Akute Prostatitis

Zusammenfassung

  • Definition:Akute bakterielle Infektion der Prostata. Das Erregerspektrum entspricht dem von Harnwegsinfekten.
  • Häufigkeit:Die Prävalenz liegt bei ca. 2 Fällen pro 1.000 Männern jährlich.
  • Symptome:Akut einsetzende Schmerzen im Unterleib, hinter Symphyse und Hoden, häufig Ausstrahlung in die äußeren Genitalien.
  • Befunde:Häufig ausgeprägte Schmerzen, Fieber und bei Berührung sehr schmerzhafte Prostata.
  • Diagnostik:Untersuchung des Urins auf Bakterien und Leukozyten, Urinkultur, ggf. Sonografie. 
  • Therapie:Behandlung mit Antibiotika, Mittel der Wahl sind Fluorchinolone. Ggf. stationäre Einweisung.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Akute bakterielle Infektion der Prostata1

Häufigkeit

  • Seltene Erkrankung
  • Am häufigsten bei Männern zwischen 40 und 60 Jahren2

Ätiologie und Pathogenese

  • Die meisten Infektionen entstehen aufsteigend durch Reflux von Urin zur Prostata oder durch Ausbreitung über die Lymphgefäße des Rektums.
  • Iatrogen nach Prostatabiopsie1
  • Ist hauptsächlich auf die häufigsten Bakterien der Harnwege zurückzuführen: E. coli, Pseudomonas.1

ICPC-2

  • Y73 Prostatitis/Samenblasenentzündung

ICD-10

  • N41 Entzündliche Krankheiten der Prostata
    • N41.0 Akute Prostatitis

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Akute Schmerzen im Dammbereich und hinter der Symphyse; Tastbefund einer diffus vergrößerten und stark schmerzhaften Prostata
  • Nachweis von Leukozyten und/oder nitritbildenden Bakterien im Urin
  • Die akute Prostatitis gilt als abwendbar gefährlicher Verlauf eines Harnwegsinfektes bei Männern.3

Leitlinie: Harnwegsinfektion bei Männern3-4

  • Bei Männern mit rezidivierenden Harnwegsinfektionen sollten weitere urologische Untersuchungen erfolgen.
  • Wenn bei Männern mit einer Harnwegsinfektion eine Indikation zur Antibiotikatherapie gestellt wird, sollte vor Therapiebeginn eine Urinkultur durchgeführt werden und entsprechend resistenzgerecht behandelt werden.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Akut einsetzende Schmerzen, die in Damm, Bauch und Rücken ausstrahlen können.1,3
  • Häufig Fieber, Schüttelfrost und reduzierter Allgemeinzustand4
  • Mögliche weitere Symptome

Klinische Untersuchung

  • Die Prostata ist diffus vergrößert und stark schmerzempfindlich, bei der Tastuntersuchung daher sehr vorsichtig vorgehen.
    • Zu heftige Tastuntersuchung kann eine Bakteriämie auslösen.1
  • Manchmal ist eine komplette Entleerung der Harnblase aufgrund der Verlegung der Harnröhre nicht mehr möglich.
  • Siehe auch TrainAMed Digital-rektale Untersuchung (Uni Freiburg).

Urinuntersuchungen

  • Der gesamte Artikel basiert auf dieser Referenz.3
  • Bakterien, Protein, Blut, z. B. durch Urinstreifentests („U-Stix“, s. u.)
  • Urinkultur
  • Mikrohämaturie ohne anderen Urinbefund deutet auf Steinerkrankung (Sensitivität > 90 %).
  • Siehe Tabelle Urinstreifentest, Störfaktoren.

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Der PSA-Wert ist häufig erhöht, meist ohne weiteren Krankheitswert.
  • Zwei- oder Dreigläserprobe nicht erforderlich. Prostatamassage kann zu Bakteriämie führen und ist daher kontraindiziert.
  • Kultur oder PCR aus Harnröhrenabstrich zur Untersuchung auf Chlamydien und möglicherweise Gonorrhö
  • Sonografie zum Ausschluss eines Harnaufstaus

Leitlinie: Diagnostik bei Verdacht auf akute Prostatitis1

  • Empfohlene Diagnostik
    • Vorsichtige digital-rektale Untersuchung zur Beurteilung des Zustandes der Prostata
    • Urindiagnostik: Leukozyten und Nitrit in Mittelstrahlurin
    • Bei Fieber und reduziertem Allgemeinzustand: kleines Blutbild und Blutkulturen
    • Urinkultur

Indikationen zur Überweisung

Indikationen zur Krankenhauseinweisung

  • Bei stark reduziertem Allgemeinzustand und Gefahr einer Sepsis

Therapie

Therapieziel

  • Infektion eliminieren.

Medikamentöse Therapie

  • Für Fluorchinolone wurden von der Europäischen Arzneimittel-Agentur Anwendungsbeschränkungen empfohlen: Besondere Vorsicht bei Älteren und bei Patienten mit Nierenfunktionseinschränkung. Keine Kombination mit Kortikosteroiden. Nicht empfohlen als Mittel der 1. Wahl zur Behandlung leichter und mittelschwerer Infektionen.6  
  • Patienten mit Urinretention, stark reduziertem Allgemeinzustand oder Gefahr einer Sepsis sollten ins Krankenhaus eingewiesen werden und eine intravenöse Antibiotikatherapie erhalten.
  • Empfehlungen basieren auf klinischen Erfahrungen; kontrollierte Studien gibt es nicht zur Therapie der akuten Prostatitis. 1
  • Einige Autoren betonen die lange Therapiedauer von 2 - 4 Wochen. 7
  • Schmerztherapie nach Bedarf

Leitlinie: Therapie bei akuter Prostatitis1,3

  • Empfehlungen der europäischen Leitlinie:
    • bei systemischen Krankheitszeichen stationäre Behandlung und initiale parenterale Antibiotikatherapie
    • die empfohlenen Antibiotika entsprechen denen des komplizierten Harnwegsinfektes
      • ggf. initiale parenterale Antibiotikatherapie
      • Wenn ambulante Behandlung möglich:
        • z. B. Ciprofloxacin 500–750 mg 2 x tgl.3
        • z. B. Levofloxacin 750 mg 1 x tgl.3
        • Empirische Therapie mit Fluorchinolonen nur falls lokale Resistenzrate <10 %1,3
        • Empirische Behandlung mit Fluorchinolonen nicht empfohlen, falls solche bereits in den zurückliegenden 6 Monaten angewendet wurden.1
    • Anpassung der antibiotischen Therapie nach Urinkultur1
    • Therapiedauer 2–4 Wochen1
  • Kein Einsatz von Nitrofuratoin bei Verdacht auf Prostatitis!3

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Prognose

  • In der akuten Phase Gefahr für Sepsis, aber unter adäquater Therapie ist die Prognose gut.
  • Selten: Übergang in eine chronische Prostatitis mit rezidivierenden Harnwegsentzündungen

Verlaufskontrolle

  • Klinische Kontrolle nach einigen Tagen
  • Bei fehlender Besserung: Überweisung zum Spezialisten
  • Eine Kontrollmessung des PSA-Werts sollte 3–6 Monate nach Symptomfreiheit erfolgen, falls erhöhte Werte festgestellt wurden.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Video

Illustrationen

Prostata: normal
Prostata: normal
Prostata: Hypertrophie
Prostata: Hypertrophie
Exploration der Prostata
Exploration der Prostata

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU): Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. AWMF-Leitlinie Nr. 043-044. S3, Stand 2017. www.awmf.org
  • European Association of Urology (EAU): EAU Guidelines on Urological Infections. Update 2018. www.uroweb.org
  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brennen beim Wasserlassen. S3-Leitlinie und Anwenderversion der S3-Leitlinie Harnwegsinfektionen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-001, Stand 2018. www.awmf.org

Literatur

  1. European Association of Urology (EAU): EAU Guidelines on Urological Infections. Update 2018. www.uroweb.org uroweb.org
  2. Robert Koch-Institut: Selbsthilfe im Gesundheitsbereich. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Heft 36, Prostataerkrankungen. Berlin, 2007. www.rki.de
  3. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brennen beim Wasserlassen – S3-Leitlinie und Anwenderversion der S3-Leitlinie Harnwegsinfektion. AWMF-Leitlinie Nr. 053-001, Stand 2018. www.awmf.org
  4. Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU) Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. AWMF-Leitlinie Nr. 043-044, Stand 2017. www.awmf.org
  5. Coker TJ, Dierfeldt DM. Acute bacterial prostatitis: Diagnosis and management. Am Fam Physician 2016 Jan 15; 93(2): 114-120. pmid: 26926407 PubMed
  6. BfArM: Fluorchinolone: Einschränkungen in der Anwendung aufgrund von möglicherweise dauerhaften und die Lebensqualität beeinträchtigenden Nebenwirkungen 16.11.18. www.bfarm.de
  7. Wagenlehner, Florian M.E.; Naber, Kurt G. et al. Prostatitis und männliches Beckenschmerzsyndrom, Diagnostik und Therapie. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(11): 175-83, DOI: 10.3238/arztebl.2009.0175. DOI

Autoren

  • Dietrich August, Dr. med., Arzt, Freiburg im Breisgau
  • Dirk Nonhoff, Dr. med. Arzt für Allgemeinmedizin, Köln
  • Hans Hedelin, professor och överläkare, FoU-centrum och urologkliniken, Kärnsjukhuset, Skövde
  • Dag Berild, överläkare, medisinsk klinikk, Aker Sykehus

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