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Sarkoidose

Zusammenfassung

  • Definition:Multisystemerkrankung mit granulomatösen Entzündungen; betroffen sind vor allem Lunge und lymphatisches System, eine Manifestation ist aber in jedem Organ möglich.
  • Häufigkeit:Jährliche Inzidenz in Deutschland ca. 12/100.000. Auftreten in jedem Alter möglich, Erkrankungsgipfel zwischen 20. und 40. Lebensjahr. Tritt bei Frauen häufiger auf.
  • Symptome:Teilweise asymptomatisch mit zufälliger Diagnose im Röntgen-Thorax. Bei chronischem Verlauf häufig Abgeschlagenheit, Husten und Belastungsdyspnoe, weitere Symptome abhängig vom Organbefall. Bei akutem Verlauf stehen Fieber, Gelenkbeschwerden (Sprunggelenke) und Erythema nodosum im Vordergrund.
  • Befunde:Röntgen-Thorax mit bihilärer Lymphadenopathie und/oder Lungenparenchymveränderungen. Granulomnachweis durch Biopsie. Weitere Befunde abhängig vom Organbefall. Laborchemisch häufig Erhöhung des Angiotensin-Converting-Enzyms (ACE).
  • Diagnostik:Kein für Sarkoidose spezifischer Test verfügbar, daher epikritische Diagnosestellung: 1. typische oder vereinbare klinische und radiologische Veränderungen, 2. histologisch epitheloidzellige Granulome in mindestens einem Organ, 3. Ausschluss relevanter Differenzialdiagnosen.
  • Therapie:Häufig selbstlimitierend, vor allem bei akuter Erkrankung. Medikamentöse Therapie vor allem mit Kortikosteroiden. Bei unzureichendem Ansprechen Immunsuppressiva, TNF-Alpha-Blocker.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Multisystemerkrankung unklarer Ätiologie mit granulomatösen Entzündungen1
    • Betroffen sind vor allem Lunge und lymphatisches System.
    • Manifestation in jedem Organ möglich
  • Synonyme sind M. Boeck oder M. Besnier-Boeck-Schaumann.
    • Erstbeschreibung 1899 durch den norwegischen Hautarzt Caesar Boeck2

Häufigkeit

  • Nur ungefähre Angaben zu Häufigkeit und Verbreitung, da die Erkrankung häufig nicht oder erst spät erkannt wird.3
  • Prävalenz
    • ca. 46/100.0001
  • Inzidenz
    • jährliche Inzidenz in Deutschland ca. 12/100.0004 
  • Alter
    • Auftreten in jedem Alter möglich5
    • Erkrankungsgipfel zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr6
      • in Japan und den skandinavischen Ländern zweiter Erkrankungsgipfel bei Frauen über 506
    • bei Kindern selten7
  • Geschlecht
    • Frauen zu Männern ca. 2:18
  • Regionale Verteilung in Europa
    • in Skandinavien häufiger als in Südeuropa9
  • Ethnizität
    • häufigeres Auftreten bei afrikanischer Abstammung8,10
    • in Japan sehr selten11

Ätiologie und Pathogenese

Ätiologie

  • Die Ätiologie ist unbekannt.12
  • Wahrscheinlich Triggerung der Erkrankung durch eine Vielzahl von Faktoren9
  • Genetische Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen.5
    • Fälle mit familiärer Häufung sind beschrieben.13
  • Eine infektiöse Ursache konnte bisher nicht identifiziert werden.14

Pathogenese

  • Entstehung von Granulomen auf dem Boden einer T-Zell-vermittelten Immunreaktion15
  • Aktivierung von Makrophagen durch Zytokinsekretion (TNF-α, IL-2, IL-12, IL-17, INF-γ) mit Einleitung der Granulombildung16
  • Die Granulome bestehen aus einer zentralen kompakten Ansammlung von Makrophagen und Epitheloidzellen, umgeben von Lymphozyten.16
    • vermehrte Hydroxylierung von 25-Hydroxy-Vit D zu 1,25-Dihydroxy-Vit D in den Makrophagen der Granulome mit Folge einer Hyperkalzämie bei ca. 10 % der Patient*innen17
  • Insgesamt immunologische Charakteristika einer Reaktion gegen ein – bisher allerdings nicht identifiziertes – nominelles Antigen, denkbar wären sowohl belebte als auch unbelebte Auslöser.12

Organbefall

  • Die folgenden Angaben zur Häufigkeit sind als grobe Werte zu verstehen, da die Zahlen in der Literatur stark variieren.1,6,8-9,18-20
  • Lunge, hiläre Lymphknoten (> 90 %)
    • bihiläre Lymphadenopathie (50 %)
    • bihiläre Lymphadenopathie und Parenchyminfiltrate (25 %)
    • Parenchyminfiltrate (15 %)
    • Lungenfibrose (5–10 %)
  • Auge (20–50 %)
    • Uveitis am häufigsten (v. a. anterior, auch posterior oder intermedia)
    • Keratokonjunktivitis
    • Nahezu jede Struktur am Auge kann betroffen sein.
  • Haut (15–30 %)
  • Leber, Milz (20–30 %)
  • Muskuloskeletales System (20–30 %)
    • Arthralgie, Arthritis
    • Myopathie
  • Periphere Lymphadenopathie (30 %)
    • meist diskret palpable Lymphknoten (zervikal, axillär, inguinal)
  • ZNS (5–10 %)
  • Periphere Nerven (5 %)
  • Herz (5 %)
  • Niere (5 %)
  • Knochen (1 %)
    • noduläre Läsionen
    • zystische Läsionen
    • Knochenmarksbefall

Verlaufsformen

Akuter Verlauf

  • Bei einem akuten Verlauf stehen im Vordergrund:6,21
  • Oft zusätzlich trockener Husten und Belastungsdyspnoe21
  • Der Übergang einer akuten in eine chronische Verlaufsform ist selten, aber möglich.19
  • Bestimmte Formen der akuten Sarkoidose treten syndromal auf, d. h. mit einem typischen Muster des Organbefalls: Löfgren-Syndrom, Heerfordt-Syndrom.
Löfgren-Syndrom
  • Trias des Löfgren-Syndroms22
  • Überwiegend Frauen, Auftreten meist zwischen 20. und 30. Lebensjahr22
Heerfordt-Syndrom

Chronischer Verlauf

  • Häufig verzögerte Diagnose bei oligosymptomatischem oder asymptomatischem Verlauf21
  • Nicht selten Zufallsbefund im Röntgen-Thorax
  • Bei meistens dominierendem thorakalem Befall über mehrere Monate zunehmender (Reiz-)Husten, Abgeschlagenheit und Belastungsdyspnoe
  • Häufig uncharakteristische Beschwerden ohne Bezug zu einem Manifestationsorgan, insbesondere ein Fatigue-Syndrom kann bei chronischer Sarkoidose dominierend sein.12
  • Im Übrigen ist die klinische Manifestation abhängig vom weiteren Organbefall.

Disponierende Faktoren

  • In 5 % der Fälle familiär gehäuftes Vorkommen21
  • Umweltfaktoren wurden diskutiert (z. B. Insektizide, mikrobielle Aerosole)25

ICPC-2

  • B99 Blut-/Lymph-/Milz-Erkrankung, andere
  • L99 Muskeloskelet. Erkrankung, andere

ICD-10

  • D86 Sarkoidose
    • D86.0 Sarkoidose der Lunge
    • D86.1 Sarkoidose der Lymphknoten
    • D86.2 Sarkoidose der Lunge mit Sarkoidose der Lymphknoten
    • D86.3 Sarkoidose der Haut
    • D86.8 Sarkoidose an sonstigen und kombinierten Lokalisationen
    • D86.9 Sarkoidose, nicht näher bezeichnet

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Epikritische Diagnosestellung mit idealerweise folgenden Kriterien:1
    • typische oder vereinbare klinische und radiologische Veränderungen
    • histologisch epitheloidzellige Granulome in mindestens einem Organ
      • meistens nichtnekrotisierend, nekrotisierende Granulome aber vorkommend
    • Ausschluss relevanter Differenzialdiagnosen
  • Es gibt keinen spezifischen diagnostischen Test für Sarkoidose.8
    • häufig späte Diagnosestellung, vor allem bei pulmonalem Befall26

Differenzialdiagnosen

  • Differenzialdiagnose bei Systemerkrankung mit Nachweis epitheloidzellhaltiger Granulome9

Anamnese

  • Ein Teil der Patient*innen ist symptomfrei und die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus einem Zufallsbefund im Röntgen-Thorax.1
  • Weites Spektrum an nicht selten wenig richtungsweisenden klinischen Manifestationen12
  • Lunge und Lymphknoten sind am häufigsten befallen, aber fast alle Organe können betroffen sein.12
  • An eine Sarkoidose sollte u. a. gedacht werden bei jungen-mittelalten Patient*innen mit:8
    • unerklärtem Husten
    • Kurzatmigkeit
    • Allgemeinsymptomen wie (sub-)febrilen Temperaturen, Gewichtsverlust, Fatigue.
  • Ca. 50 % der Patient*innen stellen sich mit respiratorischen Symptomen vor.8
  • Ca. 30 % der Patient*innen mit Allgemeinsymptomen (Fieber, Gewichtsverlust, Fatigue)8
  • Weitere Symptome abhängig von sonstigem Organbefall

Klinische Untersuchung

  • Bei V. a. Sarkoidose breite klinische Untersuchung, da alle Organsysteme betroffen sein können.
  • Haut
    • Erythema nodosum
    • Lupus pernio
      Lupus pernio.jpg
      Lupus pernio
      • spezifischste kutane Läsion27
      • livid-rote bis bräunliche, bis mehrere Zentimeter große Knoten11
      • Lokalisation meist zentrofazial11
      • Bezeichnung aufgrund der Ähnlichkeit mit Frostbeulen (Perniones)11
    • Papeln, Noduli, Plaques
      Lupus pernio.jpg
      Lupus pernio
  • Lymphknoten
    • Auch extrathorakale Lymphknoten können vergrößert sein (zervikal, axiallär, inguinal).
  • Gelenke
    • Bei beidseitiger Sprunggelenksarthritis einer jungen Frau sollte bis zum Beweis des Gegenteils an ein Löfgren-Syndrom gedacht werden.22
  • Augen
  • Lungen
    • meistens unauffälliger Auskultationsbefund, evtl. Rasselgeräusche14
  • Herz
    • Rhythmusstörungen
  • Leber und Milz
  • Neurologie

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Rö-Thorax

  • Pathologische Befunde im Röntgen-Thorax im Verlauf bei > 90 % der Patient*innen mit Sarkoidose28
  • Radiologische Einteilung nach Scadding1
    • Typ 0: Normalbefund
    • Typ I: bihiläre Lymphadenopathie
    • Typ II: bihiliäre Lymphadenopathie und Veränderungen des Lungenparenchyms
    • Typ III: Lungenparenchymveränderungen ohne Lymphadenopathie
    • Typ IV: Lungenfibose
  • Nur im CT erkennbare Manifestationen werden in dieser Stadieneinteilung nicht berücksichtigt.28

Labor

  • Blut
      • BSG und CRP können in Phasen hoher Krankheitsaktivität erhöht sein.22
    • Leberenzyme
    • Kreatinin, eGFR
    • Kalzium
    • Serumeiweißelektrophorese, Immunelektrophorese
      • Immunglobuline oft erhöht, vor allem IgG29-30
    • Biomarker
      • ACE (Angiotensin Converting Enzyme)
        • Reflektiert die Granulomlast.1
        • Serumspiegel bei bis zu 75 % der Patient*innen erhöht8
        • Rauchen führt zu einem dem Konsum proportionalen ACE-Anstieg.31
      • sIL2R (löslicher Interleukin-2-Rezeptor)32
        • Reflektiert die T-Zell-Aktivierung.1
        • geeignet für Verlaufskontrolle1,9
      • Neopterin
        • Reflektiert die Monozytenaktivierung.1
        • geeignet für Verlaufskontrolle1,9,20
  • Urin
    • Kalzium (Hyperkalzurie)

Spirometrie

  • Typischerweise zeigt die Spirometrie mit Zunahme des Lungenbefalls eine restriktive Ventilationsstörung.12
  • Bei ca. 15–20 % der Patient*innen auch Obstruktion nachweisbar14

EKG

24-h-EKG

Sonografie Abdomen

  • Hinweise für Leber- oder Milzbeteiligung33

Diagnostik bei Spezialist*innen

Bildgebende Verfahren

  • CT
    • Ausschluss von Differenzialdiagnosen34
    • bei atypischen Verläufen und zur Diagnose pulmonaler Komplikationen18
    • strenge Indikationsstellung aufgrund der Strahlenbelastung vor allem bei jüngeren Patient*innen mit unkompliziertem Verlauf18
  • MRT
    • Nachweis entzündlicher Herde bei:
      • Neurosarkoidose29
      • kardialer Sarkoidose29
      • muskuloskelettaler Sarkoidose.18
  • FDG-PET/CT
    • kein Routineverfahren, im Einzelfall Option bei der Suche nach entzündlich-aktiven Organbeteiligungen9,35
    • Alternative bei Patient*innen mit Kontraindikationen gegen MRT20
  • Echokardiografie
    • Befunde wie abnorme Septumdicke, systolische/diastolische Dysfunktion oder Wandbewegungsstörungen möglich, allerdings keine für Sarkoidose spezifischen oder gar pathognomonischen Befunde20

Bodyplethysmografie

  • Bestimmung der Diffusionskapazität (DLCO)
  • Kann auch schon bei nur geringen radiologischen Veränderungen eine Diffusionsstörung anzeigen.12
  • Geeignet auch als Verlaufsparameter1

Bronchoalveoläre Lavage

  • Abschätzung der Inflammation12
  • Bei Sarkoidose Erhöhung des CD4/CD8-Quotienten (nicht spezifisch)12
  • Verbessert die prognostische Einschätzung1
    • Erhöhung der Neutrophilen > 3 % ohne Keimnachweis häufig mit progredientem Verlauf verbunden12
  • Fester Bestandteil zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen1

Biopsie

  • Bei Erstdiagnose sollte im Allgemeinen eine bioptische Sicherung angestrebt werden.9
    • Ausnahme sind das Löfgren- und das Heerfordt-Syndrom, aufgrund ihrer typischen klinischen Präsentation ist hier keine histologische Bestätigung notwendig.8
  • Die Biopsie sollte an dem Organ mit der besten Zugänglichkeit und Sicherheit durchgeführt werden.8
    • Neben Lunge/intrathorakalen Lymphknoten können z. B. periphere Lymphknoten, Haut beim Lupus pernio oder Konjunktiven bei nodulären Veränderungen gut geeignet sein.29
    • Das Erythema nodosum oder periartikuläre Schwellungen eignen sich nicht für Biopsien.29
  • Aufgrund des häufigen Lungenbefalls und des einfachen bronchoskopischen Zugangs bioptische Sicherung meist in der Lunge9
  • Die transbronchiale Lungenbiopsie kann um einen endobronchialen Ultraschall mit transbronchialer Feinnadelaspiration (EBUS/TBNA) ergänzt werden mit Erhöhung der Sensitivität.1,36-37

Liquorpunktion

  • Bei V. a. Neurosarkoidose Liquoranalyse inklusive Bakteriologie/Zytologie zum Ausschluss infektiöser oder paraneoplastischer Differenzialdiagnosen38

Indikationen zur Überweisung

  • Bei V. a. die Erkrankung Überweisung zur Pneumologie
  • In Abhängigkeit vom vermuteten Organbefall ggf. multidisziplinärer Ansatz

Therapie

Therapieziele

  • Ausheilung
  • Organfunktionen erhalten.
  • Symptome kontrollieren.
  • Komplikationen vermeiden.

Allgemeines zur Therapie

  • Bei der Therapieentscheidung sind zu berücksichtigen:9
    • die hohe Rate an Spontanheilungen
    • häufiges Auftreten asymptomatischer Organbeteiligungen
    • die erheblichen Nebenwirkungen der Kortikosteroidtherapie.
  • Der Nachweis eines Organbefalls im Rahmen einer Sarkoidose ist insofern noch nicht gleichzusetzen mit einer Behandlungsindikation.28
  • Sofern keine signifikanten Organbeeinträchtigungen vorliegen, kann als Alternative zur Steroidtherapie zunächst ein abwartendes und symptomorientiertes Vorgehen mit den Patient*innen besprochen werden.29
  • Wichtig sind:29
    • die Definition eines klaren Therapiezieles
    • ggf. eine Anpassung des Therapieziels im Verlauf
    • idealerweise Beendigung der Therapie nach Erreichen des Ziels.
  • Allgemein besteht eine Behandlungsindikation bei einer progredienten, durch die Entzündung ausgelösten Schädigung eines Organs (mit oder ohne Symptomlast).1
  • Im Einzelnen sind obligate Therapieindikationen:1,19
    • progrediente lungenfunktionelle Einschränkungen, progrediente belastungsinduzierte Oxygenierungsstörung
    • kardiale Sarkoidose
    • Neurosarkoidose
    • Augenbeteiligung
    • Hyperkalzämie
      • wegen der Hyperkalzämie-Neigung keine Osteoporose-Prophylaxe durch Kalzium- und Vitamin-D-Substitution9
    • Nephrokalzinose
    • Splenomegalie mit Rupturgefahr und/oder Thrombopenie
    • Lupus pernio
    • symptomatische Knochenbeteiligung
    • Muskelbeteiligung
    • starke Erhöhung der Transaminasen oder Leberinsuffizienz.
  • Das akute Löfgren-Syndrom kann symptomatisch mit NSAR behandelt werden, da es häufig zur Spontanremission kommt.1,21

Medikamentöse Therapie

  • Für die Behandlung stehen folgende Therapeutika zur Verfügung (keine strenge Evidenz für bestimmte Therapieregime).1

Erstlinienentherapie

  • Prednison
  • Prednisolon

Zweitlinientherapie

  • 1. Wahl
    • Methotrexat
    • Azathioprin
  • Einzelfallentscheidung
    • Leflunomid
    • Mycophenolat-Mofetil
    • Hydroxychloroquin
    • Cyclophosphamid

Drittlinientherapie

  • 1. Wahl (TNF-Alpha-Blocker)
    • Infliximab
    • Adalimumab
  • Einzelfallentscheidung
    • Rituximab
    • Tofacitinib

Kortikosteroide

  • Kortikosteroide sind meistens die Medikamente der 1. Wahl.39-42
  • Die Studienlage ist eigentlich noch unzureichend, die Durchführung placebokontrollierter Studien wird jedoch als ethisch nicht vertretbar betrachtet.9
  • Bei Initialtherapie beträgt die übliche Dosis Prednison 0,5 mg/kg Körpergewicht.9
    • Dosis und Dauer können der klinischen Situation angepasst werden.1
    • Bei Neurosarkoidose sind höhere Dosen zur Überwindung der Blut-Hirn-Schranke notwendig.9
  • Therapiedauer 6 Monate mit anschließendem Ausschleichen über weitere 6 Monate9
  • Kommt es während des Ausschleichens oberhalb einer Erhaltungsdosis von 7,5 mg/d zur Reaktivierung, ist der Einsatz von Methotrexat oder Azathioprin zu erwägen.9

Weitere Substanzen

  • Methotrexat und Azathioprin werden primär zur Zweitlinientherapie eingesetzt auch mit dem Ziel der Kortikoideinsparung.9
    • ähnliche immunsuppressive Wirkung von Methotrexat und Azathioprin9
    • Bei Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen gegen diese Substanzen können alternativ Leflunomid oder Mycophenolat-Mofetil angewandt werden.9
  • Bei unzureichendem Ansprechen stehen zur Drittlinientherapie vor allem TNF-alpha-Antikörper (Infliximab, Adalimumab) zur Verfügung.9,43
    • positiver Einfluss auf die funktionelle Vitalkapazität der Lunge und insbesondere auch auf extrapulmonale Manifestationen1

Chirurgie/Intervention

  • Bei schwerem therapierefraktärem Verlauf sollte eine Lungentransplantation erwogen werden.1
  • Bei kardialer Sarkoidose kann die Implantation eines Aggregats (Schrittmacher, ICD, CRT) erforderlich werden.20
  • Bei Hydrozephalus im Rahmen einer Neurosarkoidose ist die Shuntdrainage angezeigt.38

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Komplikationen

Verlauf und Prognose

  • Insgesamt gute Prognose mit oftmals vollständiger Ausheilung19
    • insbesondere akute Verlaufsform mit guter Prognose, in 95 % der Fälle innerhalb von Monaten spontane Rückbildung21
  • Etwa 2/3 der Patient*innen mit vollständiger Remission oder nur geringen Funktionsminderungen, bei der Hälfte dieser Fälle innerhalb der ersten 3 Jahre6
  • Bei 1/3 der Patient*innen chronischer oder progressiver Verlauf18
  • Faktoren, die mit einer schlechteren Prognose verbunden sind:19
    • Alter > 40 Jahre
    • kardiale Beteiligung
    • Neurosarkoidose
    • Lungenfibrose
    • Hyperkalzämie
    • Nephrokalzinose
    • chronische Uveitis
    • Lupus pernio
    • zystische Knochenläsionen
    • dunkle Hautfarbe.
  • Mortalität nur gering erhöht, auch wenn fatale Verläufe bei pulmonaler, kardialer und neurologischer Sarkoidose möglich sind.19
    • Eine schwedische Kohortenstudie ergab folgende Überlebensraten für alle Formen der Sarkoidose:46
      • 1-Jahres-Überlebensrate: 98,9 %
      • 5-Jahres-Überlebensrate: 95,4 %
      • 10-Jahres-Überlebensrate: 89,4 %.
  • Medizinische Notfälle mit unmittelbarem Interventionsbedarf können sich vor allem bei Beteiligung von Herz, ZNS und Auge oder bei Hyperkalzämie entwickeln.12

Verlaufskontrolle

  • Verlaufskontrolle werden empfohlen: 
    • im 1. Jahr nach Diagnosestellung alle 3 Monate9
    • im weiteren Verlauf alle 3–6 Monate8
    • bei gutem Verlauf ohne Therapieindikation jährlich in den nachfolgenden 3–5 Jahren.9

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Lupus pernio.jpg
Lupus pernio (Quelle: Sand M, Sand D, Thrandorf C. Cutaneos lesions of the nose. Head Face Med 2010, zur Verfügung gestellt von Sand et al.)
Sarkoidose, Röntgenbild
Sarkoidose, Röntgenbild
Sarkoidose, Röntgenbild, drei verschiedene Stadien
Sarkoidose, Röntgenbild
Sarkoidose, CT
Sarkoidose, CT
Normale Lungen und Bronchien
Lungen und Bronchien

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung (DGK). Konsensuspapier zur Diagnostik und Therapie der kardialen Sarkoidose. Stand 2020. leitlinien.dgk.org
  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Immunvermittelte Erkrankungen der grauen ZNS-Substanz sowie Neurosarkoidose. AWMF-Leitlinie Nr. 030-120. S1, Stand 2012. www.awmf.org

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Autor*innen

  • Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i.Br.
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
D86; D860; D861; D862; D863; D868; D869
Sarkoidose; granulomatøs sykdom; Sarkoidos
B99; L99
Sarkoidose; Morbus Boeck; Granulom; Epitheloidzellen; Löfgren-Syndrom; Heerfordt-Syndrom; Erythema nodosum; Lupus pernio; Neurosarkoidose; Kardiale Sarkoidose; ACE; Angiotensin-Converting-Enzym; Löslicher Interleukin-2-Rezeptor; Neopterin; BAL; Broncho-alveoläre Lavage; Mediastinale Lymphknoten; Bihiläre Lymphadenopathie; Lungenfibrose; Pulmonale Hypertonie; Transbronchiale Biopsie; Kortikosteroide; Glukokortikoide; Prednison; Prednisolon; Steroide; Methotraxat; Azathioprin; TNF-Alpha-Blocker; Infliximab; Adalimumab
Sarkoidose
CCC MK 23.02.2022 Ergänzung zur Hyperkalzämie nach Leseranregung. Bild Lupus pernio eingefügt 28.5.19 UB U-NH: 24.10.17 + 07.12.17 U-MK 09.05.2018
AAA MK 15.07.2021 komplett umgeschrieben, aktuelles Konsensuspapier berücksichtigt. (Handke) Revision at 14.08.2015 14:43:00: Final Version Revision at 17.07.2015 14:17:44: minor Revision at 10.07.2015 16:54:38: minor Revision at 08.06.2015 12:22:00: German References included Revision at 29.05.2015 17:11:55: German Guidelines added CCC MK 27.02.2018, komplett überarbeitet, LL im Text
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Definition:Multisystemerkrankung mit granulomatösen Entzündungen; betroffen sind vor allem Lunge und lymphatisches System, eine Manifestation ist aber in jedem Organ möglich.
Lunge/Atemwege
Sarkoidose
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