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Homöopathie: Was ist schlecht am Placebo-Effekt?

Laut Medienberichten geht ein namhafter deutscher Pharmakonzern, der Homöopathika herstellt, juristisch gegen Kritiker vor. Eine bekannte Homöopathie-Kritikerin sollte eine Unterlassungserklärung unterzeichnen, in der sie sich verpflichtet, in der Öffentlichkeit nicht mehr zu sagen, die Wirksamkeit homöopathischer Mittel gehe nicht über den Placebo-Effekt hinaus. Ein renommierter Wissenschaftler musste sich verpflichten, nicht mehr öffentlich zu äußern, dass homöopathischen Mitteln der Wirksamkeitsnachweis fehle. Tatsächlich reicht bei Homöopathika für den Wirksamkeitsnachweis ein „Binnenkonsens“ aus. Es genügt also, wenn Homöopathen selbst die Wirksamkeit bestätigen, damit Homöopathika auf den Markt gelangen können. Anders als bei anderen Arzneimitteln muss die Wirksamkeit nicht durch wissenschaftliche Studien belegt sein. Eine Überprüfung eines Zusatznutzens durch IQWIG und GBA ist nicht erforderlich.

Juristisch gesehen ist also die Wirksamkeit homöopathischer Mittel belegt. Aus wissenschaftlicher Sicht könnte man der Ansicht sein, dass diese Wirksamkeitsbelege nicht mit den sonst üblichen Standards für Zulassungsstudien vereinbar sind und der wissenschaftliche Nachweis einer Überlegenheit über Placebo nicht erbracht ist. Hierzu wären Placebo-kontrollierte Doppelblindstudien und gegebenenfalls Metaanalyen solcher Studien erforderlich. Unsere Artikel Therapie und Validität und Metaanalysen bieten hierzu weiterführende Informationen.

Der besagte Pharmahersteller wehrt sich vehement gegen Äußerungen, die nahelegen, die Wirkung homöopathischer Medikamente beruhe auf nichts anderem als dem Placebo-Effekt. So etwas stellt natürlich das Selbstverständnis der Homöopathie in Frage. Aber was ist eigentlich so schlecht am Placebo-Effekt? Laut wissenschaftlichen Untersuchungen, setzen auch Hausärzte Homöopathika als sogenannte unreine Placebos bei Patienten ein. Das heißt, die Ärzte selbst glauben nicht an eine spezifische Wirkung der Medikamente, aber daran, dass sie trotzdem helfen.

Aus der Placeboforschung gibt es Daten, die eine relevante Placeboresponsrate bei chronischen Schmerzen, Migräne, Refluxkrankheit, Hypertonie, M. Parkinson oder rheumatoider Arthritis zeigen. Warum soll man sich hier einen Placebo-Effekt nicht zunutze machen? Zur Frage, ob der Einsatz „reiner“ (z. B. bewusst wirkstofffreier Tabletten) oder „unreiner“ Placebos (z. B. Homöopathika in hohen Verdünnungsstufen, an deren Wirkung behandelnde Ärzte nicht glauben) zu bevorzugen ist, gibt es wenige Daten. Wichtig ist in jedem Fall ein bewusster Einsatz eines Placebos, ob unrein oder nicht. Eine solche Medikamentengabe sollte nicht aus reiner Verlegenheit erfolgen. Die Patienten sollen über die Placebogabe tatsächlich aufgeklärt werden. Es gibt Daten, die belegen, dass ein Placebo wirkt, obwohl Patienten informiert sind, dass sie keinen spezifischen Wirkstoff einnehmen. Und selbstverständlich sollte der Einsatz unreiner oder reiner Placebos keine notwendige spezifische Therapie verhindern oder verzögern.

Marlies Karsch, Chefredakteurin

 

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Laut Medienberichten geht ein namhafter deutscher Pharmakonzern, der Homöopathika herstellt, juristisch gegen Kritiker vor. Eine bekannte Homöopathie-Kritikerin sollte eine Unterlassungserklärung unterzeichnen, in der sie sich verpflichtet, in der Öffentlichkeit nicht mehr zu sagen, die Wirksamkeit homöopathischer Mittel gehe nicht über den Placebo-Effekt hinaus. Ein renommierter Wissenschaftler musste sich verpflichten, nicht mehr öffentlich zu äußern, dass homöopathischen Mitteln der Wirksamkeitsnachweis fehle. Tatsächlich reicht bei Homöopathika für den Wirksamkeitsnachweis ein „Binnenkonsens“ aus. Es genügt also, wenn Homöopathen selbst die Wirksamkeit bestätigen, damit Homöopathika auf den Markt gelangen können. Anders als bei anderen Arzneimitteln muss die Wirksamkeit nicht durch wissenschaftliche Studien belegt sein. Eine Überprüfung eines Zusatznutzens durch IQWIG und GBA ist nicht erforderlich.
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