Allgemeine Informationen
Definition
- Geräusch mit Entstehung im Bereich des Herzens oder der abgehenden großen Gefäße
- Ausdruck einer turbulenten Blutströmung
- Von außen über dem Brustkorb hörbar, üblicherweise mithilfe eines Stethoskops, in seltenen Fällen auch auf Distanz
Bedeutung in der hausärztlichen Praxis
- Herzgeräusche sind häufige Befunde in der hausärztlichen Praxis.
- Im Alltag ist der häufigste Auskultationsbefund ein systolisches Geräusch.1
- v. a. bei jüngeren Patient*innen oft ohne organische Herzerkrankung1
- Systolische Geräusche bei 29–60 % der älteren, ambulanten Patient*innen2
- Wichtig ist v. a. die Unterscheidung funktioneller Geräusche von pathologischen Veränderungen.
- Nicht bei jeder Patient*in mit einem Herzgeräusch kann eine Echokardiografie veranlasst werden.1
- Es sind wenige Daten hinsichtlich der diagnostischen Genauigkeit der Auskultation durch Nicht-Kardiolog*innen verfügbar.2
- Schweizer Kohortenstudie an Notaufnahme-Patient*innen mit systolischem Geräusch: auskultatorische Unterscheidung von „benignen“ vs. pathologischen Geräuschen durch Nicht-Kardiolog*innen mit Sensitivität von 82 % und Spezifität von 69 % (verglichen mit Echokardiografie)3
- In Kombination mit der übrigen allgemeinärztlichen Beurteilung (Anamnese, weitere körperliche Untersuchung, EKG) können häufig funktionelle von organisch bedingten systolischen Geräuschen unterschieden werden.4
- Pathologische Geräusche sind meistens mit einer oder mehreren zusätzlichen klinischen Abnormalitäten verbunden.
- Bei Beurteilung eines Systolikums als nicht-pathologisch durch klinische Untersucher*innen ist der echokardiografische Befund häufig unauffällig, vor allem bei jungen und mittelalten Patient*innen.4
- Echokardiografie ist daher nicht bei allen Patient*innen mit einem systolischen Herzgeräusch erforderlich.4
- Gute klinische Fähigkeit zur Auskultation mit qualitativ hochwertiger Ausbildung bleibt daher wichtig zur Vermeidung unnötiger Routineechokardiografien.5
- Andererseits sollte ein auffälliges Herzgeräusch mit passender Klinik und bisher keiner anderen Erklärung mittels Echokardiografie abgeklärt werden.6
Auskultation
- Siehe auch den Untersuchungskurs der Universität Freiburg – Herz, Auskultation.
Durchführung der Auskultation
Umgebungsbedingungen
- Patient*in und Ärzt*in in entspannter Position
- Störende Geräuschquellen ausschalten.
- Gleichzeitiges Fühlen des Pulses liefert wichtige ergänzende Informationen.
Position der Patient*innen
- Liegend auf dem Rücken, Oberkörper leicht erhöht
- Ergänzend können weitere Positionen sinnvoll sein:
- liegend in Linksseitenlage (z. B. bei V. a. Mitralklappenstenose)
- sitzend (z. B. bei V. a. Aortenklappeninsuffizienz)
- vornübergebeugt (z. B. bei V. a. perikarditisches Reiben)
- in Ruhe und nach Belastung z. B. mit Kniebeugen (z. B. bei V. a. belastungsabhängige Mitralklappeninsuffizienz)
Auskultationspunkte
- Die Auskultation sollte regelmäßig an den fünf klassischen Auskultationsstellen durchgeführt werden:
- aortal: 2. ICR rechts parasternal
- pulmonal: 2. ICR links parasternal
- Erb: 3. ICR links parasternal
- mitral: über der Herzspitze
- trikuspidal: 4. ICR rechts oder links parasternal
- Ergänzend ggf. Beurteilung der Fortleitung von Geräuschen
- Karotiden: bei V. a. Aortenklappenstenose
- Axilla: bei V. a. Mitralklappeninsuffizienz
- Rücken zwischen den Schulterblättern: Coarctatio = Aortenisthmusstenose
Systematisches Vorgehen
- Bestimmung von Herzfrequenz und Rhythmus
- Erfassung der Herztöne (HT)
- Unterscheidung zwischen 1. HT und 2. HT
- 1. HT dunkel, 2. HT hell
- Abstand zwischen 1. und 2. HT kürzer als zwischen 2. und 1. HT
- Pulswelle nach 1. HT palpabel
- zusätzliche Herztöne
- 3. HT: dumpfer frühdiastolischer Ton durch Ventrikelfüllung, v. a. bei Linksherzinsuffizienz
- 4. HT: dumpfer spätdiastolischer Ton durch atriale Kontraktion
- Mitralöffnungston: frühdiastolischer Ton durch Anspannung der verdickten Segel bei Mitralklappenstenose
- Ejection Click: hochfrequenter Austreibungston z. B. bei Aortendilatation
- Erfassung der Herzgeräusche
- Auftreten innerhalb des Herzzyklus
- systolisch, diastolisch
- genauere Differenzierung innerhalb von Systole und Diastole, z. B. spätsystolisch, holosystolisch, frühdiastolisch
- Punctum maximum
- Ort, an dem das Herzgeräusch am lautesten auskultierbar ist.
- Frequenzspektrum
- hochfrequent, tieffrequent
- Klangcharakter
- rau, rumpelnd, schabend, gießend, kratzend etc.
- Verlauf
- crescendo, decrescendo, bandförmig
- Fortleitung
- Karotiden, Axilla
- Lautstärke
- 1/6: kaum hörbar
- 2/6: hörbar auch während der Atmung
- 3/6: mittellaut
- 4/6: laut, evtl. geringes Schwirren palpabel
- 5/6: sehr laut mit Schwirren
- 6/6: Distanzgeräusch, ohne Stethoskop hörbar
- Auftreten innerhalb des Herzzyklus
Arten von Herzgeräuschen
- Akzidentelle Geräusche
- Funktionelle Geräusche
- Geräusche durch erhöhte Strömungsgeschwindigkeit
- Organische Geräusche
- Geräusche mit zugrunde liegender Pathologie des Herzens oder herznaher Gefäße
- Systolische Herzgeräusche
- Aortenklappenstenose
- hypertroph-obstruktive Kardiomyopathie
- Mitralklappeninsuffizienz
- Trikuspidalklappeninsuffizienz
- Pulmonalklappenstenose
- Ventrikelseptumdefekt (VSD)
- Aortenisthmusstenose (Coarctatio)
- Diastolische Herzgeräusche
- Aortenklappeninsuffizienz
- Mitralklappenstenose
- Pulmonalklappeninsuffizienz
- Trikuspidalklappenstenose
- Systolisch-diastolisches Geräusch
- persistierender Ductus arteriosus
- rupturiertes Sinus valsalva Aneurysma
- Perikardreiben bei Perikarditis
ICPC-2
- K81 Herz-Arterielles Geräusch NNB
ICD-10
- R01 Herzgeräusche und andere Herz-Schallphänomene
Differenzialdiagnosen
Funktionelles Herzgeräusch
- Verursacht durch schnelle Strömung über Herzklappen bei erhöhtem Herzminutenvolumen
- Vorkommen bei:
- Anämie
- Fieber
- Schwangerschaft
- Hyperthyreose
- körperlicher Belastung mit erhöhter Flussgeschwindigkeit über den Herzklappen
- Kriterien eines funktionellen Geräuschs8
- mesosystolisches Geräusch
- geringe Lautstärke (1/6 bis 2/6)
- kein Schwirren
- keine Fortleitung
- weiches, manchmal musikalisches Geräusch
- variable Lautstärke
- wanderndes Punctum maximum
- Normale Herztöne
Aortenklappenstenose
- Siehe Artikel Aortenklappenstenose.
- Pathophysiologie
- Einengung der Aortenklappe mit Ausbildung eines Druckgradienten und Flussbeschleunigung über der Klappe
- Es resultiert eine chronische Druckbelastung des linken Ventrikels.
- Häufigkeit
- Symptome
- Belastungsangina, Schwindel und Synkope, Leistungsintoleranz, Herzinsuffizienz
- Klinische Befunde
- Pulsus parvus et tardus
Auskultation
- Systolisches Crescendo-Decrescendo-Geräusch
- Punctum maximum links parasternal (Erb) oder 2. ICR rechts parasternal (Aorta)
- je schwerer die Stenose desto später das Lautstärkemaximum
- Fortleitung des Geräusches in die Karotiden
- Die Lautstärke des Geräuschs korreliert nicht mit dem Schweregrad der Stenose.
- Abgeschwächter zweiter Herzton
- evtl. paradox gespaltener zweiter Herzton durch verzögerten Schluss der Aortenklappe
- Vierter Herzton: Ausdruck des betonten enddiastolischen Einstroms durch starke atriale Kontraktion
EKG
- Das EKG kann normal oder verändert sein, keine spezifischen EKG-Veränderungen.
- Zeichen der LV-Hypertrophie (siehe auch Checkliste, EKG) bei ca. 85 % der Patient*innen mit hochgradiger Stenose
- Weitere mögliche Veränderungen als Ausdruck einer myokardialen Schädigung: Endstreckenveränderungen (ST-Senkungen, T-Negativierungen), Linksschenkelblock, Rechtsschenkelblock
Aortenklappensklerose
- Aortenklappensklerose als Ausgangspunkt einer möglichen Stenosierung ist ein häufiger, altersabhängiger Befund.10
- 9 % bei mittlerem Alter der Studienteilnehmer*innen von 54 Jahren
- 42 % bei mittlerem Alter der Studienteilnehmer*innen von 81 Jahren
- Aortenklappensklerose ist auch ein Marker für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko.10
- Progression von Aortenklappensklerose zu -stenose bei knapp 2 % pro Jahr10
Auskultation und Palpation zur Abgrenzung von Aortenklappenstenose
- Frühsystolisches Maximum des Geräusches
- Der zweite Herzton ist nicht abgeschwächt.
- Normaler Anstieg und Amplitude der Pulswelle (kein Pulsus „parvus et tardus“)
- Die Palpation des Pulses ist eine einfache, aber diagnostisch wertvolle Methode: Eine normale Pulswelle schließt eine hochgradige Aortenklappenstenose weitgehend aus.
Mitralklappeninsuffizienz
- Siehe Artikel Mitralklappeninsuffizienz.
- Pathophysiologie
- unvollständiger Klappenschluss der Mitralklappe mit systolischem Rückfluss des Blutes in den linken Vorhof
- Veränderungen, die zur Insuffizienz der Klappe führen, können den Klappenring, die Segel, die Sehnenfäden oder die Papillarmuskel betreffen.
- Primäre Mitralklappeninsuffizienzen beruhen auf einer pathologischen Veränderung des Klappenapparates selbst, sekundäre auf einer Erkrankung des linken Ventrikels.
- unvollständiger Klappenschluss der Mitralklappe mit systolischem Rückfluss des Blutes in den linken Vorhof
- Häufigkeit
- Eine Mitralklappeninsuffizienz ist nach der Aortenklappenstenose die zweithäufigste behandlungsbedürftige Klappenerkrankung in Europa (ca. 20 %).9
- Degeneration in über 60 %, rheumatisches Fieber in 14 %, Ischämie in 7 % der Fälle9
- Eine myxomatöse Degeneration mit Mitralklappenprolaps weist eine hohe Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung auf (2–3 %), nur ein kleiner Teil davon mit klinisch relevanter Mitralklappeninsuffzienz.11
- jährliche Inzidenz degenerativer Mitralklappenerkrankungen in industrialisierten Ländern ca. 2–3 %12
- Symptome
- Leistungsschwäche, belastungsabhängige Atemnot, Palpitationen bei Vorhofflimmern
- Klinische Befunde
- pulmonale Stauungszeichen
Auskultation
- Ein bandförmiges Holosystolikum ist am häufigsten.
- spätsystolisch z. B. bei Mitralklappenprolaps oder Papillarmuskeldysfunktion; frühsystolisch v. a. bei akuter Insuffizienz13
- Punctum maximum Mitralpunkt
- Fortleitung in Axilla
- Die Lautstärke korreliert nicht mit Schwergrad!
- Dritter Herzton
- Bei Mitralklappenprolaps mittsystolischer Klick mit hochfrequentem Spätsystolikum11
- Evtl. unregelmäßige Herzaktion (bei Vorhofflimmern)
EKG
- Wenig spezifisch
- P-Mitrale
- Unspezifische Erregungsrückbildungsstörungen
- Evtl. Vorhofflimmern
Mitralklappenstenose
- Siehe Artikel Mitralklappenstenose.
- Pathophysiologie
- Verengung der Mitralklappe mit gestörtem diastolischem Einstrom vom Vorhof in die Kammer
- dadurch Abnahme des Schlag- und Herzminutenvolumes sowie Anstieg des Drucks im linken Vorhof und im Lungenkreislauf
- Verengung der Mitralklappe mit gestörtem diastolischem Einstrom vom Vorhof in die Kammer
- Häufigkeit
- Symptome
- Belastungsdyspnoe, Leistungsintoleranz, Müdigkeit, Palpitationen, Hämoptysen
- Symptome werden häufig in Verbindung mit dem Beginn eines Vorhofflimmerns ausgelöst.
- Klinische Befunde
- Ein klassisches Zeichen ist eine rötliche Verfärbung der Wangen (Fazies mitralis).
- periphere Zyanose, Halsvenenstauung, Ödeme
Auskultation
- Lauter erster Herzton
- Mitralklappenöffnungston (MÖT)
- Nach dem zweiten Herzton, Abstand zwischen dem zweiten Herzton und MÖT verringert sich mit dem zunehmenden Schweregrad der Stenose.
- Niederfrequentes diastolisches Decrescendo-Geräusch im Anschluss an den MÖT
- Präsystolisches Crescendo (während der Vorhofkontraktion)
- Häufig absolut arrhythmische Herzaktion bei Vorhofflimmern
- bei absoluter Arrhythmie wechselnde Lautstärke des ersten Herztons durch den unterschiedlichen Füllungszustand
EKG
- P-Mitrale
- Zeichen der Rechtsherzbelastung bei pulmonaler Hypertonie
- Evtl. Vorhofflimmern
Aortenklappeninsuffizienz
- Siehe Artikel Aortenklappeninsuffizienz.
- Pathophysiologie
- diastolischer Rückfluss von der Aorta in den linken Ventrikel durch unzureichenden Schluss der Aortenklappe
- Zur Insuffizienz führen können Pathologien der Klappe selbst und/oder der Aortenwurzel.
- Bedeutsame Ätiologien sind sklerotische Veränderungen, bikuspide Klappen, Bindegewebserkrankungen und Endokarditiden.
- diastolischer Rückfluss von der Aorta in den linken Ventrikel durch unzureichenden Schluss der Aortenklappe
- Häufigkeit
- gut 10 % der Vitien im Erwachsenenalter (50 % degenerativ, 15 % rheumatisches Fieber, 15 % kongenital, 7,5 % Endokarditis)9
- Zunahme der Inzidenz mit dem Alter, Diagnosestellung am häufigsten zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr
- Prävalenz leichter Aortenklappeninsuffizienz 5–10 %, mittelgradiger oder hochgradiger Insuffizienzen ca. 0,5 %
- Symptome
- Dyspnoe, Leistungsintoleranz, Palpitationen
- Klinische Befunde
- Tachykardie, große Pulsamplitude („Pulsus celer at altus“)
- hebender Herzspitzenstoß
Auskultation
- Hochfrequentes diastolisches Decrescendo-Herzgeräusch („hauchend oder gießend“)
- Punctum maximum 2. ICR rechts („Aorta“) oder 3. ICR links („Erb“)
- Manchmal apikal mitt- und spätdiastolisches Rumpeln („Austin-Flint-Geräusch“) durch den Aufprall des Insuffizienzjets auf das vordere Mitralsegel
- Häufig auch Systolikum über Erb und Aorta auskultierbar durch die systolische Flussbeschleunigung aufgrund des erhöhten Schlagvolumens (DD Aortenklappenstenose)
EKG
- Bei leichter-mittelgradiger Aortenklappeninsuffizienz EKG häufig noch unauffällig
- Unspezifische EKG-Veränderungen: Sinustachykardie, Linksabweichung der elektrischen Herzachse, Zeichen der LV-Hypertrophie (positiver Sokolow-Lyon-Index, siehe auch Checkliste, EKG)
Perikarditis
- Siehe Artikel Perikarditis.
- Pathophysiologie
- Entzündung des Perikards, die infektiös oder nichtinfektiös verursacht sein kann. Am häufigsten viral bedingt, gefolgt von Autoimmunerkankungen. Weitere Ursachen sind bakterielle Infekte, Malignome, Traumen (einschließlich kardialer Operationen/Interventionen), metabolische Veränderungen.
- Symptome
- akuter Brustschmerz, evtl. mit Ausstrahlung
- Schmerz nicht belastungsabhängig, Verschlechterung bei Inspiration und Husten, Besserung bei Aufsitzen und Vorwärtsbeugen
- evtl. Fieber
- Klinische Befunde
- bei schneller Perikardergussentwicklung Tamponade möglich mit Tachykardie, Hypotonie, Halsvenenstauung
Auskultation
- Ein perikardiales Reibegeräusch ist ein pathognomonischer Befund.
- Punctum maximum meistens links parasternal (Erb)
- Kratzendes systolisch-diastolisches Geräusch
- Hörbarkeit bzw. Lautstärke des Geräuschs kann im Verlauf wechseln.
- Häufig bei vornübergebeugter Haltung der Patient*in am besten zu hören.
- Im Gegensatz zum Pleurareiben auch bei angehaltenem Atem hörbar
- Perikardiales und pleurales Reiben können auch gleichzeitig vorkommen.
- Cave: Verschwinden des Geräuschs kann Zeichen eines zunehmenden Perikardergusses sein!
EKG
- ST-Hebung in zahlreichen Ableitungen
- ST-Hebung typischerweise konkav (im Gegensatz zum typischen STEMI mit konvexer ST-Hebung)
- PQ-Strecken-Senkung
Vorhofseptumdefekt (ASD)
- Siehe Artikel Vorhofseptumdefekt.
- Pathophysiologie
- Defekt auf Vorhofebene (3 Typen: Ostium secundum, Ostium primum, Sinus venosus) mit Links-Rechts-Shunt und konsekutiver Volumenbelastung des rechten Ventrikels
- bei großem Shunt im Langzeitverlauf Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie
- Häufigkeit
- 10 % der angeborenen Herzfehler und 20–40 % der angeborenen Herzfehler mit Manifestation im Erwachsenenalter14
- Symptome
- häufig lange asymptomatisch
- Belastungsintoleranz
- Dyspnoe
- Klinische Befunde
- evtl. Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz bei pulmonaler Hypertonie (Ödeme, Halsvenenstauung)
Auskultation15
- Weite, fixierte Spaltung von S2
- Lauter Pulmonalisanteil von S2 bei pulmonaler Hypertonie
- Systolikum mit Punctum maximum 2. ICR links (relative Pulmonalklappenstenose durch Volumenbelastung)
- Evtl. Systolikum und Diastolikum 4. ICR rechts oder links parasternal (Trikuspidalklappeninsuffizienz, relative Trikuspidalkalppenstenose)
EKG
- P-Pulmonale
- Zeichen der rechtsventrikulären Hypertrophie
- AV-Block I. Grades häufig bei Ostium-primum-Defekt
- Rechtsabweichung der Herzachse bei Ostium-secundum-Defekt, besonders bei pulmonaler Hypertonie
- Herzachse linksabweichend/überdreht rechtsabweichend bei Ostium-primum-Defekt
Ventrikelseptumdefekt (VSD), isoliert
- Siehe Artikel Ventrikelseptumdefekt.
- Pathophysiologie
- Defekt im interventrikulären Septum mit Links-Rechts-Shunt und konsekutiv
- Volumenbelastung des linken und rechten Ventrikels
- Verminderung des systemischen Herzminutenvolumens
- Erhöhung von pulmonalarteriellem Fluss und Druck
- Defekt im interventrikulären Septum mit Links-Rechts-Shunt und konsekutiv
- Häufigkeit16
- isolierter VSD bei 0,2–0,6% der Lebendgeborenen
- ca. 20% der angeborenen Herzerkrankungen
- Symptome
- Belastungsdyspnoe
- Leistungsintoleranz
- Klinische Befunde
- bei großen Shunts Zeichen der Herzinsuffizienz
- bei Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie mit Shuntumkehr Zyanose
Auskultation
- Systolisches Pressstrahlgeräusch (bei größeren Defekten leiser, da weniger drucktrennend!)
- Punctum maximum am unteren linken Sternalrand
EKG
- Bei größeren Defekten Zeichen der links- und rechtsventrikulären Hypertrophie und Schädigung
Aortenisthmusstenose (Coarctatio)
- Siehe Artikel Aortenisthmusstenose.
- Pathphoysiologie
- Verengung im Bereich des Aortenbogens (Coarctatio aortae) mit prästenostischer arterieller Hypertonie
- Häufigkeit
- ca. 0,04 % der Lebendgeborenen
- Symptome
- Kopfschmerzen, Nasenbluten
- Klinische Befunde
- abgeschwächte Pulse an den unteren Extremitäten, Blutdruckdifferenz > 20 mmHg
- bei fortgeschrittener Erkrankung Zeichen der Linksherzinsuffizienz
Auskultation
- Systolikum mit Punctum maximum am Rücken zwischen den Schulterblättern
EKG
- Zeichen der linksventrikulären Hypertrophie und Schädigung
Ergänzende Untersuchungen
In der Hausarztpraxis
- EKG (siehe auch EKG, Checkliste und EKG, Grundlagen)
- Labor
- Hb: bei V. a. Anämie als Ursache für funktionelles Geräusch
- NT-proBNP: Marker einer Herzinsuffizienz, prognostische Bedeutung bei Aortenklappenstenose
- Entzündungsparameter (BSG, CRP, Leukozyten): bei V. a. Perikarditis
- TSH: bei V. a. Hyperthyreose als Ursache für ein funkionelles Geräusch
- Rö-Thorax
- Herzgröße, pulmonale Stauungszeichen, Pleuraerguss, Hinweise für pulmonale Hypertonie
Bei Spezialist*innen
- Echokardiografie
- das wichtigste Bildgebungsverfahren zur Beurteilung von Diagnosen der Herzklappenerkrankungen17 und Shuntvitien
Anwendung künstlicher Intelligenz
- Neue diagnostische Möglichkeiten ergeben sich möglicherweise in Zukunft durch die Verwendung digitaler Stethoskope in Kombination mit künstlicher Intelligenz, z. B. für telemedizinische Anwendungen.18-19
Video
Illustrationen
Herzgeräusche
Normale Herztöne
Dritter Herzton
Vierter Herzton
Galopprhythmus
Vorhofflimmern
Aortenstenose
Aorteninsuffizienz
Mitralstenose
Mitralinsuffizienz
Pulmonalstenose
Reibegeräusch („Lederknarren”)
Quellen
Leitlinien
- Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie. S2k-Leitlinie Abklärung eines Herzgeräusches im Kindes- und Jugendalter. AWMF-Leitlinie 023-001, Stand 2017. register.awmf.org
Literatur
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Autor*innen
- Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).