Harnröhrenstriktur

Zusammenfassung

  • Definition: Eine Verengung der Harnröhre, die in der Regel infolge einer Entzündung, Ischämie oder eines Traumas auftritt, aber auch angeboren sein kann.
  • Häufigkeit:  Bei Männern wird die Prävalenz auf 0,9% geschätzt.
  • Symptome: Beschwerden beim Wasserlassen, verringerte Kraft des Urinstrahls, unvollständige Entleerung der Blase, Nachtropfen und häufiger Harndrang sind typische Anzeichen.
  • Befunde: In der Regel wenig klinische Befunde. Ggf. sichtbare Meatusstenose, z. B. bei Lichen sclerosus.
  • Diagnose: Beobachtung/Messung des Urinstrahls, bildgebende Untersuchungen oder Endoskopie im Krankenhaus.
  • Behandlung: Durch eine Operation kann eine Besserung erzielt werden.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Verengung der Harnröhre.
  • Kann in der Harnröhrenöffnung, in der penilen Harnröhre, der bulbären Harnröhre oder im hinteren Teil der Harnröhre lokalisiert sein.
  • Unbehandelt führt eine Harnröhrenstriktur in erster Linie zu einem schwachen Urinstrahl und langsamer Entleerung der Blase. Auf Dauer kann es ohne Behandlung zu einer Detrusorhyperplasie mit Divertikelbildung kommen, und es besteht das Risiko einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion.
  • Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Länge, Schwere und Dauer der Verengung und dem Risiko von Komplikationen.1

Häufigkeit

  • Harnröhrenstriktur ist mit einer gschätzten Prävalenz von 0,9%2 eine relativ häufige Ursache für Symptome der unteren Harnwege bei Männern.
  • Die Prävalenz ist u.a. aufgrund einer verbesserten Behandlung von Harnröhrenentzündungen zurückgegangen.

Klinische Anatomie

  • Die Länge der Harnröhre beträgt bei erwachsenen Männern ca. 20 cm.
  • Vorderer Teil der Harnröhre:
    • Umfasst von distal nach proximal die Harnröhrenöffnung, die penile und die bulbäre Harnröhre.
    • Die penile Harnröhre liegt im Corpus spongiosum und erstreckt sich distal durch die gesamte Länge des Penis.
    • Die bulbäre Harnröhre beiginnt an der Peniswurzel und endet am Diaphragma urogenitale.
  • Hinterer Teil der Harnröhre:
    • Besteht von distal nach proximal aus der membranösen und der prostatischen Harnröhre.
    • Die membranöse Harnröhre umfasst den Abschnitt vom Diaphragma urogenitale bis zum Colliculus.
    • Die prostatische Harnröhre ertreckt sich proximal vom Kollikel bis zum Blasenhals.
  • Die Harnröhre ist an der Innenseite mit drei Typen von Epithelien bedeckt:
    • Vom proximalen Teil der prostatischen Harnröhre bis zum Colliculus befinden sich Übergangsepithelien vom selben Typ wie in der Harnblase und den übrigen Harnwegen.
    • Vom Colliculus bis zur Fossa navicularis findet sich ein mehrschichtiges Zylinderepithel.
    • Die Fossa navicularis ist von Schichtepithelien bedeckt.
  • Der Penis besteht aus:
    • Von außen nach innen aus Haut, äußerer Faszie (Dartos), innerer Faszie (Buck'sche Faszie) und Tunica albuginea, welche Corpora cavernosa und Corpus spongiosum umgeben.
  • Blutversorgung:
    • Die äußere Blutversorung des Penis kommt aus den äußeren pudendalen Gefäßen, die von den Femoralgefäßen abzweigen.
    • Die äußeren pudendalen Gefäße setzen sich in die äußeren dorsalen penilen Gefäße fort, die dorsolateral und ventrolateral längs des Peniskörpers verlaufen und für eine gute Blutversorgung der Dartos-Faszie und der Haut sorgen.
    • Die tiefen Strukturen des Penis werden von der Arteria urethralis versorgt, die von der Arteria pudenda interna abzweigt.
    • Die Arteria penilis communis verzweigt sich in mehrere Zweige, welche die bulbourethralen, die kavernösen und die tiefen dorsalen Arterien des Penis umfassen.
    • Das Corpus spongiosum erhält durch Anastomosen zwischen dorsalen und urethralen Arterienzweigen in der Eichel eine doppelte Blutversorgung.
    • Das Skrotum wird über Verzweigungen sowohl externer als auch interner pudendaler Arterien mit Blut versorgt, die Hoden über die Arteria testicularis, die von der Aorta abzweigt.
  • Innervation:
    • Die parasympathischen Nerven, die den Blutfluss zu den Corpora cavernosa und zum Corpus spongiosum regulieren, verlaufen längs des posterolateralen Teils der Prostata und lateral zur membranösen Harnröhre.
    • Die Nervi pudendi innervieren die Harnröhre somatisch. Diese Nerven regulieren den Tonus der Schließmuskeln.

Physiologie

  • Die männliche Harnröhre hat ein S-förmiges Aussehen, wobei der kaudale Teil die hintere Harnröhre und der distale Teil die vordere Harnröhre bildet.
  • Die Kontinenzfunktion wird hergestellt durch den hinteren Teil der Harnröhre vom Harnblasenhals bis zum Eintritt der Harnröhre in das Corpus spongiosum.
  • In der prostatischen Harnröhre besteht die Schließmuskulatur vollständig aus glatter Muskulatur.
  • In der membranösen Harnröhre dagegen besteht der Schließmuskel aus einem inneren Teil mit glatter Muskulatur und einem äußeren Teil mit quergestreifter Muskulatur, was eine tonische Kontraktion ermöglicht.
  • Die antegrade Ejakulation wird ermöglicht durch eine komplexe Interaktion der Schließfunktionen im Harnblasenhals und in der membranösen Harnröhre.
  • Experimentelle Studien deuten darauf hin, dass in der Harnröhre eine peristaltische Aktivität vorliegt, die bei spontaner Aktivität in der glatten Muskulatur der Harnröhre eine vermittelnde Funktion hat.
  • Diese Peristaltik sorgt dafür, dass die Harnröhre normalerweise komplett von Urin geleert wird.
  • Die Anzahl der Bakterien in der Harnröhre verringert sich vom Meatus aus in proximaler Richtung sehr stark.
  • Die Baktrienflora der Harnröhre besteht im Normalfall hauptsächlich aus anaeroben Bakterien wie z.B. nicht-hämolytischen Staphylokokken, Streptokokken und diphteroiden Stäbchenbakterien. Ureoplasma urealyticum kommt häufig vor.
  • Der maximale Harnfluss bei Männern im jungen und mittleren Alter beträgt 18–40 ml/s, das Miktionsvolumen mehr als 150 ml.

Ätiologie und Pathogenese

Harnröhrenstriktur tritt infolge einer Entzündung, einer Ischämie oder eines Traumas auf:

  • In vielen Fällen ist die Ätiologie unbekannt (idiopathisch), und die Striktur kann auf eine frühere, nicht bemerkte Verletzung im Schritt (z.B. durch einen Sturz auf eine Fahrradstange) zurückzuführen sein, durch die es zu einer Schädigung der Harnblase kam. Die Ursache kann eine bekannte, ausgeheilte Urethritis sein.3
  • Entzündungen oder Traumata führen zu einer Schädigung der Schleimhaut.
  • Durch diese Schädigung kommt es zu einem Ausfluss von Urin in das Corpus spongiosum und infolge dessen zu einer Spongitis.
  • Bei Ausheilen der Spongitis kommt es zu einer Narbenbildung und Schrumpfung, was wiederum zur Entstehung einer Striktur führt.

Angeborene Verengung der Harnröhre:

  • Kommt selten vor.
  • Das Hindernis entsteht durch eine Klappenbildung in der Harnröhre, unmittelbar distal vom Colliculus.
  • Da die Urinproduktion bereits in der 12. Schwangerschaftswoche beginnt, sind alle sekundären Veränderungen, welche durch die Verengung verursacht werden, bereits bei der Geburt vorhanden.
  • Ein Verdacht auf die Diagnose entsteht meist bereits bei der pränatalen Ultraschalluntersuchung, die eine gespannte Harnblase und eine bilaterale Ausweitung der übrigen Harnwege erkennen lässt.
  • Klinische Symptome sind postnatale Urosepsis oder Pyelonephritis.

Verschiedene Ursachen sind bekannt.

  • Urethritis, Gonorrhö oder andere sexuell übertragene Krankheiten.
  • Verletzungen im Perineum.
  • Dauerhaft eingesetzte Katheter.
  • Urologische Instrumente.
  • Chronische Entzündungserkrankungen wie Lichen sclerosus et atrophicus.
  • Verletzungen des Beckens können Schäden an der hinteren Harnröhre verursachen.

Pathophysiologie

  • Die Schädigung der Harnröhre führt zu einer Narbenbildung.
  • Als Reaktion auf die Schädigung der Epithelschicht in der Harnröhre bilden sich im Umkreis der gesamten Harnröhre Narben.
  • Das Narbengewebe schrumpft im Lauf der Zeit und verursacht dadurch eine Striktur.
  • Eine Harnröhrenstriktur bezeichnet meist eine Verengung im vorderen Teil der Harnröhre, die auf die Bildung von Narbengewebe im spongiformen, erektilen Gewebe des Corpus spongiosum zurückzuführen ist.4
  • Erhöhter intraluminaler Druck oder turbulenter Harnfluss in der Harnröhre, wie bei einer Striktur, führt zu einer Metaplasie des mehrschichtigen Zylinderepithels zwischen Colliculus und Fossa navicularis.
  • Die verminderte Elastizität dieses Epithels verursacht mikroskopisch kleine Risse in der Schleimhaut.
  • Durch diese Risse dringt Urin in das umgebende spongiforme Gewebe ein und verursacht eine Entzündungsreaktion, die zu weiterer Narbenbildung und zu einer Verengung der Harnröhre führt.
  • Dies erklärt die progressive Bildung der Striktur, die häufig in der Klinik beobachtet wird.
  • Der nach der Blasenentleerung in der Harnröhre verbleibende Urin wirkt sich auf die Bakterienflora aus.
  • Gonokokken dringen vor allem in die exkretorischen Drüsen in der Harnröhre ein.
  • Die Nähe dieser Drüsen zum Gefäßlumen im Corpus spongiosum ist eine mögliche Erklärung für die starke Tendenz zu Harnröhrenstrikturen bei Gonorrhö.

Prädisponierende Faktoren

  • Ungeschützter Geschlechtsverkehr.
  • Unfälle mit Fahrrädern oder Motorrädern.
  • Katheterisierung oder andere medizinische Eingriffe in den Harnwegen.

ICPC-2

  • U80 Verletzungen der Harnorgane
  • U99 Andere Erkrankungen der Harnwege

ICD-10

  • N35 Harnröhrenstriktur (Harnröhrenverengung)
    • N35.0 Posttraumatische Harnröhrenstriktur
    • N35.1 Postinfektiöse Harnröhrenstriktur, anderenorts nicht klassifiziert
    • N35.8 Sonstige Harnröhrenstriktur
    • N35.9 Harnröhrenstriktur, nicht näher bezeichnet

Diagnose

Diagnostische Kriterien

  • Die Diagnose wird mithilfe von Anamnese, klinischen Befunden, Harnflussmessung und radiologischen oder endoskopischen Befunden gestellt.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Zunehmende Probleme beim Wasserlassen entwickeln sich langsam und werden nicht selten von den Patienten lange ignoriert, bevor ein Arzt konsultiert wird. Der Patient leidet an einer Kombination aus Irritations- und Obstruktionssymptomen.
  • Verringerte Kraft im Urinstrahl, unvollständige Blasenentleerung, Nachtropfen oder häufigerer Harndrang.
  • Die obstruktiven Symptome werden erst bei ausgeprägter Harnröhrenstriktur subjektiv wahrgenommen, weshalb sie nur von begrenztem Wert für eine frühzeitige Diagnose sind.
  • Irritationssymptome infolge kompensatorischer Detrusorhypertrophie zeigen sich bereits früher.
  • Andere Symptome können Infektionen der Harnwege, Blutungen der Harnröhre oder Epididymitis sein.
  • In einem Teil der Fälle beginnen die Symptome mit einer akuten Harnretention.

Klinische Befunde

  • Häufig liegen keine spezifischen Befunde vor, außer im Fall eines Traumas.
  • Meatusstenose, ausgelöst durch Lichen sclerosus ist leicht sichtbar.

Zusatzuntersuchungen in der Allgemeinarztpraxis

  • Genaue Anamnese:
    • Symptome einer vergangenen Prostatitis/Harnwegsinfektion/Urethritis/Epididymitis
    • mögliche Geschlechtskrankheit
    • Trauma
    • Behandlung der Harnröhre mit Instrumenten/frühere transurethrale Operation
  • Digitale rektale Exploration.
  • Urinprobe für Bakterienkultur.

Weitere Untersuchungen

  • Harnflussmessung (spontane Harnflussmessung):
    • Häufig erhält man bei ein und demselben Patienten variierende Werte. Deshalb werden wiederholte Messungen empfohlen.
    • Das Miktionsvolumen muss über 150 ml betragen.
    • Eine normale Kurve ist typischerweise klockenförmig.
    • Bei einer Striktur liegt dagegen eine Plateaukurve vor.
    • Kompensatorische Detrusorhypertrophie entsteht vermutlich dann, wenn der Harnfluss einen Wert von 15 ml/s unterschreitet.
    • Ein Wert von 10–15 ml/s kann deshalb auf eine starke Verengung hindeuten.
  • Radiologische Untersuchungen:
    • Die adäquateste radiologische Untersuchung ist eine retrograde Urethrografie in Kombination mit einem Miktionszystourethrogramm.
    • Die Infusion des Kontrastmittels in die Harnröhre sollte mit geringem Druck erfolgen.
    • Nur intravenös verabreichte Kontrastmittel sollten verwendet werden.
    • Ultraschall und MRT können darüber Aufschluss geben, ob ein operativer Eingriff geplant werden muss.
  • Endoskopie (Urethroskopie):
    • Wird immer durchgeführt, nachdem die Länge und der minimale Durchmesser der Striktur durch eine geeignete radiologische Untersuchung ermittelt wurden.
    • Wird von Urologen in der Klinik durchgeführt
    • Der distale Teil der Striktur kann direkt visualisiert werden.
    • Die Verwendung eines pädiatrischen Endoskops mit geringem Durchmesser ermöglicht es, enge Abschnitte zu passieren. Dies ist wichtig, um beurteilen zu können, wie groß der Abschnitt der Harnröhre ist, der eventuell rekonstruiert werden muss.
    • Bei einem akutem Trauma ist ein Riss in der Harnröhre erkennbar. Bei einem akuten Trauma sieht man in der Regel von einer Urethroskopie ab.
    • Wird bei der Einführung des Katheters in die Harnröhre ein Widerstand bemerkt, ist eine Urethroskopie obligatorisch.
    • Ist die Durchführung einer Urethroskopie nicht möglich, kann bei Bedarf ein suprapubischer Katheter gelegt werden.
    • Bei unsicheren oder widersprüchlichen Befunden der radiologischen und endoskopischen Untersuchung ist es oft ratsam, von der Harnblase einen suprapubischen Katheter zu legen und die Untersuchung nach 3–6 Wochen zu wiederholen.

Wann sollte eine Überweisung erfolgen?

  • Bei ernsthaften Beschwerden und Verdacht auf Komplikationen.

Checkliste für die Überweisung

Harnröhrenstriktur

  • Ziel einer Überweisung:
    • Diagnostik? Zystoskopie? Behandlung? Sonstiges?
  • Anamnese:
    • Beginn und Dauer? Bekannte auslösende Ursache? Verlauf?
    • Symptome Probleme beim Wasserlassen? Schmerzen/Unbehagen? Blutungen? Infektionsneigung?
    • Andere relevante Krankheiten? Medikamente?
  • Klinischer Befund:
    • Prostata: Vergrößerung? Knoten?
    • Eventuell Messung des Resturins?
  • Zusatzuntersuchungen:

Therapie

Therapieziele

  • Erhöhung des Harnflusses.
  • Verhinderung von Komplikationen.

Allgemeines zur Behandlung

  • Die Behandlung geschieht chirurgisch.
  • Bei der Behandlung wird eines der folgenden Prinzipien angewandt:
  • Regeneratives Prinzip:
    • Man erweitert den verengten Bereich mit Dilatationssonden oder schneidet ihn mit einem endoskopischen Instrument auf (interne Urethrotomie) und legt einen Katheter zur Harnblase, über den 3–5 Tage lang eine kontinuierliche Drainage erfolgt.
    • In beiden Fällen baut das Prinzip darauf auf, dass die nachwachsende Schleimhaut in der Harnröhre den Defekt abdeckt, und zwar bevor es zu einer Spongitis mit nachfolgender Fibrose und erneuter Strikturbildung kommt.
  • Resektion und End-zu-End-Anastomose:
    • Die Methode kommt oft in der membranösen Harnröhre und im proximalen Abschnitt der bulbären Harnröhre zu Einsatz.
    • Die Methode ist nur in wenigen Fällen anwendbar.
  • Substitutionsprinzip (offene Urethroplastik):
    • Offene Freilegung der Harnröhre, Aufschneiden des verengten Bereichs inklusive der proximalen Spongiofibrose, Abdeckung des Defekts mit autologem Gewebe.
    • Die Methode wird hauptsächlich in der membranösen und bulbären Harnröhre eingesetzt.
    • Dieses Prinzip wird bei rekonstruktiver Chirurgie am häufigsten angewandt.
    • Die Methode erfordert viel Erfahrung und wird nur in wenigen zentralen Einrichtungen durchgeführt.

Operationsmethoden

Regeneratives Prinzip

  • Eine interne Urethrotomie wird oft als Primärbehandlung bei sehr kurzen Strikturen (< 1,5 cm) eingesetzt.
  • Der Einschnitt in die Striktur erfolgt transurethral mithilfe eines kleinen Skalpells, dass über eine Endoskop geführt wird. Das Risiko einer erneuten Harnröhrenstriktur nach dem Eingriff ist relativ hoch. Eine wiederholte Einführung von Instrumenten kann die Narbenbildung verschlimmern.5
  • Blutproben, die vor der Einführung der Instrumente in die Harnröhre sowie 2 Stunden danach genommen wurden, zeigten in 40 % der Fälle eine Bakteriämie an. Aus diesem Grund sollten prophylaktisch Antibiotika verabreicht werden.
  • Der postoperative Einsatz eines Blasenkatheters für einige Tage minimiert das Eindringen von Urin in das spongiforme Gewebe, erhöht aber gleichzeitig das Risiko einer Infektion.

Anastomose-Prinzip

  • Kurze Strikturen (≤ 2,5 cm) in der bulbären und membranösen Harnröhre eignen sich meist gut für eine komplette Exzision mit primärer Reanastomose über eine perineale Inzision.
  • Die Prognose ist bei dieser Operation sehr gut und bei über 90 % der Patienten kommt es langfristig zu keinem Rezidiv.

Das Substitutionsprinzip

  • Bei längeren Strikturen (> 2,5 cm) oder Strikturen mit distaler Lokalisation im Peniskörper ist meist eine Substitutionsbehandlung mit einem Transplantat oder einer Hautentnahme notwendig, um den stenotischen Abschnitt der Harnröhre zu erweitern.
  • Eine Rekonstruktion der distalen Harnröhre ist fast immer möglich. Die Länge, Sensibilität und Funktion des Penis lässt sich dabei sehr gut erhalten.

Entnahmestellen für die Harnröhrenrekonstruktion

  • Die Innenseite der Penishaut ist gut geeignet, aufgrund ihrer Lokalisation, Haarlosigkeit und Haltbarkeit in feuchter Umgebung, die mit Urin in Kontakt kommt.6-7
  • Andere Stellen wie die Haut des Skrotums, die Schleimhaut der Harnblase und extragenitale Hautstellen sind weniger gut geeignet.
  • Anfang der 1990er-Jahre wurde die Verwendung von Mundschleimhaut eingeführt, welche gut funktioniert.8-10 Die beste Entnahmestelle ist die Innenseite der Wange, und bis zu 6 cm können auf einer Seite entnommen werden. Bei längeren Strikturen kann eine Entnahme aus beiden Wangen und auch aus der Unterlippe erfolgen, im Fall von panurethralen Strikturen oder erneuter Operation können jedoch auch noch längere Transplantate erforderlich sein.
  • Bei freien Transplantaten aus der Penishaut oder Mundschleimhaut liegt die Rezidivfrequenz innerhalb von 10–15 Jahren bei 15 %.

Permanenter Harnröhren-Stent

  • Wird per Endoskop oder mit einem speziellen Applikator platziert, nachdem die Urethrotomie ausgeführt wurde, und deckt die Inzision ab.
  • Der Stent hält die Harnröhre permanent offen.
  • Der Stent verwächst mit der Wand der Harnröhre und ist in der Regel innerhalb von 6 Monaten von Schleimhaut bedeckt.
  • Diese Methode eignet sich am besten für kurze Strikturen in der bulbären Harnröhre.
  • Zu Komplikationen kann es kommen, wenn der Stent distal zur bulbären Harnröhre platziert wird, was zu Schmerzen beim Sitzen und während des Geschlechtsverkehrs führen kann.
  • Der Eingriff ist kontraindiziert bei Patienten mit ausgeprägter Striktur oder Patienten, bei denen bereits eine Harnröhrenrekonstruktion vorgenommen wurde, da der Stent eine hypertrophische Reaktion auslöst.4
  • Der Stent kann nur durch Exzision des betreffenden Abschnitts der Harnröhre entfernt werden.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Der natürliche Verlauf einer Harnröhrenstriktur ist eine langsame Zunahme der Länge der Striktur sowie der Verengung, die sie auslöst.
  • Der Urin sammelt sich in der Harnröhre proximal zum Hindernis und verursacht eine quantitative und qualitative Veränderung der Bakterienflora:
    • Eine solche Urethritis beinhaltet das Risiko eines Abszessbildung in paraurethralen Drüsen.

Komplikationen

  • Harnwegsinfektion.
  • Akute Harnretention.
  • Wasserlassen unter hohem Druck über einen längeren Zeitraum kann zu einer Verdickung und Irritation der Harnblase führen.
  • Paraurethrale Abszesse können zu einer Fistelbildung am Skrotum oder am Perineum führen.
  • In seltenen Fällen kommt es in der Harnröhre proximal zum Hindernis zu einer Bildung von Harnröhrensteinen.

Prognose

  • Hohes Rezidivrisiko – besonders nach die Harnröhre erweiternden Eingriffen.

Nachbehandlung

  • Frühzeitige Rezidive entstehen aufgrund von Infektionen, Ischämie in den Operationsnähten oder schlechte Epitheladaption. Späte Rezidive (nach > 2 Jahren) treten meist aufgrund einer nicht ausgeheilten Spongiofibrose auf.
  • Kommen bei der Spongioplastik freie Transplantate zum Einsatz, kommt es bei ca. 5 % der Patienten zu frühzeitigen Rezidiven. Späte rezidive sind seltener.
  • Nach Behandlung mit offener Urethroplastik wird im ersten Jahr in der Regel alle drei Monate eine Kontrolle durchgeführt, anschließend für 2–5 Jahre zweimal jährlich. Die Kontrollen umfassen Messungen des spontanen Harnflusses und des Resturins sowie eine bakteriologische Urinkultur.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Literatur

  1. Fenton AS, Morey AF, Aviles R and Garcia CR. Anterior urethral strictures: etiology and characteristics. Urology 2005; 65: 1055-8. PubMed
  2. Tritschler S, Roosen A, Füllhase C, Stief CG, Rübben H: Urethral strictures—etiology, investigation and treatments. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(13): 220–6. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0220. www.aerzteblatt.de
  3. Morey AF, Fenton AS, Aviles R and Garcia CR. Sequelae of anterior urethral stricture disease: the case for early definitive treatment. J Urol 2004; 171 (suppl): 64.
  4. Broghammer JA. Urethral strictures in males. Medscape, last updated Nov 21, 2015.
  5. Waxman SW, Morey AF. Management of urethral strictures. Lancet 2006; 367: 1379-80. PubMed
  6. Wessells H. Ventral onlay graft techniques for urethroplasty. Urol Clin North Am 2002; 29: 381-7. PubMed
  7. Barbagli G, Selli C, di Cello V and Mottola A. A one-stage dorsal free-graft urethroplasty for bulbar urethral strictures. Br J Urol 1996; 78: 929-32. PubMed
  8. el-Kasaby AW, Fath-Alla M, Noweir AM, el-Halaby MR, Zakaria W and el-Beialy MH. The use of buccal mucosa patch graft in the management of anterior urethral strictures. J Urol 1993; 149: 276-8. PubMed
  9. Andrich DE and Mundy AR. Substitution urethroplasty with buccal mucosal-free grafts. J Urol 2001; 165: 1131-3. PubMed
  10. Meneghini A, Cacciola A, Cavarretta L, Abatangelo G, Ferrarrese P and Tasca A. Bulbar urethral stricture repair with buccal mucosa graft urethroplasty. Eur Urol 2001; 39: 264-7. PubMed

Autoren

  • Hans Hedelin, Professor und Oberarzt, F&E-Zentrum und urologische Klinik, Kärnsjukhuset, Skövde
  • Steinar J. Karlsen, ehem. Klinikleiter und Professor dr. med., Oslo Urologiske Universitetsklinikk, Aker universitetssykehus helseforetak og Universitetet, Oslo
  • Truls E. Bjerklund Johansen, Abteilungsoberarzt und Professor dr. med., Kirurgisk klinikk Sykehuset Telemark HF und Universität Tromsø

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