Orale Antikoagulanzien: Was gibt es Neues?

Die Diskussion über die Vor- und Nachteile von direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) im Vergleich zu Phenprocoumon ist aus hausärztlicher Sicht nicht beendet. Meist jedoch werden von entlassenden Kliniken Tatsachen geschaffen, eine Therapie mit DOAK begonnen und den Patienten auch eingeschärft, dass das die bessere Variante sei. So bleiben den Hausärzten bei Patienten mit z. B. Vorhofflimmern, Z.n. Thrombose oder Z.n. Lungenembolie meist nur die eigenen Überlegungen dazu, was möglicherweise besser gewesen wäre.

Dass die Unterschiede zwischen den verschiedenen oralen Antikoagulanzien keinesfalls eindeutig sind, zeigt eine retrospektive Analyse von Versicherungsdaten der AOK aus Deutschland. Dabei wurden die Daten von knapp 176.000 Patienten verglichen, die wegen Vorhofflimmern NOAKs oder Phenprocoumon einnahmen. Dabei zeigte sich für Rivaroxaban und Dagibatran jeweils eine erhöhte Rate an gastrointestinalen Blutungen und eine erniedrigte Rate an intrazerebralen Blutungen im Vergleicht zu Phenprocoumon. Die Rate an Schlaganfällen war unter diesen beiden NOAKs genauso groß wie unter Phenprocoumon. Auffallend war eine deutlich erhöhte Gesamtletalität unter Rivaroxaban verglichen mit Phenprocoumon. Bei den Patienten, die Apixaban einnahmen, war im Vergleich zu Phenprocoumon die Rate der Schlaganfälle erhöht und die Blutungsrate insgesamt erniedrigt.

Die Gründe für diese Unterschiede sind unklar. Diskutiert werden im Falle von Apixaban z. B. die Einnahme von erniedrigten und somit nicht wirksamen Dosierungen bei Patienten mit Niereninsuffizienz. Auch eine generell selektive Verschreibungspraxis bei multimorbiden Patienten kann zu Unterschieden führen. Durch die Studienergebnisse wird klar, dass die Bewertung der Sicherheit und Wirksamkeit der verschiedenen oralen Antikoagulanzien (OAK) kontrovers bleibt. In der Praxis ist es nach wie unübersichtlich: Wie soll eine optimale perioperative Thromboseprophylaxe aussehen? Wie groß ist das Thromboserisiko bei internistischen Patienten? Wie berät man Patienten zur Thromboseprophylaxe bei Langstreckenflügen? Welche Triple-Therapie bei Patienten mit Z.n. Koronarintervention und Vorhofflimmern ist richtig? Wie und wann soll man bei den unterschiedlichen OAKs ein korrektes Bridging durchführen? Die neue Leitlinie zu zahnärztlichen Eingriffen unter OAKs und Thrombozytenaggregationshemmung haben wir in unserem Artikel Antikoagulation berücksichtigt.

Marlies Karsch, Chefredakteurin

 

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