Zusammenfassung
- Definition:Multisystemerkrankung mit granulomatösen Entzündungen; betroffen sind vor allem Lunge und lymphatisches System, eine Manifestation ist aber in jedem Organ möglich.
- Häufigkeit:Jährliche Inzidenz in Deutschland ca. 12/100.000. Auftreten in jedem Alter möglich, Erkrankungsgipfel zwischen 20. und 40. Lebensjahr. Tritt bei Frauen häufiger auf.
- Symptome:Teilweise asymptomatisch mit zufälliger Diagnose im Röntgen-Thorax. Bei chronischem Verlauf häufig Abgeschlagenheit, Husten und Belastungsdyspnoe, weitere Symptome abhängig vom Organbefall. Bei akutem Verlauf stehen Fieber, Gelenkbeschwerden (Sprunggelenke) und Erythema nodosum im Vordergrund.
- Befunde:Röntgen-Thorax mit bihilärer Lymphadenopathie und/oder Lungenparenchymveränderungen. Granulomnachweis durch Biopsie. Weitere Befunde abhängig vom Organbefall. Laborchemisch häufig Erhöhung des Angiotensin-Converting-Enzyms (ACE).
- Diagnostik:Kein für Sarkoidose spezifischer Test verfügbar, daher epikritische Diagnosestellung: 1. typische oder vereinbare klinische und radiologische Veränderungen, 2. histologisch epitheloidzellige Granulome in mindestens einem Organ, 3. Ausschluss relevanter Differenzialdiagnosen.
- Therapie:Häufig selbstlimitierend, vor allem bei akuter Erkrankung. Medikamentöse Therapie vor allem mit Kortikosteroiden. Bei unzureichendem Ansprechen Immunsuppressiva, TNF-Alpha-Blocker.
Allgemeine Informationen
Definition
- Multisystemerkrankung unklarer Ätiologie mit granulomatösen Entzündungen1
- Betroffen sind vor allem Lunge und lymphatisches System.
- Manifestation in jedem Organ möglich
- Synonyme sind M. Boeck oder M. Besnier-Boeck-Schaumann.
- Erstbeschreibung 1899 durch den norwegischen Hautarzt Caesar Boeck2
Häufigkeit
- Nur ungefähre Angaben zu Häufigkeit und Verbreitung, da die Erkrankung häufig nicht oder erst spät erkannt wird.3
- Prävalenz
- ca. 46/100.0001
- Inzidenz
- jährliche Inzidenz in Deutschland ca. 12/100.0004
- Alter
- Geschlecht
- Frauen zu Männern ca. 2:18
- Regionale Verteilung in Europa
- in Skandinavien häufiger als in Südeuropa9
- Ethnizität
Ätiologie und Pathogenese
Ätiologie
- Die Ätiologie ist unbekannt.12
- Wahrscheinlich Triggerung der Erkrankung durch eine Vielzahl von Faktoren9
- Genetische Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen.5
- Fälle mit familiärer Häufung sind beschrieben.13
- Eine infektiöse Ursache konnte bisher nicht identifiziert werden.14
Pathogenese
- Entstehung von Granulomen auf dem Boden einer T-Zell-vermittelten Immunreaktion15
- Aktivierung von Makrophagen durch Zytokinsekretion (TNF-α, IL-2, IL-12, IL-17, INF-γ) mit Einleitung der Granulombildung16
- Die Granulome bestehen aus einer zentralen kompakten Ansammlung von Makrophagen und Epitheloidzellen, umgeben von Lymphozyten.16
- vermehrte Hydroxylierung von 25-Hydroxy-Vit D zu 1,25-Dihydroxy-Vit D in den Makrophagen der Granulome mit Folge einer Hyperkalzämie bei ca. 10 % der Patient*innen17
- Insgesamt immunologische Charakteristika einer Reaktion gegen ein – bisher allerdings nicht identifiziertes – nominelles Antigen, denkbar wären sowohl belebte als auch unbelebte Auslöser.12
Organbefall
- Die folgenden Angaben zur Häufigkeit sind als grobe Werte zu verstehen, da die Zahlen in der Literatur stark variieren.1,6,8-9,18-20
- Lunge, hiläre Lymphknoten (> 90 %)
- bihiläre Lymphadenopathie (50 %)
- bihiläre Lymphadenopathie und Parenchyminfiltrate (25 %)
- Parenchyminfiltrate (15 %)
- Lungenfibrose (5–10 %)
- Auge (20–50 %)
- Uveitis am häufigsten (v. a. anterior, auch posterior oder intermedia)
- Keratokonjunktivitis
- Nahezu jede Struktur am Auge kann betroffen sein.
- Haut (15–30 %)
- Erythema nodosum
- Lupus pernio
- Papeln, Noduli, Plaques
- Leber, Milz (20–30 %)
- Hepatomegalie, Splenomegalie
- Transaminasenerhöhung
- Gallengangsbefall
- Zirrhose, portale Hypertonie
- Muskuloskeletales System (20–30 %)
- Arthralgie, Arthritis
- Myopathie
- Periphere Lymphadenopathie (30 %)
- meist diskret palpable Lymphknoten (zervikal, axillär, inguinal)
- ZNS (5–10 %)
- zerebrale Herde
- Hirnnervenbeteiligung (häufig)
- aseptische Meningitis
- Hydrozephalus
- Krampfanfälle
- Kopfschmerzen
- Periphere Nerven (5 %)
- Mononeuritis multiplex
- Polyradikulitis
- Polyneuropathie
- Herz (5 %)
- Reizleitungsstörungen (AV-Block, Schenkelblock)
- ventrikuläre Tachykardien, supraventrikuläre Tachykardien
- Kardiomyopathie, Herzinsuffizienz
- plötzlicher Herztod
- Niere (5 %)
- Hyperkalzurie mit Nierensteinen
- interstitielle Nephritis
- Knochen (1 %)
- noduläre Läsionen
- zystische Läsionen
- Knochenmarksbefall
Verlaufsformen
Akuter Verlauf
- Bei einem akuten Verlauf stehen im Vordergrund:6,21
- allgemeines Krankheitsgefühl, Abgeschlagenheit, Gewichtsabnahme
- Fieber
- Gelenkbeschwerden
- Erythema nodosum (insbesondere an den Unterschenkeln)
- Oft zusätzlich trockener Husten und Belastungsdyspnoe21
- Der Übergang einer akuten in eine chronische Verlaufsform ist selten, aber möglich.19
- Bestimmte Formen der akuten Sarkoidose treten syndromal auf, d. h. mit einem typischen Muster des Organbefalls: Löfgren-Syndrom, Heerfordt-Syndrom.
Löfgren-Syndrom
- Trias des Löfgren-Syndroms22
- Sprunggelenksarthritis
- Erythema nodosum
- bihiläre Lymphadenopathie
- Überwiegend Frauen, Auftreten meist zwischen 20. und 30. Lebensjahr22
Heerfordt-Syndrom
- Trias des Heerfordt-Syndroms23-24
- Parotitis
- Uveitis anterior
- Fazialisparese
Chronischer Verlauf
- Häufig verzögerte Diagnose bei oligosymptomatischem oder asymptomatischem Verlauf21
- Nicht selten Zufallsbefund im Röntgen-Thorax
- Bei meistens dominierendem thorakalem Befall über mehrere Monate zunehmender (Reiz-)Husten, Abgeschlagenheit und Belastungsdyspnoe
- Häufig uncharakteristische Beschwerden ohne Bezug zu einem Manifestationsorgan, insbesondere ein Fatigue-Syndrom kann bei chronischer Sarkoidose dominierend sein.12
- Im Übrigen ist die klinische Manifestation abhängig vom weiteren Organbefall.
Disponierende Faktoren
- In 5 % der Fälle familiär gehäuftes Vorkommen21
- Umweltfaktoren wurden diskutiert (z. B. Insektizide, mikrobielle Aerosole)25
ICPC-2
- B99 Blut-/Lymph-/Milz-Erkrankung, andere
- L99 Muskeloskelet. Erkrankung, andere
ICD-10
- D86 Sarkoidose
- D86.0 Sarkoidose der Lunge
- D86.1 Sarkoidose der Lymphknoten
- D86.2 Sarkoidose der Lunge mit Sarkoidose der Lymphknoten
- D86.3 Sarkoidose der Haut
- D86.8 Sarkoidose an sonstigen und kombinierten Lokalisationen
- D86.9 Sarkoidose, nicht näher bezeichnet
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Epikritische Diagnosestellung mit idealerweise folgenden Kriterien:1
- typische oder vereinbare klinische und radiologische Veränderungen
- histologisch epitheloidzellige Granulome in mindestens einem Organ
- meistens nichtnekrotisierend, nekrotisierende Granulome aber vorkommend
- Ausschluss relevanter Differenzialdiagnosen
- Es gibt keinen spezifischen diagnostischen Test für Sarkoidose.8
- häufig späte Diagnosestellung, vor allem bei pulmonalem Befall26
Differenzialdiagnosen
- Differenzialdiagnose bei Systemerkrankung mit Nachweis epitheloidzellhaltiger Granulome9
- Tuberkulose (Infektion mit M. tuberculosis)
- atypische Mykobakteriosen
- Pilzinfektionen, Histoplasmose, Kokzidiose
- Infektion mit Bartonellen, Toxoplasmose, Brucellen
- Sarkoidose-ähnliche Läsionen bei Krebserkrankungen
- Sarkoidose-ähnliche Läsionen bei Immundefekten
- Sarkoidose-ähnliche Läsionen, die mit Medikamenten assoziiert sind.
- Hartmetall-assoziierte Granulomatose
- chronische Berylliose
- systemische Vaskulitiden
- rein pulmonal: exogen allergische Alveolitis, Silikose
Anamnese
- Ein Teil der Patient*innen ist symptomfrei und die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus einem Zufallsbefund im Röntgen-Thorax.1
- Weites Spektrum an nicht selten wenig richtungsweisenden klinischen Manifestationen12
- Lunge und Lymphknoten sind am häufigsten befallen, aber fast alle Organe können betroffen sein.12
- An eine Sarkoidose sollte u. a. gedacht werden bei jungen-mittelalten Patient*innen mit:8
- unerklärtem Husten
- Kurzatmigkeit
- Allgemeinsymptomen wie (sub-)febrilen Temperaturen, Gewichtsverlust, Fatigue.
- Ca. 50 % der Patient*innen stellen sich mit respiratorischen Symptomen vor.8
- Ca. 30 % der Patient*innen mit Allgemeinsymptomen (Fieber, Gewichtsverlust, Fatigue)8
- Weitere Symptome abhängig von sonstigem Organbefall
Klinische Untersuchung
- Bei V. a. Sarkoidose breite klinische Untersuchung, da alle Organsysteme betroffen sein können.
- Haut
- Erythema nodosum
- Lupus pernio
- Papeln, Noduli, Plaques
- Lymphknoten
- Auch extrathorakale Lymphknoten können vergrößert sein (zervikal, axiallär, inguinal).
- Gelenke
- Bei beidseitiger Sprunggelenksarthritis einer jungen Frau sollte bis zum Beweis des Gegenteils an ein Löfgren-Syndrom gedacht werden.22
- Augen
- Rötung (Uveitis)
- Lungen
- meistens unauffälliger Auskultationsbefund, evtl. Rasselgeräusche14
- Herz
- Rhythmusstörungen
- Leber und Milz
- Hepatomegalie, Splenomegalie
- Neurologie
- zentrale Störungen (z. B. Hirnnervenausfälle)
- Befunde peripherer Neuropathien
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
Rö-Thorax
- Pathologische Befunde im Röntgen-Thorax im Verlauf bei > 90 % der Patient*innen mit Sarkoidose28
- Radiologische Einteilung nach Scadding1
- Typ 0: Normalbefund
- Typ I: bihiläre Lymphadenopathie
- Typ II: bihiliäre Lymphadenopathie und Veränderungen des Lungenparenchyms
- Typ III: Lungenparenchymveränderungen ohne Lymphadenopathie
- Typ IV: Lungenfibose
- Nur im CT erkennbare Manifestationen werden in dieser Stadieneinteilung nicht berücksichtigt.28
Labor
- Blut
- Blutbild, Differenzialblutbild
- evtl. Leukopenie
- Entzündungswerte
- Blutbild, Differenzialblutbild
- Urin
- Kalzium (Hyperkalzurie)
Spirometrie
- Typischerweise zeigt die Spirometrie mit Zunahme des Lungenbefalls eine restriktive Ventilationsstörung.12
- Bei ca. 15–20 % der Patient*innen auch Obstruktion nachweisbar14
EKG
- In Studien wurden bei kardialer Sarkoidose nachgewiesen:20
- AV-Block: 26–62 %
- Schenkelblock: 12–61 %.
24-h-EKG
- Nachweis und Quantifizierung von Herzrhythmusstörungen bei kardialer Sarkoidose20
- supraventrikuläre Tachykardie 0–15 %
- ventrikuläre Tachykardie 2–42 %
Sonografie Abdomen
- Hinweise für Leber- oder Milzbeteiligung33
Diagnostik bei Spezialist*innen
Bildgebende Verfahren
- CT
- Ausschluss von Differenzialdiagnosen34
- bei atypischen Verläufen und zur Diagnose pulmonaler Komplikationen18
- strenge Indikationsstellung aufgrund der Strahlenbelastung vor allem bei jüngeren Patient*innen mit unkompliziertem Verlauf18
- MRT
- FDG-PET/CT
- Echokardiografie
- Befunde wie abnorme Septumdicke, systolische/diastolische Dysfunktion oder Wandbewegungsstörungen möglich, allerdings keine für Sarkoidose spezifischen oder gar pathognomonischen Befunde20
Bodyplethysmografie
- Bestimmung der Diffusionskapazität (DLCO)
- Kann auch schon bei nur geringen radiologischen Veränderungen eine Diffusionsstörung anzeigen.12
- Geeignet auch als Verlaufsparameter1
Bronchoalveoläre Lavage
- Abschätzung der Inflammation12
- Bei Sarkoidose Erhöhung des CD4/CD8-Quotienten (nicht spezifisch)12
- Verbessert die prognostische Einschätzung1
- Erhöhung der Neutrophilen > 3 % ohne Keimnachweis häufig mit progredientem Verlauf verbunden12
- Fester Bestandteil zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen1
Biopsie
- Bei Erstdiagnose sollte im Allgemeinen eine bioptische Sicherung angestrebt werden.9
- Ausnahme sind das Löfgren- und das Heerfordt-Syndrom, aufgrund ihrer typischen klinischen Präsentation ist hier keine histologische Bestätigung notwendig.8
- Die Biopsie sollte an dem Organ mit der besten Zugänglichkeit und Sicherheit durchgeführt werden.8
- Neben Lunge/intrathorakalen Lymphknoten können z. B. periphere Lymphknoten, Haut beim Lupus pernio oder Konjunktiven bei nodulären Veränderungen gut geeignet sein.29
- Das Erythema nodosum oder periartikuläre Schwellungen eignen sich nicht für Biopsien.29
- Aufgrund des häufigen Lungenbefalls und des einfachen bronchoskopischen Zugangs bioptische Sicherung meist in der Lunge9
- Die transbronchiale Lungenbiopsie kann um einen endobronchialen Ultraschall mit transbronchialer Feinnadelaspiration (EBUS/TBNA) ergänzt werden mit Erhöhung der Sensitivität.1,36-37
Liquorpunktion
- Bei V. a. Neurosarkoidose Liquoranalyse inklusive Bakteriologie/Zytologie zum Ausschluss infektiöser oder paraneoplastischer Differenzialdiagnosen38
Indikationen zur Überweisung
- Bei V. a. die Erkrankung Überweisung zur Pneumologie
- In Abhängigkeit vom vermuteten Organbefall ggf. multidisziplinärer Ansatz
Therapie
Therapieziele
- Ausheilung
- Organfunktionen erhalten.
- Symptome kontrollieren.
- Komplikationen vermeiden.
Allgemeines zur Therapie
- Bei der Therapieentscheidung sind zu berücksichtigen:9
- die hohe Rate an Spontanheilungen
- häufiges Auftreten asymptomatischer Organbeteiligungen
- die erheblichen Nebenwirkungen der Kortikosteroidtherapie.
- Der Nachweis eines Organbefalls im Rahmen einer Sarkoidose ist insofern noch nicht gleichzusetzen mit einer Behandlungsindikation.28
- Sofern keine signifikanten Organbeeinträchtigungen vorliegen, kann als Alternative zur Steroidtherapie zunächst ein abwartendes und symptomorientiertes Vorgehen mit den Patient*innen besprochen werden.29
- Wichtig sind:29
- die Definition eines klaren Therapiezieles
- ggf. eine Anpassung des Therapieziels im Verlauf
- idealerweise Beendigung der Therapie nach Erreichen des Ziels.
- Allgemein besteht eine Behandlungsindikation bei einer progredienten, durch die Entzündung ausgelösten Schädigung eines Organs (mit oder ohne Symptomlast).1
- Im Einzelnen sind obligate Therapieindikationen:1,19
- progrediente lungenfunktionelle Einschränkungen, progrediente belastungsinduzierte Oxygenierungsstörung
- kardiale Sarkoidose
- Neurosarkoidose
- Augenbeteiligung
- Hyperkalzämie
- wegen der Hyperkalzämie-Neigung keine Osteoporose-Prophylaxe durch Kalzium- und Vitamin-D-Substitution9
- Nephrokalzinose
- Splenomegalie mit Rupturgefahr und/oder Thrombopenie
- Lupus pernio
- symptomatische Knochenbeteiligung
- Muskelbeteiligung
- starke Erhöhung der Transaminasen oder Leberinsuffizienz.
- Das akute Löfgren-Syndrom kann symptomatisch mit NSAR behandelt werden, da es häufig zur Spontanremission kommt.1,21
Medikamentöse Therapie
- Für die Behandlung stehen folgende Therapeutika zur Verfügung (keine strenge Evidenz für bestimmte Therapieregime).1
Erstlinienentherapie
- Prednison
- Prednisolon
Zweitlinientherapie
- 1. Wahl
- Methotrexat
- Azathioprin
- Einzelfallentscheidung
- Leflunomid
- Mycophenolat-Mofetil
- Hydroxychloroquin
- Cyclophosphamid
Drittlinientherapie
- 1. Wahl (TNF-Alpha-Blocker)
- Infliximab
- Adalimumab
- Einzelfallentscheidung
- Rituximab
- Tofacitinib
Kortikosteroide
- Kortikosteroide sind meistens die Medikamente der 1. Wahl.39-42
- Die Studienlage ist eigentlich noch unzureichend, die Durchführung placebokontrollierter Studien wird jedoch als ethisch nicht vertretbar betrachtet.9
- Bei Initialtherapie beträgt die übliche Dosis Prednison 0,5 mg/kg Körpergewicht.9
- Therapiedauer 6 Monate mit anschließendem Ausschleichen über weitere 6 Monate9
- Kommt es während des Ausschleichens oberhalb einer Erhaltungsdosis von 7,5 mg/d zur Reaktivierung, ist der Einsatz von Methotrexat oder Azathioprin zu erwägen.9
Weitere Substanzen
- Methotrexat und Azathioprin werden primär zur Zweitlinientherapie eingesetzt auch mit dem Ziel der Kortikoideinsparung.9
- Bei unzureichendem Ansprechen stehen zur Drittlinientherapie vor allem TNF-alpha-Antikörper (Infliximab, Adalimumab) zur Verfügung.9,43
- positiver Einfluss auf die funktionelle Vitalkapazität der Lunge und insbesondere auch auf extrapulmonale Manifestationen1
Chirurgie/Intervention
- Bei schwerem therapierefraktärem Verlauf sollte eine Lungentransplantation erwogen werden.1
- Bei kardialer Sarkoidose kann die Implantation eines Aggregats (Schrittmacher, ICD, CRT) erforderlich werden.20
- Bei Hydrozephalus im Rahmen einer Neurosarkoidose ist die Shuntdrainage angezeigt.38
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Komplikationen
- Auch unter Therapie kann es bei einigen Patient*innen zum Auftreten schwerer, vor allem pulmonaler, kardiovaskulärer und neurologischer Komplikationen kommen, z. B.:8,20,38
- respiratorische Insuffizienz12
- pulmonale Hypertonie, Cor pulmonale1,12
- maligne Herzrhythmusstörungen, plötzlicher Herztod20
- Schlaganfall44
- venöse Thrombembolien45
- Hydrozephalus38
- epileptische Anfälle38
- Komplikationen durch Kortikosteroidtherapie bzw. weitere Therapeutika.9
Verlauf und Prognose
- Insgesamt gute Prognose mit oftmals vollständiger Ausheilung19
- insbesondere akute Verlaufsform mit guter Prognose, in 95 % der Fälle innerhalb von Monaten spontane Rückbildung21
- Etwa 2/3 der Patient*innen mit vollständiger Remission oder nur geringen Funktionsminderungen, bei der Hälfte dieser Fälle innerhalb der ersten 3 Jahre6
- Bei 1/3 der Patient*innen chronischer oder progressiver Verlauf18
- Faktoren, die mit einer schlechteren Prognose verbunden sind:19
- Alter > 40 Jahre
- kardiale Beteiligung
- Neurosarkoidose
- Lungenfibrose
- Hyperkalzämie
- Nephrokalzinose
- chronische Uveitis
- Lupus pernio
- zystische Knochenläsionen
- dunkle Hautfarbe.
- Mortalität nur gering erhöht, auch wenn fatale Verläufe bei pulmonaler, kardialer und neurologischer Sarkoidose möglich sind.19
- Eine schwedische Kohortenstudie ergab folgende Überlebensraten für alle Formen der Sarkoidose:46
- 1-Jahres-Überlebensrate: 98,9 %
- 5-Jahres-Überlebensrate: 95,4 %
- 10-Jahres-Überlebensrate: 89,4 %.
- Eine schwedische Kohortenstudie ergab folgende Überlebensraten für alle Formen der Sarkoidose:46
- Medizinische Notfälle mit unmittelbarem Interventionsbedarf können sich vor allem bei Beteiligung von Herz, ZNS und Auge oder bei Hyperkalzämie entwickeln.12
Verlaufskontrolle
- Verlaufskontrolle werden empfohlen:
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Leitlinien
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Autor*innen
- Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i.Br.
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).