Palliative Therapie bei Angstzuständen

Allgemeine Informationen

  • Sofern nicht anders gekennzeichnet beruht der gesamte Abschnitt auf diesen Referenzen.1-3

Definition

Palliativmedizin

  • Die Palliativmedizin beschäftigt sich mit der Behandlung, Forschung und fachlichen Weiterentwicklung zugunsten von Patient*innen mit einer unheilbaren Krankheit und nur noch kurzer Lebenserwartung, häufig definiert als weniger als 9–12 Monate.
  • Das Fach widmet sich intensiv der palliativen Behandlung bei malignen Erkrankungen. Auch bei anderen Erkrankungen wie progressiven neurologischen Erkrankungen oder AIDS kann die palliativmedizinische Versorgung der Betroffenen von großer Bedeutung sein.

Angst bei fortgeschrittener Erkrankung

  • Bei Patient*innen im fortgeschrittenen Stadium einer schweren Erkrankung können unterschiedliche psychische Beschwerden auftreten.
  • Die häufigsten sind Depressionen, Angstzustände und psychotische Zustände, etwa bei Delir.
  • Angst ist häufig begleitet von mentaler und körperlicher Unruhe.
  • Angst kann in Form von kurzen und intensiven Attacken auftreten, etwa als Panikattacken, in anderen Fällen dominieren Angst und Sorgen als anhaltender Zustand, etwa bei einer generalisierten Angststörung.
  • Obwohl Angst eine häufige Begleiterin schwerer Erkrankungen ist, erreicht sie in der Mehrzahl der Fälle nicht die Intensität wie bei einer Angststörung und sollte dann auch nicht als solche klassifiziert werden.
    • Dennoch kann Angst für viele Betroffene eine starke Einschränkung ihrer Lebensqualität bedeuten und erfordert dann eine intensivierte Behandlung.
    • Im Extremfall kann aus Angst ein übereilter Todeswunsch erwachsen.
  • Angst kann die Beziehung zwischen Behandelten und Behandelnden erheblich belasten.

Häufigkeit

  • Die Häufigkeit von psychischen Beschwerden ist bei Schwerkranken höher als in der Allgemeinbevölkerung.
  • Die Häufigkeit hängt vom Krankheitsstadium der Patient*innen ab.
  • In der letzten Krankheitsphase scheinen psychotische Symptome und Delir besonders häufig zu sein, während Angst und Depression zu früheren Zeitpunkten überwiegen.
  • Depression und Angst können sich gelegentlich als somatische Symptome wie ausgeprägte Schmerzen, Unwohlsein oder Atemnot manifestieren.

Ursachen

Psychische Ursachen

  • Konfrontation mit der Unheilbarkeit der Erkrankung und dem möglicherweise bald bevorstehenden Tod
  • Soziale, familiäre, wirtschaftliche, spirituelle und existenzielle Probleme und Sorgen
  • Erfahrungen von Hilflosigkeit, z. B. angesichts der fehlenden oder unzureichenden Kontrolle über das Fortschreiten der Erkrankung oder über belastende Symptome wie Schmerzen, Übelkeit, Atemnot, Kachexie, Gangunsicherheit, Sturzneigung, kognitive Defizite usw.
  • Einsamkeit, mangelnder sozialer Kontakt, Verlusterfahrungen
  • Fehlende oder unzureichende Aufklärung über medizinische oder pflegerische Maßnahmen

Organische Ursachen

Leitlinie: Angst und Unruhe in der Sterbephase1

  • In der Sterbephase auftretende Angst soll regelmäßig evaluiert werden.
    • Hierbei soll neben verbalen Äußerungen auf klinische Hinweise, wie z. B. Unruhe, Schwitzen, Mimik oder Abwehrreaktionen geachtet werden.
  • Bei Unruhe in der Sterbephase sollen die im Vordergrund stehenden auslösenden Ursachen bestimmt werden, z. B. Schmerz, Obstipation, Harnverhalt, Atemnot, Angst und/oder ein Delir.
  • Sterbende mit Angst – mit oder ohne begleitende Unruhesymptome – sollen durch Allgemeinmaßnahmen unterstützt werden: z. B. ruhige Umgebung, vertrauensfördernde Kommunikation und Kontinuität in der Betreuung.
  • Benzodiazepine können in der Sterbephase zur Linderung von Angst – mit oder ohne begleitende Unruhesymptome – eingesetzt werden.
  • Bei Unruhe im Rahmen eines Delirs in der Sterbephase soll primär das Delir behandelt werden.
  • Bei Patient*innen mit unzureichender Symptomkontrolle der Angstsymptomatik und bei Extremzuständen (z. B. existenzielles Leid) kann der Einsatz einer palliativen Sedierung in der Sterbephase indiziert sein.

Diagnostik

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Leitlinie: Erfassung von Angst1

  • Diese Empfehlungen beruhen auf der Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung.
  • Das Vorliegen von Angst soll aktiv und regelmäßig geprüft werden, da sich eine Behandlungsindikation aus der Symptomlast und dem Leid ergibt, das die betroffene Person erlebt.
    • Eine Anamnese möglicher psychischer Vorerkrankungen soll bei Aufnahme erhoben werden.
  • Zur Erkennung von Angstsymptomen kann ein validiertes und standardisiertes Screeninginstrument eingesetzt werden (III/C).
  • Bei vorhandenen Angstsymptomen soll eine vertiefte Exploration
    hinsichtlich der Angstinhalte und -intensität sowie der Behandlungsbedürftigkeit erfolgen.
  • Es sollten auch mögliche angstbedingte und angstauslösende Belastungen der Angehörigen erfasst werden.
  • Bei Patient*innen, bei denen eine Selbstauskunft nicht möglich ist, soll das Angstausmaß anhand nonverbaler Körpersignale und durch ein multiprofessionelles Team erfasst werden.
    • Dabei sollen auch die Wahrnehmung und Einschätzung der Angehörigen einbezogen werden.
  • Angst soll von Panikstörungen, Phobien, generalisierten Angststörungen, Anpassungsstörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen abgegrenzt werden.

Diagnostische Strategien 

  • Die Diagnose basiert in erster Linie auf Gesprächen zwischen Behandelten und Behandelnden.
  • Ausgehend von der klinischen Beurteilung ist stets zu unterscheiden zwischen normalen psychischen Reaktionen und psychischen Störungen, die eine spezifische Therapie erfordern.
  • Bei psychotischen Symptomen wie Halluzinationen oder Wahnvorstellungen sollte früh psychiatrische Hilfe gesucht werden, sofern diese nicht Ausdruck eines Delirs sind.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

Screeningfragen

  • Symptome von Depression und Angst liegen oft gleichzeitig vor.
  • Zum raschen Erkennen einer depressiven Symptomatik ist das Zweifragen-Screening nach Whooley geeignet:
    1. Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos?
    2. Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun?
  • Ergänzendes Screening, z. B.:
    • Fragebogen HADS-D – zur Erfassung von Angst und Depression bei Patient*innen mit körperlichen Erkrankungen
    • Der Fragebogen GAD-7 wurde entwickelt, um eine generalisierte Angststörung zu erkennen, kann aber auch bei anderen Erkrankungen verwendet werden, um die Schwere begleitender Angstsymptome zu ermitteln.

Palliativmedizinisches Basisassessment

  • Im Rahmen eines palliativmedizinischen Basisassessments können, etwa auf den Skalen ESAS-Skala und MIDOS, auch psychische Symptome wie Angst und Depressivität erhoben werden. Näheres dazu bei der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin.

Symptome und Anzeichen von Angst

Kinder

  • Angst kann sich als Klammern manifestieren, als die Sorge, von der nahen Familie getrennt zu werden, oder einfach als allgemeine Unruhe.

Therapie

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Therapieziele

  • Die Angst und das Spannungsniveau reduzieren.

Allgemeines zur Therapie

  • Zur Therapie manifester Angststörungen oder anderer psychischer Störungen siehe die entsprechenden Artikel (Links im Abschnitt Differenzialdiagnosen).
  • Bei Menschen mit onkologischen Erkrankungen besteht den Empfehlungen der US-amerikanischen Fachgesellschaft für klinische Onkologie (ASCO) zufolge ab einem GAD-7-Wert von 10 eine Therapieindikation.6
  • Liegen Begleiterkrankungen vor, die erheblich zur Angstsymptomatik beitragen, dann steht deren Behandlung im Vordergrund (siehe Abschnitt Differenzialdiagnosen).

Partizipative Entscheidungsfindung

  • Die Betroffenen an den Therapieentscheidungen und der Planung pflegerischer Maßnahmen beteiligen.
  • Gemeinsam realistische Ziele formulieren.

Nichtmedikamentöse Therapie

Leitlinie: Nichtmedikamentöse Verfahren1

  • Diese Empfehlungen beruhen auf der Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung.
  • Eine nichtmedikamentöse Behandlung sollte bei Belastung und/oder Beeinträchtigung durch Angst eingesetzt werden.
  • Es können psychotherapeutische Verfahren eingesetzt werden (Ib/C).
  • Es können Verfahren der Sozialarbeit, spirituelle sowie nonverbale Verfahren eingesetzt werden.
  • Die Basis einer nichtpharmakologischen Behandlung und Prophylaxe von psychischen Problemen ist eine kompetente psychotherapeutisch-psychosomatische Versorgung.
  • Unterstützende und beruhigende Gespräche mit den behandelnden Ärzt*innen sind bei Angst häufig das Wichtigste, und fokussierte Informationen sind meist hilfreich.
    • Emotionale Reaktionen zulassen.
    • Im Dialog Raum dafür schaffen, dass die Betroffenen ihre Sorgen und Probleme ausdrücken können.

Umgebung und Menschen 

  • Herausfinden, was zur Beruhigung beiträgt.
  • Raum dafür schaffen.
  • Beispielsweise die Stimme vertrauter und geliebter Personen hören.
  • Von diesen berührt werden, bei entsprechendem Wunsch auch Intimität zulassen.7
  • Umgebungsfaktoren wie gedämpftes, warmes Licht, Vermeidung von Lärm und Hektik; angenehme Musik, Düfte etc.

Unterstützende und komplementäre Verfahren

  • Je nach Präferenz der Betroffenen können folgende oder ähnliche Verfahren empfohlen werden:
    • Körperübungen, soweit ohne große Anstrengung möglich
    • Entspannungsverfahren
    • Akupunktur
    • Hypnotherapie
    • Kunst- und Musiktherapie
    • Meditation und Yoga, etwa im Rahmen eines Mindfulness-basierten Verfahrens wie der Mindfulness Based Stress Reduction (MBSR)
    • Aromatherapie (z. B. Lavendel/Melisse)
    • basale Stimulation
    • Ganzkörper-, Teilkörperwaschungen
    • atemstimulierende Einreibung.

Medikamentöse Therapie

Leitlinie: Pharmakotherapie1 

  • Diese Empfehlungen beruhen auf der Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung.
  • Zur Behandlung von Angst soll eine medikamentöse Therapie mit anxiolytisch wirksamen Medikamenten angeboten werden:
    • Wenn nichtmedikamentöse Maßnahmen nicht möglich sind.
    • Um eine nichtmedikamentöse Behandlung zu ermöglichen.
    • Wenn nach Angaben der Patient*innen die bisherige Behandlung zu keiner ausreichenden Minderung der Symptome geführt haben.
  • Zur Behandlung von akuten Angstsymptomen sollten kurzwirksame Benzodiazepine mit schnellem Wirkungseintritt eingesetzt werden (IV/B).
    • Die Dosis und Länge der Behandlung sollte sich nach der von der betroffenen Person angegebenen Symptomschwere richten und zu einer für sie zufriedenstellenden Symptomlinderung führen.
  • Bei unzureichender Wirksamkeit oder Unverträglichkeit von Benzodiazepinen sollte die Indikation für Antidepressiva, Antipsychotika oder sonstige Medikamente mit anxiolytischer Wirksamkeit geprüft werden (Ic/B).
  • Akute Panikattacken sollen mit kurzwirksamen Benzodiazepinen
    behandelt werden (IV/A).
    • Es soll stufenweise vorgegangen werden: Zunächst erfolgt die akute Symptomlinderung mit kurzwirksamen Benzodiazepinen.
    • Bei wiederholtem Auftreten sollte die Indikation für eine längerfristige Behandlung mit Antidepressiva, Antipsychotika oder sonstigen Medikamenten mit anxiolytischer Wirksamkeit geprüft werden.
  • Bei aktuell wiederkehrenden Angst- oder Panikzuständen und einer Vorgeschichte einer ICD-10 relevanten Angststörung sollte die pharmakologische Behandlung verordnet werden, die zuvor klinisch wirksam war (IV/A).

Indikation

  • Wenn die Behandlung relevanter Begleiterkrankungen und die o. g. nichtmedikamentösen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Angstsymptome zu lindern.
  • Partizipative Entscheidung (s. o.)
  • 1. Wahl zur Behandlung akuter Angstzustände und Panikattacken sind Benzodiazepine.
  • Bei längeren Krankheitsverläufen kommen infrage:
    • Antidepressiva
      • SSRI
      • Venlafaxin (ein SNRI)
      • Näheres zu Wirkungs-, Nebenwirkungs- und Interaktionsspektrum verschiedener Antidepressiva-Klassen siehe auch Artikel Depression.
    • Bei bekannter Angst- oder Panikstörung, generalisierter Angststörung und aktuell rezidivierenden Angstzuständen:
      • Antidepressiva (SSRI, Venlafaxin oder Opipramol)
      • Antipsychotika (Off-Label-Use; Nebenwirkungsprofil schränkt die Anwendbarkeit ein)
      • Pregabalin (Kalziummodulator) wird als Ersatzmedikament angesehen.

Leitlinie: Medikamente und Maßnahmen in der Sterbephase1

  • Grundsätzlich ist bei ängstlichen Patient*innen verstärkt auf Umgebungsfaktoren wie ruhige Umgebung, vertrauensfördernde Kommunikation und Kontinuität in der Betreuung zu achten.
  • Liegen keine anderweitig behandelbaren Ursachen vor, kommen als medikamentöse Maßnahmen bei Angst mit oder ohne Unruhe Benzodiazepine zum Einsatz, z. B.:
    • Midazolam subkutan/intravenös (z. B. 1–5 mg s. c.) – oder
    • Lorazepam (0,5–2,5 mg s. l.).
  • Die Therapie von Angst- und Unruhesymptomen in der Sterbephase ist notwendig, da eine emotionale Belastung der Patient*innen wiederum die begleitenden Angehörigen belasten kann, was zu einer Abwärtsspirale der Symptomverstärkung bei den Patient*innen führen kann.
  • Bei Patient*innen mit unzureichender Symptomkontrolle der Angstsymptomatik und bei Extremzuständen (z. B. existenzielles Leid) kann der Einsatz einer palliativen Sedierung in der Sterbephase indiziert sein.
  • Alle Maßnahmen in der Sterbephase sollen in ihrer Häufigkeit und Ausprägung den Bedürfnissen der Sterbenden angepasst werden.
    • Dabei sollen alle Dimensionen von Lebensqualität (physisch, psychisch, sozial, spirituell) sowie kulturelle und religiöse Aspekte berücksichtigt werden.
  • Es sollen nur Medikamente neu angesetzt oder weitergeführt werden, die das Therapieziel bestmöglicher Lebensqualität in der Sterbephase fördern.
    • Dies umfasst v. a. die Substanzklassen Opioide, Antipsychotika, Benzodiazepine und Anticholinergika.
  • Tumorspezifische Medikamente und Maßnahmen sollen in der Sterbephase beendet werden.
  • Alle medizinischen, pflegerischen und physiotherapeutischen Maßnahmen, die nicht dem Therapieziel bestmöglicher Lebensqualität dienen, sollen in der Sterbephase nicht eingeleitet oder, falls sie im Vorfeld eingeleitet wurden, beendet werden: z. B. Beatmung, kardiopulmonale Reanimation, Dialyse/Hämofiltration, Therapie auf der Intensivstation, Lagerung zur Dekubitus- oder Pneumonieprophylaxe.
  • Die Messung und Dokumentation von Blutdruck, Puls, Atemfrequenz, Blutzucker, Sauerstoffsättigung und Körpertemperatur sollen, wenn kein Nutzen im Hinblick auf Symptomlinderung besteht, beendet werden.
  • Wenn notwendige und symptomlindernde Medikamente nicht mehr enteral verabreicht werden können, sollen sie in angepasster Dosierung parenteral (subkutan, intravenös), transmukosal (nasal, bukkal, sublingual) oder rektal zugeführt werden. Eine ausreichend wirksame transdermale Therapie kann auch in der Sterbephase weitergeführt werden.

Benzodiazepine

  • Dosierungsbeispiele
    • Lorazepam
      • 0,5–2,5 mg p. o./s. l.
      • Bei Bedarf auf bis zu 6 mg/d erhöhen.
    • Alprazolam
      • 0,5–2,5 mg p. o.
    • Oxazepam
      • 10–40 mg p. o.
    • Diazepam
      • 2–10 mg p. o.
      • bei Bedarf bis 20 mg zur Nacht
    • Clonazepam
      • 500 μg p. o.
      • bei Bedarf bis 8 mg/d
    • Midazolam (Off-Label-Use)
      • 2,5–5 (10) mg i. v. (langsam infundieren!)
  • Applikationsform
    • Für Patient*innen, die nicht schlucken können, eignen sich Sublingual-Tabletten, Suppositorien oder die parenterale Applikation.
  • Abhängigkeit und Toleranzentwicklung
    • Abhängigkeit stellt bei Patient*innen mit einer kurzen Lebenserwartung kein relevantes Problem dar, sodass Benzodiazepine die am besten geeigneten Präparate sind.
    • Ein bestimmter Grad der Beruhigung kann u. U. nur dann aufrechterhalten werden, wenn die Dosis im Laufe der Zeit erhöht wird, evtl. sogar auf ein Vielfaches der Anfangsdosis.
    • Soll darüber hinaus eine tiefere Beruhigung erzielt werden, ist die Dosis des Sedativums unabhängig von einer möglichen Toleranzentwicklung zu erhöhen.
  • Ausgeprägte Angst
    • Bei ausgeprägter Angst kann Midazolam als kontinuierliche s. c. oder i. v. Infusion verabreicht werden.
    • Diese Behandlung sollte sehr ängstlichen Patient*innen in ihren letzten Lebenswochen vorbehalten bleiben.
    • Das Ziel in dieser Situation ist die Linderung der Angst, evtl. Sedierung, nicht jedoch permanenter Schlaf.
    • Midazolam hat für diese Indikation keine Zulassung, und seine Verwendung setzt sowohl eine Zusammenarbeit mit Anästhesie-Spezialist*innen als auch eine Überwachung voraus.

Antidepressiva

  • Auswahl des Medikaments nach folgenden Kriterien:
    • Verträglichkeit
    • Interaktionen
    • Nebenwirkungen
    • Handhabbarkeit
    • Erfahrung der behandelnden Person
    • Ansprechen auf vorangehende Behandlungen
    • Überdosierungssicherheit
    • Patientenpräferenz (partizipative Entscheidungsfindung).
  • Rezidivprophylaxe: Therapie 4–9 Monate nach Remission fortführen.
  • Näheres zu den Eigenschaften einzelner antidepressiver Wirkstoffe siehe Artikel Depression.
  • Zur Behandlung von Angststörungen mit Antidepressiva werden nach S3-Leitlinien bevorzugt die SSRI Escitalopram (Citalopram5) und Paroxetin sowie SNRI, z. B. Venlafaxin, empfohlen3 (Näheres dazu siehe die Artikel zu den einzelnen Angststörungen).
  • Dosierungsbeispiele
    • SSRI
      • Citalopram 10–20 mg (max. 40 mg) p. o.
      • Escitalopram 5–10 mg (max. 20 mg) p. o.
      • Sertralin 50 mg (max. 200 mg) p. o.
    • SNRI
      • Venlafaxin 37,5 mg p. o. (max. 150 mg)
    • Opipramol
      • 50 mg p. o. (max. 300 mg)

Antipsychotika (Off-Label-Use)

  • Dosierungsbeispiele
    • Quetiapin 25 mg (max. 200 mg)
    • Olanzapin 5 mg (max. 15 mg)
    • Risperidon 0,25 mg (max. 2 mg)

Pregabalin

  • Dosierungsbeispiel
    • 25 mg p. o.
    • bis max. 600 mg/d

Weitere Artikel zu palliativen Therapien

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin. Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung. AWMF-Leitlinie Nr. 128-001OL. S3, Stand 2019. www.awmf.org
  • Deutsche Krebsgesellschaft (DKG). Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung von erwachsenen Krebspatienten. AWMF-Leitlinie Nr. 032-051OL. S3, Stand 2014 (abgelaufen). www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM). Behandlung von Angststörungen. AWMF-Leitlinie Nr. 051-028. S3, Stand 2021. www.awmf.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin. Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung. AWMF-Leitlinie Nr. 128-001OL, Stand 2015. www.awmf.org
  2. Deutsche Krebsgesellschaft (DKG). S3-Leitlinie Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung von erwachsenen Krebspatienten. AWMF-Leitlinie Nr. 032-051OL, Stand 2014 (abgelaufen). www.awmf.org
  3. Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM). Behandlung von Angststörungen. AWMF-Leitlinie Nr. 051-028. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  4. Schwartz J , Neukirchen M, De Vilder MC et al. SOP – Depression und Angst in der Palliativmedizin. Onkologe 2017; 23: 756–763. DOI: 10.1007/s00761-017-0260-4 DOI
  5. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Hausärztliche Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Angst. DEGAM-Praxisempfehlung, Stand 10/2016. www.degam.de
  6. Andersen BL, DeRubeis RJ, Berman BS et al. Screening, assessment, and care of anxiety and depressive symptoms in adults with cancer: an American Society of Clinical Oncology guideline adaptation. J Clin Oncol 2014; 32: 1605-19. PMID: 24733793 PubMed
  7. Morrissey Stahl KA, Bower KL, Seponski DM et al. A Practitioner's Guide to End-of-Life Intimacy: Suggestions for Conceptualization and Intervention in Palliative Care. Omega (Westport) 2018; 77:15-35. PMID: 29285977 PubMed

Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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