Die Wachstumsgeschwindigkeit ist im 4. Schwangerschaftsmonat am größten (ca. 2,5 cm pro Woche) und nimmt zur Geburt hin ab.
Im 1. Lebensjahr wachsen Kinder um ca. 25 cm in die Länge.
im 2.–4. Lebensjahr ca. 5,5 bis 9 cm/Jahr
im 5.–6. Lebensjahr ca. 5 bis 8,5 cm/Jahr
ab dem 6. Lebensjahr bis zur Pubertät ca. 4–6 cm/Jahr bei Jungen und ca. 4,5–6,5 cm/Jahr bei Mädchen
In der frühen Pubertät wachsen Mädchen ca. 10 cm/Jahr, während Jungen ihr max. Längenwachstum mit ca. 11 cm/Jahr in der Mitte der Pubertät erreichen.5
Nach dem Wachstumsschub in der Pubertät verringert sich die Wachstumsgeschwindigkeit deutlich, da sich die Epiphysenfugen der langen Knochen schließen.
Prädiktion der zukünftigen Körpergröße
Die Größe des Kindes bei Geburt scheint eher mit der mütterlichen Ernährung sowie intrauterinen Faktoren und weniger mit der genetischen Konstitution zusammenzuhängen.
Der Korrelationskoeffizient zwischen Körpergröße im Alter von 2 Jahren und der Körpergröße als Erwachsenem liegt bei ca. 0,80.
Knochenalter und Prädiktion des Längenpotenzials
Das Knochenalter ist ein Maß für die Reife des Skelettes und kann mithilfe einer Röntgenaufnahme von Hand und Handgelenk bestimmt werden.
Berechnung der Körpergröße auf Grundlage des Knochenalters scheint eine größere Vorhersagekraft zu besitzen als die Körpergröße der biologischen Eltern und das kindliche Geschlecht.
Genetische Disposition
Die Körpergröße der biologischen Eltern zeigt die genetische Komponente für das Wachstum und die Entwicklung des Kindes an.6
Diagnostische Überlegungen
Konsultationsgrund häufig aus Sorge der Eltern, dass das Kind vermindert oder verzögert wächst.
Bei den meisten minderwkleinwüchsigen Kindern liegt keine organische Ursache vor, sondern eine Kombination aus familiär bedingtem MinderwuchsKleinwuchs und konstitutionell verzögertem Wachstum/Entwicklung.
Bei etwa 5 % der minderwkleinwüchsigen Kinder ist eine pathologische Ursache nachweisbar.
Familiäre Faktoren
Erbliche Faktoren sind die häufigste Ursache für MinderwuchsKleinwuchs.
Erforderlich ist der Ausschluss systemischer Erkrankungen wie Wachstumshormonmangel, intrauterine Wachstumsretardierung, genetische Ursachen, syndromale Genese sowie Depressionen und psychosoziale Deprivation.7
Nichtfamiliäre Faktoren
Häufiger bei Kindern, bei denen
die Größe unter der 5. Perzentile liegt.
die Längen- und Gewichtskurve des Kindes innerhalb kurzer Zeit um 2 Perzentillinien absinkt.
Mögliche Ursache für MinderwuchsKleinwuchs bei Mädchen
Beruht auf komplettem oder partiellem Fehlen von einem der beiden X-Chromosome bei Mädchen/Frauen.
Diagnostische Anzeichen bei Neugeborenen können sein: Lymphödem an Händen und Füßen und Lymphödeme oder lockere Hautfalten über dem hinteren Teil des Nackens.
Zeichen bei älteren Mädchen oder Frauen sind MinderwuchsKleinwuchs, niedriger Haaransatz im Nacken, Ptosis, breiter Brustkorb mit weit auseinanderstehenden Mamillen, multipel pigmentierte Nävi, kurzes 4. Metakarpale oder Metatarsale, Nagelhypoplasie, Aortenisthmusstenose, Amenorrhö, fehlende Brustentwicklung, Oligomenorrhö.
Isolierter oder kombinierter Ausfall der Hormonproduktion möglich
Häufige Ursache ist ein lokales Adenom, andere Ursachen sind Empty-Sella-Syndrom, Erkrankung im Hypothalamus, Gehirntumoren, Aneurysma, Apoplexie und Metastasen.
Es kann ein Mangel an einem oder mehreren Hypophysenhormonen vorliegen.
Die Symptome und Krankheitsbilder hängen davon ab, bei welchen Hormonen ein Mangel vorliegt.
Hormondiagnostik sinnvoll
Wachstumshormonmangel, isoliert
Kann auf hypophysären Tumoren (sekretorisch und nichtsekretorisch), granulomatösen Erkrankungen (z. B. Sarkoidose), infiltrativen Erkrankungen (z. B. Amyloidose), Trauma, Hypophyseninfarkt oder erblichen Defekten in der Hypophyse beruhen.
Abweichungen im Längenwachstum treten meist ab einem Alter von 2 Jahren auf.
Wachstumshormoninsensitivität, Larons-Syndrom
Achondroplasie
Achondroplasie ist die häufigste Ursache für verkürzte Gliedmaßen („Kurzgliedrigkeit") und starken MinderwuchsKleinwuchs.
Beruht auf einer genetischen Mutation.
Inzidenz schätzungsweise zwischen 1 pro 26.000–28.000 Lebendgeburten7
Klinische Befunde: Zunahme des Unterhautfettgewebes in Gesicht und Nacken, Stammfettsucht, Hirsutismus, Hautblutungen, Striae, proximale Myopathie, Hypertonie
Diagnostik: Kortisol in Serum, Speichel und/oder Urin. Tagesrhythmik beachten. Dexamethason-Hemmtest. Weitere Labortests und Bildgebung von Hypophyse und NNR (MRT/CT/Sonografie) in Abhängigkeit von Ursache bzw. Lokalisation
Mögliche Merkmale: MinderwuchsKleinwuchs, Pulmonalstenose oder andere angeborene Herzfehler, niedrig sitzende oder große Ohren, Cubitus valgus, Pectus excavatum
Bei Kindern unter 2 Jahren wird ein spezielles Messbrett verwendet.
Bei Kindern über 2 Jahre wird eine an der Wand montierte Messlatte verwendet.
Gewichtsmessung
Serielle Messungen von Körpergröße und Gewicht sind sehr wichtig.
Berechnung der zu erwartenden endgültigen Körpergröße
Junge: ([ Größe der Mutter + 13 cm] + Größe des Vaters) : 2
Mädchen: ([ Größe des Vaters – 13 cm] + Größe des Mutter) : 2
Für sowohl Jungen als auch Mädchen repräsentieren ± 8,5 cm des berechneten Wertes die 3.–97. Perzentilen der erwarteten Körpergröße im Erwachsenenalter.
Anti-Gewebstransglutaminase (tTG-IgA) und Gesamt-IgA (Zöliakie?).
Urinuntersuchung
chronische Harnwegsinfektionen können die Ursache fürbei apathischeapathischen, gereiztegereizten KinderKindern mit Fieber sein.
Nierenerkrankung
Erweiterte Diagnostik bei spezialisierten Fachdisziplinen
Skelettröntgen zur Beurteilung der Skelettreife
2–18 Jahre: linke bzw. nicht dominante Hand oder Handgelenk
Bei Kindern mit Malabsorption und Hypothyreose ist das Knochenalter häufig verzögert.
Weitere spezielle Untersuchungen (Wachstumshormon; Karyotypisierung bei Mädchen mit Verdacht auf ein Turner-Syndrom), um eine endgültige Diagnose bei MinderwKleinwüchsigen zu stellen, bei Pädiater*in, Humangenetiker*in oder in spezialisierten Zentren.
Indikationen zur Überweisung
Bei Verdacht auf organische Ursachen für MinderwuchsKleinwuchs Überweisung des Kindes an Pädiater*in
Checkliste zur Überweisung
MinderwuchsKleinwuchs
Zweck der Überweisung
Diagnostik? Behandlung? Weitere/s?
Anamnese
MinderwuchsKleinwuchs in der Familie? Perzentilentwicklung: welches Perzentil, Kreuzung der Perzentilkurven oder normales Wachstum? Berechnung der zu erwartenden Körpergröße?
Weitere Symptome und Zustandsbilder: syndromale Züge, überproportional geringe Körpergröße, verzögerte Pubertät? Verdacht auf andere Grunderkrankung?
Weitere relevante Krankheiten?
Dauermedikation? Glukokortikoide?
Konsequenzen: Wachstums- und Entwicklungshemmung? Ernährungsprobleme?
Therapiedurchführung: Die endokrinologische Therapie des MinderwuchsesKleinwuchses wird meistens durch Pädiater*innen und Endokrinolog*innen durchgeführt.
Rekombinantes Wachstumshormon (rhGH)
Erkrankungen mit progredientem MinderwuchsKleinwuchs bedürfen einer spezifischen Therapie.
Bei nachgewiesenem Wachstumshormonmangel erfolgt die Substitution mit rekombinantem Wachstumshormon.
Anerkannte Indikationen für eine pharmakologische Therapie mit Wachstumshormon sind:
Seit Ende 2007 ist rekombinantes humanes IGF-I zur Behandlung von Patient*innen mit schwerem primärem IGF-I-Mangel zugelassen.
Der schwere primäre IGF-I-Mangel ist ein sehr seltenes, nicht eindeutig charakterisiertes Krankheitsbild.
Es wird für die Zulassung des Medikaments wie folgt definiert:
Es liegt eine Wachstumsstörung mit schwerem MinderwuchsKleinwuchs (Körperhöhe <– 3 SDS) vor, die Wachstumshormonsekretion ist normal oder erhöht, und der IGF-I Serumwert liegt unterhalb des 3. Perzentils.
Kinderpsychologische Mitbetreuung im Einzelfall
Adaptationsprozess mit dem Merkmal MinderwuchsKleinwuchs unterstützen und persönliche Ressourcen bei der merkmalsbedingten Stressbewältigung verbessern.
Deutsche Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie (DGKED) e. V. AWMF-Leitlinie Nr. 174-004. S1, Stand 2016 (abgelaufen). www.awmf.org
Rogol AD. Diagnostic approach to children and adolescents with short stature. UpToDate, letztes Update: Nov 2021. Zugriffsdatum: 24.01.2022. www.uptodate.com
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Autor*innen
Moritz Paar, Dr. med., Facharzt für Allgemeinmedizin, Münster
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
E343 Kleinwuchs,; R62; R628
T10; T80
Wachstum; Wachstumsschub; Körpergröße; verzögertes Wachstum; kleinwüchsige Kinder; Wachstumshormonmangel; Wachstumsstörung; Wachstumsrestriktion; Wachstumsgeschwindigkeit; small for gestational age; geringe Körpergröße
Der Abschnitt basiert, sofern nicht anders gekennzeichnet, auf dieser Referenz.1 MinderwuchsKleinwuchs (früher „KleinwuchsMinderwuchs“) bezeichnet ein Wachstum von unter 2,5 Perzentilen für Geschlecht und Alter.2
Endokrinologie/Stoffwechsel
MinderwuchsKleinwuchs
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