Zusammenfassung
- Definition:Drei oder mehr aufeinanderfolgende Schläge mit Ursprung im linken Ventrikel und einer Kammerfrequenz von > 100/min. Bei einer Dauer < 30 sec liegt eine nichtanhaltende, bei ≥ 30 sec eine anhaltende ventrikuläre Tachykardie (VT) vor. Bei stets gleich konfiguriertem QRS-Komplexen handelt es ich um eine monomorphe, bei wechselnder Form des QRS-Komplexes um eine polymorphe VT.
- Häufigkeit:Zunahme der ischämisch getriggerten VT mit dem Alter parallel zur Zunahme der Prävalenz der koronaren Herzkrankheit. Idiopathische VT können in jedem Alter auftreten.
- Symptome:Palpitationen, Schwindel, Synkopen, Kurzatmigkeit und Brustschmerzen.
- Befunde:Tachykardie, evtl. Hypotonie/Schock.
- Diagnostik:Mittels 12-Kanal-EKG.
- Therapie:Bei hämodynamisch relevanter VT sofortige elektrische Kardioversion, bei hämodynamisch tolerierter VT auch medikamentöse Terminierung. Behandlung der Grunderkrankung. Bei erhöhtem Risiko für plötzlichen Herztod ICD-Implantation mit prognostischer Bedeutung. Medikamentöse Therapie und Katheterablation symptomatisch wirksam durch Reduktion der Häufigkeit von VT.
Allgemeine Informationen
Definition
- Kardiale Arrhythmie von 3 oder mehr aufeinanderfolgenden Schlägen mit Ursprung im Ventrikel und einer Kammerfrequenz von > 100/min1
- Frequenzbereich häufig von 100–220/min2
- Kategorisierung anhand der Dauer der VT
- nichtanhaltende („non sustained“) VT: Dauer < 30 sec
- Kurze VT bis ca. 10 Schläge werden häufig auch als „ventrikuläre Salve“ bezeichnet.
- anhaltende („sustained“) VT: Dauer ≥ 30 sec
- nichtanhaltende („non sustained“) VT: Dauer < 30 sec
- Kategorisierung anhand der Morphologie der QRS-Komplexe
- monomorphe VT: gleichbleibende Morphologie des QRS-Komplexes im Verlauf der Tachykardie
- polymorphe VT: wechselnde Morphologie des QRS-Komplexes
Häufigkeit
- Es gibt wenige Daten zur Prävalenz von ventrikulären Tachykardien.
- Zunahme der ischämisch getriggerten VT mit dem Alter parallel zur Zunahme der Prävalenz der koronaren Herzkrankheit
- Idiopathische VT können in jedem Alter auftreten.3
- Männer sind häufiger betroffen als Frauen aufgrund der höheren Prävalenz der KHK.3
- Anhaltende VT sind der häufigste Grund für den plötzlichen Herztod (ca. 80 % der Fälle).4
- Herztod durch Degeneration zu Kammerflimmern und Herz-Kreislauf-Stillstand
- 5–10 % der Patient*innen mit akutem Myokardinfarkt weisen anhaltende VT/Kammerflimmern prähospital auf, weitere 5 % innerhalb von 48 Stunden nach Aufnahme.1
- Der plötzliche Herztod ist für etwa 25 % der kardiovaskulären Todesfälle verantwortlich.5
- Nichtanhaltende VT ist ein relativ häufiger Befund sowohl bei strukturell normalen als auch strukturell veränderten Herzen.6
Ätiologie und Pathogenese
- Ischämische Herzkrankheit (häufigste Ursache)
- Sonstige strukturelle Herzerkrankungen (siehe auch Kardiomyopathien)
- dilatative Kardiomyopathie
- hypertrophe Kardiomyopathie
- arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie
- infiltrative Herzerkrankungen wie z. B. Sarkoidose
- angeborene Herzfehler
- Nach Operation eines angeborenen Herzfehlers kann im Verlauf VT entstehen.8
- Angeborene Ionenkanalerkrankungen
- Idiopathische ventrikuläre Tachykardien bei strukturell normalem Herz11-12
- Ausflusstrakt-Tachykardie: häufiger aus dem rechtsventrikulären (RVOT), seltener aus dem linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT)
- faszikuläre Tachykardie
- Medikamente
- z. B. Klasse-III-Antiarrhythmika, Psychopharmaka, Digitalisintoxikation, u. v. a. (Online-Verzeichnis von Medikamenten mit potenzieller QT-Verlängerung)
- Elektrolytstörungen
- z. B. Hypokaliämie
- Drogen
- z. B. Kokain
Prädisponierende Faktoren
- Herzinfarkt oder myokardiale Ischämie
- Kardiomyopathie, Herzinsuffizienz
- Elektrolytstörungen
ICPC-2
- K80 Herzrhythmusstörung NNB
ICD-10
- I47.2 Ventrikuläre Tachykardie
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Die Diagnose wird anhand des 12-Kanal-EKG gestellt (siehe auch EKG, Checkliste, EKG, Grundlagen):
- Kammerfrequenz > 100/min
- ≥ 3 aufeinanderfolgende Schläge
- verbreiterte QRS-Komplexe mit ventrikulärem Ursprung.
- Ein verbreiterter QRS-Komplex ist allerdings allein nicht beweisend für den Ursprung der Erregung im Ventrikel, differenzialdiagnostisch kommen weitere Breitkomplextachykardien in Betracht (s. u.).
- Unterscheidung der Breitkomplextachykardien ist häufig schwierig.
EKG-Befunde, die für eine ventrikuläre Tachykardie sprechen4
- AV-Dissoziation (Kammern und Vorhöfe schlagen unabhängig voneinander)
- P-Wellen sind allerdings häufig schwierig oder gar nicht zu erkennen.
- Fusionsschläge und Capture Beats
- Fusionsschlag
- Verschmelzung eines schmalen vom Sinusknoten übergeleiteten mit einem breiten ventrikulär ausgelösten QRS-Komplex
- Auftreten vor allem bei langsamen VT
- Capture Beat
- übergeleitete Sinusaktion mit schmalem QRS während der VT
- Auftreten vor allem bei langsamen VT
- Fusionsschlag
- Stark verbreiterte QRS-Komplexe
- Linksschenkelblockmuster: > 160 ms
- Rechtsschenkelblockmuster: > 140 ms
- Initiales R in Abl. aVR („Nordwestachse“)
- Konkordanz
- gleichgerichteter Ausschlag des QRS-Komplexes in allen Brustwandableitungen
- Linksschenkelblockmorphologie des QRS-Komplexes mit Rechtsachsenabweichung
- Abwesenheit eines RS-Komplexes in allen präkordialen Ableitungen
- Systematische Analyse mit diagnostischen Algorithmen (Brugada-Kriterien,13 aVR-Algorithmus14) kann bei der Diagnosestellung einer VT hilfreich sein.
Differenzialdiagnose der Breitkomplextachykardien
- Breitkomplextachykardien können in 3 Gruppen eingeteilt werden:15
- ventrikuläre Tachykardie
- supraventrikuläre Tachykardie (SVT) mit QRS-Verbreiterung durch aberrante Überleitung oder Schenkelblock
- Rechtsschenkelblock- und Linksschenkelblockmuster etwa gleich häufig4(siehe auch Rechts- und Linksschenkelblock)
- supraventrikuläre Tachykardie mit QRS-Verbreiterung durch Leitung über ein akzessorisches Bündel (siehe auch WPW-Syndrom).
Anamnese
- Neben dem EKG ist die Anamnese das wichtigste Mittel zur Unterscheidung zwischen SVT und VT!16
- Bei Patient*innen mit St. n. Herzinfarkt oder mit Herzinsuffizienz ist die Wahrscheinlichkeit für VT 95 %.16
- Aktuelle Anamnese
- Palpitationen (plötzlicher Beginn, plötzliches Ende)
- Angina pectoris
- Dyspnoe
- Leistungsintoleranz
- Schwindel, Synkope (v. a. auch unter körperlicher Belastung)
- Vorgeschichte
- KHK, St. n. Herzinfarkt
- Kardiomyopathie
- Herzinsuffizienz
- plötzlicher Herztod in der Familie
- bekanntes WPW-EKG/WPW-Syndrom
- prädestinierende Erkrankungen für Elektrolytstörungen
- Alkoholabusus
- Drogenkonsum
- Medikamente (z. B. Diuretika, Antiarrhythmika, Digitalis, u. a.)
Klinische Untersuchung
- Puls: Tachykardie
- Blutdruck: evtl. Hypotension
- Die Kreislaufsituation ist kein zuverlässiges Kriterium zur Unterscheidung von VT und SVT, im Einzelfall kann VT gut oder SVT schlecht toleriert werden.
- Evtl. Tachypnoe, auskultatorisch Lungenödem
- Evtl. Zeichen der Minderperfusion: Blässe, Kaltschweißigkeit
- Zeichen der AV-Dissoziation
- wechselnde Lautstärke des 1. Herztones
- intermittierend deutliche Pulsation des Jugularvenenpulses („Kanonenschläge“) durch atriale Kontraktion bei geschlossener Trikuspidalklappe
Apparative Untersuchungen in der Hausarztpraxis
EKG
- Möglichst auch das EKG im SR beurteilen.
- Infarktnarbe?
- Sonstiger Hinweis auf strukturelle Schädigung (QRS-Verbreiterung, Endstreckenveränderungen, Hypertrophiezeichen, Hinweise für Kardiomyopathien (z. B. ARVC, hypertrophe Kardiomyopathie)?
- Vorbestehender Schenkelblock?
- Long-QT?
- Ventrikuläre Tachykardie
- Frequenz? (Kammerfrequenz ca. 100–220/min)2
- Monomorph/polymorph?
- Nichtanhaltend (< 30 s)/anhaltend (> 30 s)?
- rechtsschenkelblockartiges (Ursprung aus dem linken Ventrikel) bzw. linksschenkelblockartiges Bild (Ursprung aus dem rechten Ventrikel)
- Sprechen die EKG-Kriterien für eine VT? (siehe Abschnitt Diagnostische Kriterien)
- Kammerflattern
- Torsade de pointes
- um die Grundlinie oszillierende QRS-Komplexe
- Frequenz meist > 200/min2
- Kammerflimmern
- Einzelne QRS-Komplexe sind kaum noch abgrenzbar, nur noch geringe Abweichung von der isoelektrischen Linie.
- Frequenz ca. 250–400/min2
Leitlinie: EKG5
- 12-Kanal-EKG in Ruhe ist empfohlen bei allen Patient*innen zur Abklärung einer ventrikulären Arrhythmie (I/A).
Belastungs-EKG
- Hinweis auf Ischämie?
- Auslösung einer belastungsabhängigen VT?
Leitlinie: Belastungstest5
- Ein Belastungstest wird empfohlen bei Patient*innen mit zumindest mittlerem Risiko für eine KHK zur Auslösung von Ischämie oder ventrikulärer Arrhythmie (I/B).
- Ein Belastungstest wird empfohlen bei Patient*innen mit V. a. belastungsabhängige ventrikuläre Arrhythmie (einschließlich katocholaminerger polymopher ventrikulärer Tachykardie) (I/B).
LZ-EKG
- 24-Stunden- bis 72-Stunden-EKG sinnvoll bei täglich oder mehrmals wöchentlich auftretenden Episoden
Leitlinie: Ambulantes Monitoring5
- Ein ambulantes EKG-Monitoring wird empfohlen zur Detektion und Diagnose von Arrhythmien (I/A).
Blutuntersuchungen
- Troponin-Schnelltest bei V. a. akutes Koronarsyndrom
- D-Dimere bei V. a. Lungenembolie
- BNP/NT-proBNP bei V. a. Herzinsuffizienz
- Elektrolyte (Na, K, ggf. Ca)
- Medikamentenspiegel (z. B. Digoxin)
Diagnostik bei Spezialist*innen
Ambulantes Monitoring
- Bei selteneren Episoden ist die Erfassung mittels externen oder implantierbaren Ereignis-Rekordern sinnvoll.
Leitlinie: Ambulantes Monitoring5
- Event Recorder bei sporadischen Ereignissen empfohlen (I/B)
Echokardiografie
- Kardiale Dimensionen
- Beurteilung der globalen und regionalen linksventrikulären und rechtsventrikulären Funktion
- Hinweise für Kardiomyopathien (dilatative Kardiomyopathie, hypertrophe Kardiomyopathie, ARVC)
- Klappenfunktion
Kardiale Magnetresonanztomografie (MRT)
- Ergänzend zur Echokardiografie Informationen zur Myokardstruktur (Narben? Fettige Infiltrationen bei ARVC?)
Kardiales CT
- Option bei unzureichender Aussagekraft der Echokardiografie und nicht verfügbarem MRT
Koronarangiografie
- Nachweis oder Ausschluss einer signifikanten KHK als Ursache für schwere ventrikuläre Rhythmusstörungen
Leitlinie: Kardiale Bildgebung5
- Echokardiografie zur Bestimmung der LV-Funktion und Detektion einer strukturellen Herzerkrankung bei allen Patient*innen mit bekannter oder vermuteter ventrikulärer Arrhythmie empfohlen (I/B)
- Stressechokardiografie (oder -myokardszintigrafie) empfohlen zur Detektion einer stummen Ischämie bei Patient*innen mit mittlerem Risiko für KHK und weniger aussagekräftigem Belastungs-EKG (LV-Hypertrophie, ST-Senkungen in Ruhe, LSB) (I/B)
- MRT oder CT sollten erwogen werden bei nicht ausreichender Aussagekraft der Echokardiografie (IIa/B).
- Koronarangiografie sollte erwogen werden bei Patient*innen mit lebensbedrohlicher VT oder überlebtem plötzlichem Herztod mit zumindest intermediärem Risiko für KHK (IIa/C).
Elektrophysiologische Untersuchung
- Eine elektrophysiologische Untersuchung ist bei ausgewählten Patientenkollektiven sinnvoll:17
- Um die Induzierbarkeit ventrikulärer Tachykardien zu dokumentieren.
- zur Stratifizierung des Risikos von VT
- zur Diagnostik von Synkopen
- zur Indikationsstellung einer ICD-Therapie.
- Der diagnostische Wert ist am höchsten bei Patient*innen mit struktureller Herzerkrankung (z. B. KHK mit linksventrikulärer Dysfunktion).5
- Der diagnostische Zusatznutzen ist gering bei Patient*innen ohne strukturelle Herzerkrankung und ohne anomales EKG.5
Leitlinie: Elektrophysiologische Untersuchung5
- Elektrophysiologische Untersuchung ist empfohlen bei KHK-Patient*innen mit abgelaufenem Infarkt und tachyarrhythmieverdächtigen Symptomen einschließlich Palpitationen, Präsynkopen und Synkopen (I/B).
Indikationen zur Überweisung
- Patient*innen mit nachgewiesenen oder klinischem V. a. ventrikuläre Tachykardien
Therapie
Therapieziele
- Die Prognose verbessern.
- Symptome lindern.
Allgemeines zur Therapie
- Basis jeder Therapie ist die optimale Behandlung einer Grunderkrankung.5
- Akute Verschlechterung und Progredienz der Grunderkrankung sollten soweit möglich vermieden werden.5
- Ergänzt wird die Basistherapie individuell durch:17
- medikamentöse Maßnahmen
- devicebasierte Maßnahmen (ICD oder ICD-CRT)
- interventionelle Maßnahmen
Akuttherapie anhaltender ventrikulärer Tachykardien
- Die Behandlung ist abhängig von der hämodynamischen Stabilität.
- Bei hämodynamischer Instabilität muss zügig eine elektrische Kardioversion durchgeführt werden.18
- Hämodynamisch tolerierte VT können ebenfalls elektrisch kardiovertiert oder medikamentös behandelt werden.
- Medikamentös können eingesetzt werden:17
- Amiodaron (200–400 mg i. v.)
- Ajmalin (1 mg/kg KG i. v.).
- Medikamentös können eingesetzt werden:17
- Abteilungen mit der Möglichkeit zur sofortigen Koronarangiografie sollten in die Behandlung mit einbezogen werden.17
- bei Degeneration der VT zu Kammerflimmern Reanimation (Advanced Life Support, ALS)
Leitlinie: Akute Behandlung anhaltender ventrikulärer Tachykardien5
- Elektrische Kardioversion empfohlen bei Patient*innen mit anhaltender VT und hämodynamischer Instabilität (I/C)
- Bei Patient*innen mit anhaltender VT und hämodynamischer Stabilität ohne strukturelle Herzerkrankung kann die i. v. Gabe erwogen werden von (IIb/C):
- Amiodaron
- Flecainid (im deutschen Leitlinien-Kommentar Empfehlung von Ajmalin)17
- Betablocker
- Verapamail.
Elektrischer Sturm
- Definition
- ≥ 3 VT-Episoden innerhalb von 24 h
- Zustand kardialer elektrischer Instabilität mit multiplen Episoden mit VT und/oder Kammerflimmern
- Meist auf dem Boden einer strukturellen Herzerkrankung
- Bei instabilen Patient*innen elektrische Kardioversion
- Medikamentöse Behandlung mit Betablocker, häufig in Kombination mit Amiodaron
- Sedierung (z. B. mit Benzodiazepinen) sinnvoll zur Verminderung der adrenergen Stimulation
- In refraktären Fällen auch Narkose in Betracht ziehen.
- Bei ischämischer Ursache rasche Revaskularisierung anstreben.
- Im Einzelfall Versuch der katheterinterventionellen Ablation des Fokus
Weiterführende Therapie ventrikulärer Tachykardien
Medikamentöse Therapie
- Lediglich für Betablocker ist ein prognostischer Nutzen nachgewiesen worden.
- Betablocker reduzieren ventrikuläre Arrhythmien und plötzlichen Herztod bei einem breiten Spektrum kardialer Erkrankungen ohne und mit Herzinsuffizienz.5
- Für Antiarrhythmika konnte in randomisierten Studien kein prognostischer Nutzen nachgewiesen werden.5
- Einsatz von Antiarrhythmika daher vor allem zur Reduktion der VT-Episoden und damit symptomatischen Besserung
- Cave: Antiarrhythmika können auch proarrhythmische Effekte haben!
- In Deutschland verfügbare Antiarrhythmika:17
- Amiodaron
- Flecainid
- Mexiletin
- Propafenon
- Chinidin
- Sotalol
- Beta-Blocker
- Verapamil
- Ajmalin (nur i. v.).
ICD-Therapie
- ICD-wirksame Therapie bei Patient*innen mit erhöhtem Risiko für plötzlichen Herztod5
- Nutzen muss aber gegen jeweils gegen das Komplikationsrisiko abgewogen werden – 12-Jahres-Risiko für:5
- inadäquate Schocks 20 %
- Infektionen 6 %
- Sondenversagen 17 %.
- Das Alter sollte bei Indikationsstellung berücksichtigt werden, aber es existiert keine allgemeine obere Altersgrenze.17
- Lebenserwartung sollte über 1 Jahr betragen, und die Patient*innen sollten sich in einem guten Allgemeinzustand befinden.5
- Auch bei Kindern und Jugendlichen kann bei lebensbedrohlichen Arrhythmien eine ICD-Implantation notwendig werden.19
- Hier ist eine besonders sorgfältige Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses notwendig, die zwei häufigsten Komplikationen sind inadäquate Schocks und mit Wachstum/Aktivität verbundene Elektrodenprobleme.19
- Bei EMAH-Patient*innen (EMAH = Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern) gelten die gleichen Indikationskriterien wie bei Kindern mit angeborenen Herzfehlern.19
- Bei begleitender Herzinsuffizienz mit reduzierter systolischer LV-Funktion evtl. Kombination mit kardialer Resynchronisationstherapie (ICD-CRT)
Leitlinie: ICD-Therapie zur Sekundärprävention des plötzlichen Herztods und der ventrikulären Tachykardie5
- ICD empfohlen bei Patient*innen mit dokumentiertem Kammerflimmern oder hämodynamisch instabiler VT ohne reversible Ursache und unter optimaler medikamentöser Therapie (I/A)
- ICD-Implantation sollte erwogen werden bei Patient*innen mit rezidivierender anhaltender VT ohne reversible Ursache unter optimaler medikamentöser Therapie (IIa/C).
Interventionelle Therapie
- Aufwertung der Katheterablation von VT in neuen Leitlinien5,17
- Hohe Rezidivfreiheit nach Katheterablation insbesondere bei Patient*innen mit VT nach Herzinfarkt17
- Reduktion auch der Episoden mit elektrischem Sturm17
- Bei ischämischer Kardiomyopathie Rezidivfreiheit von etwa 60 % nach 1 Jahr und 47 % nach 2 Jahren20
- Bisher kein Nachweis einer Mortalitätsreduktion, aber effektivere Rhythmusstabilisierung als durch Antiarrhythmika und verbesserte Lebensqualität durch weniger ICD-Schocks20
- Optimaler Zeitpunkt der Ablation noch unklar
Leitlinie: Katheterablation5
- Dringende Katheterablation empfohlen bei Patient*innen mit myokardialen Narben und unaufhörlicher VT oder elektrischem Sturm (I/B)
- Katheterablation empfohlen bei Patient*innen mit ischämischer Herzerkrankung und wiederholten ICD-Schocks aufgrund anhaltender Tachykardie (I/B)
- Katheterablation sollte erwogen werden nach einer ersten Episode mit anhaltender VT bei Patient*innen mit ischämischer Herzerkrankung und ICD (IIa/B).
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Komplikationen
- Synkopen
- Plötzlicher Herztod
- Proarrhythmische Effekte von Antiarrhythmika
- ICD-assoziierte Komplikationen (inadäquate Schocks, Sondenversagen, Infektionen)
Verlauf und Prognose
Ventrikuläre Tachykardie
- Idiopathische ventrikuläre Tachykardien (Ausflusstrakttachykardie, faszikuläre Tachykardie) ohne strukturelle Herzerkrankung weisen eine gute Prognose auf.12
- Nicht anhaltende VT in den ersten Tagen nach einem Infarkt sind nicht mit einer schlechteren Prognose verbunden, bei Auftreten im weiteren Verlauf sind sie mit höherer Morbidität und Mortalität assoziiert.6
- Bei Patient*innen mit nichtischämischer dilatativer Kardiomyopathie ist die prognostische Bedeutung nichtanhaltender VT unklar.6
- Anhaltende Tachykardien bei struktureller Herzerkrankung weisen eine schlechtere Prognose auf mit erhöhtem Risiko für plötzlichen Herztod.
- Schlechte Prognose bei Patient*innen mit elektrischem Sturm
Verlaufskontrolle
- Bei stabilem Verlauf jährliche fachärztliche Kontrollen
- Weitere Kontrollen bei Zunahme der Symptomatik oder Verschlechterung der Grunderkrankung
Weitere Informationen
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?
- Es sind regelmäßige Kontrollen durch Haus- und Fachärzt*innen angezeigt.
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Leitlinien
- European Society of Cardiology. Guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death, Stand 2015. www.escardio.org
- American Heart Association/American College of Cardiology/Heart Rhythm Society. Guideline for Management of Patients With Ventricular Arrhythmias and the Prevention of Sudden Cardiac Death, Stand 2017. www.hrsonline.org
- Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie. Tachykarde Herzrhythmusstörungen im Kindes-, Jugend- und jungen Erwachsenenalter (EMAH-Patienten). AWMF-Leitlinie Nr. 023-022. S2k, Stand 2018. www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie. Ventrikuläre Tachykardien und Prävention des plötzlichen Herztodes – Indikationen zur ICD-Therapie. Stand 2019. www.kinderkardiologie.org
- Bundesanstalt für Straßenwesen. Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung. Bergisch Gladbach, Stand 31.12.2019. www.bast.de
Literatur
- Al-Khatib S, Stevenson W, Ackerman M, et al. 2017 AHA/ACC/HRS Guideline for Management of Patients With Ventricular Arrhythmias and the Prevention of Sudden Cardiac Death. Heart Rhythm 2017. doi:10.1016/j.hrthm.2017.10.036 DOI
- Klinge R. Das Elektrokardiogramm. Stuttgart - New York: Georg Thieme Verlag, 2015.
- Compton S. Ventricular Tachycardia. Medscape, updated Dec 05, 2017. Zugriff 08.01.2018. emedicine.medscape.com
- Roberts-Thomson K, Lau D, Sanders P. The diagnosis and management of ventricular arrhythmias. Nature Reviews Cardiology 2011; 8: 311-321. doi:10.1038/nrcardio.2011.15 DOI
- Priori S, Blomström-Lundqvist C, Mazzanti A, et al. 2015 ESC Guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death. Eur Heart J 2015; 36: 2793–2867. doi:10.1093/eurheartj/ehv316 DOI
- Pedersen C, Kay G, Kalman J, et al. EHRA/HRS/APHRS Expert Consensus on Ventricular Arrhythmias. Heart Rhythm 2014; 11: e166-e196. doi:10.1016/j.hrthm.2014.07.024 DOI
- Paudel B, Paudel K. The diagnostic significance of the Holter monitoring in the evaluation of palpitation. J Clin Diagn Res 2013; 7: 480-483. doi:10.7860/JCDR/2012/4923.2802 DOI
- Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie. Leitlinie Tachykarde Herzrhythmusstörungen im Kindes-, Jugend- und jungen Erwachsenenalter (EMAH-Patienten). Stand 2018. www.awmf.org
- Brugada J, Brugada R, Brugada P. Channelopathies: a New Category of Diseases Causing Sudden Death. Herz 2007; 32: 185-191. pdfs.semanticscholar.org
- Behere S, Weindling S. Catecholaminergic polymorphic ventricular tachycardia: An exciting new era. Ann Pediatr Cardiol 2016; 9:137–146. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Badhwar N, Scheinman M. Idiopathic ventricular tachycardia: Diagnosis and management. Curr Probl Cardiol 2007; 32: 7-43. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Brugada P, Diez D. How to recognise and manage idiopathic ventricular tachycardia. ESC E-Journal of Cardiology Practice 2010, Vol.8,N°26. Zugriff 15.01.18 www.escardio.org
- P Brugada, J Brugada, L Mont, et al. A new approach to the differential diagnosis of a regular tachycardia with a wide QRS complex. Circulation 1991; 88: 1649-59. pmid:2022022 PubMed
- Vereckei A, Duray G, Szenasi G, et al. New algorithm using only lead aVR for differential diagnosis of wide QRS complex tachycardia. Heart Rhythm 2008; 5: 89-98. doi:10.1016/j.hrthm.2007.09.020 DOI
- Wellens H. Ventricular tachycardia: diagnosis of broad QRS complex tachycardia. Heart 2001; 86: 579–585. doi:10.1136/heart.86.5.579 DOI
- Glaser F, Rohla M. EKG-Differentialdiagnostik der Breit-QRS-Komplex-Tachykardien. J Kardiol 2008; 15: 218–35. www.kup.at
- Deneke T, Borggrefe M, Hindricks G, et al. Kommentar zu den ESC-Leitlinien 2015 „Ventrikuläre Arrhythmien und Prävention des plötzlichen Herztodes“. Kardiologe 2017; 11: 27–43. doi:10.1007/s12181-016-0115-z DOI
- Lewalter T, Lickfett L, Schwab J, et al. Notfall Herzrhythmusstörungen. Dtsch Arztebl 2007; 104: A1172-1180. www.aerzteblatt.de
- Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie. Leitlinie Ventrikuläre Tachykardien und Prävention des plötzlichen Herztodes - Indikationen zur ICD Therapie. Stand 2019. www.kinderkardiologie.org
- Lindemann F, Darma A, Hindricks G. Katheterablation von Kammertachykardien bei Patienten mit struktureller Herzerkrankung. Herz 2022; 47: 129–134. doi:10.1007/s00059-022-05103-z DOI
Autor*innen
- Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).