Allgemeine Informationen
Definition
- Definition der ESC (European Society of Cardiology): Hypertrophe Kardiomyopathie ist definiert durch das Vorliegen einer erhöhten linksventrikulären Wanddicke, die nicht durch abnorme Ladebedingungen (z. B. arterielle Hypertonie, Klappenerkrankungen) allein erklärt werden kann.1-2
- Es existieren unterschiedliche Klassifikationssystem für Kardiomyopathien.1,3-
56 - Das europäische ist im
GegenatzGegensatz zum amerikanischen Klassifikationssystem stärker klinisch orientiert.1,45
- Es existieren unterschiedliche Klassifikationssystem für Kardiomyopathien.1,3-
- Die ESC-Definition gilt für Erwachsene und Kinder und macht keine
aA-priori- bessere Übereinstimmung mit der täglichen klinischen Praxis
- vermutlich geeigneter für die Verbesserung von diagnostischer Genauigkeit und Therapie
- Abhängig vom Vorliegen einer Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakts (LVOT) Unterscheidung in:
67- hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie (HOCM): ca. 70 %
- hypertrophe nicht-obstruktive
KardiomyoapthieKardiomyopathie (HNCM): ca. 30 %.
- Da häufig das Septum dominierend betroffen ist, wird die Erkrankung manchmal auch als „asymmetrische Septumhypertrophie“ bezeichnet.
67
Häufigkeit
- Prävalenz ca. 200/100.0002,
78- möglicherweise höhere tatsächliche Prävalenz als bisher angenommen (ca. 500/100.000)
89
- möglicherweise höhere tatsächliche Prävalenz als bisher angenommen (ca. 500/100.000)
- Im Gegensatz zur relativ hohen Prävalenz
Diagnosestellungwird die Diagnose im klinischen Alltag nur bei einem Teil der Betroffenen mit Symptomen oder klinischen Ereignissen gestellt („Spitze des Eisbergs“).910-1011 - Zunehmende Prävalenz mit dem Alter2
- Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen.13
- Ähnliche Prävalenz in Populationen unterschiedlicher regionaler Herkunft2
Ätiologie und Pathogenese
Ätiologie
- In 40–60 % der Fälle autosomal-dominant vererbt mit variabler Penetranz2,
1314
- häufigste genetisch bedingte kardiale Erkrankung
1415-17 - Vorwiegend Mutationen in Genen, die für Sarkomerproteine kodieren.
- Es sind einige hundert Mutationen an mehr als 27 Genen bekannt.
67,1518 - betroffene Proteine vor allem schwere Kette des Beta-Myosins, Myosinbindungsprotein C und Troponin T
- Es sind einige hundert Mutationen an mehr als 27 Genen bekannt.
- häufigste genetisch bedingte kardiale Erkrankung
- 5–10 % der Fälle durch andere genetische Erkrankungen2
- angeborene metabolische Störungen
- Können autosomal-rezessiv oder x-chromosomal vererbt werden.
- z. B. Morbus Fabry (lysosomale Speicherkrankheit durch Defekt der Alpha-Galaktosidase A)
- angeborene neuromuskuläre Erkrankungen
- angeborene metabolische Störungen
- Einige Patient*innen mit nichtgenetischen Erkrankungen, die eine genetische Form der Erkrankung imitieren.2
- z. B.
AltersamyloidoseAlters-Amyloidose
- z. B.
- Drogeninduziert2
- z. B. anabole Steroide
- 25–30 % unklare Ätiologie2
Pathogenese
- Histologisch typischerweise „Fiber Disarray
"“: verzweigte und verwirbelte Anordnung der bis auf 100 μm verdickten Kardiomyozyten67 Zell-FehlanordnungZellfehlanordnung und interstitielle Fibrose führt zu Kontraktilitätsstörung mit kompensatorischer myokardialer Hypertrophie.67- Regionale (v. a. Septum) und/oder globale Verdickung von Myokardsegmenten
- Mikrozirkulationsstörungen
1821
- Mikrozirkulationsstörungen
- Verkleinertes Ventrikellumen mit normaler oder erhöhter Ejektionsfraktion
erstErst im späteren Verlauf sind eine Abnahme der Ejektionsfraktion und ein progredientes Herzversagen möglich.
- Abhängig vom Ausmaß der Septumhypertrophie Entwicklung einer systolischen Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakt mit dynamischem systolischem Druckgradienten (HOCM)
- durch
VenturieffektVenturi-Effekt systolische Bewegung des vorderen Mitralsegels in Richtung Septum (SAM = Systolic Anterior Movement)- Verstärkung der Obstruktion
- Mitralklappeninsuffizienz durch Deformation und hohen systolischen Druck im Ventrikel
- Zunahme des Gradienten bei Hypovolämie oder Vorlastsenkung (z. B. durch
NitroglyceringabeNitroglyzeringabe)
- durch
- Diastolische Dysfunktion durch Hypertrophie und Fibrose
- Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF)
- LA-Dilatation und evtl. Entwicklung von Vorhofflimmern
- Synkope durch Ausflusstraktobstruktion oder ventrikuläre Arrhythmien
- Plötzlicher Herztod
- Bei
AthletenAthlet*innen ist HCM die häufigste Ursache für plötzlichen Herztod (36 %).1922
- Bei
- Insgesamt heterogenes klinisches Bild mit erschwerter Diagnosestellung trotz des autosomal-dominanten Erbgangs wegen:23
- inkompletter Penetranz
- individueller phänotypischer Variabilität.
- Die klinische Ausprägung ist äußerst variabel von asymptomatischem Verlauf mit normaler Lebenserwartung bis zu vorzeitigem Tod wegen ventrikulärer Rhythmusstörungen, terminaler Herzinsuffizienz und Schlaganfällen.24
Prädisponierende Faktoren
- Positive Familienanamnese
ICPC-2
- K84 Kardiomyopathie
ICD-10
- I42.1 Hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie
- I42.2 Sonstige hypertrophische Kardiomyopathie
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.2
- Wanddicke ≥ 15 mm in einem oder mehreren Myokardsegmenten des linken Ventrikels, gemessen mit einem der folgenden Bildgebungsverfahren:
- Echokardiografie
- Magnetresonanztomografie (MRT)
- Computertomografie (CT).
- LV-Hypertrophie wird nicht allein durch die Ladebedingungen (z. B. arterielle Hypertonie, Klappenvitien) erklärt.
Differenzialdiagnosen
- Sekundäre Hypertrophie
- Angina pectoris bei KHK
- Früherer
- Cor pulmonale
- Physiologische Hypertrophie beim Sport („Sportlerherz‟)
- Die linksventrikuläre Hypertrophie ist symmetrisch, und die Wandstärke beträgt normalerweise ≤ 12 mm.
- Es liegt außerdem keine familiäre Vorbelastung vor.
Anamnese
- Häufig asymptomatisch oder oligosymptomatisch
- Angina pectoris (vor allem unter Belastung)?
- Dyspnoe (vor allem unter Belastung)?
- Palpitationen?
- Schwindel?
- Synkopen?
- Synkopen können rhythmogen (tachykarde oder bradykarde Rhythmusstörungen) oder hämodynamisch (Ausflusstraktobstruktion) bedingt sein.15
- Familienanamnese sollte bei V. a. hypertrophe Kardiomyopathie erhoben werden.2
- Angehörige mit bekannter HCM?
- Plötzlicher Herztod?
- Unerklärte Herzinsuffizienz?
- Träger von Herzschrittmacher/ICD?
- Herztransplantation?
Klinische Untersuchung
- Häufig unauffällig
- Auskultation (siehe auch Herzgeräusche bei Erwachsenen)
- bei
obstrukiverobstruktiver Kardiomyopathie systolisches Austreibungsgeräusch durch Flussbeschleunigung im linksventrikulären Ausflusstrakt- Verstärkung bei Provokation eines höheren Druckgradienten im Ausflusstrakt (Valsalva-
ManeuverManöver, Kniebeugen)
- Verstärkung bei Provokation eines höheren Druckgradienten im Ausflusstrakt (Valsalva-
- evtl.
MitralinsuffizienzMitralklappeninsuffizienz - Ejection Click
- 4. Herzton
- bei
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
EKG
- Anomales EKG bei 75–95 % der Patient*innen
1922- Zeichen der linksventrikulären Hypertrophie (pos. Sokolow-Lyon-Index, siehe auch
Check-ListeEKG:EKGCheckliste) - ausgeprägte T-Negativierungen in den präkordialen oder inferolateralen Ableitungen (siehe auch EKG: Veränderungen von P-Welle, QRS-Komplex und ST-T-Segment)
- anomal tiefe und breite Q-Zacken
- 25 % der Patient*innen mit linksanteriorem Hemiblock oder Linksschenkelblock
67 - evtl. Vorhofflimmern
- Zeichen der linksventrikulären Hypertrophie (pos. Sokolow-Lyon-Index, siehe auch
LZ-EKG
- Abklärung von supraventrikulären und ventrikulären Arhythmien (siehe auch EKG: Rhythmus und Rhythmusstörungen)
- Auch Bestandteil der Risikostratifizierung bei HCM
Labor
- BNP, NT-
pro-BNPproBNP, Troponin
Leitlinie: EKG2
12-Kanal-EKG empfohlen bei Patient*innen mit V. a. hypertrophe Kardiomyopathie (I/B)48-Stunden-EKG empfohlen bei der initialen Evaluation zur Erfassung von supraventrikulären oder ventrikulären Arrhythmien
Diagnostik bei Spezialist*innen
Echokardiografie
- Die Echokardiografie
wichtigstesistbildgebendesdas wichtigste bildgebende Verfahren für die Diagnosestellung. - Untersucht wird mit echokardiografischen Basistechniken (2D, Doppler, Farbdoppler) im Hinblick auf:
- Wanddicke
- regionale Verteilung der Hypertrophie
Gradientden Gradienten im linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT) bei hypertroph-obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM)- Provokation einer latenten Obstruktion z. B. durch Valsalva-Manöver oder Belastungstest
- Obstruktion definiert als maximaler Gradient ≥ 30 mmHg in Ruhe oder während Provokation2
- Obstruktion bei 25 % der Patient*innen in Ruhe, bei 70 % unter Belastung
2025
- Obstruktion bei 25 % der Patient*innen in Ruhe, bei 70 % unter Belastung
- Gradient ≥ 50 mmHg gilt als hämodynamisch relevant.2
- diastolische Funktion des LV
- Morphologie und Funktion der Mitralklappe
- SAM = Systolic Anterior Movement: systolische
VorwärtsbewegungBewegung des vorderen Mitralsegels zum Septum mit Obstruktion des Ausflusstrakts - Mitralklappeninsuffizienz
- SAM = Systolic Anterior Movement: systolische
- Größe
linkerdesVorhoflinken Vorhofs.
- Weitere echokardiografische Techniken (Tissue Doppler Imaging, Speckle Tracking) ermöglichen bei entsprechender Expertise eine noch genauere Beurteilung der myokardialen Kontraktilität.
2126
Leitlinie: Echokardiografie2
2D- und Doppler-Echokardiografie (in Ruhe und unter Valsalva-Manöver) bei allen Patient*innen mit HCM empfohlen (I/B)Messung der maximalen diastolischen Wanddicke empfohlen (I/C)Beurteilung der diastolischen Funktion empfohlen (I/C)Bei symptomatischen Patient*innen mit Ruhegradient < 50 mmHg ist die Durchführung einer Echokardiografie während physikalischer Belastung empfohlen (I/B).
Magnet-Resonanz-TomografieMagnetresonanztomografie (MRT)
- Alternative bei unzureichenden Schallbedingungen im Echo
2227- Vorteile gegenüber Echokardiografie bei der Erfassung von HCM mit Begrenzung auf den linksventrikulären Apex
2328
- Vorteile gegenüber Echokardiografie bei der Erfassung von HCM mit Begrenzung auf den linksventrikulären Apex
- Bestimmung vom Ausmaß einer Myokardfibrose mit Kontrastmittel („Late Gadolinium Enhancement“)
- Eine ausgeprägte Fibrose stellt einen Risikofaktor für plötzlichen Herztod dar.
2429-2530
Leitlinie: Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT)2
MRT mit Kontrastmittel ist empfohlen bei Patient*innen mit V. a. HCM und unzureichenden echokardiografischen Schallbedingungen (I/B).MRT mit Kontrastmittel sollte erwogen werden bei Patient*innen, die die diagnostischen Kriterien für HCM erfüllen zur Bestimmung von Vorhandensein und Ausdehnung einer Myokardfibrose (IIa/B).
Computer-TomografieComputertomografie (CT)
- Erlaubt die gleichzeitige Darstellung der Koronararterien.
Leitlinie: Computer-Tomografie (CT)2Koronarangiografie
CT sollte erwogen werden bei unzureichenden echokardiografischen Schallbedingungen und Kontraindikation für MRT (IIa/C).
Koronarangiografie
- Eine Abgrenzung zur koronaren Herzerkrankung ist häufig schwierig.
- Bei Patient*innen mit Belastungs-AP sollte eine Koronarangiografie erwogen werden unter Berücksichtigung des kardiovaskulären Risikoprofils.2
Leitlinie: Koronarangiografie2
Koronarangiografie empfohlen bei Überlebenden nach Herzstillstand, bei anhaltenden ventrikulären Tachykardien und bei schwererstabiler Angina pectoris(CCS ≥ 3) (I/C)
Myokardbiopsie
- Nicht Bestandteil der Routinediagnostik
Leitlinie: Myokardbiopsie bei HCM2
Endomyokardbiopsie kann erwogen werden bei Patient*innen mit V. a. myokardiale Infiltration, Entzündung oder Speicherkrankheit ohne andere Nachweismöglichkeit (IIb/C).
Gentests und Familienscreening
- Mehrheit der HCM-Fälle mit autosomal-dominantem Erbgang mit 50 % Wahrscheinlichkeit der Weitergabe an Nachkommen2
- Nachweis auslösender Mutationen erleichtert die:2
- Identifizierung von betroffenen
FamilienmtgliedernFamilienmitgliedern vor dem Auftreten von Symptomen - klinische Überwachung von Betroffenen
- Reproduktionsberatung.
- Identifizierung von betroffenen
- Wird ein auslösendes Gen bei
einemPatient*innen nachgewiesen, sollten die Verwandten zunächst genetisch untersucht und dann klinisch evaluiert werden.2- Patient*innen und Familien mit der Diagnose HCM sollten an ein Referenzzentrum angebunden werden (interdisziplinäre Beurteilung durch Kardiologie, Humangenetik und Kardiochirurgie).31
- Limitationen der Gendiagnostik sind zu beachten.
2632- Ein positiver genetischer Test bedeutet nicht die genaue Vorhersage von Phänotyp oder Prognose.
- Ein negativer Test schließt eine HCM nicht aus.
- Die Bedeutung der Gendiagnostik für die
RiskostratifizierungRisikostratifizierung hinsichtlich eines plötzlichenHerztodsHerztodes ist noch unklar.2733
Leitlinie: Gentests und Familienscreening2
Genetische Beratung ist bei allen Patient*innen mit HCM empfohlen, sofern die Erkrankung nicht allein durch eine nicht genetische Ursache erklärt werden kann (I/B).Gentest ist empfohlen bei Patient*innen, die die diagnostischen Kriterien für HCM erfüllen (I/B).Genetisches Screening nach Beratung ist empfohlen bei erstgradigen Verwandten von Patient*innen mit einem auslösenden Gen (I/B).Klinisches Langzeit-Follow-up (EKG, Echokardiografie) ist empfohlen bei erstgradigen Verwandten mit dem gleichen verursachenden Gen (I/C).
Screening bei AthletenAthlet*innen
- Bei
WettkampfsportlernWettkampfsportler*innen sollte aufgrund der erhöhten Gefahr eines plötzlichenHerztodsHerztodes ein Screening durchgeführt werden.2834-2935 - Die Untersuchung umfasst:
3036- Eigenanamnese
- Familienanamnese
- körperliche Untersuchung (Auskultation des Herzens)
- 12-Kanal-EKG
- bei V. a. Herzerkrankung ggf. ergänzend Echokardiografie, Belastungstest (Belastungs-EKG, Stressechokardiografie), LZ-EKG
Risikostratifizierung
PlEin plötzlicher Herztod kann eine erste klinische Manifestation der HCM sein.- jährliche Rate ca. 1 %
1922
- jährliche Rate ca. 1 %
- Überwiegend durch ventrikuläre Tachykardie/Kammerflimmern verursacht
910Primärprophylaktische ICD-Implantation kann plötzlichen Herztod verhindern.
- Folgende Parameter sind mit einem erhöhten Risiko für plötzlichen Herztod assoziiert:2,
3137- Synkope
- nichtanhaltende ventrikuläre Tachykardie
- Familiengeschichte eines plötzlichen
HerztodsHerztodes in jungem Alter - max. Wanddicke > 30 mm
- Ausflusstraktobstruktion
- kein Anstieg bzw. Abfall des Blutdrucks unter Belastung
- Vergrößerter linker Vorhof
- Alter.
- Zur Risikostratifizierung sollte daher Folgendes durchgeführt werden:2
- persönliche Anamnese
- Familienanamnese
- 48-Stunden-EKG
- transthorakale Echokardiografie (alternativ MRT)
- Belastungstest.
Indikationen zur Überweisung
- Bei Verdacht auf hypertrophe Kardiomyopathie
Diagnostik der Hypertrophen Kardiomyopathie2
EKG
- 12-Kanal-EKG empfohlen bei Patient*innen mit V. a. hypertrophe Kardiomyopathie (I/B)
- 48-Stunden-EKG empfohlen bei der initialen Evaluation zur Erfassung von supraventrikulären oder ventrikulären Arrhythmien
Echokardiografie
- 2D- und Doppler-Echokardiografie (in Ruhe und unter Valsalva-Manöver) bei allen Patient*innen mit HCM empfohlen (I/B)
- Messung der maximalen diastolischen Wanddicke empfohlen (I/C)
- Beurteilung der diastolischen Funktion empfohlen (I/C)
- Bei symptomatischen Patient*innen mit Ruhegradient < 50 mmHg ist die Durchführung einer Echokardiografie während physikalischer Belastung empfohlen (I/B).
Magnetresonanztomografie (MRT)
- MRT mit Kontrastmittel ist empfohlen bei Patient*innen mit V. a. HCM und unzureichenden echokardiografischen Schallbedingungen (I/B).
- MRT mit Kontrastmittel sollte erwogen werden bei Patient*innen, die die diagnostischen Kriterien für HCM erfüllen zur Bestimmung von Vorhandensein und Ausdehnung einer Myokardfibrose (IIa/B).
Computertomografie (CT)
- CT sollte erwogen werden bei unzureichenden echokardiografischen Schallbedingungen und Kontraindikation für MRT (IIa/C).
Koronarangiografie
- Koronarangiografie empfohlen bei Überlebenden nach Herzstillstand, bei anhaltenden ventrikulären Tachykardien und bei schwerer stabiler Angina pectoris (CCS ≥ 3) (I/C)
Myokardbiopsie
- Endomyokardbiopsie kann erwogen werden bei Patient*innen mit V. a. myokardiale Infiltration, Entzündung oder Speicherkrankheit ohne andere Nachweismöglichkeit (IIb/C).
Gentests und Familienscreening
- Genetische Beratung ist bei allen Patient*innen mit HCM empfohlen, sofern die Erkrankung nicht allein durch eine nicht-genetische Ursache erklärt werden kann (I/B).
- Gentest ist empfohlen bei Patient*innen, die die diagnostischen Kriterien für HCM erfüllen (I/B).
- Genetisches Screening nach Beratung ist empfohlen bei erstgradigen Verwandten von Patient*innen mit einem auslösenden Gen (I/B).
- Klinisches Langzeit-Follow-up (EKG, Echokardiografie) ist empfohlen bei erstgradigen Verwandten mit dem gleichen verursachenden Gen (I/C).
Therapie
- Therapieempfehlungen beruhen im Wesentlichen auf Beobachtungsstudien und Fallserien mangels großer randomisierter Stiudien.
67
Therapieziele
- Plötzlichen Herztod vermeiden.
- Progression der Erkrankung vermeiden.
- Symptome lindern.
Therapie einer Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakts
- Mögliche Maßnahmen zur Behandlung der Ausflusstraktobstruktion2
Allgemeinmaßnahmen
- Dehydratation vermeiden.
keinKein exzessiver Alkoholkonsum- Gewichtsabnahme
Pharmakotherapie
- Dilatierende Medikamente (z. B. Nitrate, ACE-Hemmer/Angiotensinrezeptor-Blocker, Ca-Antagonisten vom Dihydropyridintyp) sollten vermieden werden.
- Betablocker sind im Allgemeinen
erste1. Wahl bei der medikamentösen Therapie. - Verapamil (oder Diltiazem) als Alternative bei Kontraindikationen oder Unverträglichkeit von Betablockern
- Mavacamten (Myosin-Modulator) ist eine neue medikamentöse Behandlungsoption.38-39
operative
Operative/
invasiveinterventionelle Maßnahmen(sollten in Zentren mit spezieller Expertise durchgeführt werden)- Ein Teil der Patient*innen bleibt trotz optimaler medikamentöser Therapie symptomatisch, bei 90 % dieser Patient*innen kann eine Verbesserung durch eine Reduktion des verdickten Septums erzielt werden.41
Operation
- Myektomie im Bereich des Septums
3242-3444- Die Mehrheit der Fälle bei subvalvulärer und mittventrikulärer HOCM kann chirurgisch behandelt werden.45
evtlEvtl. kombiniert mit Mitralklappenchirurgie- bei ausreichender Resektion des hypertrophen Septums selten notwendig45
Alkoholablation des Septums (TASH = Transcoronary Ablation of Septal Hypertrophy)
35-36katheterinterventionellerKatheterinterventioneller EingriffNarbenbildungim Bereich des Septums durch Installation von Alkohol in Septalast des RIVA46-47- Bei ca. 20 % der Patient*innen ist eine Re-Intervention erforderlich aufgrund der Variabilität der Septaläste und ihrer Versorgungsgebiete.48
- Ein AV-Block ist eine häufige Komplikation (10–20 % benötigen einen Schrittmacher).41
Schrittmachertherapie
permanentePermanente Stimulation mit kurzer AV-Zeit- Programmierung für ein optimales Verhältnis zwischen früher RV-Stimulation und möglichst geringer Beeinträchtigung der diastolischen Füllung
Leitlinie: Therapie der Ausflusstraktobstruktion2
Nicht-vasodilatierende Betablocker in maximal tolerierter Dosis empfohlen als Erstlinientherapie (I/B)37-38Verapamil in maximal tolerierter Dosis empfohlen bei Intoleranz oder Kontraindikationen gegen Betablocker (I/B)Diltiazem in maximal tolerierter Dosis sollte erwogen werden bei Kontraindikationen oder Intoleranz gegen Betablocker und Verapamil (IIa/C).Gefäßerweiternde Medikamente (arteriell oder venös) sollten vermieden werden (IIa/C).Digoxin ist nicht empfohlen (III/C).Septale Reduktionstherapie (operativ oder katheterinterventionell) ist empfohlen bei Gradient ≥ 50 mmHg und NYHA III-IV trotz maximaler Medikation (I/B).Schrittmachertherapie mit sequentieller AV-Stimulation kann erwogen werden bei Gradient ≥ 50 mmHg und Kontraindikationen gegen Septumreduktion (IIb/C).
Behandlung von Symptomen bei Patient*innen ohne Ausflusstraktobstruktion
- Die Therapie bei symptomatischen Patient*innen ohne Ausflusstraktobstruktion zielt vor allem auf die Behandlung von:2
- Eine Herzinsuffizienz wird gemäß der entsprechenden
ESC-GuidelinesLeitlinien behandelt.3949 - Das Auftreten von Vorhofflimmern kann zu einer akuten klinischen Verschlechterung führen.
37-38- Umgekehrt kann die Wiederherstellung des Sinusrhythmus die klinische Situation stabilisieren.
- Aufgrund der hohen
SchlaganfallinzidenzSchlaganfall-Inzidenz bei Patient*innen mit HCM und Vorhofflimmern (paroxysmal, persistierend oder permanent) sollte immer eine lebenslange Antikoagulation durchgeführt werden.2- Der CHA2DS2-VASc-Score ist für die Therapieentscheidung unerheblich.
- OAK auch nach Wiederherstellung eines Sinusrhythmus weiterführen.
- Vit-K-Antagonisten sind
erste1. Wahl mangels Studien mit neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK). - NOAK sind eine Alternative
,bei Problemen bei der Therapie mit Vit-K-Antagonisten.
- Zur Behandlung pektanginöser Beschwerden sollten Betablocker oder Ca-Antagonisten verabreicht werden.
Vermeidung des plötzlichen Herztodes
- Jährliche Mortalität durch plötzlichen Herztod (Sudden Cardiac Death = SCD) ca. 1 %22
- Keine Evidenz für die Anwendung von Antiarrhythmika zur Vermeidung des SCD2
- ICD-Implantation zur Primärprophylaxe
- schwierige klinische Entscheidung
- Es sollte eine Risikostratifizierung unter Verwendung eines mathematischen Vorhersagemodells durchgeführt werden (HCM ICD Risk).
- ICD-Implantation zur Sekundärprophylaxe
- nach Kammerflimmern oder anhaltender ventrikulärer Tachykardie
Körperliche Aktivität, Sport
- Ist bei jungen Wettkampfsportler*innen die häufigste Todesart, früher wurde daher allgemein von intensivem Sport abgeraten.50
- Gefahr der Inaktivität aufgrund der Diagnose HCM mit negativen gesundheitlichen Auswirkungen.51
- Daher gibt es heutzutage kein generelles Sportverbot auch bei LVOT-Obstruktion, eine adaptierte sportliche Aktivität kann die körperliche Belastbarkeit verbessern.23
- Aktuelle Leitlinien befürworten ein liberaleres Prozedere auch bei Wettkampfsport, die Basis ist eine individuelle Risikobeurteilung und eine gemeinsame Entscheidungsfindung.52
- Im Einzelfall kann bei niedrigem Gesamtrisiko und engmaschiger sportkardiologischer Überwachung auch eine Fortsetzung intensiver sportlicher Aktivitäten gerechtfertigt werden.53
Schwangerschaft
- Schwangerschaft bedeutet ein erhöhtes Risiko für Patientinnen mit HCM.54-55
Endokarditis-Prophylaxe
- Gute Zahnhygiene empfohlen
- Eine routinemäßige antibiotische Endokarditis-Prophylaxe wird bei HCM nicht empfohlen.56
Leitlinie: Therapie der hypertrophen Kardiomyopathie2
Behandlung der Ausflusstraktobstruktion
- Nicht-vasodilatierende Betablocker in maximal tolerierter Dosis empfohlen als Erstlinientherapie (I/B)
- Verapamil in maximal tolerierter Dosis empfohlen bei Intoleranz oder Kontraindikationen gegen Betablocker (I/B)
- Diltiazem in maximal tolerierter Dosis sollte erwogen werden bei Kontraindikationen oder Intoleranz gegen Betablocker und Verapamil (IIa/C).
Gefäßerweiternde Medikamente (arteriell oder venös) sollten vermieden werden (IIa/C). - Digoxin ist nicht empfohlen (III/C).
- Septale Reduktionstherapie (operativ oder katheterinterventionell) ist empfohlen bei Gradient ≥ 50 mmHg und NYHA III-IV trotz maximaler Medikation (I/B).
- Eine Schrittmachertherapie mit sequenzieller AV-Stimulation kann erwogen werden bei Gradient ≥ 50 mmHg und Kontraindikationen gegen Septumreduktion (IIb/C).
Behandlung einer Herzinsuffizienz bei Patient*innen ohne Ausflusstraktobstruktion2
- Bei Patient*innen mit LVEF ≥ 50 % sollten Betablocker oder Verapamil (Diltiazem) sowie niedrigdosierte Diuretika erwogen werden (IIa/C).
- Bei Patient*innen mit LVEF < 50 % sollten zusätzlich zum Betablocker ACE-Hemmer (oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker) und niedrigdosierte Diuretika erwogen werden (IIa/C).
- Bei Patient*innen mit LVEF < 50 % und persistierenden Symptomen sollte ein Mineralkortikoidantagonist erwogen werden (IIa/C).
Leitlinie: Behandlung von Vorhofflimmern2
- Sofern nicht kontraindiziert, ist OAK mit Vit-K-Antagonisten (INR 2,0–3,0) bei paroxysmalem, persistierendem oder permanentem Vorhofflimmern empfohlen (I/B).
- Falls Vit-K-Antagonisten nicht verwendet werden können, ist die Gabe von NOAK empfohlen (I/B).
- Wiederherstellung eines Sinusrhythmus (elektrisch oder medikamentös mit Amiodaron) sollte erwogen werden bei neu aufgetretenem Vorhofflimmern (IIa/C).
- Katheterablation sollte bei Patient*innen mit therapierefraktären Symptomen (sofern noch keine starke Vorhofdilatation) erwogen werden (IIa/B).
Vermeidung des plötzlichen Herztods
Jährliche Mortalität durch plötzlichen Herztod (Sudden Cardiac Death = SCD) ca. 1 %19Keine Evidenz für die Anwendung von Antiarrhythmika zur Vermeidung des SCD2ICD-Implantation zur Primärprophylaxeschwierige klinische EntscheidungEs sollte eine Risikostratifizierung unter Verwendung eines mathematischen Vorhersagemodells durchgeführt werden (HCM ICD Risk).
ICD-Implantation zur Sekundärprophylaxenach Kammerflimmern oder anhaltender ventrikulärer Tachykardie
Körperliche Aktivitätbei jungen Wettkampfsportler*innen häufigste Todesart40Bei hypertropher Kardiomyopathie ist von Wettkampfsport abzuraten.41-43
Es besteht allerdings die Gefahr der Inaktivität aufgrund der Diagnose HCM mit negativen gesundheitlichen Auswirkungen.44Leichte-moderate körperliche Aktivität kann ausgeübt werden.
Leitlinie: Verhinderung des plötzlichen Herztods2Herztodes
- Wettkampfsport sollte von Patient*innen mit HCM vermieden werden (I/C).
- Eine ICD-Implantation empfohlen nach überlebtem Herzstilstand durch Kammertachykardie/-flimmern, nach anhaltender ventrikulärer Tachykardie mit Synkope oder hämodynamischer Kompromittierung (I/B).
- ICD-Implantation sollte erwogen werden bei einem 5-Jahres-Risiko für SCD ≥ 6 % (IIa/B).
- Das 5-Jahres-Risiko sollte mit einem Vorhersagemodell (HCM Risk SCD) berechnet werden (I/B).
Schwangerschaft
Schwangerschaft bedeutet ein erhöhtes Risiko für Patientinnen mit HCM.45-46leicht erhöhtes Risiko bei HCM ohne oder mit leichter Ausflusstraktobstruktion2signifikant erhöhtes Risiko bei schwerer Ausflusstraktobstruktion oder LV-Dysfunktion2
Leitlinie: ESC Guidelines2
- Beratung und Risikostratifizierung vor Schwangerschaft empfohlen (I/C)
- Betablocker (bevorzugt Metoprolol) sollten bei Symptomentwicklung während der Schwangerschaft gegeben werden (I/C).
- (Geplante) vaginale Geburt ist die
erste1. Wahl bei den meisten Patientinnen (I/C).
Endokarditisprophylaxe
Gute Zahnhygiene empfohlenRoutinemäßige antibiotischeEndokarditisprophylaxewird bei HCM nicht empfohlen.47
Komplikationen, Verlauf und Prognose
Komplikationen
- Plötzlicher Herztod
- v. a. im Rahmen körperlicher Anstrengung
- Herzinsuffizienz
- Vorhofflimmern und thromboembolische Komplikationen
- Infektiöse Endokarditis
- fast ausschließlich bei Patient*innen mit Ausflusstraktobstruktion
Verlauf und Prognose
- HCM ist eine progrediente Erkrankung mit allmählicher Zunahme im Zeitverlauf.
4857- Die Mehrzahl der Patient*innen mit HCM ist dennoch asymptomatisch.
- Ein Teil der Patient*innen entwickelt Symptome und Komplikationen.
- Die Prognose ist u. a. abhängig vom Ausmaß der Hypertrophie und der Ausflusstraktobstruktion.
4958-5160 - Die jährliche Mortalität durch plötzlichen Herztod beträgt ca. 1 %.
1922- Patient*innen mit St. n. anhaltender ventrikulärer Tachykardie oder Kammerflimmern haben eine jährliche Ereignisrate von ca. 10 % und Mortalität von ca. 5 %.
Verlaufskontrolle
- Im Allgemeinen lebenslanges Follow-up notwendig für Erfassung von:2
- Symptomänderungen
- neuem Auftreten oder Zunahme einer Ausflusstraktobstruktion
- LV-Funktion
- Rhythmus
- Änderungen des Risikoprofils.
Leitlinie: Follow-up2
- Klinische Beurteilung empfohlen (einschließlich EKG und transthorakale Echokardiografie) alle 12–24 Monate bei stabilen Patient*innen (I/C)
- 48-Stunden-EKG empfohlen (I/C)
- alle 12–24 Monate bei stabilen Patient*innen
- alle 6–12 Monate bei Patient*innen mit Sinusrhythmus und LA-Diameter ≥ 45 mm
- bei neuen Palpitationen
- Ein Belastungstest sollte erwogen werden (IIa/C).
- alle 2–3 Jahre bei stabilen Patient*innen
- jährlich bei progredienten Symptomen
- Eine Kardio-MRT kann erwogen werden (IIb/C).
- alle 5 Jahre bei stabilen Patient*innen
- alle 2–3 Jahre bei progredienten Symptomen
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?
- Notwendigkeit der Untersuchung von Familienmitgliedern
- Vermeidung von starken körperlichen Belastungen/Wettkampfsport
Patienteninformationen in Deximed
Weitere Informationen
- Siehe Artikel Beurteilung der Fahreignung.
Illustrationen
Herzgeräusche
Mitralinsuffizienz
Vierter Herzton
Quellen
Leitlinien
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Autor*innen
- Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.
Dirk Nonhoff, Dr. med., Facharzt für Allgemeinmedizin, Köln- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).