Pruritus

Red Flags und abwendbar gefährliche Verläufe1-2

Red Flags

Abwendbar gefährlicher Verlauf

Stridor

Verlegung der Atemwege, Anaphylaxie

Dyspnoe

Giemen, Pfeifen

Asthmaanfall, Anaphylaxie

Angioödem

Schwellung von Lippen, Zunge

Dysphagie

Anaphylaxie, Glottisödem

Gastrointestinale Symptome (Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö)

Anaphylaxie

Hautausschlag

Anaphylaxie

Allgemeinsymptome, Gewichtsabnahme, Nachtschweiß, Fieber, Abgeschlagenheit

Lymphome, M. Hodgkin, CLL, multiples Myelom, Mycosis fungoides, Polycythämie vera, neuroendokrine Tumoren, Pankreas- oder Magenkarzinom, Cholestase, Hepatitis (besonders C), sklerosierende Cholangitis, primär biliäre Zirrhose, Niereninsuffizienz, akutes Nierenversagen

Lokale Entzündungszeichen:

  • Schmerzen
  • Rötung
  • Überwärmung
  • Schwellung
  • sunktionelle Einschränkung

besonders gefährlich im Gesichtsbereich:

Erysipel, Zellulitis, Phlegmone, nekrotisierende Fasziitis

Immunsuppression

schwere infektiöse Erkrankung

Allgemeine Informationen

Definition

  • Pruritus kommt von lat. „prurire" = jucken.
  • Synonyme: Jucken, Juckempfindung
  • Der Begriff „Juckreiz" sollte laut der aktuellen Leitlinie im wissenschaftlichen Zusammenhang nicht verwendet werden.3
  • Beschreibt den Drang, sich zu kratzen.
  • Pruritus ist ein subjektiv empfundenes Symptom, das nicht mit physikalischen oder biophysikalischen Methoden messbar ist.4
  • Mitunter kann der Pruritus so stark werden, dass er den Schlaf stört und die Lebensqualität beeinträchtigt.5
  • Pruritus tritt meist in Verbindung mit Hauterkrankungen auf, kann jedoch auch auf eine systemische Grunderkrankung zurückzuführen sein.6-7
  • Bei längerer Dauer kann das Symptom Pruritus trotz Therapie und Abheilung der Ursache persistieren und einen eigenen Krankheitswert entwickeln.3
    • chronischer Pruritus: > 6 Wochen bestehend
  • Weitere Informationen finden Sie auch im Artikel Hautausschlag mit Pruritus.

Klassifikation nach dem International Forum for the Study of Itch

  • Einteilung in 3 Gruppen:8 
    1. Pruritus bei Hauterkrankungen
    2. Pruritus bei nicht erkrankter Haut
    3. Pruritus mit schweren chronischen Kratzläsionen.
  • 6 differenzialdiagnostische Ursachen:8
    1. Hauterkrankungen
    2. systemische Erkrankungen (inkl. medikamentös bedingt)
    3. neurologische Erkrankungen
    4. psychische/psychosomatische Erkrankungen
    5. multifaktoriell
    6. unklare Genese.

Häufigkeit

  • Pruritus kann in jedem Alter auftreten.
    • Die Prävalenz nimmt mit dem Alter zu.9-10
  • Chronischer Pruritus in Deutschland3
    • Prävalenz 13,5 %
    • Inzidenz 7 %
  • In rund 90 % der Fälle liegen Hauterkrankungen vor.3

Pathophysiologie

  • Pruritus entsteht an den freien Nervenendigungen der Haut, die im Bereich der Hand- und Fußgelenke am stärksten konzentriert sind.
  • Viele verschiedene Mediatoren können die Reizung der Nervenfasern auslösen.
  • Die Pruritusempfindung wird durch die C-Fasern zu den Hinterhörnern des Rückenmarks und von dort über den Tractus spinothalamicus zur Hirnrinde weitergeleitet.11
  • Dabei spielen bei akutem Pruritus und bei Urtikaria histaminsensitive Fasern eine wichtige Rolle, während bei den meisten chronischen Pruritusursachen nichthistaminsensitive Fasern bedeutender sind und damit möglicherweise die geringe Ansprechrate oraler Antihistaminika erklären.
  • Unabhängig von seiner Ursache verstärkt sich der Pruritus durch Entzündungen der Haut, eine trockene oder warme Umgebung, eine Vasodilatation in der Haut sowie psychische Stressfaktoren.

Vermittlung des Pruritus

  • Es existiert eine Vielzahl an Auslösern und Mediatoren, die eine Juckempfindung an den freien Nervenendigungen auslösen können.
  • Histamin
    • Außer bei allergischen Reaktionen ist Histamin nur einer von vielen chemischen Botenstoffen, die den Pruritus auslösen.
  • Serotonin
    • Serotonin scheint bei Erkrankungen wie der Polycythaemia vera, der Urämie, der Cholestase und dem Lymphom sowie dem morphininduzierten Juckreiz ein zentraler Mediator zu sein.
    • Serotoninhemmer haben sich bei der Behandlung mehrerer dieser Erkrankungen als wirksam erwiesen.
  • Interleukine
    • Klinisch besonders relevant sind bei entzündlichen pruritischen Erkrankungen die Interleukine 4, 13 und 31.12
  • Neuropathie
    • Ein Beispiel ist der Zoster.
    • Der brachioradiale Pruritus ist ein seltenes Phänomen, das durch eine Irritation der Spinalnerven C5–8 (z. B. durch Bandscheibenvorfall) in Kombination mit UV-Strahlung (Sonnenexposition) ausgelöst werden kann.13-14
  • Weitere Pruritus auslösende Mediatoren sind die Amine Histamin und Serotonin sowie Proteasen und Kinine (Trypsin, Chymotrypsin, Bradykinin, Kallikrein), Prostaglandine (PGE2, PGD2) und auch Neuropeptide wie Substanz P und Neurokinin A.15
  • Die Identifizierung der relevanten Mediatoren ermöglicht zielgerichtete Therapieansätze mit Hemmung der entsprechenden Zytokine bzw. ihrer Rezeptoren.12

ICPC-2

  • S02 Juckreiz

ICD-10

  • L29 Pruritus 
  • F45.8 Psychogener Pruritus

Differenzialdiagnosen

Hautausschlag mit Pruritus 

Seltenere Hauterkrankungen

Psychische Störungen

Hormonelle Veränderungen

Hämatologische Erkrankungen

Maligne Erkrankung

Leber- und Gallenwegserkrankungen

Nierenerkrankungen

  • Bei chronischer Niereninsuffizienz häufig urämischer Pruritus, insbesondere im Sommer und nachts20

Infektionen

Infestation (parasitäre Erkrankungen)

Erkrankungen des Nervensystems

  • Pruritus kann infolge von Erkrankungen des peripheren oder zentralen Nervensystems auftreten.
  • Beispiele sind multiple Sklerose, Neuropathien sowie Nervenkompressionen oder -reizungen.

Reizstoffe

  • Pruritus kann durch Reizstoffe in Whirlpools, Körperpflegeprodukten, Waschmittelresten, Mineralwolle und Medikamenten verursacht werden.

Allergene

  • Fast alle Medikamente und Substanzen, die Allergien auslösen können, können auch einen Pruritus hervorrufen.
    • Acetylsalicylsäure, orale Antidiabetika, Opiatanaloga usw.
    • orale Kontrazeptiva
    • Farbzusätze in Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln

Drogen

  • Kokain, Opiate und Amphetamine 

Diagnostik

Diagnostische Überlegungen

  • Lokale, dermatologische Ursache? Hinweise:
    • Hautausschlag
    • jüngere Patient*innen, lokalisierte Symptome, akuter Beginn, Infektzeichen, Auslandsaufenthalt.21
  • Systemische Ursache? Hinweise:
    • chronischer oder generalisierter Pruritus, Patient*innen > 65 Jahre, fehlende Hautveränderungen.

Anamnese

  • Die deutsche Leitlinie empfiehlt zur strukturierten Anamneseerhebung den AGP-Fragebogen.22
  • Es sollten folgende Fragen auf jeden Fall gestellt werden:23
  • Zusätzlich empfohlen wird die Erfassung der Methoden der Pruritusbekämpfung (Kratzen, Bürsten etc.) sowie der subjektiven Pruritusintensität.3
    • Zur Verlaufsbeurteilung bewährt hat sich eine Ratingskala von 0 (kein Pruritus) bis 10 (maximaler, nicht zu ertragender Pruritus).
  • Zudem ist eine Reiseanamnese (Auslandsaufenthalt?) sinnvoll.
  • Die psychischen Auswirkungen des Pruritus sind nicht unterschätzen und sollten in der Anamnese gezielt abgefragt werden.3
  • Vice versa können psychische und psychosomatische Faktoren auch als alleinige oder überwiegende Ursache eines chronischen Pruritus infrage kommen.3
    • Screening Depression
      • Haben Sie sich im letzten Monat oft niedergeschlagen, schwermütig oder hoffnungslos gefühlt?
      • Haben Sie im letzten Monat oft wenig Interesse oder Freude an Ihren Tätigkeiten gehabt?
      • Werden beide Fragen verneint, kann eine ausgeprägte Depression (sog. Major Depression) mit hoher Sicherheit als ausgeschlossen gelten.
    • Screening Angststörungen
      • Fühlten Sie sich im Verlauf der letzten 4 Wochen deutlich beeinträchtigt durch: nervliche Anspannung, Ängstlichkeit, Gefühl, aus dem seelischen Gleichgewicht zu sein? Sorgen über vielerlei Dinge?
      • Hatten Sie während der letzten 4 Wochen eine Angstattacke (plötzliches Gefühl der Angst oder Panik)?

Leitlinie: Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus3

Anamnestische Besonderheiten

  • Mehrere Familienmitglieder sind betroffen: 
    • Skabies oder andere parasitäre Erkrankungen
  • Pruritus nach Wasserkontakt 
    • aquagener Pruritus bei Polycythaemia vera: Pruritus während kaltem oder warmem Duschen/Badens oder durch Abkühlung der Haut nach dem Baden
  • Pruritus bei/nach körperlicher Aktivität 
    • cholinerger Pruritus
  • Pruritus mit B-Symptomatik
  • Pruritus und Ikterus
  • Pruritus im Winter
    • Pankreaskarzinom, cholestatische Hepatitis, intrahepatische Schwangerschaftscholestase, Xerosis, Exsikkationsekzem

Klinische Untersuchung

  • Gründliche Inspektion der gesamten Haut einschließlich der Schleimhäute, Kopfhaut, Haare, Nägel und Anogenitalregion3
    • Erfassung von Hautkolorit, Morphologie, Verteilungsmuster möglicher Effloreszenzen und Hautzeichen systemischer Erkrankungen
  • Palpation der Leber, Nieren, Milz und Lymphknoten3

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Mögliche Untersuchungen bei Pruritus mit Hautveränderungen3
    • bakteriologische/mykologische Abstriche
    • Hautbiopsie (Histologie, direkte Immunfluoreszenz, Elektronenmikroskopie)
    • Skabiesmilben-Nachweis
  • Pruritus ohne Hautveränderungen: Abklärung systemischer und psychischer/psychosomatischer Erkrankungen mittels Stufendiagnostik3
    • bei Verdacht auf maligne Grunderkrankung Röntgen Thorax und Sono Abdomen

Leitlinien: Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus3,20

Basisuntersuchungen im Labor bei unklarem Pruritus (keine Hautveränderungen)

Indikationen zur Überweisung

  • Je nach vermuteter Ursache Kooperation mit entsprechenden Spezialist*innen aus u. a. Dermatologie, Psychiatrie, Psychosomatik oder Onkologie, Gastroenterologie, Nephrologie etc.

Therapie

Therapieziele

  • Pruritus lindern. 
  • Grunderkrankungen behandeln.

 Allgemeines zur Therapie

  • Das therapeutische Vorgehen basiert auf 4 wesentlichen Bau­steinen:12
    1. allgemeine therapeutische Maßnahmen
    2. ursächlich angepasste Therapie
    3. symptomatische topische Therapie und
    4. symptomatische systemische Therapie.
  • Erfahrungsgemäß dauert es bis zum Ansprechen je nach Therapie zwischen 1 und 12 Wochen; bei Sistieren des Pruritus sollte die Therapie nicht zu schnell abgesetzt werden (stufenweises Ausschleichen über mindestens 4 Wochen), sodass die Patient*innen über eine lange Therapiedauer informiert werden sollten.3
  • Insgesamt ist die Studien-Evidenz für symptomatische Behandlungsmaßnahmen bei chronischem Pruritus unklarer Ätiologie gering, sodass vorwiegend Konsensus-Empfehlungen gegeben werden.24

Allgemeine therapeutische Maßnahmen

Leitlinie: Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus3

  • Alle Patient*innen sollten über allgemeine, prurituslindernde Maßnahmen informiert werden.

Vermeidung von:

  • Faktoren, die die Hauttrockenheit fördern wie z. B. trockenes Klima, Hitze (z. B. Sauna), alkoholische Umschläge, Eispackungen, häufiges Waschen und Baden
  • Kontakt mit irritierenden Stoffen oder Substanzen (z. B. Umschläge mit Rivanol, Kamille, Teebaumöl)
  • sehr heißem und stark gewürztem Essen, größeren Mengen von heißen Getränken und Alkohol
  • Aufregung, Anspannung, negativem Stress.
  • Bei Menschen mit Atopie: Vermeidung von Allergenen (z. B. Hausstaub bzw. Hausstaubmilben), die Pruritus extern aggravieren können.

Verwendung von:

  • milden, nichtalkalischen Seifen, rückfettenden Waschsyndets oder Dusch- und Badeölen (Spreitungsöl mit geringem Tensidgehalt)
  • adäquater, weicher, luftiger Kleidung z. B. aus Baumwolle
  • lauwarmem Wasser, Badezeit max. 20 min
  • einer rückfettenden topischen Basistherapie in Rücksichtnahme auf den individuellen Hautzustand; optimal ist die mind. 1 x tägliche Anwendung insbesondere nach jedem Duschen/Baden.
  • Präparaten zur kurzfristigen Prurituslinderung u. a. bei nächtlichem Pruritus: Cremes/Lotionen/Sprays mit Harnstoff, Kampfer, Menthol, Polidocanol, Gerbstoffen, feuchten oder kühlenden Umschlägen oder Fett-Feucht-Umschlägen, kühlen Duschen, Schwarzteeumschlägen u. a.
  • Bei Vorliegen von Dermatosen: nach Wasserkontakt Abtupfen des Körpers ohne starkes Reiben, da sonst die bereits vorgeschädigte Haut noch stärker verletzt und abgelöst wird.

Psychosomatische Intervention

  • Entspannungstechniken, z. B autogenes Training, progressive Muskelentspannung
  • Kognitive Techniken, z. B. Entkatastrophisieren, Ablenkungs- und Fokussierungsstrategien, Vermeidung von sozialem Rückzug
  • Standardisierte Schulungsprogramme: Vermitteln neben o. g. Techniken außerdem Psychoedukation und Methoden, den Juck-Kratz-Zirkel und das unbewusste nächtliche Kratzen zu durchbrechen (wie z. B. durch Auflegen eines kalten Waschlappens, leichte Druckausübung, nächtliches Anziehen von Handschuhen). Die Ermahnung, nicht zu kratzen, ist nicht zielführend.
  • Bei Kindern mit atopischem Ekzem: Neurodermitisschulung/AGNES-Programm

Symptomatische Therapie

Topische Behandlung

  • Da insbesondere trockene Haut einen Pruritus verstärken kann, sollte die Haut täglich mit rückfettenden und rehydratisierenden Basiscremes oder Salben gepflegt werden.12
    • insbesondere direkt nach dem Baden sinnvoll
    • Eine standardisierte Magistralrezeptur hierfür ist z. B. eine 5%-/10%-hydrophile Harnstoff-Emulsion (NRF-Nr. 11.72).3
  • Lokale Steroide kommen kurzfristig bei chronischem Pruritus bei einer steroidresponsiven Dermatose und bei sekundären entzündlichen Kratzläsionen zum Einsatz.3
  • Daneben können topische Behandlungen mit Zusatzstoffen wie kühlendem Menthol, Harnstoff, Kampfer, Chloralhydrat, Polidocanol sowie klassische Lokalanästhetika wie Lidocain, Benzocain oder Prilocain den Pruritus lindern.12 
    • ebenso topische Anwendung von Capsaicin15 und Cannabinoidrezeptor-Agonisten möglich3
  • Topische Calcineurininhibitoren werden ab dem Alter von 2 Jahren als Zweitlinien-Therapie zur Therapie des chronischen Pruritus bei atopischem Ekzem empfohlen und können (als Off-Label-Therapie) bei anderen entzündlichen Dermatosen und bei sekundären entzündlichen Kratzläsionen erwogen werden.3

Systemische Behandlung

  • Nichtsedierende Antihistaminika
    • bei Urtikaria Therapie der 1. Wahl3
      • Bei nicht ausreichendem Ansprechen auf Standarddosierung kann die Höherdosierung bis zur 4-fachen Standarddosis als Off-Label-Use erwogen werden.
    • Bei einem generalisierten Pruritus ist Histamin nur selten der Mediator, sodass Antihistaminika kaum eine juckreizstillende Wirkung haben.
  • UV-Phototherapie12
  • Systemische Glukokortikosteroide3
    • Sollten allenfalls als Kurzzeittherapie bei schwerstem chronischem Pruritus und starkem Leidensdruck in Ausnahmefällen erwogen werden.
    • Therapiedauer von maximal 2–3 Wochen anstreben.
    • Prednisonäquivalent oral in einer morgendlichen Einmalgabe mit einer Initialdosis von 40–60 mg/d und je nach klinischem Befund ausschleichend reduzieren.
  • Opiodrezeptor-Antagonisten3
    • Können bei Pruritus bei Malignom und bei schwerstem Pruritus mit starkem Leidensdruck erwogen werden.
  •  Antikonvulsiva 3
    • Gabapentin und Pregabalin werden bei nephrogenem und neuropathischem Pruritus als Off-Label-Use empfohlen.
  • Antidepressiva12
    • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) können zur Therapie des chronischen Pruritus mit mildem Erfolg eingesetzt.
    • Dagegen werden Mirtazapin und Doxepin nur eingeschränkt empfohlen.
  • Neuartige zielgerichtete Therapien12
    • Das bessere pathophysiologische Verständnis hat in den letzten Jahren zur Entwicklung zahlreicher neuer zielgerichteter Therapieoptionen geführt.
      • z. B. Neurokinin-1-Rezeptor-Antagonisten, κ-Opioid-Rezeptor-Agonisten, Interleukin-Antagonisten, IBAT-Inhibitoren und Januskinase-Inhibitoren
    • Der monoklonale Antikörper gegen IL-4/13, Dupilumab, ist seit 2017 zugelassen für Patient*innen mit mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis, wenn topische Medikamente alleine nicht ausreichen und eine systemische Therapie in Betracht kommt.25-26

Kausale Therapien

  • Nach Möglichkeit sollte die für den Pruritus ursächliche Grunderkrankung optimal behandelt werden.
  • Hier reicht die Palette der ursächlichen Therapien von der spezifischen Behandlung einer zugrunde liegenden Dermatose, Meidung eines Kontaktallergens, Absetzen eines Medikaments, spezifischer internistischer, neurologischer und psychiatrischer Therapie bis zur operativen Therapie eines zugrunde liegenden Tumors.3

 Empfohlenes Stufenschema der Leitlinie

Leitlinie: Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus3

Begleitende Therapie in jeder Stufe 

  • Allgemeine Therapiemaßnahmen
  • Kausale Therapie (ggf. interdisziplinär)
  • Bei erosiven Kratzläsionen: topische Antiseptika, topische Steroide
  • Bei Schlafstörung: Hypnotika, sedierende Antidepressiva, niedrig potente Neuroleptika
  • Bei psychischen/psychosomatischen Faktoren: psychosomatische Grundversorgung, Richtlinienpsychotherapie

1. Stufe

  • Allgemeine Therapiemaßnahmen, insbesondere rückfettende und hydratisierende Basistherapie
  • Initiale symptomatische Therapie: nichtsedierende systemische H1-Antihistaminika

2. Stufe

  • Symptomatisch ursächlich angepasste Therapie

3. Stufe

  • Bei unklarer Ursache oder Therapierefraktärität: symptomatische topische und/oder systemische Therapie
  • Klinische Studien an spezialisierten Zentren

Empfehlungen für Patient*innen

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus. AWMF-Leitlinie Nr. 013-048. S2k, Stand 2016. www.awmf.org
  • British Association of Dermatologists' guidelines for the investigation and management of generalized pruritus in adults without an underlying dermatosis. Stand 2018. www.pubmed.gov

Literatur

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  2. Fleischmann T. Fälle Klinische Notfallmedizin - Die 100 wichtigsten Diagnosen. München, Deutschland: Elsevier, 2018.
  3. Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus. AWMF-Leitlinie Nr. 013-038. Stand 2016. www.awmf.org
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Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
  • Peter Maisel, Prof. Dr. med., Facharzt für Allgemeinmedizin, ehemaliger Leiter des Centrums für Allgemeinmedizin, Universität Münster (Review)
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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