Brustdrüsensekretion

Allgemeine Informationen

Definition

  • Austreten von Flüssigkeit aus einer oder beiden Brustwarzen bei nicht-stillenden Frauen
  • Galaktorrhö: Austreten von Muttermilch oder muttermilchartigem Sekret aus der Brust ohne begleitende Schwangerschaft oder mehr als 6 Monate nach der Geburt bei einer nicht-stillenden Frau1

Häufigkeit

  • Gehäuft bei Frauen im Alter zwischen 20 und 35 Jahren1
    • weniger häufig bei Kindern und Nulliparae
    • Auftreten auch bei Männern möglich

ICPC-2

  • X20 Brustwarzensympt./-beschw. 

ICD-10

  • N64.3 Galaktorrhoe, nicht im Zusammenhang mit der Geburt
  • R87 Abnorme Befunde in Untersuchungsmaterialien aus den weiblichen Genitalorganen

Diagnostik

Allgemeines

  • Am Anfang der diagnostischen Abklärung einer Mamillensekretion Anamnese sowie Inspektion und Palpation der Brüste2
  • Ausschluss einer Schwangerschaft3
  • Ggf. weitere Untersuchungen wie:3
    • Mammadiagnostik mit Sonografie und Mammografie
    • zytologische Untersuchung des Mamillensekrets
    • Galaktografie bei einseitiger oder blutiger Mamillensekretion
    • Laboruntersuchung.

Diagnostische Überlegungen

  • Unterscheidung zwischen extra- und intramammären Ursachen kann meist bereits anhand der Farbe des Sekrets und ein- oder beidseitigem Auftreten getroffen werden.2
  • Bei intramammärer Ursachen meist einseitige Sekretion, z. B.:
    • blutig
    • eitrig
    • serös
      • duktale Hyperplasie
    • grüne oder bräunliche Sekretfärbungen
      • Duktektasien
      • fibrozystische Mastopathie.
  • Bei extramammärer Ursache in der Regel beidseitige milchige Sekretion, z. B.:
    • physiologisch bei Schwangerschaft oder mechanischem Druck auf Brust
    • Hyperprolaktinämie
    • Medikamente
    • Hypo- oder Hyperthyreosen.

Differenzialdiagnosen

  • Physiologisch2
    • (bislang unbekannte) Schwangerschaft
    • Melkersyndrom: Druckeinwirkung auf Brust
    • psychische Auslöser
  • Mastitis
  • Abszess
  • Medikamenteninduziert, u. a. durch:1
    • Dopamin-Rezeptor-Blocker
      • MCP, trizyklische Antidepressiva, Risperidon, SSRI
    • Inhibitoren der Dopamin-Freisetzung
      • Codein, Heroin, Morphin
    • Histamin-Rezeptor-Blocker
    • orale Kontrazeptiva
    • Verapamil.
  • Brustkrebs
  • Papillom (benigne Brustveränderung)
  • Prolaktinom
  • Hyperprolaktinämie aus anderen Ursachen, z. B.:3
    • Niereninsuffizienz/Leberinsuffizienz: verminderte Prolaktinelimination
    • Bei unerkannter Hypothyreose führen erniedrigte FT3-/4-Werte zur kompensatorischen TRH-Erhöhung, das durch Stimulation der laktotrophen Zellen zu einer Prolaktinerhöhung führen kann.
  • Neonatale Galaktorrhö
    • Prolaktin, das über die Nabelschnur von der Mutter auf das Kind übergeht, kann zu einer vorübergehenden Galaktorrhö beim Neugeborenen führen (sog. Hexenmilch).

Anamnese

  • Die empfohlenen Anamnesefragen basieren sich auf dieser Referenz.3
  • Alter
  • BMI
  • Anzahl bisheriger Geburten
  • Fragen zur Sekretion
    • Eine oder beide Mammae betroffen?
    • Farbe des Sekrets
    • spontan oder durch Druckausübung auf Mamille
  • Zyklus
    • Amenorrhö?
    • Kann Schwangerschaft vorliegen?
    • Menopausenstatus
  • Familienanamnese
  • Medikamentenanamnese inkl. oraler Kontrazeption
  • In Vergangenheit bereits Mamma-Diagnostik erfolgt?
    • Veränderungen bei Selbstabtasten der Brust bemerkt?
  • Vorerkrankungen
  • Stress?
    • als psychischer Auslöser möglich
  • Weitere Symptome, insbesondere: 
    • Abgeschlagenheit, Libidoverlust, Gewichtszunahme, Obstipation, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Schwinden der Axillar-, Scham- und Augenbrauenbehaarung, Hirsutismus.

Klinische Untersuchung

  • Inspektion3
    • Symmetrie der Mammae?
    • Rötung?
    • Vorwölbung, Hauteinziehung?
  • Palpation3
    • Druckdolenz?
    • Herdbefund palpabel?
    • Provokation der Sekretion durch Druckausübung?
    • Lymphabflusswege
  • Anhalt für andere Grunderkrankungen?
    • Hypothyreose, z. B.:
      • Bradykardie, Obstipation, trockene Haut.
    • Hypophysentumor, z. B.:

Ergänzende Untersuchungen

In der Hausarztpraxis

  • Bei Frauen im gebärfähigen Alter mit beidseitiger Galaktorrhö3
    • Ausschluss einer Schwangerschaft (HCG-Bestimmung im Urin oder Serum) 

Bei Spezialist*innen

  • Abhängig von Anamnese und klinischer Untersuchung weiterführende Diagnostik notwendig, z. B.:3
    • Vervollständigen der Mammadiagnostik mit Sonografie und Mammografie beidseits zum Ausschluss eines suspekten Herdbefundes
    • zytologische Untersuchung des Mamillensekrets
    • Galaktografie bei einseitiger oder blutiger Mamillensekretion
    • Laboruntersuchung von:
    • cMRT bei Verdacht auf Hypophysentumor

Indikationen zur Überweisung

  • Bei nicht physiologisch erklärbarer Brustdrüsensekretion Überweisung an eine gynäkologische Praxis

Therapie

  • Die Ursachen für die Brustdrüsensekretion sind vielfältig, sodass je nach Ätiologie unterschiedliche Therapiemaßnahmen notwendig sind.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Literatur

  1. Leung AKC, Pacaud D. Diagnosis and management of galactorrhea. Am Fam Physician 2004; 70: 543-54. PubMed
  2. Heim TM. Die Brust im Mittelpunkt. gynäkologie + geburtshilfe 2018; 23: 50. link.springer.com
  3. Pervan M, Bündgen N. 45/w mit Galaktorrhö. Der Gynäkologe 2021; 54: 11-15. link.springer.com

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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