang vom vestibulären Anteil des 8. Hirnnerven, Lage daher im Kleinhirnbrückenwinkel
- 95 % unilateral, 5% bilateral
- bilaterales Vestbularis-Schwannom bei Neurofibromatose Typ 2
- Sehr selten Neurinome des 5. Hirnnerv (Nervus trigeminus)
Lymphome
- Primäre maligne Lymphome des ZNS sind i. d. R. B-Zell-Lymphome.7
- Zunehmende Häufigkeit, u. a. bei HIV-Patienten und bei immunsupprimierten13, aber auch bei immunkompetenten Patienten
Hypophysentumoren
- Gehen von der Adenohypophyse aus.
- Ca. 10 % der intrakraniellen Tumoren9
- Auftreten zwischen 30. und 60. Lebensjahr7
- Erhebliche Unterschiede in der Größe, der Wachstumsrate, dem klinischen Erscheinungsbild und der Invasion in das umliegende Gewebe
- Etwa 10 % lokal invasiv
- Infiltration in 1. Linie in die Wände der Sella turcica
- Metastasierende Hypophysenkarzinome extrem selten
- Hormonaktive Tumoren eher bei jüngeren, hormoninaktive Tumoren eher bei älteren Patienten7
- Einteilung nach der Hormonproduktion
- 25–30 % Prolaktin
- 20–25 % nichthormonproduzierend
- 15–20 % Somatotropin
- 10–15 % ACTH (Cushing-Syndrom)
- 5 % sowohl Prolaktin als auch Somatotropin
- 3–5 % Gonadotropine (LH und FSH)
- TSH-produzierende Tumoren selten
- Einteilung nach der Größe
- Mikroadenom (< 10 mm)
- Makroadenom (≥ 10 mm)
Metastasen
- Häufigkeit
- Ca. 25 % der Malignom-Patienten entwickeln Hirnmetastasen.7
- Primärtumoren der Metastasen7
- Bronchial-Ca (50 %)
- Mamma-Ca (15–20 %)
- gastrointestinale Tumoren, Melanom und urogenitale Tumoren jeweils 5–10 %
- Risiko für zerebrale Metastasen sind abhängig vom Primärtumor.7
- malignes Melanom und kleinzelliges Bronchial-Ca 40 %
- nichtkleinzelliges Bronchial-Ca 30 %
- Mamma- und Nierenzell-Ca 20 %
- maligne Lymphome 2–5 %
Prädisponierende Faktoren
- Seltene Erbkrankheiten
- Ionisierende Strahlen
- Immunsuppression (primäre ZNS-Lymphome)
- Kein Nachweis eines Zusammenhangs mit Schädeltraumata
- Kein Nachweis eines Zusammenhangs mit dem Gebrauch von Mobiltelefonen14
ICPC-2
- N74 Bösartige Neubildung Nervensystem
- N75 Gutartige Neubildung Nervensystem
- N76 Neubild. Nervensystem nicht spez.
ICD-10
- C70 Bösartige Neubildung der Meningen
- C70.0 Hirnhäute
- C70.1 Rückenmarkhäute
- C70.9 Meningen, nicht näher bezeichnet
- C71 Bösartige Neubildung des Gehirns
- C71.0 Zerebrum, ausgenommen Hirnlappen und Ventrikel
- C71.1 Frontallappen
- C71.2 Temporallappen
- C71.3 Parietallappen
- C71.4 Okzipitallappen
- C71.5 Hirnventrikel
- C71.6 Zerebellum
- C71.7 Hirnstamm
- C71.8 Gehirn, mehrere Teilbereiche überlappend
- C71.9 Gehirn, nicht näher bezeichnet
- C72 Bösartige Neubildung des Rückenmarkes, der Hirnnerven und anderer Teile des Zentralnervensystems
- C72.0 Rückenmark
- C72.1 Cauda equina
- C72.2 Nn. olfactorii [I. Hirnnerv]
- C72.3 N. opticus [II. Hirnnerv]
- C72.4 N. vestibulocochlearis [VIII. Hirnnerv]
- C72.5 Sonstige und nicht näher bezeichnete Hirnnerven
- C72.8 Gehirn und andere Teile des Zentralnervensystems, mehrere Teilbereiche überlappend
- C72.9 Zentralnervensystem, nicht näher bezeichnet
- D32 Gutartige Neubildung der Meningen
- D32.0 Hirnhäute
- D32.1 Rückenmarkhäute
- D32.9 Meningen, nicht näher bezeichnet
- D33 Gutartige Neubildung des Gehirns und anderer Teile des Zentralnervensystems
- D33.0 Gehirn, supratentoriell
- D33.1 Gehirn, infratentoriell
- D33.2 Gehirn, nicht näher bezeichnet
- D33.3 Hirnnerven
- D33.4 Rückenmark
- D33.7 Sonstige näher bezeichnete Teile des Zentralnervensystems
- D33.9 Zentralnervensystem, nicht näher bezeichnet
Diagnostik
Differenzialdiagnosen
- Trauma: chronisches Subduralhämatom
- Vaskulär: Hämatome, Aneurysmen, arteriovenöse Malformation, Hirninfarkt, Venenthrombose
- Infektion: Abszess, Tuberkulom, Enzephalitis
- Anderes: Zysten, granulomatöse Entzündung bei Sarkoidose
Anamnese
- Unterschiedliche Symptomatik abhängig von Lokalisation, Art des Tumors und Wachstumsrate
- Klinische Verdachtssymptome für eine intrakranielle Raumforderung sind:15
- Zeichen erhöhten Hirndrucks wie Kopfschmerzen, Vigilanzminderung, Übelkeit/Erbrechen
- fokale oder generalisierte epileptische Anfälle
- Persönlichkeitsveränderungen
- neurologische Herdsymptome
- Sehstörungen.
- Hypophysentumoren bewirken hormonelle Veränderungen, die zu Amenorrhö, Infertilität, Impotenz, Galaktorrhö, Akromegalie, Gigantismus oder Cushing-Syndrom führen können.15
- Bei Blutungen im Tumor sind akute, schlaganfallsartige Symptomatik möglich.
Klinische Untersuchung
Leitlinie: Gliome15
- Neurologische Untersuchung zur Dokumentation der durch den Tumor bei Diagnosestellung verursachten Defizite
- große Bedeutung auch zur Beurteilung späterer Folgen von Tumorprogression und Therapie
- Gleiches gilt für neuropsychologische Untersuchungen.
- Klinisch-internistische Untersuchung
- unter besonderer Berücksichtigung der Differenzialdiagnose primär extrazerebraler, metastasierender Tumoren
- auch zur Beurteilung der Operationsfähigkeit
- Mögliche Befunde bei intrazerebralem Druckanstieg:
- Stauungspapille
- Anisokorie
- Hypertonie
- Bradykardie
- verändertes Atemmuster.
- Als ein Ergebnis der klinisch-neurologischen Untersuchung ist der Karnofsky-Index festzulegen.
Karnofsky-Index zur Bewertung des Behinderungsgrades der Patienten
- Score – Beschreibung
- 100 – Normalzustand, keine Beschwerden, keine manifeste Erkrankung
- 90 – Normale Leistungsfähigkeit, minimale Krankheitssymptome
- 80 – Normale Leistungsfähigkeit mit Anstrengung, geringe Krankheitssymptome
- 70 – Eingeschränkte Leistungsfähigkeit, arbeitsunfähig, kann sich selbst versorgen.
- 60 – Eingeschränkte Leistungsfähigkeit, benötigt gelegentlich fremde Hilfe
- 50 – Eingeschränkte Leistungsfähigkeit, braucht krankenpflegerische und ärztliche Betreuung, nicht dauernd bettlägerig.
- 40 – Bettlägerig, spezielle Pflege erforderlich
- 30 – Schwer krank, Krankenhauspflege notwendig
- 20 – Schwer krank, Krankenhauspflege und supportive Maßnahmen erforderlich
- 10 – Moribund, Krankheit schreitet schnell fort.
- 0 – Tod
Diagnostik beim Spezialisten
- MRT: ohne und mit Kontrastmittel Methode der Wahl bei klinischem Verdacht auf einen Hirntumor15
- Vorteile: hohe Sensitivität, Festlegung der Tumorlokalisation und -grenzen in mehreren Ebenen7
- Nachteil: Darstellung von Kalzifikationen problematisch7
- CT
- Zerebrale Angiografie
- nur selten indiziert, z. B. bei Verdacht auf gefäßreiche Tumoren oder differenzialdiagnostisch in Bezug auf Gefäßfehlbildungen
- Häufig liefern MRT-Angiografie oder CT-Angiografie ausreichende Darstellung der Gefäßverhältnisse.
- Positronenemissionstomografie (PET)
Ergänzende Untersuchungen
- Stereotaktische Biopsie
- Liquoruntersuchung
- EEG
- Beurteilung der Krampfbereitschaft15
- Hormonbestimmung im peripheren Blut
- wichtig bei Hypophysentumoren
Indikationen zur Überweisung
- Bei V. a. primären Hirntumor
Checkliste zur Überweisung
Hirntumor, Verdacht
- Zweck der Überweisung
- Bestätigende Diagnostik? Therapie? Sonstiges?
- Anamnese
- Wann haben die Beschwerden begonnen? Progression?
- Welche Symptome? Fokale neurologische Ausfälle? Epilepsie? Kopfschmerzen? Verhaltens- oder Persönlichkeitsveränderungen? Kognitive Beeinträchtigung?
- Andere relevante Erkrankungen (bekannte Krebserkrankung)? Regelmäßige Medikamente? Familiäre Disposition?
- Hintergrund: beruflich, sozial, körperliche Aktivität, sonstiges?
- Klinische Untersuchung
- Allgemeinzustand? Anzeichen einer neurologischen Erkrankung?
- somatische und orientierende neurologische Untersuchung
- Ergänzende Untersuchungen
Therapie
Therapieziele
- Heilung, wenn möglich
- Ansonsten lebensverlängernde Therapie mit Erhaltung der neurologischen Funktion
- In einigen Fällen symptomatische Therapie
Allgemeines zur Therapie
- Tumorspezifische Therapiemaßnahmen sind Operation, Bestrahlung und Chemotherapie.
- Ergänzende Behandlung von Krampfanfällen, peritumoralen Ödemen, Venenthrombosen, Müdigkeit und kognitiver Dysfunktion16
- Zu primären intrakraniellen Tumoren bei Kindern siehe Artikel Hirntumoren bei Kindern.
Operative Therapie
- Wenn möglich, vollständige Exstirpation des Tumors
- Ansonsten möglichst umfassende Resektion des Tumors, vereinbar mit gutem funktionellen Ergebnis
- Zur Funktionserhaltung ist ein günstiger operativer Zugangsweg wichtig.15
- Mikrochirurgische Operationstechniken erforderlich15
- Meistens neuronavigationsgestützte Operation
- Navigationssysteme können in 2 Hauptgruppen unterteilt werden:
- Systeme, die sich auf präoperative Bilder stützen (MRT, CT).
- Systeme, die sich auf intraoperative Bilder stützen (MRT, Ultraschall).
- Vorteil der intraoperativen Bildregistrierung: Anpassung an „Brain Shift“ während der Operation.
- Navigationssysteme können in 2 Hauptgruppen unterteilt werden:
- Postoperative MRT innerhalb von 72 h zur Beurteilung des Ergebnisses und Erfassung von Frühkomplikationen15
- Evtl. Zweitoperation bei chirurgisch angehbarem Resttumor
- Hohes operatives Risiko bei Tumoren nahe der Schädelbasis
- Verbesserte Prognose bei einigen Tumoren durch vollständige Resektion, z. B. Glioblastom und niedriggradige Gliome7
- Aufgrund eines diffusen Wachstums und schwieriger makro- und mikroskopischer Abgrenzung ist häufig eine Ergänzung durch Bestrahlung und Chemotherapie notwendig.
Stereotaktische Bestrahlung („Strahlenchirurgie“)
- Präzise Zerstörung von Tumoren durch externe Bestrahlung17
- Punktgenaue Applikation hoher Energiedosen
- Fixation der Patienten für die Behandlung notwendig
- alternativ Ausgleich von Spontan- und Atembewegungen durch neuere Systeme
- Nur geringe Belastung des umgebenden Gewebes
- Durchführung mit Gamma-Knife (Kobaltquellen) oder Linearbeschleuniger
- für Tumoren mit einem Durchmesser über 4 cm nur selten geeignet
- Anwendung vor allem bei Vestibularis-Schwannomen und Metastasen
- Neben Einzeitbestrahlung auch fraktionierte Anwendung möglich
- bei größeren Tumoren und/oder in der Nähe strahlungsempfindlicher Strukturen
Strahlentherapie
- Ziele
- postoperative Zerstörung von Resttumorgewebe (vollständige operative Tumorresektion häufig nicht sicher beurteilbar bzw. primär nicht möglich)
- bei einigen Tumorarten Behandlung von Tumoraussaat über die Liquorräume
- Mögliche Zielvolumina7,17
- erweiterte Tumorregion (z. B. Gliome, Kraniopharyngeome)
- Ganzhirnbestrahlung (z. B. primäre ZNS-Lymphome, Leukämien, Metastasen)
- gesamter kraniospinaler Liquorraum (Neuroachse): z. B. Medulloblastom
- Individuelle, computergestützte Therapieplanung unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Bildgebung (MRT, CT, PET)
- Strahlendosis17
- abhängig von der Strahlenempfindlichkeit des Tumors, z. B.:
- hochmaligne Gliome 60 Gy
- niedrigmaligne Gliome 45–54 Gy
- Medulloblastom 54–55 Gy
- Ependymome mindestens 54 Gy
- Ganzhirnbestrahlung bei Hirmetastasen bis 30 Gy.
- üblicherweise fraktionierte Therapie in Einzeldosen von 1,8–2,0 Gy15
- abhängig von der Strahlenempfindlichkeit des Tumors, z. B.:
- Die Strahlentoleranz des normalen Hirngewebes hängt von der Fraktionierung und Gesamtdosis ab.15
- Beginn einer postoperativen Strahlentherapie 2–4 Wochen nach der Operation, Dauer ca. 2–7 Wochen
- Nebenwirkungen
- frühe Nebenwirkungen (meistens vorübergehend): Haarausfall, Übelkeit/Erbrechen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Erythem
- späte Nebenwirkungen (meistens anhaltend): Sekundärtumoren, hypothalamische/hypophysäre Insuffizienz, kognitive Störungen, Hörminderung18
Chemotherapie
- Im Vergleich zu früher zunehmende Bedeutung
- Temozolomid (Alkylanz)
- wichtiges Medikament bei der Behandlung von Glioblastomen15
- eingesetzt auch bei Astrozytomen Grad II und III, bei Oligoastrozytomen und Oligodendrogliomen
- Nebenwirkungen: Myelosuppression, gastrointestinale Nebenwirkungen
- Bevacizumab (monoklonaler Antikörper mit Bindung an VEGF)
- Anwendung bei Patienten mit Vestibularis-Schwannomen
- Nebenwirkungen: arterielle Hypertonie, Proteinurie, arterielle und venöse Thrombembolien, Darmperforation, Wundheilungsstörungen15
- Nitrosoharnstoffe (Alkylantien)
- Procarbazin (Alkylanz)
- Vincristin (Vincaalkaloid)
- Verwendung im Rahmen des PCV-Schemas bei Gliomen
- Nebenwirkungen: hohes Risiko peripherer Neuropathien
- Cytarabin (Antimetabolit)
- vor allem zur Behandlung von Lymphomen
- Nebenwirkungen: Myelosuppression, Meningitis, Mukositis, Leberschädigung
- Methotrexat (Antimetabolit)
- wichtig bei der Therapie primärer zerebraler Lymphome21
- Verwendung auch zur intrathekalen Tumortherapie
- Nebenwirkungen: gastrointestinale Nebenwirkungen, nephrotoxisch, hepatotoxisch, Myelosupression
Glukokortikoide
- Häufig erhebliches Ödem um den Tumor
- Gutes Ansprechen des Ödems auf Glukokortikoide mit deutlicher Linderung der Symptome
- Gabe von Glukokortikoiden auch im Rahmen der präoperativen Vorbereitung
- Aufgrund der erheblichen Nebenwirkungen Gabe über möglichst kurzen Zeitraum
Sonstige Medikamente
- Mannitol-Infusion
- zur Akutbehandlung (Osmotherapie) eines schweren Hirnödems
- Antiepileptika
- Prä- und perioperative antikonvulsive Behandlung bei Patienten, die mit Krampfanfällen symptomatisch wurden.15
Neuroepitheliale Tumoren
- Für die verschiedenen Subgruppen von Gliomen bestehen komplexe Therapiealgorithmen abhängig von:22
- histopathologischer und molekulargenetischer Klassifikation
- Vorliegen von Risikofaktoren
- Alter > 40 Jahre
- neurologische Ausfälle
- unkontrollierbare Anfälle
- Tumorgröße > 6 cm oder Überschreiten der Mittellinie
- subtotale Resektion.
- Grundprinzipien der Therapie22
- größtmögliche, jedoch funktionell nicht einschränkende Resektion
- im Falle von WHO-Grad I möglicherweise kurativ23
- bei diffusen WHO-Grad-II- bis -IV-Gliomen primär makroskopisch vollständige Resektion oft möglich, in der Regel aber nicht kurativ (da diffus infiltrierend)
- Das Ausmaß der Resektion hat Auswirkungen auf die Prognose.
- Postoperative Strahlentherapie verbessert die Überlebenszeit.
- Zeitpunkt variabel je nach WHO-Grad und Risikofaktoren
- Medikamentöse Tumortherapie ist der 3. Pfeiler der Behandlung.
- größtmögliche, jedoch funktionell nicht einschränkende Resektion
- Bei allen Therapieentscheidungen sollten Nutzen und Risiko abgewogen werden vor dem Hintergrund von:22
- Alter
- Allgemeinzustand
- neurologischem Zustand.
Neuronale und gemischte neuronal-gliale Tumoren
- Gangliogliome
- Prädilektionsstelle im Temporallappen, häufig medikamentös intraktable Epilepsie
- vollständige Exstirpation im Allgemeinen kurativ
- selten Rezidive
- Zentrale Neurozytome treten definitionsgemäß innerhalb des Ventrikelsystems auf.
- gutartiger Tumor, maligne Transformation äußerst selten
- Ziel ist vollständige Resektion.
- Rezidive sind selten, ggf. Strahlentherapie.
Meningeome
- In der Regel gutartige, gut abgegrenzte Tumoren mit langsamem Wachstum
- Bei kleinen Tumoren ohne Progress und relevante Symptomatik primär nur Verlaufsbeobachtung
- Indikation für Operation
- symptomatische Meningeome
- asymptomatische Tumoren bei progredientem Wachstum
- Ziel der Operation
- komplette Resektion
- bei Meningeomen im Bereich von Sinus sagittalis, Kleinhirnbrückenwinkel, Sinus cavernosus oder Clivus komplette Resektion schwierig oder unmöglich
- komplette Resektion
- Rezidiv
- nach „kompletter“ Resektion 10-Jahres-Rezidivrate 20 %7
- bei subtotaler Resektion 10-Jahres-Rezidivrate über 50 %
- Strahlentherapie
- keine Strahlentherapie nach kompletter Resektion von Meningeomen Grad I und II
- nach subtotaler Resektion Verlaufsbeobachtung oder Evaluation einer stereotaktischen Bestrahlung des Resttumors24
- bei anaplastischen/malignen Meningeomen postoperative Strahlentherapie
Vestibularis-Schwannome (früher als Akustikusneurinome bezeichnet)
- Bei jüngeren Patienten Behandlung
- Bei älteren oder gebrechlichen Patienten Abwägung von Risiko und Nutzen
- Therapiealternativen
- chirurgische Resektion und/oder stereotaktische Bestrahlung
- Die Wahl ist abhängig von Tumorgröße, Alter, Gehör (ipsilateral und kontralateral) und Beruf der Patienten.
- im Allgemeinen chirurgische Therapie bei Vestibularis-Schwannomen > 3 cm
- stereotaktische Bestrahlung bei Resttumor
- Risiko chirurgischer Komplikationen
- Gefahr der Schädigung des Nervus facialis
- Mikrochirurgische Technik und präoperative neurophysiologische Untersuchungen sind hilfreich für die Erhaltung des Nervus facialis.25
- häufig Hörverlust auf der operierten Seite, bei kleinen Tumoren teilweiser Erhalt möglich26
- Stereotaktische Bestrahlung
- Alternative zur Operation bei Tumoren < 3 cm
Primäre maligne Lymphome
- Beginn häufig mit multifokalen periventrikulären Läsionen
- systemische Ausbreitung bei ca. 10 % der Patienten
- Initiale Behandlung mit Kortikosteroiden
- rascher Rückgang der Läsionen
- Therapie der Wahl: bei Patienten < 65 Jahre Chemotherapie auf der Basis von hochdosiertem Methotrexat und hochdosiertem Cytarabin7
- 5-Jahres-Überlebensrate 30–40 %
- Bei Patienten > 65 Jahre Methotrexat oder Strahlentherapie
- Strahlentherapie mit hohem Risiko für Spätneurotoxizität7
Hypophysentumoren
- Therapiemöglichkeiten: Operation, stereotaktische Bestrahlung, medikamentöse Therapie
- Operation in der Regel über transsphenoidalen Zugang durch die Nase (endoskopisch oder mikrochirurgisch)
- In folgenden Fällen Operation als Erstlinientherapie:
- Tumoren (außer Prolaktinome), die eine Kompression neuraler Strukturen verursachen, insbesondere der Sehnerven.
- somatotropinproduzierende Tumoren
- ACTH- und TSH-produzierende Tumoren
- Prolaktinome, die sich bei einer medikamentösen Therapie nicht zurückbilden oder bei denen eine medikamentöse Therapie aufgrund von Nebenwirkungen beendet werden muss.
- In folgenden Fällen medikamentöse Behandlung:
- Erstlinientherapie bei allen Mikroprolaktinomen und den meisten Makroprolaktinomen mit Bromocriptin (Dopaminagonist)
- Supprimierung von Prolaktin und Größenabnahme des Tumors7
- bei somatotropinproduzierenden Tumoren Gabe von Somatostatinanaloga (Octreotid), sofern Operation und/oder stereotaktische Bestrahlung ohne zufriedenstellendes Ergebnis
- Ersatztherapie bei Hypopituitarismus
- Erstlinientherapie bei allen Mikroprolaktinomen und den meisten Makroprolaktinomen mit Bromocriptin (Dopaminagonist)
- Strahlentherapie
- Hypophysentumoren sind gegenüber Strahlung relativ empfindlich.
- Stereotaktische Bestrahlung und konventionelle Strahlentherapie sind nützliche Adjuvantien bei unvollständig entfernten oder infiltrierenden Tumoren.
- Rezidive häufig (10–20 %) – lebenslange Verlaufskontrolle
Metastasen
- Entscheidende Faktoren für die Wahl der Therapie
- Anzahl der Metastasen (durch zerebrale MRT beurteilt)
- Lokalisation und Größe
- Art und Ausbreitung des zugrunde liegenden Tumors
- Allgemeinzustand der Patienten
- Bei fortgeschrittener Krebserkrankung und schlechtem Allgemeinzustand sollte von einer spezifischen Behandlung von Hirnmetastasen abgesehen werden.
- Bei wenigen Metastasen kann eine stereotaktische Strahlentherapie in Betracht gezogen werden.
- Glukokortikoide zur Ödembehandlung
- Indikation zur Operation solitärer Hirnmetastasen
- bei ansonsten kontrollierter Tumorerkrankung und relativ gutem Allgemeinzustand
- unbekannter Primärtumor
- Operation der Metastasen
- Verlängert bei den genannten Indikationen die Lebensdauer und verbessert die Lebensqualität.27
- Bei unbekanntem Primärtumor ermöglicht die chirurgische Entfernung eine histologische Untersuchung.
- Stereotaktische Bestrahlung
- Gleichwertig zur Operation bei Metastasen < 3 cm
- Bei Patienten mit bis zu 3 Hirnmetastasen ist eine stereotaktische Bestrahlung in einer oder mehreren Sitzungen möglich.
- Postoperative Strahlentherapie
- in der Regel nach Exstirpation der Metastase
- bei regelmäßiger Kontrolle auch abwartendes Prozedere möglich28
- in der Regel nach Exstirpation der Metastase
- Ganzhirnbestrahlung
- bei multiplen Hirnmetastasen
- Chemotherapie
- insgesamt nur von begrenzter Bedeutung
- Option z. B. bei kleinzelligem Bronchial-Ca, Mamma-Ca, Lymphom
- kurativer Ansatz bei Keimzelltumor des Hodens7
Palliative Therapie
- Schmerzen
- Übelkeit und Erbrechen
- Verstopfung
- Maligne gastrointestinale Obstruktionen
- Mundtrockenheit
- Mangelernährung und Dehydratation
- Atembeschwerden
- Depression
- Angst
- Delir
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Große Variationsbreite
- Progression kann zwischen Dekaden bei niedriggradigen Tumoren und Tagen bei hochgradig malignen Tumoren variieren.
Anerkennung als Berufskrankheit
- Tritt ein intrakranieller Tumor durch ionisierenden Strahlen im Zusammenhang mit der beruflichen Exposition auf, kann diese Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt werden.29
- Zuständig hierfür sind die gesetzlichen Unfallversicherungsträger.
- Der Verdacht auf eine Berufskrankheit muss dort gemeldet werden (Meldebogen30).
- Es wird eine ausführliche Arbeits- und Gefährdungsanamnese erhoben und ein Gutachten entscheidet über die Anerkennung als Berufskrankheit.
Komplikationen
- Epilepsie
- Depression
- Mentale Veränderungen
Prognose
- Histologische und molekulargenetische Diagnose ist der wichtigste prognostische Faktor.
- Prognose ansonsten von Alter und klinischem Zustand der Patienten und von der Lokalisation des Tumors abhängig
- Prognoseschätzungen beziehen sich üblicherweise auf den Zeitpunkt der Diagnosestellung.
- Günstigere Zahlen ergeben sich bei Berücksichtigung der Zeit, die ein Patient bereits überlebt hat.31
Allgemeine Lebenserwartung
- Relative 5-Jahres-Überlebensraten für Fälle, die in der Zeit von 2007–2011 diagnostiziert wurden.
- nichtmaligne
- Männer: 93,4 %
- Frauen: 95,6 %
- maligne
- Männer: 30,3 %
- Frauen: 33,1 %
- nichtmaligne
- Bei bösartigen Tumoren liegt das mediane Sterbealter bei 67 Jahren (Männer) bzw. 70 Jahren (Frauen).22
Gliome
- Die Prognose ist neben dem WHO-Grad vor allem von molekularen Markern abhängig:22
- Mutation der IDH (
IsozitratdehydrogenaseIsozitrat-Dehydrogenase) - LOH („Loss of Heterozygozity") von 1p/19q
- Methylierung des Promotors von MGMT-(
MethylguaninmethyltransferaseMethylguanin-Methyltransferase).
- Mutation der IDH (
- Prognose für verschiedene Tumorentitäten/Varianten:22
- WHO Grad II
- IDH mut und LOH 1p/19q, Oligodendrogliome: > 10 Jahre
- IDH mut, diffuse Astrozytome: 10 Jahre
- IDH wt, diffuse Astrozytome: bis 3 Jahre
- WHO Grad III
- IDH mut und LOH 1p/19q, Oligodendrogliome: 10 Jahre
- IDH mut, diffuse Astrozytome: 6–8 Jahre
- IDH wt, diffuse Astrozytome: 1–4 Jahre
- WHO Grad IV
- MGMT methyliert: 23 Monate
- MGMT nicht methyliert: 14 Monate.
- WHO Grad II
Meningeome
- Vollständige OP bei gutartigen Meningeomen meist gleichbedeutend mit Heilung32
- Auftreten von Rezidiven abhängig vom WHO-Grad32
Hypophysentumoren
- Sowohl hormoninaktive als auch hormonaktive Tumoren in der Regel mit guter Prognose33
Vestibularis-Schwannom (Akustikusneurinom)
- Normale Lebenserwartung nach kompletter Tumorentfernung34
ZNS-Lymphome
- Bei jüngeren immunkompetenten Patienten Heilung durch Chemotherapie möglich, bei älteren Patienten ungünstigere Prognose35
Metastasen
- Unbehandelt medianes Überleben von wenigen Wochen36
- Auch unter Therapie sehr schlechte Prognose36
- Günstige Faktoren sind Alter, kontrollierter Primärtumor und Abwesenheit extrakranieller Metastasen.36
Verlaufskontrolle
- Verlaufskontrolle in der Regel durch Neurologen/Neurochirurgen
- Tumorstatus kontrollieren.
- Allgemeinen Gesundheitszustand der Patienten?
- Hormonstatus bei allen Patienten, die eine Strahlentherapie durchlaufen haben und bei allen Patienten mit Hypophysentumoren.
Weitere Informationen
- Auf Coliquio gibt es eine Kasuistik einer ungewöhnlichen Symptomatik mit Diskussionsmöglichkeit.
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
- Hirntumor, Ursachen
- Hirntumor, Symptome und Beschwerdebilder
- Hirntumor, Diagnostik
- Hirntumor, Therapie
- Hirntumor, Komplikationen
- Primäre Hirntumoren: Gliome
- Hirnfunktionen und Hirnverletzungen
- Hydrozephalus
- Ernährungstipps bei Appetitlosigkeit
Allgemeines zur Therapie
Lindernde Maßnahmen bei fortgeschrittener Krebserkrankung
- Palliativmedizin
- Angst
- Übelkeit und Erbrechen
- Verstopfung
- Mundtrockenheit
- Atembeschwerden
- Gewichtsverlust bei Krebs
- Depression
- Delir
Weitere Informationen
- Onko-Internetportal: Hirntumor, Basis-Infos für Patienten und Angehörige
- Deutsches Krebsforschungszentrum: Schmerzen bei Krebs
Illustrationen
- Meningeom, MRT des Gehirns mit Kontrastmittel
- Meningeom, MRT des Gehirns ohne Kontrastmittel
- Anaplastisches Astrozytom, WHO-Grad III, axialer Schnitt
- Anaplastisches Ependymom, Sagittalschmitt
- Anaplastisches Ependymom, koronaler Schnitt
- Astrozytom, niedriggradig WHO-Grad II, axialer Schnitt
- Astrozytom, niedriggradig WHO-Grad II, Sagittalschnitt
- Atypischer teratoider/rhabdoider Tumor, axialer Schnitt
- Atypischer teratoider/rhabdoider Tumor, Sagittalschnitt
- Epidermoidtumor, koronaler Schnitt
- Epidermoidtumor, Sagittalschnitt
- Glioblastom WHO-Grad IV, koronaler Schnitt
- Glioblastom WHO-Grad IV, axialer Schnitt
- Hämangioblastom, axialer Schnitt
- Hämangioblastom, Sagittalschnitt
- Hirnmetastasen bei Brustkrebs, axialer Schnitt
- Hirnmetastasen bei Brustkrebs, Sagittalschnitt
- Hirnmetastasen bei Nierenkrebs, axialer Schnitt
- Kavernöses Hämangiom, axialer Schnitt 1
- Kavernöses Hämangiom, axialer Schnitt 2
- Kraniopharyngeom, Sagittalschnitt
- Kraniopharyngeom, axialer Schnitt
- Medulloblastom, axialer Schnitt
- Medulloblastom, Sagittalschnitt
- Meningeom, axialer Schnitt
- Meningeom, Sagittalschnitt
- Meningeom mit Zyste, Sagittalschnitt
- Meningeom mit Zyste, axialer Schnitt
- Oligodendrogliom, axialer Schnitt
- Oligodendrogliom, koronarer Schnitt
- Oligodendrogliom, Sagittalschnitt
- Pilozytisches Astrozytom WHO-Grad I, Sagittalschnitt
- Pilozytisches Astrozytom WHO-Grad I, axialer Schnitt
- Pinealoblastom, Sagittalschnitt
- Pinealoblastom, axialer Schnitt
- Pineozytom, Sagittalschnitt
- Pineozytom, axialer Schnitt
- Primäres ZNS-Lymphom, axialer Schnitt
Quellen
Leitlinien
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Autoren
- Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.
- Eirik Helseth, professor i nevrokirurgi, Oslo universitetssykehus
- Petter Brandal, overlege i nevrooonkologi, Oslo universitetssykehus
- Espen Dietrichs, professor og avdelingsoverlege, Universitetet i Oslo og Nevrologisk avdeling, Rikshospitalet, Oslo
- Harald Kamps, spesialist i allmennmedisin; universitetslektor II, enhet for anvendt klinisk forskning, Regionsykehuset i Trondheim, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim