Compare with  
Legend:
inserted text deleted text

Prostatakarzinom

Zusammenfassung

  • Definition:Meist epitheliales Karzinom (Adenokarzinom) des Prostata-Drüsengewebes. Bei erblicher Disposition und mit höherem Alter besteht ein erhöhtes Risiko.
  • Häufigkeit:Das Prostatakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Jährlich erkranken über 60.000 Männer in Deutschland.
  • Symptome:Die Erkrankung verläuft in 90 % der Fälle symptomfrei. Die häufigsten Symptome sind Miktionsstörungen und lokale Schmerzen.
  • Befunde:In der Frühphase fehlen meist klinische Befunde. Später sind transrektal bei manchen Patienten Verhärtungen oder Unregelmäßigkeiten auf der Prostataoberfläche tastbar.
  • Diagnostik:Die PSA-Untersuchung ist für konkrete Verdachtsfälle geeignet, jedoch nicht zum Screening. Diagnostisch beweisend ist die Histologie. Die Probengewinnung erfolgt in der Regel mithilfe einer Stanzbiopsie. Eine MRT kann ggf. ergänzend durchgeführt werden.
  • Therapie:Therapieentscheidung anhand patienten- und tumorbezogener Faktoren. Die Behandlungsalternativen reichen von „abwartender Beobachtung“ (Watchful Waiting) über eine kurative Lokaltherapie mittels radikaler Prostatektomie, Androgenablation und Bestrahlung, bis hin zur rein supportiven und palliativen Therapie.

Allgemeine Informationen

  • Sofern nicht anders gekennzeichnet, basiert der gesamte Abschnitt auf diesen Referenzen.1-4

Definition

  • Das gewöhnliche Prostatakarzinom ist ein epitheliales Karzinom (Adenokarzinom) des Prostata-Drüsengewebes.
  • Viel seltener sind z. B.:
  • Histologisch vom Prostatakarzinom abzugrenzen sind z. B.:
    • prostatische intraepitheliale Neoplasie – „PIN" (Vorstufe des Prostatakarzinoms)
    • benigne Prostatahyperplasie (BPH) und andere, seltenere Hyperplasien
    • Selten sind z. B. auch:
  • Die Stadieneinteilung erfolgt nach der TNM-Klassifikation (Tumor, Lymphknotenmetastasen – „Node“, Metastasen).
  • Grading nach Gleason-Score
    • 2 in einer Gewebeprobe sichtbare Tumorzellareale werden in 5 verschiedene Differenzierungsgruppen unterteilt (1 = gut differenziertes Adenokarzinom bis 5 = sehr polymorphe Tumorzellen). Die addierten Werte beider Areale (z. B. 3 + 4 = 7) ergeben den Gleason-Score.
    • Liegt der Gleason-Score unter 7, ist die Prognose eher günstig. Liegt der Score jedoch über 7, ist die Prognose eher ungünstiger.5
    • Siehe auch Abschnitt Prognostische Evaluation.

Häufigkeit

  • Prostatakrebs ist bei Männern in Deutschland die häufigste Krebserkrankung.6
    • Etwa 1/4 aller Krebserkrankungen bei Männern sind Prostatakarzinome.
    • Die Zahl der Neuerkrankungen ist über lange Zeit stetig gestiegen, nimmt seit 2010 (ca. 67.300 Erkrankte) jedoch leicht ab und lag im Jahr 2017 bei 62.230 Fällen.6
  • Ca. 40 % der Männer entwickeln im Laufe ihres Lebens ein Prostatakarzinom.
    • Etwa 10 % der Erkrankungen werden symptomatisch.
    • 3 % der Betroffenen versterben daran.
  • Bei den tödlich verlaufenden Tumorerkrankungen von Männern steht das Prostatakarzinom an 3. Stelle, in der Gesamtbevölkerung an 7. Stelle.
    • Die relative 5-Jahresüberlebensrate beträgt 93 %.
    • Jährlich sterben etwa 12.000 Männer an den Folgen eines Prostatakarzinoms, die meisten davon erst nach längerem Krankheitsverlauf, häufig infolge eines Rezidivs.

Ätiologie und Pathogenese

  • Normale oder erhöhte Androgenproduktion/-exposition als Grundvoraussetzung
  • Genetik
    • familiäre Häufung (s. u.)
    • Eine Reihe genetischer Faktoren wurden identifiziert, die bei Männern mit Prostatakarzinom gehäuft auftreten.
    • Rund 40 % des Erkrankungsrisikos sind durch genetische Faktoren erklärbar.
  • Lokal entzündliche Prozesse 
    • Möglicherweise spielen chronische Entzündungsprozesse eine Rolle, die durch genetische einschließlich epigenetischer Faktoren, Karzinogene und freie Radikale begünstigt werden.
    • Sexuell übertragbare Krankheiten und Prostatitis erhöhen das Risiko, was für die Entzündungshypothese spricht.
  • Ernährung
    • Häufiger Konsum von rotem Fleisch erhöht das Risiko.
    • Möglicherweise protektiv sind:
      • Phytoöstrogene (insbes. Soja)
      • lycopenreiche Kost (z. B. Tomaten).

Prädisponierende Faktoren

  • Alter als Risikofaktor mit dem höchsten Gewicht (IV)
    • Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 69 Jahren.
  • Familiäre Häufung
    • Die Wahrscheinlichkeit, selbst an einem Prostatakarzinom zu erkranken, erhöht sich um etwa das 2,5-Fache, wenn ein Verwandter 1. Grades erkrankt ist.
    • Haben 2 oder mehr Verwandte 1. Grades ein Prostatakarzinom, ist das Risiko, selbst zu erkranken, 5- bis 11-mal so groß.
  • Geografische und ethnische Faktoren?
    • Die Prävalenz zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr schwankt zwischen 70/100.000 (USA) und 14/100.000 (Griechenland).
    • große Prävalenzunterschiede im Vergleich verschiedener ethnischer Gruppen
      • Das Risiko ist bei Menschen afrikanischer Abstammung höher, bei Menschen asiatischer Abstammung niedriger als bei Menschen europäischer Abstammung.
    • Lebensstilfaktoren als Kovariate (z. B. Ernährung, s. o.)?
  • Testosteronsubstitution?
    • Bei hypogonadalen Patienten ohne klinisch erkennbares Prostatakarzinom kann Testosteron substituiert werden (C).
      • Bisher wurde ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Prostatakarzinoms nicht nachgewiesen (Ib/C).
    • Bei Nachweis eines Hypogonadismus soll der Patient vor einer  Testosteronsubstitution digital-rektal untersucht und der PSA-Wert soll bestimmt werden (IV/A).
    • Eine Testosteronbehandlung ist u. a. in folgenden Fällen kontraindiziert:
    • Näheres zum fortlaufenden Prostatakarzinom-Screening unter Testosteronsubstitution siehe Artikel Testosteronbehandlung.

ICPC-2

  • Y77 Prostatakrebs

ICD-10

  • Nach ICD-10-GM Version 20217
    • C61 Bösartige Neubildung der Prostata

Diagnostik

  • Sofern nicht anders gekennzeichnet, basiert der gesamte Abschnitt auf diesen Referenzen.1-3

Diagnostische Kriterien

  • Diagnosesicherung ausschließlich histologisch

Klinisches Bild

Lokal begrenzt

  • Erhöhte PSA-Werte
  • Verdacht auf einen lokalisierten Tumor bei Rektalpalpation
  • In der Regel keine klinischen Symptome

Lokal fortgeschritten

  • Ggf. Miktionsstörungen
  • Schmerzen im Unterleib
  • Erhöhte PSA-Werte
  • Größerer, rektal tastbarer Tumor

Metastasiert

Früherkennung und Screening

Leitlinie: Früherkennung und Screening1

  • Besteht ein Anlass, über Früherkennung zum Prostatakarzinom zu informieren, sollen Männer ergebnisoffen über die Vor- und Nachteile beraten werden, insbesondere über die Aussagekraft von positiven und negativen Testergebnissen, Überdiagnosen sowie über ggf. erforderliche weitere Maßnahmen (IV/A).
  • Männern, die nach der Aufklärung eine Früherkennungsuntersuchung wünschen, soll das Bestimmen des PSA-Wertes als Untersuchungsmethode angeboten werden (IIb/A).
  • Zusätzlich kann eine digital-rektale Untersuchung empfohlen werden (IIb/C).

Empfehlungen der DEGAM8

  • Männer, die den Wunsch nach einer Früherkennungsuntersuchung mittels PSA in der Hausarztpraxis nicht von sich aus äußern, sollen darauf nicht aktiv angesprochen werden.
  • Wird ein Beratungsgespräch gewünscht, dann sollen der mögliche Nutzen wie auch die Risiken des PSA-Screenings (Überdiagnose und Übertherapie) in natürlichen Zahlen und auch grafisch dargestellt werden.
    • geeignete Grafiken für das Aufklärungsgespräch in der DEGAM-Praxisempfehlung Hausärztliche Beratung zu PSA-Screening8
    • Ebenso soll die Aussagekraft von positiven und negativen Testergebnissen dargestellt werden.

Ergebnisse internationaler Screening-Studien9-16

  • Eine Metaanalyse randomisiert kontrollierter Studien (RCT) zum Prostatakrebs-Screening mit PSA, die 341.351 Patienten im Alter von 50–74 Jahren umfasst, mit Verlaufskontrolle nach 7–15 Jahren, kommt zu folgendem Ergebnis:17
    • Prostatakrebs-Screening ist nicht in der Lage, die Gesamtmortalität oder die prostatakrebsspezifische Letalität in nennenswertem Umfang zu reduzieren.
    • Es dauert länger als 10 Jahre, um einen evtl. Nutzen des Prostatakrebs-Screenings zu erzielen. Patienten mit einer Lebenserwartung < 10–15 Jahre sollten darüber informiert werden, dass das Screening keine Vorteile, dafür aber Nachteile haben kann.
    • Die Metaanalyse schließt wichtige europäische und amerikanische Studien mit ein.
  • Es liegen weiterhin keine aussagekräftigen Zahlen hinsichtlich möglicher screeningbedingter Schäden (Überdiagnostik und Falschbehandlung) vor.
  • Die bisherigen Kohortenstudien mit Beobachtungszeiträumen von 9–14 Jahren kommen je nach Studienpopulation und -methodik zu unterschiedlichen Ergebnissen:9,16,18
    • absolute Risikoreduktion: 0,11–1,07 Todesfälle pro 1.000 Männer
    • Number Needed to Test (NNT) zur Verhinderung eines Prostatakarzinom-bedingten Todesfalls: 293–1.410 Männer
    • Zahl der zu erkennenden und zu behandelnden Prostatakarzinome, um einen Todesfall zu verhindern: 12–48.
  • Eine Kosten-Nutzen-Analyse (Kosten pro QALY < 125.000 US-$) ergibt einen möglichen Nutzen unter zwei Vorrausetzung:19
    1. PSA-Screening alle 4 Jahre bei Männern im Alter von 55–69 Jahren
    2. aktive Überwachung von Malignomen mit niedrigem Risiko.
  • Wie ein breites PSA-Screening zu bewerten wäre, ist weiterhin kontrovers.

Erhöhter PSA-Wert

  • PSA ist nicht tumorspezifisch, und ein erhöhter PSA-Wert ist nicht gleichbedeutend mit Prostatakrebs.
    • Die häufigste Ursache für erhöhte PSA-Werte ist eine benigne Prostatahyperplasie (BPH). Männer mit Prostatakrebs ohne gleichzeitige BPH haben ein höheres Risiko für extrakapsuläres Wachstum.
    • Mäßig erhöhte PSA-Werte können auf eine gutartige Prostataerkrankung oder eine Harnwegsinfektion zurückzuführen sein – die Messung sollte daher wiederholt werden.
  • Wie korreliert der PSA-Wert mit der Karzinomprävalenz?
    • An einer großen Studie nahmen gesunde Männer im Alter von 62–91 Jahren teil. Bei den Männern, deren PSA-Werte über eine 7-jährige Beobachtungsdauer unter 4,0 ng/ml blieben, wurde in der abschließend durchgeführten Biopsie mit folgender Häufigkeit (%) ein Prostatakarzinom festgestellt:20
      • PSA < 1,0 ng/ml: 8,8 %
      • PSA 1,1–2,0 ng/ml: 17 %
      • PSA 2,1–3,0 ng/ml: 23,9 %
      • PSA 3,1–4,0 ng/ml: 26,9 %.
    • Ein hochgradiges Prostatakarzinom (Gleason-Score ≧ 7) wurde mit folgender Häufigkeit (%) festgestellt:
      • PSA < 1,0 ng/ml: 0,9 %
      • PSA 1,1–2,0 ng/ml: 2,0 %
      • PSA 2,1–3,0 ng/ml: 4,6 %
      • PSA 3,1–4,0 ng/ml: 6,7 %.
    • Bei einem negativen Befund nach der digitalen rektalen Untersuchung und einem PSA-Wert von 4,1–10 ng/ml liegt in 25 % aller Fälle ein Prostatakarzinom vor; bei einem PSA-Wert > 10 ng/ml liegt in mindestens 50 % aller Fälle ein Prostatakarzinom vor.
  • Testintervalle am PSA-Wert orientieren.
    • Die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) bemisst in ihrer Leitlinie1 für Männer, die eine PSA-Früherkennungsuntersuchung wünschen, das empfohlene Intervall für die Nachfolgeuntersuchung (sofern keine Indikation für eine Biopsie vorliegt) nach aktuellem PSA-Wert und dem Alter der Patienten:
    • Altersgruppe ab 45 Jahren und einer Lebenserwartung > 10 Jahre:
      • PSA < 1 ng/ml: Intervall alle 4 Jahre
      • PSA 1–2 ng/ml: Intervall alle 2 Jahre
      • PSA > 2 ng/ml: Intervall jedes Jahr.
    • Für Männer über 70 Jahre und einem PSA-Wert < 1 ng/ml wird eine weitere PSA-gestützte Früherkennung nicht empfohlen.

Quotient freies PSA/Gesamt-PSA

  • Eine weitere Entscheidungshilfe für oder gegen eine Prostata-Biopsie bietet die Bestimmung des freien PSA/PSA-Quotienten (freies PSA/Gesamt-PSA).
    • PSA, das bei BPH ins Blut gelangt, ist hauptsächlich freies PSA. Männer mit einem hohen Quotienten aus freiem und Gesamt-PSA (ca. > 0,24, Grenzwert ist abhängig vom Messverfahren) haben ein eher geringes Risiko für das Vorliegen eines klinisch relevanten Prostatakarzinoms.
    • Liegt bei leicht erhöhtem Gesamt-PSA-Wert eine Befundkonstellation vor, die auf ein niedriges Risiko hinweist, spricht das für ein abwartend-beobachtendes Vorgehen (Watchful Waiting).

PSA-Anstieg21-22

  • Der schnelle Anstieg des PSA-Wertes kann ein Hinweis auf das Vorliegen eines Prostatakarzinoms sein.
    • Es gibt dabei keine fixen Grenzwerte, sondern eher einen Grenzwertkorridor zwischen 0,35 ng/ml und 0,75 ng/ml pro Jahr.
    • Ein Anstieg um mehr als 2 ng/ml pro Jahr ist mit erhöhter Letalität verbunden.
    • Bei einem Anstieg um mehr als 0,35 ng/ml pro Jahr sinkt das tumorspezifische Überleben von 92 % auf 54 %.

Differenzialdiagnosen

Lokal begrenzt

Lokal fortgeschritten

Metastasiert

Anamnese

Lokal begrenzt

  • Verursacht in der Regel keine Symptome.
  • Einige Patienten suchen Rat, weil bereits ein Familienmitglied an einem Prostatakarzinom erkrankt ist.
  • Eine rasch steigende Zahl von asymptomatischen Patienten wird durch den Nachweis eines erhöhten PSA-Werts erkannt.

Lokal fortgeschritten

Metastasiert

Klinische Untersuchung

Lokal begrenzt

  • In der Regel ohne klinischen Befund
  • Die Prostata ist normal, oder es ist eine kleine Verhärtung tastbar. Die meisten Karzinome befinden sich in der peripheren Zone der Prostata, sodass die Palpation des Tumors möglich ist.

Lokal fortgeschritten

  • Tastbar
    • Drüse mit fester, evtl. variabler Konsistenz
    • unregelmäßige Oberfläche
    • asymmetrische Konfiguration
    • unscharfe Abgrenzung
    • „festsitzende“ Rektumschleimhaut
  • Die digitale rektale Untersuchung wird mit höchst unterschiedlicher Qualität ausgeführt, und die Reproduzierbarkeit ist selbst unter erfahrenen Kliniker*innen schlecht.
  • Positiver prädiktiver Wert
    • relativ gering, jedoch abhängig von Tumorstadium und PSA-Wert
    • Bei verdächtigen Befunden bei der digital-rektalen Untersuchung und einem PSA-Wert von 4–10 ng/ml liegt in ca. 40 % aller Fälle ein Prostatakarzinom vor; bei einem PSA-Wert > 10 ist bei nachfolgender Biopsie bei ca. 70 % aller Fälle ein Prostatakarzinom nachweisbar.
  • Evtl. kommt es aufgrund einer lokalen lymphatischen Obstruktion zu Ödemen in den unteren Extremitäten.

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Urinuntersuchung
  • Blutuntersuchung: Serumkreatinin und PSA (ggf. weitere Parameter wie Blutbild, Entzündungsparameter, Gerinnung, Elektrolyte u. a.)

PSA

  • Validität
    • Die Sensitivität des PSA-Werts ist hoch, dessen Spezifität zur Identifizierung von Patienten mit Prostatakarzinomen ist jedoch gering.
  • Die Untersuchung wird zur Abklärung empfohlen, wenn ein klinischer Verdacht auf ein Prostatakarzinom vorliegt.
    • bei verdächtigem Palpationsbefund
    • bei Miktionsbeschwerden und Symptomen der unteren Harnwege bei Männern unter 70 Jahren
  • Näheres siehe Artikel Erhöhter PSA-Wert.
  • Männer, die Ärzt*innen wegen einer Vorsorgeuntersuchung einschließlich einer Prostatauntersuchung aufsuchen, sollten zunächst über evtl. Konsequenzen dieser Untersuchung aufgeklärt werden, bevor die diagnostische Untersuchung durchgeführt wird.

Diagnostik bei Spezialist*innen

Bildgebung

  • Transrektale Ultraschalluntersuchung
  • Multiparametrische MRT (mpMRT), d. h. MRT mit:
    • diffusionsgewichteter Bildgebung
    • Perfusionsbildgebung
    • ggf. Protonen-MR-Spektroskopie.

Biopsie

Leitlinie: Stanzbiopsie der Prostata1

  • Im Rahmen der Früherkennung soll eine Prostatabiopsie bei Vorliegen von mindestens einem der folgenden Kriterien empfohlen werden (IIb/A):
    • kontrollierter PSA-Wert von ≥ 4 ng/ml bei der erstmaligen Früherkennungskonsultation unter Berücksichtigung von Faktoren mit potenziellem Einfluss auf den PSA-Wert
    • karzinomverdächtiges Ergebnis bei der digital-rektalen Untersuchung
    • auffälliger PSA-Anstieg (ohne Wechsel des Bestimmungsverfahrens)
  • Vor der Entscheidung zur Biopsie soll der Patient in ausreichendem zeitlichem Abstand zu dem Eingriff über den potenziellen Nutzen, die Risiken und Konsequenzen einer Prostatabiopsie ärztlich aufgeklärt werden (Expertenkonsens).
  • Bei folgenden Befundkonstellationen soll eine erneute Biopsie innerhalb von 6 Monaten empfohlen werden (IIb/A):
    • Nachweis einer hochgradigen prostatischen intraepithelialen Neoplasie (High-Grade-PIN) in mindestens 4 Gewebeproben
    • Atypical Small Acinar Proliferation (ASAP)
    • isoliertes intraduktales Karzinom der Prostata (IDC-P)
    • suspekter PSA-Wert bzw. PSA-Verlauf
  • Vor jeder weiteren Biopsie soll zwischen Ärzt*in und Patient eine erneute Abstimmung über deren potenziellen Nutzen, Risiken und Konsequenzen vorgenommen werden (Expertenkonsens).
  • Nebenwirkungen der Biopsie

Prognostische Evaluation1

  • Für die prognostische Evaluation des Prostatakarzinoms sollen folgende 3 Parameter berücksichtigt werden (IV/A):
    1. Gleason-Grading
    2. TNM-Kategorie
    3. chirurgische Resektionsränder des Karzinoms.
  • Für die Abschätzung der Prognose sollen in der Routineversorgung keine Untersuchungen durchgeführt werden, die über die Pathomorphologie hinausgehen, z. B. (IV/A):
    • Molekularbiologie
    • Immunhistochemie
    • Zytometrie.
  • Nach dem vereinfachten Klassifikationssystem der International Society of Urological Pathology (ISUP) können die beiden Summanden des Gleason-Scores in einen Prognosegrad umgerechnet werden:23
    • Gleason 3 + 3 = 6: Prognosegrad Gruppe I (ISUP 1)
    • Gleason 3 + 4 = 7: Prognosegrad Gruppe II (ISUP 2)
    • Gleason 4 + 3 = 7: Prognosegrad Gruppe III (ISUP 3)
    • Gleason 8: Prognosegrad Gruppe IV (ISUP 4)
    • Gleason 9–10 Prognosegrad Gruppe V (ISUP 5).

Staging

  • Beurteilung von Tumorstadium (T-Stadium), Lymphknotenmetastasen (N-Stadium) und Fernmetastasen (M-Stadium)
  • Das Tumor-Staging erfolgt beim Urologen durch Palpation, Biopsien unter transrektaler Prostatasonografie und je nach Befund ggf. zusätzlich MRT, CT, PET oder Skelettszintigrafie.
  • Vor einer möglichen Radikalbehandlung erfolgt ein Lymphknoten-Staging.
  • Ggf. Skelettszintigrafie (Diagnostik Knochenmetastasen)
  • Ggf. Beurteilung der Nierenfunktion
  • evtl. CT/MRT oder PET, z. B. zur Detektion von Lymphknoten- und Knochenmetastasen

Indikationen zur Überweisung

Checkliste zur Überweisung

Prostatakarzinom

  • Zweck der Überweisung
    • Diagnostik (Biopsie)
    • evtl. Staging, Prognose und Therapieplanung
  • Anamnese
    • Beginn und Dauer? Worauf stützt sich die Diagnose?
    • Symptome der unteren Harnwege: Entleerungsstörungen, Inkontinenz, Schmerzen, Hämaturie
    • andere Erkrankungen
    • Familienanamnese: Prostatakarzinom in der Familie?
    • regelmäßige Medikamente
  • Klinische Untersuchung
    • Allgemeinzustand
    • Prostata: Vergrößerung, Knoten, Konsistenz, Abgrenzung
  • Ergänzende Untersuchungen

Therapie

  • Sofern nicht anders gekennzeichnet, basiert der gesamte Abschnitt auf diesen Referenzen.1-3

Therapieziele

  • Kurative Behandlung – oder –
  • Supportiv- und Palliativbehandlung, z. B.:
    • Lokale Symptome der unteren Harnwege lindern.
    • Nierenschäden verhindern.
    • Allgemeinsymptome lindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Die Behandlung von Prostatakrebs richtet sich nach dem klinischen Stadium (TNM), der Anzahl der positiven Biopsien, dem histologischen Stadium (Gleason-Score), dem PSA-Wert und dem Alter oder der Lebenserwartung der Patienten.

Kurative Behandlung

Leitlinie: Aktive Überwachung (Active Surveillance)1

  • Voraussetzung für die Wahl einer Strategie der aktiven Überwachung sollen folgende Parameter sein (IV/A):
    • PSA ≤ 10 ng/ml
    • Gleason-Score ≤ 6
    • Tumorstadium cT1 und cT2a
    • Biopsie: max. 2 positive Befunde aus mindestens 10–12 Stanzzylindern
    • Weniger als 50 % der normalen Biopsielänge zeigen maligne Veränderungen.
  • Bei der Indikationsstellung sollen Alter und Komorbidität berücksichtigt werden. 
  • MRT und ggf. Biopsie
    • Patienten, die aktive Überwachung als Therapieoption erwägen, sollen vor Indikationsstellung eine den geltenden Qualitätsstandards entsprechende mpMRT erhalten (IIa/A).
    • Wenn sich im MRT verdächtige Areale (PI-RADS 3–5) zeigen, sollen diese gezielt biopsiert werden (IIa/A).
  • Überwachungsschema 
    • Kontrolle des PSA-Werts und digitale Rektaluntersuchung alle 3 Monate über 2 Jahre (IV/A)
    • Bleibt der PSA-Wert in dieser Zeit stabil, ist danach alle 6 Monate zu untersuchen (IV/A).
  • Eine Rebiopsie soll erfolgen (IV/A).
    • Patienten mit initialem MRT und systematischer plus ggf. gezielter Biopsie vor Einschluss in die aktive Überwachung sollten eine Rebiopsie mit erneutem MRT plus systematischer Biopsie nach 12 Monaten erhalten (IV/B).
    • Patienten ohne initiales MRT vor Einschluss in die aktive Überwachung sollten eine MRT mit systematischer plus ggf. gezielter Biopsie innerhalb von 6 Monaten erhalten (IV/B).
    • Biopsien sollten danach in den ersten 3 Jahren alle 12–18 Monate vorgenommen werden, später bei stabilem Befund alle 3 Jahre (IV/B).
  • Therapiebeginn (Beendigung der aktiven Überwachung)
    • Wenn die Einschlusskriterien in einem Kriterium nicht mehr erfüllt sind oder sich die PSA-Verdopplungszeit auf weniger als 3 Jahre verkürzt, soll zu einer Beendigung der aktiven Überwachung geraten werden (IV/A).

Radikale Prostatektomie oder „abwartende Beobachtung“ bei Prostatakarzinomen im Frühstadium

  • Der Nutzen einer radikalen ProstatakarzinomProstatektomie im Frühstadium ist nicht eindeutig belegt.
    • individuelle Entscheidung anhand des Progressionsrisikos
  • Aktive Überwachung
    • Beinhaltet die genaue Überwachung des Patienten und eine kurative Behandlung bei Anzeichen von Progress.
    • Diese Strategie ist für Patienten geeignet, bei denen nur ein geringes Risiko einer weiteren Krankheitsentwicklung besteht.
    • Die Wahl einer solchen Behandlung führt bei dieser Patientengruppe nicht notwendigerweise zu einer kürzeren Überlebenszeit.
  • „Watchful Waiting“ (abwartende Beobachtung)
    • Langfristige Beobachtung und sekundäre symptomorientierte Therapie statt kurativer Behandlung soll bei Patienten erörtert werden, die eine mutmaßliche Lebenserwartung unter 10 Jahren haben (III/A).

Empfehlungen für Patienten

  • Männer sollen über eine gesunde Lebensweise beraten werden (IV/A). Hierzu gehören Aspekte der
    • Ernährung
    • Raucherentwöhnung
    • psychosozialen Situation
    • körperlichen Bewegung.
      • Eine hohe körperliche Aktivität nach nachgewiesenem Prostatakarzinom verbesserte in einer Beobachtungsstudie (III) die Prognose sowohl bezüglich der Gesamtmortalität als auch der prostataspezifischen Mortalität.24

Therapieformen: aktive kurative Behandlung

  • Radikale Prostatektomie
  • Perkutane Strahlentherapie
  • Endokrine Therapie (Androgenablation, auch Androgendeprivation)
  • Brachytherapie
  • Fokale Therapieverfahren

Chirurgie

Leitlinie: Radikale Prostatektomie1

Bei lokal begrenztem Tumor

  • Eine primäre Therapieoption für Patienten mit klinisch lokal begrenztem Prostatakarzinom aller Risikogruppen (Ib)
  • Patienten sollen darüber aufgeklärt werden, dass eine prospektiv randomisierte Studie bei Patienten mit klinisch lokal begrenztem Tumor (T1b–T2 N0 M0), einem PSA-Wert unter 50 ng/ml und einer Lebenserwartung von mindestens 10 Jahren gezeigt hat, dass die radikale Prostatektomie signifikant die Häufigkeit einer Progression der Erkrankung, das Risiko von Fernmetastasen, die prostatakarzinomspezifische Mortalität und die Gesamtmortalität gegenüber „Watchful Waiting" senkt (Ib/A).
  • Patienten sollen über die Möglichkeit und Grenzen einer potenzerhaltenden (nerverhaltenden) radikalen Prostatektomie aufgeklärt werden (IV/A).
    • Eine radikale Prostatektomie soll nur unter Leitung von erfahrenen Operateur*innen durchgeführt werden (IIa/A).
    • Dies beinhaltet die Durchführung von mindestens 50 Prostatektomien in einer Einrichtung pro Jahr sowie mindestens 25 pro Operateur*in pro Jahr sowie ein entsprechendes Ausbildungsprogramm (IV).

Bei lokal fortgeschrittenem Tumor

  • Die radikale Prostatektomie ist eine primäre Therapieoption für Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom (Ic–III).
  • Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom und einer geplanten lokalen Therapie sollen über Vor- und Nachteile, sowohl einer radikalen Prostatektomie mit Lymphadenektomie als auch einer Strahlentherapie mit ggf. zusätzlicher zeitlich befristeter hormonablativer Therapie, aufgeklärt werden (IV/A).
  • Patienten mit einem Prostatakarzinom des hohen Risikoprofils, die eine radikale Prostatektomie wünschen, sollen über das erhöhte Risiko für positive Resektionsränder und für ein Krankheitsrezidiv sowie die daraus häufig resultierenden zusätzlich notwendigen Maßnahmen (z. B. hormonablative Therapie, Strahlentherapie) aufgeklärt werden (IIb/A).
  • Die chirurgische Behandlung erfordert einen Krankenhausaufenthalt von 1–2 Wochen und wird in den meisten urologischen Abteilungen durchgeführt.
  • Zu den Nebenwirkungen nach dem chirurgischen Eingriff zählen erektile Dysfunktion (bei ca. 70 %) und Harninkontinenz (bei bis zu 30 %).

Perkutane Strahlentherapie

  • Patienten, bei denen eine radikale Strahlentherapie gegen ein Prostatakarzinom indiziert ist, sollten über das Risiko von strahleninduziertem Krebs aufgeklärt werden.

Leitlinie: Strahlentherapie1

Primäre perkutane

  • Die perkutane Strahlentherapie ist eine primäre Therapieoption beim lokal begrenzten Prostatakarzinom aller Risikogruppen (Ib-IIb).
  • In Kombination mit einer langfristigen hormonablativen Therapie von mindestens 24, besser 36 Monaten auch für Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom (Ib)
  • Information der Patienten über die möglicherweise erhöhte urogenitale Spättoxizität
  • Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom des hohen Risikoprofils
    • sollen zusätzlich zur perkutanen Strahlentherapie eine adjuvante hormonablative Therapie erhalten. Diese kann bis zu 6 Monate vor der Strahlentherapie beginnen (Ib/A).

Adjuvante perkutane 

  • Postoperative Strahlentherapie (60–64 Gy) nach radikaler Prostatektomie und Erreichen des definierten PSA-Nullbereichs. Die Indikation beschränkt sich auf bestimmte Risikogruppen, orientiert an Tumorstadium und Progressionsrisiko laut Gleason Score bzw. ISUP
  • Bei der Aufklärung über die adjuvante Strahlentherapie soll die alternative Option der perkutanen Strahlentherapie bei PSA-Anstieg aus dem definierten Nullbereich genannt werden (IV/A).
  • Bei Patienten mit lymphknotenpositivem Prostatakarzinom nach radikaler Prostatektomie und Lymphadenektomie kann eine adjuvante Bestrahlung der pelvinen Lymphabflusswege in Kombination mit einer hormonablativen Therapie angeboten werden (IIc/C).
  • Häufige Nebenwirkungen nach einer externen Bestrahlung sind erektile Dysfunktion, die jedoch später und seltener eintritt als nach einer operativen Prostatektomie, und Proktitis (Diarrhö).25
  • In einer Vergleichsstudie zwischen Operation und Bestrahlung, bei der der Schwerpunkt auf anderen Nebenwirkungen als erektiler Dysfunktion und Harninkontinenz lag, wurde festgestellt, dass bei der Bestrahlung häufiger Nebenwirkungen auftreten (III).25
  • Postoperative Bestrahlung verbessert die Prognose bei lokal fortgeschrittenem Prostatakrebs (Ib).

Brachytherapie

  • Strahlenquellen (Seeds) werden in die Prostata implantiert. Dadurch kann die Prostata mit relativ hohen Strahlungsdosen behandelt werden, ohne dass andere Organe zusätzlich geschädigt werden.26
  • Dauerhafte Implantation bei der Low-Dose-Rate(LDR)-Variante
  • Temporäre Implantation bei der High-Dose-Rate(HDR)-Variante

Fokale Therapie1,26

  • Dabei werden nur die von Tumoren befallenen Teile der Prostata behandelt.
  • Verfahren
    • KyrotherapieKryotherapie
      • Soll Krebszellen durch lokales Einfrieren der Prostata abtöten.
      • Die Prostata wird mithilfe eines Gases, das durch dünne Nadeln transperineal in die Prostata eingebracht wird, eingefroren.
    • Hyperthermie
      • Erhitzung der Zielregion auf über 42 °C soll zu einer Wirkungsverstärkung einer zuvor oder anschließend verabreichten Strahlentherapie oder Chemotherapie führen.
    • hochintensiver fokussierter Ultraschall (HIFU)
      • Durch Bündelung der Schallwellen werden in der Zielregion Temperaturen bis zu 90 °C erreicht.
    • vaskulär gezielte photodynamische Therapie (VTP) mit Padeliporfin
      • Laserlicht aktiviert die vorher i. v. applizierte photosensitivierende Substanz Padeliporfin. Dadurch kommt es in der Zielregion zur Gewebsnekrose.
    • irreversible Elektroporation
      • Applikation kurzer starker Stromimpulse über Mikroelektroden induziert in der Zielregion den Untergang von Tumorzellen.
    • fokale Strahlentherapie
      • Radiofrequenzablation (RFA)
      • stereotaktische Bestrahlung (SBRT)
      • fokale Brachytherapie (s. o.)
  • Bewertung (Stand Oktober 2021)
    • Für keines dieser Verfahren wurde die Gleichwertigkeit mit Standardverfahren nachgewiesen.
    • Zur Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit der unterschiedlichen fokalen Verfahren liegen keine vergleichenden Daten vor.
    • Die VTP mit Padeliporfin ist das einzige fokale Verfahren, dessen Wirksamkeit und Sicherheit durch eine randomisiert kontrollierte Studie zur Behandlung des Prostatakarzinoms niedrigen Risikos im Vergleich zur aktiven Überwachung belegt wurde.27
    • Zu allen anderen fokalen Therapien liegen keine ausreichenden Daten für eine Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit vor.

Leitlinie: Fokale Therapie1

Lokal begrenzte Erkrankung

  • Patienten mit einem unilateralen, lokal begrenzten Prostatakarzinom niedrigen Risikos kann eine fokale Therapie angeboten werden, wenn diese sowohl Standardtherapien als auch die AS ablehnen sowie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: (Expertenkonsens)
    • Gleason-Score 6
    • PSA < 10 ng/ml
    • unauffälliger Tastbefund
    • maximal 50 % positive Stanzen nur auf einer Seite in der systematischen Biopsie
    • Diagnose durch mpMRT, Fusionsbiopsie und systematische Biopsie

Lokal fortgeschrittene Erkrankung

  • Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom sollen keine fokale Therapie – egal mit welcher Technologie – erhalten (III/A).

Therapie von Rezidiven

Supportiv- und Palliativbehandlung

Therapieplanung1

  • Die Möglichkeiten der Palliativtherapie sollen mit dem Patienten und seinen Angehörigen umfassend und frühzeitig besprochen werden. Hierzu gehören:
    • Informationen über alle verfügbaren Betreuungsangebote (IV/A), z. B. Selbsthilfegruppen, ambulante/stationäre Pflege
    • Informationen über alle Behandlungsmethoden
    • Erstellung eines umfassenden Behandlungsplans unter Berücksichtigung der persönlichen Präferenzen des Patienten.
  • Die Festlegung der medizinischen Behandlungsstrategie soll interdisziplinär erfolgen (IV/A).
    • Dem Patienten sollte ein interdisziplinäres Behandlungsteam zur Verfügung stehen, einschließlich psychosozial, psychoonkologisch und palliativmedizinisch geschultem Fachpersonal (IV/B).
  • Körperliche und psychische Beschwerden wie Angst, Unruhe, Depression, Dyspnoe, Schwäche und Fatigue sollen regelmäßig erhoben werden, und es soll eine angemessene Betreuung und Behandlung erfolgen (IV/A).

Schmerztherapie

  • Die medikamentöse Behandlung von Tumorschmerzen soll auf der Basis des Stufenschemas der WHO erfolgen:
    1. Nicht-Opioide (evtl. mit Adjuvanzien/Koanalgetika)
    2. niedrigpotente Opioide (evtl. mit Adjuvanzien/Koanalgetika und/oder Nicht-Opioiden)
    3. hochpotente Opioide (evtl. mit Adjuvanzien/Koanalgetika und/oder Nicht-Opioiden).
  • Im Rahmen der palliativen Schmerztherapie sollen auch nichtmedikamentöse Maßnahmen erwogen werden (IV/A):
    • physikalische Maßnahmen (z. B. Lagerung, Lymphdrainage, aktivierende Pflege)
    • psychosoziale Maßnahmen (psychologische Begleitung, ggf. seelsorgerischer Beistand).
  • Näheres zu den einzelnen schmerztherapeutischen Optionen siehe auch Palliative Schmerztherapie.

Knochenmetastasen

  • Schmerztherapie
  • Lokale perkutane Bestrahlung
    • Soll in folgenden Situationen eingesetzt werden (Ia/A):
      • persistierende lokalisierte Knochenschmerzen
      • drohende spinale Kompression (ggf. nach operativer Intervention)
      • nach operativer Stabilisierung
      • erhöhtes Frakturrisiko.
  • Operative Intervention
    • in der Regel in Kombination mit Bestrahlung
  • Bisphosphonat oder Denosumab
    • Zur Prävention von Komplikationen bei Knochenmetastasen im kastrationsresistenten Stadium soll der monoklonale Antikörper Denosumab oder als Bisphosphonat Zoledronsäure nach Aufklärung über potenziellen Schaden und Nutzen angeboten werden (Ib/A).
      • Zur Prävention von Kieferosteonekrosen soll vor der Gabe von Bisphosphonaten oder Denosumab eine zahnärztliche Untersuchung und die ggf. erforderliche zahnärztliche Sanierung sowie eine Unterweisung und Motivation des Patienten zu überdurchschnittlicher Mundhygiene stattfinden (IIIb/A).
    • Zur Prävention von Komplikationen bei Knochenmetastasen im hormonnaiven Stadium sollten Bisphosphonate nicht eingesetzt werden (Ib–IV/B).
      • Die Wirkung von Denosumab in diesem Stadium kann derzeit nicht beurteilt werden.
  • Radionuklide
    • Können bei multiplen Knochenmetastasen im kastrationsresistenten Stadium zur Schmerztherapie eingesetzt werden (Ib/C).
    • Die Therapie mit Radium-223 führt bei Patienten in gutem Allgemeinzustand (ECOG ≤ 2) ohne Nachweis viszeraler Metastasen zu einer Verlängerung der Überlebenszeit.
    • Allerdings hat das Pharmakovigilanz-Committee PRAC der europäischen Arzneimittelzulassungsbehörde EMA am 13. Juli 2018 eine Empfehlung veröffentlicht, in der zu einem restriktiven Einsatz von Radium-223 geraten wird.30
      • Das PRAC empfiehlt, Radium-223 innerhalb des vorgesehenen Indikationsgebiets nur dann einzusetzen, wenn zwei vorhergehende Therapien versagt haben oder wenn andere wirksame Therapien nicht infrage kommen.
      • Die Empfehlung beruht auf der retrospektiven Analyse von Studiendaten, in denen sich ein möglicher Zusammenhang zwischen der Behandlung mit Radium-223 und einer erhöhten Mortalität und Frakturrate andeutet.
      • Ausdrücklich gewarnt wird seit März 2018 vor einer Kombination von Radium-223 mit Abirateronacetat oder Prednisolon oder Prednison, denn bei dieser Kombination ist das erhöhte Mortalitäts- und Frakturrisiko zweifelsfrei bewiesen.31 Die genannten Kombinationen sind demnach kontraindiziert. Der Hersteller hat dazu in Abstimmung mit EMA und BfArm einen Rote-Hand-Brief herausgegeben.32
      • Die aktuelle Fassung der deutschen Leitlinien (Stand Februar 2020) wurde entsprechend angepasst.

Erektile Dysfunktion (ED)

  • Als supportive Maßnahme zur Behandlung der erektilen Dysfunktion nach kurativer Therapie sollte zunächst ein PDE-5-Inhibitor eingesetzt werden (IV/B).
    • Bei Ineffektivität dieser Behandlung sollten unter Berücksichtigung der Patientenpräferenz folgende Optionen in Kombination mit physiotherapeutischem ED-Training erwogen werden (Ic/B):
      • intrakavernöse Injektionen
      • intraurethrale Prostaglandine (Alprostadil)
      • Vakuumerektionshilfe.
  • Bei bilateral nerverhaltend operierten Patienten ist eine Überlegenheit der allabendlichen PDE-5-Inhibitoren gegenüber der bedarfsweisen Einnahme nicht nachgewiesen (I–III).
  • Näheres zu den aufgeführten Therapieoptionen finden Sie im Artikel Erektile Dysfunktion.

Harninkontinenz

  • Die postoperative Harninkontinenz nach radikaler Prostatektomie soll mithilfe multimodaler Konzepte therapiert werden (Ib/A).
    • Im Mittelpunkt des Kontinenztrainings bei Belastungsinkontinenz soll die Physiotherapie stehen.
    • Andere Formen der Inkontinenz sollen evaluiert und ggf. entsprechend behandelt werden.
  • Die Wirksamkeit einzelner oder kombinierter Methoden zur Behandlung von Harninkontinenz nach radikaler Prostatektomie wurde bislang nicht in geeigneten Studien untersucht. Das trifft u. a. auf folgende Methoden zu:33
    • Beckenbodentraining mit oder ohne Biofeedback
    • Elektrostimulation
    • extrakorporale Magnetstimulation
    • Kompression der distalen Harnröhre
    • Verhaltensänderungen (z. B. Trinkverhalten, Toilettenverhalten).

Stauungsniere (Hydronephrose)

  • Große Tumoren oder Lymphknotenmetastasen können die Harnleiter stenosieren oder infiltrieren und zur Stauungsniere (Hydronephrose) führen.
    • bei beidseitiger Stenose evtl. mit Urämie
  • Patienten, die wegen eines hormonnaiven Prostatakarzinoms eine Harnstauungsniere haben, sollten primär ausschließlich durch hormonablative Therapie behandelt werden (II–III/B).
  • Patienten mit symptomatischer Harnstauung sollen durch instrumentelle Harnableitung behandelt werden (IV/A).
    • Die Ableitung sollte vorzugsweise perkutan erfolgen (III–IV/B), wegen der
      • hohen Versagerquote einer retrograden Sondierung
      • häufigen vom unteren Harntrakt ausgehenden Irritationen
      • nicht optimalen Drainage und der Migrationsgefahr des Stents.
    • Vor einer geplanten Harnableitung sollen deren Möglichkeit, die Vorteile und Nachteile sowie die unterschiedlichen Verfahren mit den Patienten und ggf. mit den Angehörigen besprochen werden.
      • Wird bei Patienten mit kastrationsresistentem Prostatakarzinom und bilateraler Obstruktion die Indikation zur Harnableitung gestellt, soll berücksichtigt werden, dass diese Patienten nur eine geringe Lebenserwartung haben (II–IV/A).
    • Innerhalb des ersten Monats nach Harnableitung sollen Patienten mehrfach kontrolliert werden (III–IV/A).
    • Die weitere Betreuung der Patienten sollte in Form von monatlichen Kontrollen fortgesetzt werden (III–IV/B).

Proktitis nach Bestrahlung

  • Die akute Proktitis kann topisch behandelt werden, mit (Ib/C):
    • Sucralfat – oder –
    • Butyrat – oder –
    • Hydrocortison.
  • Die Behandlung der Diarrhö soll symptomatisch erfolgen (IV/A).
  • Näheres siehe Artikel Strahlenschäden am Darm.

Anämie

  • Meist iatrogen (schwere Form bei etwa 13 % der Patienten mit kompletter Androgenblockade)
    • bei symptomatischer Anämie ggf. Bluttransfusion
    • evtl. Erythropoese-stimulierende Substanzen (z. B. Erythropoietin) unter sorgfältiger Abwägung der Risiken

Endokrine Therapie

  • Die Androgenablation (Androgendeprivation, Androgensuppression) zielt auf die Hemmung (durch Antiandrogene) oder die komplette Blockade (durch chirurgische oder medikamentöse Kastration) der androgenen Stimulation des Prostatakarzinoms ab.
  • Das Tumorwachstum wird bei bis zu 80 % der Patienten gehemmt.
  • Die palliative Wirkung ist gut belegt.
    • Die Behandlung lindert z. B. lokale Symptome und Knochenschmerzen.
  • Entscheiden sich Patient und Ärzt*in gegen eine Therapie mit kurativer Intention (s. o.), soll der Patient über beobachtendes Abwarten (Watchful Waiting) mit symptomabhängiger palliativer Intervention und über eine sofortige hormonablative Therapie aufgeklärt werden. Bestandteil der Aufklärung sollen insbesondere folgende Punkte sein (Ib–IV/A):
    • der palliative Charakter beider Optionen
    • die mit einer hormonablativen Therapie verbundenen unerwünschten Wirkungen
    • die Verlängerung des progressionsfreien Überlebens durch die sofortige hormonablative Therapie, aber die uneinheitliche Datenlage bezüglich des Gesamtüberlebens.
  • Patienten unter Hormonentzugstherapie sollen rehabilitative Maßnahmen empfohlen werden, die Elemente der Bewegungstherapie enthalten (Ib–c/A).

Medikamente

  • GnRH-Analoga
    • Zu den GnRH-Analoga zählen Goserelin, Buserelin und Leuprorelin.
    • Die Behandlung unterdrückt die Funktion der Leydig-Zellen, sodass Testosteronwerte im Serum erreicht werden können, die dem Niveau nach einer chirurgischen Kastration entsprechen.
    • Die Behandlung kann die Symptome vorübergehend verstärken, da sie anfänglich zu einem Anstieg des Testosteronspiegels führt.
    • Bei Patienten mit einer hohen Tumorbelastung sollte eine solche Behandlung in den ersten 4 Wochen mit Antiandrogenen ergänzt werden: Bicalutamid oder Flutamid.
    • Die zusätzliche Gabe von Docetaxel zu Beginn der Hormontherapie kann die Überlebensrate deutlich steigern. Sie geht allerdings auch mit einer erhöhten Inzidenz an Nebenwirkungen einher.
  • Östrogene
    • Werden kaum mehr für die Androgenablation beim Prostatakarzinom verwendet, wegen des Risikos für kardiovaskuläre Komplikationen.
    • Bei peroralen Östrogenen ist das Komplikationsrisiko am höchsten.
    • Östrogene und Progesteron kommen evtl. für die Behandlung von kastrationsbedingten Hitzewallungen infrage.
    • mögliche Alternative: Clonidin oder Antidepressiva
  • Antiandrogene (nichtsteroidale Androgenrezeptor-Antagonisten)
  • Werden häufig in Kombination mit GnRH-Analoga verwendet, um ein „Flare-up“ („Aufflammen“) innerhalb des ersten Monats zu verhindern.
  • Erste Generation: Bicalutamid, Flutamid
  • Zweite Generation: Apalutamid, Darolutamid, Enzalutamid
  • Verträglichkeit
    • Die Nebenwirkungen einer Kastration – wie Hitzewallungen, verminderte Sexualfunktion und Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit – werden weitgehend vermieden. Einzige Ausnahme ist die Gynäkomastie, die unter Antiandrogene sehr häufig auftritt.
    • Eine prophylaktische Strahlentherapie (Einzelfraktion) der Warzenhöfe kann das Risiko der Gynäkomastie reduzieren. Tamoxifen oder Aromatasehemmer sind möglicherweise auch wirksam, für diese Indikation jedoch nicht zugelassen (Off-Label-Use, Stand Oktober 2021).

Lokal fortgeschrittenes Prostatakarzinom

  • Primäre Therapieoptionen
    • radikale Prostatektomie (Ic–III)
    • perkutane Strahlentherapie in Kombination mit einer hormonablativen Therapie (Ib–IV)
    • bei Tumoren der klinischen Kategorie cT3: HDR-Brachytherapie, kombiniert mit der perkutanen Strahlentherapie (Ib–III)

Hormonsensitives, metastasiertes Prostatakarzinom

  • Palliative Therapie, je nach Tumorstadium, Allgemeinzustand und Präferenz des Patienten
    • Androgendeprivation ggf. in Kombination mit:
    • Hormontherapie mit Apalutamid oder Enzalutamid
    • Chemotherapie mit Docetaxel.

Androgenunabhängiges Prostatakarzinom

  • Ein androgenunabhängiges (kastrationsresistentes) Prostatakarzinom schreitet auch bei niedrigen Testosteronspiegeln fort.
    • Derzeit steht keine kurative Therapie zur Verfügung.

Therapieplanung

  • Folgende für eine Therapieentscheidung ausschlaggebende Faktoren sollen bedacht werden (IV/A):
    • Symptomatik
    • Nebenwirkungen der Therapieoptionen
    • Patientenpräferenz
    • Komorbidität, Lebenserwartung und Lebensqualität
    • Progressionsdynamik
    • Lokalisation von Metastasen und generelle Tumorlast.
  • Es gibt bislang keine eindeutig definierten Grenzwerte für die Eignung zu einer Chemotherapie.
    • Patienten mit erhöhtem ECOG-Performance-Status (ECOG ≥ 2) oder erniedrigtem Karnofsky-Index (< 70 %) und Patienten mit Einschränkungen im geriatrischen Assessment weisen in der Regel eine eingeschränkte Behandlungseignung auf.
    • Ein geriatrisches Assessment ist zur Entscheidungsfindung vor Einleitung einer tumorspezifischen Therapie bei multimorbiden Patienten über 70 Jahre hilfreich (IV).

Nicht-metastasierte Erkrankung

  • Bei hohem Risiko für Metastasierung (PSA-Verdopplungszeit < 10 Monate) soll zusätzlich zur Androgendeprivationstherapie (ADT) ein nichtsteroidaler Antiandrogenrezeptoragonist der 2. Generation angeboten werden (Ib-c/A).

Metastasiert, asymptomatisch oder gering symptomatisch und progredient

  • Progression unter ADT: evtl. Umstellung der Behandlung
  • Wenn sich der Patient gegen ein abwartendes Verhalten und für die Umstellung der Behandlung entschieden hat, soll eine der folgenden Optionen angeboten werden (Ib/A):
    • Abirateron (in Kombination mit Prednison/Prednisolon) oder Enzalutamid (Ib/B)
    • Docetaxel (Ib/C).

Metastasiert, symptomatisch und progredient

  • Patienten in gutem Allgemeinzustand soll eine systemische Therapie, bei Bedarf in Kombination mit symptombezogener und supportiver Therapie, angeboten werden (Ib/A).
  • Patienten mit progredienter Erkrankung und reduziertem Allgemeinzustand (ECOG ≥ 2, Karnofsky-Index < 70) soll eine symptombezogene Therapie angeboten werden (IV/A).
  • Als Erstlinientherapie kann zusätzlich eine der folgenden Therapieoptionen angeboten werden (IV/C):
    • Abirateron
    • Chemotherapie, wenn der reduzierte Allgemeinzustand vor allem auf das metastasierte Prostatakarzinom zurückzuführen ist.
    • Enzalutamid
    • Steroide (Dexamethason, Prednisolon, Prednison).

Therapiesequenz nach Vortherapie mit mindestens einer neuen hormonellen Substanz

  • Bei Progress
    • sollte ein Wechsel der Therapiestrategie angeboten werden (IV/B).
    • soll eine Testung auf BRCA1/2-Mutationen angeboten werden (Ic/A).
  • Bei Nachweis einer BRCA1/2-Mutation soll eine Therapie mit Olaparib angeboten werden.

Therapiesequenzen nach Docetaxel

  • Bei Krankheitsprogress kommen je nach Allgemeinzustand folgende Behandlungen in Kombination mit symptombezogener und supportiver Therapie infrage:
    • Abirateron (in Kombination mit Prednison/Prednisolon) (Ib/A)
    • Enzalutamid (Ib/A)
    • Cabazitaxel (Ib/A)
    • bei Knochenmetastasen (Ib/C)
      • Radionuklidtherapie mit Radium-223 (Kontraindikationen und aktuelle Sicherheitshinweise siehe Abschnitt Knochenmetastasen – Radionuklide)
      • Bisphosphonate oder Denosumab (alleine oder zusätzlich zu einer der genannten Optionen)
    • Chemotherapie
    • Steroide (Dexamethason, Prednisolon, Prednison)

Prävention

  • Männer sollen über eine gesunde Lebensweise beraten werden (IV/A). Hierzu gehören Aspekte der:
  • 5-Alpha-Reduktasehemmer? (Finasterid, Dutasterid)
    • Bei Männern, die 5-Alpha-Reduktasehemmer einnahmen, wurden weniger häufig Karzinome und Präneoplasien der Prostata nachgewiesen (IV).
    • Es gibt bislang keine Hinweise zur Auswirkung auf tumorspezifische Mortalität oder Gesamtmortalität (IV).
    • Der PSA-Wert wird durch 5-Alpha-Reduktasehemmer abgesenkt.
    • In Deutschland sind 5-Alpha-Reduktasehemmer zur Prävention des Prostatakarzinoms nicht zugelassen.
  • Selen oder Vitamin E haben keine präventive Wirkung gegen Prostatakarzinome.
    • Möglicherweise erhöht die Einnahme von Vitamin-E-Präparaten sogar langfristig das Risiko.34

Verlauf, Komplikationen und Prognose

  • Sofern nicht anders gekennzeichnet, basiert der gesamte Abschnitt auf diesen Referenzen.1-3

Verlauf

  • Der natürliche Krankheitsverlauf ist bei einem Prostatakarzinom sehr variabel.
  • Die Tumorhistologie ist von großer Bedeutung; bei Patienten mit wenig differenzierten Tumoren kommt es häufig relativ schnell zur Progression der Erkrankung.
  • Die Metastasierung erfolgt sowohl lymphatisch als auch hämatogen.
  • Bei lymphatischer Streuung werden zunächst die iliakalen Lymphknoten befallen.
  • Die hämatogene Streuung betrifft vor allem das Skelett und in geringerem Ausmaß Lunge und Leber.
  • Knochenmetastasen sind meist osteosklerotisch; pathologische Frakturen sind daher selten.

Komplikationen

  • Metastasen
    • Knochenmetastasen in Becken und Wirbelsäule
      • Nerven- oder Rückenmarkskompression meist durch Wirbelsäulenmetastasen
    • Metastasen in Leber und Lunge
  • Obstruktion von Harnröhre oder Harnleiter
  • Ileus
  • Lymphatische Stauungsödeme der unteren Extremitäten (bei lokal fortgeschrittenem Tumor)
  • Anämie
  • Hydronephrose

Komplikationen der Prostatektomie

  • Erektile Dysfunktion tritt in etwa 70 % der Fälle auf.
  • Harninkontinenz tritt 12 Monate nach dem Eingriff in ca. 16 % der Fälle auf.
  • In einer Studie mit 12-jähriger Verlaufskontrolle waren 41 % der Teilnehmer von Harninkontinenz und 84 % der Teilnehmer von erektilen Dysfunktionen betroffen (bei abwartender Beobachtung waren es 11 % bzw. 80 %).34
  • Näheres zur Behandlung von Komplikationen siehe Abschnitt Supportiv- und Palliativbehandlung.

Komplikationen der antiandrogenen Therapie

  • Antiandrogene Therapie bei Prostatakarzinom ist mit einem erhöhten Risiko für Alzheimer-Krankheit (NNH 18) und einem erhöhten Risiko für Demenz (NNH 10) assoziiert.35

Prognose

  • Bei Patienten, bei denen eine radikale Prostatektomie durchgeführt wurde, hat sich der Tumor in ca. 50 % der Fälle durch die Kapsel ausgebreitet.
  • 5-Jahres-Überlebensrate
    • standardisiert: 93 %6
    • Variiert stark mit der Primärtumorgröße und dem Differenzierungsgrad (Histologie).
  • 10-Jahres-Überlebensrate
    • bei intrakapsulärem Tumor 91 %
    • bei lokal fortgeschrittenem Tumor 50 %
    • bei metastasiertem Tumor 15 %
  • Nach Differenzierungsgrad
    • prostataspezifische Mortalität laut einer US-amerikanischen Kohortenstudie mit einer Beobachtungszeit von median 8,3 Jahren und konservativer Behandlung
      • gut differenzierter Tumor: 8,3 %
      • mäßig differenzierter Tumor: 9,1 %
      • schlecht differenzierter Tumor: 25,6 % (III)36
  • Die Prognose ist bei Patienten mit einem Ersterkrankungsalter unter 55 deutlich schlechter.
  • Über 70 % der Patienten mit Metastasen können durch eine Hormontherapie eine weitere Linderung der Symptome und evtl. eine Erhöhung der Lebensdauer erreichen.

Verlaufskontrolle

  • Sofern nicht anders gekennzeichnet, basiert der gesamte Abschnitt auf diesen Referenzen.1-3
  • Die Nachsorge für Patienten mit Prostatakarzinom wird in Zusammenarbeit zwischen Urolog*innen/Onkolog*innen und Allgemeinärzt*innen organisiert.
  • Bei asymptomatischen Patienten nach kurativ intendierter Therapie soll die Bestimmung des Serum-PSA zur Nachsorge eingesetzt werden (IV/A).
    • Nach radikaler Prostatektomie kennzeichnet ein in mindestens 2 Messungen bestätigter PSA-Wert auf > 0,2 ng/ml ein biochemisches Rezidiv (IV).
      • Eine bioptische Sicherung eines biochemischen Rezidivs nach radikaler Prostatektomie ist nicht erforderlich.
    • Nach alleiniger Strahlentherapie kennzeichnet ein in mindestens 2 Messungen bestätigter PSA-Anstieg von > 2 ng/ml über den postinterventionellen PSA-Nadir ein biochemisches Rezidiv (IV).
      • Eine bioptische Sicherung eines biochemischen Rezidivs sollte bei Patienten nach Strahlentherapie mit der Option einer lokalen Rezidivtherapie angestrebt werden.
    • Bei Patienten mit biochemischem Rezidiv nach primärer kurativ intendierter Therapie und lokaler Rezidivtherapieoption soll eine Differenzierung zwischen lokalem und systemischem Rezidiv angestrebt werden, anhand folgender Parameter (IV/A):
      • PSA-Verdopplungszeit
      • Latenzzeit zur primären kurativ intendierten Therapie
      • Gleason-Score.
  • Empfohlener Kontrollplan nach kurativer Lokalbehandlung
    • innerhalb der ersten 2 Jahre alle 3 Monate
    • im 3. und 4. Jahr alle 6 Monate
    • ab dem 5. Jahr in jährlichen Abständen
  • Patienten, bei denen der PSA-Wert bei hausärztlicher Kontrolle ansteigt, sollten wieder an Spezialist*in überwiesen werden.
    • Bei Verdacht auf Rezidiv nach früherer kurativer Behandlung sollten die Patienten unverzüglich überwiesen werden.
  • Patienten, die mit abwartender Beobachtung behandelt werden:
    • Kontrolle alle 3–4 Monate
    • klinische Untersuchung und PSA-Wert.
  • Nach der Bestrahlung
    • niedrige Schwelle für die Abklärung von Blutungen oder anderen krebsverdächtigen Symptomen des Darms oder der Harnwege
  • Kontrollieren Sie:

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Weitere Informationen

Video

Illustrationen

Prostatatumor
Prostatatumor
Digitale rektale Untersuchung der Prostata
Digitale rektale Untersuchung der Prostata

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Urologie. S3-Leitlinie Prostatakarzinom. AWMF-Leitlinie Nr. 043-022OL. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Urologie. Benignes Prostatasyndrom (BPS), Diagnostik und Differenzialdiagnostik. AWMF-Leitlinie Nr. 043-034. S2e, Stand 2009 (abgelaufen). www.awmf.org
  • Deutsche Krebsgesellschaft. Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung von erwachsenen Krebspatienten. AWMF-Leitlinie Nr. 032-051OL. S3, Stand 2014 (abgelaufen). www.awmf.org 
  • Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin. Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung. AWMF-Leitlinie Nr. 128-001OL. S3, Stand 2019. www.awmf.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Urologie. S3-Leitlinie Prostatakarzinom. AWMF-Leitlinie Nr. 043-022OL. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  2. European Association of Urology. EAU-ESTRO-SIOG Guidelines on Prostate Cancer. Stand 2021. uroweb.org
  3. European Society for Medical Oncology. Cancer of the Prostate, Stand 2020. www.esmo.org
  4. Deutsche Gesellschaft für Urologie. Benignes Prostatasyndrom (BPS), Diagnostik und Differenzialdiagnostik. AWMF-Leitlinie Nr. 043-034, Klasse S2e, Stand 2009 (abgelaufen). www.awmf.org
  5. Deutsche Krebsgesellschaft: Prostatakrebs - Klassifikation des Krankheitsstadiums www.krebsgesellschaft.de
  6. Zentrum für Krebsregisterdaten - Robert-Koch-Institut. Prostatakrebs (Prostatakarzinom). Stand: 17.12.2015; letzter Zugriff: 21.07.2017 www.krebsdaten.de
  7. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 2021. Stand 18.09.2020 www.dimdi.de
  8. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. DEGAM- Praxisempfehlung. Hausärztliche Beratung zu PSA-Screening. Stand: 4/2018 www.degam.de
  9. Schroder FH, Hugosson J, Roobol MJ, et al. Screening and prostate cancer mortality: results of the European Randomised Study of Screening for Prostate Cancer (ERSPC) at 13 years of follow-up. Lancet. 2014 doi: 10.1016/S0140-6736(14)60525-0 DOI
  10. Carlsson S, Assel M, Sjoberg D, et al. Influence of blood prostate specific antigen levels at age 60 on benefits and harms of prostate cancer screening: population based cohort study. BMJ 2014; 348: g2296. BMJ (DOI)
  11. Gelfond J, Choate K, Ankerst DP, et al. Intermediate-term risk of prostate cancer is directly related to baseline prostate specific antigen: Implications for reducing the burden of prostate specific antigen screening. J Urol 2015 Jul; 194:46. PMID: 25686543 PubMed
  12. American Urological Association (AUA) Guideline. Early detection of prostate cancer: AUA guideline. 2013. www.ncbi.nlm.nih.gov
  13. Chou R, Croswell JM, Dana T, et al. Screening for prostate cancer: A review of the evidence for the US Preventive Services Task Force. Ann Intern Med 2011; 155: 762-71. www.ncbi.nlm.nih.gov
  14. Ilic D, Neuberger MM, Djulbegovic M, Dahm P. Screening for prostate cancer. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, Issue 1. Art. No.: CD004720. DOI: 10.1002/14651858.CD004720.pub3. DOI
  15. Andriole GL, Crawford ED, Grubb RL, et al. Prostate cancer screening in the randomized prostate, lung, colorectal, and ovarian cancer screening trial: mortality results after 13 years of follow-up. J Natl Cancer Inst 2012; 104: 125-32. PubMed
  16. Schröder FH, Hugosson J, Roobol MJ, et al. Prostate-cancer mortality at 11 years of follow-up. N Engl J Med 2012; 366: 981-90. New England Journal of Medicine
  17. Ilic D, Neuberger MM, Djulbegovic M, Dahm P. Screening for prostate cancer. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013; 1: CD004720. DOI: 10.1002/14651858.CD004720.pub3 DOI
  18. Hugosson J, Carlsson S, Aus G et al. Mortality results from the Göteborg randomised population-based prostate-cancer screening trial. Lancet Oncol 2010; 11: 725-32. PMID: 20598634 PubMed
  19. de Carvalho TM, Heijnsdijk EAM, de Koning HJ. Comparative effectiveness of prostate cancer screening between the ages of 55 and 69 years followed by active surveillance. Cancer 2018; 124: 507-13. PMID: 29231973 PubMed
  20. Thompson IM, Pauler DK, Goodman PJ, et al. Prevalence of prostate cancer among men with a prostate-specific antigen level <= 4.0 ng per milliliter. N Engl J Med 2004; 350: 2239-46. New England Journal of Medicine
  21. Kotb AF, Tanguay S, Luz MA et al. Relationship between initial PSA density with future PSA kinetics and repeat biopsies in men with prostate cancer on active surveillance. Prostate Cancer Prostatic Dis 2011; 14:53-7. PMID: 20938463 PubMed
  22. Vickers AJ, Till C, Tangen CM, et al. An empirical evaluation of guidelines on prostate-specific antigen velocity in prostate cancer detection. J Natl Cancer Inst 2011; 103: 462-9. PubMed
  23. Epstein JI, Egevad L, Amin MB et al. The 2014 International Society of Urological Pathology (ISUP) Consensus Conference on Gleason Grading of Prostatic Carcinoma: Definition of Grading Patterns and Proposal for a New Grading System. Am J Surg Pathol 2016; 40: 244-52. PMID: 26492179 PubMed
  24. Kenfield SA, Stampfer MJ, Giovannucci E, Chan JM. Physical activity and survival after prostate cancer diagnosis in the health professionals follow-up study. J Clin Oncol 2011; 29: 726-32. PubMed
  25. Nam RK, Cheung P, Herschorn S, et al. Incidence of complications other than urinary incontinence or erectile dysfunction after radical prostatectomy or radiotherapy for prostate cancer: a population-based cohort study. Lancet Oncol 2014 Feb;15(2):223-31. PubMed
  26. Ahmed HU, Hindley RG, Dickinson L, et al. Focal therapy for localised unifocal and multifocal prostate cancer: a prospective development study. Lancet Oncology 2012; : doi:10.1016/S1470-2045(12)70121-3. DOI
  27. Azzouzi AR, Vincendeau S, Barret E et al. Padeliporfin vascular-targeted photodynamic therapy versus active surveillance in men with low-risk prostate cancer (CLIN1001 PCM301): an open-label, phase 3, randomised controlled trial. Lancet Oncol 2017; 18: 181-91. PMID: 28007457 PubMed
  28. Deutsche Krebsgesellschaft. Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung von erwachsenen Krebspatienten. AWMF-Leitlinie Nr. 032-051OL, Klasse S3, Stand 2014 (abgelaufen). www.awmf.org
  29. Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin. Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung. AWMF-Leitlinie Nr. 128-001OL, Klasse S3, Stand 2019. www.awmf.org
  30. European Medicines Agency. PRAC recommends restricting use of prostate cancer medicine Xofigo. London 2018 (13.7.2018). www.ema.europa.eu
  31. European Medicines Agency. Prostate cancer medicine Xofigo must not be used with Zytiga and prednisone/prednisolone. London 2018 (9.3.2018). www.ema.europa.eu
  32. Bayer Vital GmbH. Radium-223-dichlorid (Xofigo®) kontraindiziert in Kombination mit Abirateronacetat und Prednisolon/Prednison. Leverkusen 2018 (19.3.2018). www.gelbe-liste.de
  33. Anderson CA, Omar MI, Campbell SE, et al. Conservative management for postprostatectomy urinary incontinence. Cochrane Database of Syst Rev 2015; 1: CD001843. doi:10.1002/14651858.CD001843.pub5 DOI
  34. Johansson E, Steineck G, Holmberg L, et al. Long-term quality-of-life outcomes after radical prostatectomy or watchful waiting: the Scandinavian Prostate Cancer Group-4 randomised trial. Lancet Oncol 2011; 12: 891-9. PubMed
  35. Jayadevappa R, Chhatre S, Malkowicz B, et al. Association Between Androgen Deprivation Therapy Use and Diagnosis of Dementia in Men With Prostate Cancer. JAMA Netw Open 2019; 2: e196562. pmid:31268539. jamanetwork.com
  36. Lu-Yao GL, Albertsen PC, Moore DF, et al. Outcomes of localized prostate cancer following conservative management. JAMA 2009; 302: 1202-9. www.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
C61
Prostatakreft; PSA; kreft i prostata; cancer prostata; prostata-cancer; Prostatakreft
Y77
Adenokarzinom; Miktionsstörungen; Prostata-Drüsengewebe; Testosteron; PSA; benigne Prostatahyperplasie; BPH; Prostatektomie; Strahlentherapie; Brachytherapie; Gleason-Score; Prostatabiopsie; Stanzbiopsie der Prostata; Erektile Dysfunktion; Harninkontinenz
Prostatakarzinom
U-MK 16.07.2019 U-NH: 04.10.17 + 14.03.18 BBB MK 26.07.2018: EMA-Einschränkung von Radium 223 TrainAMed-Video eingefügt 27.5.19 UB
BBB MK 18.10.2021 revidiert und stark gekürzt, neue LL. CCC MK 27.04.2020 Abgleich mit aktuellen LL. chck go 16.9., MK 24.07.17, komplett überarbeitet, neue LL in Text. CCC MK 27.07.2018: neue LL
document-disease document-nav document-tools document-theme
Definition:Meist epitheliales Karzinom (Adenokarzinom) des Prostata-Drüsengewebes. Bei erblicher Disposition und mit höherem Alter besteht ein erhöhtes Risiko.
Männergesundheit
Prostatakarzinom
/link/cb575bcba9fc410393a53a5501298793.aspx
/link/cb575bcba9fc410393a53a5501298793.aspx
prostatakarzinom
SiteDisease
Prostatakarzinom
anders.skjeggestad@nhi.no
yaronrohrer@aolu.comboos@gesinform.de
de
de
de