Allgemeine Definition des Brustschmerzes gemäß DEGAM
Brustschmerz bezeichnet eine Schmerzempfindung im weiteren Sinne (auch Brennen, Druckgefühl, Ziehen, Stechen, Missempfindung) im Bereich des vorderen und seitlichen Thorax.1
Ein akuter kardialer Brustschmerz ist in der Regel ein Notfall und sollte dementsprechend behandelt werden.
Häufigkeit auf der hausärztlichen Versorgungsebene
Kardialer Brustschmerz ist als Leitsymptom abhängig von der Versorgungsebene unterschiedlich häufig (hausärztliche Praxis, kardiologische Praxis, Notfallstation).
Ursachen und Häufigkeit von kardialem Brustschmerz auf der hausärztlichen Versorgungsebene (Anteil aller Patient*innen mit Brustschmerz):4
Kriterienpathologischen Vitalparametern erfolgt die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit von ACS/KHK als häufigster Ursache für eineeinen lebensbedrohlicheabwendbar oderbedrohlichen instabile Situation
ZusätzlicheBei der Interpretation des Marburger Herz-Scores sollte immer auch das klinische KriterienGesamtbild gemäßberücksichtigt der DEGAM-Leitliniewerden14
Keines der Kriterien besitzt für sich allein eine ausreichende Aussagekraft.
Bei Patient*innen mit mittlerer bis hoher Wahrscheinlichkeit für eine KHK (Marburger Herz-Score > 2 Punkte) sollte bei Brustschmerz die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines ACS beurteilt werden.
NeuKriterien, die für ein ACS sprechen:
neu aufgetretene Beschwerden in Ruhe (+)
Beschwerdedauer in Ruhe > 20 min (+)
Crescendo-Angina (+)
De-novo-Angina bei leichter Belastung (+)
Patient*in ist anders als sonst (+).
Patient*in „gefällt“ Ihnen nicht (+).
Patient*inSie/er ist kaltschweißig (+).
Patient*inSie/er ist blass (+).
Kriterien, die gegen ein ACS sprechen:
Der Thoraxschmerz ist nicht der eigentliche Beratungsanlass (–).
Therapie
Ablauf der Therapie
Die Behandlung erfolgt in einer Reihe von therapeutischen Schritten:
Einsatz eines verfügbaren schnell wirkenden Nitrats bei Anfällen
Prähospitalphase
Leitlinie:Psychosoziale Therapie beim akuten Koronarsyndrom1-3,6-8
Initiale DiagnostikBeurteilung
VersorgungParallel durchzur densomatischen RettungsdienstBeurteilung insollte notdie Anamnese auch Grundlage für eine psychosoziale Einschärztlichertzung Begleitungsein.
DirekttransferVermutungen allerder Patient*innen mitüber Verdachtdie auf Myokardinfarkt viaUrsache Rettungswagender in ein Krankenhaus mit Möglichkeit zur PCI-vermittelten Reperfusionsbehandlung (I/C)
Reproduzierbarkeit B.des GabeSchmerzes überdurch NasensondePalpation/tiefe mit 4–8 l/minInspiration
routinemäßigeWeitergehende Sauerstoffgabekörperliche Untersuchung nur bei SaO2entsprechenden ≥ 90 % nicht empfohlen (III/B)
NitrateHinweisen
Sublinguale oder i. v. Gabe von Nitraten zur BesserungUntersuchung derAngina (I/C)
z.B. Nitroglycerin 1–3 Hub sublingualBeine (1Risikofaktoren Hub:für 0TVT,4mgHerzinsuffizienz)
Kontraindikationen: HypotonieAbdomen (RRabdomineller sysSchmerz < 90 mmHg); Einnahme von PDE5-Inhibitoren ubzw. a.
NitrateAusstrahlung i.ins v. empfohlen bei rezidivierender Angina, unkontrollierter Hypertonie oder Zeichen der Herzinsuffizienz
Thrombozytenaggregationshemmung
Gabe von 500 mg ASS, wenn nicht bereits damit vorbehandelt wurde.
Bei notfallmäßiger Einweisung evtl. mit Katheterlabor absprechen, ob eine präklinische Gabe eines 2. Thrombozytenaggregationshemmers gewünscht wird, eine solche Gabe ist aber nicht routinemäßig erforderlich.
Bevorzugte Substanz ist ggf. Ticagrelor mit Loading Dose 180 mg p. o.
bei Kontraindikationen gegen Ticagrelor alternativ Gabe von Clopidogrel 300–600 mg Loading Dose p. o.
Von Prasugrel rät die DEGAM aufgrund eines ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses ab.
parenterale Antikoagulation (z. B. unfraktioniertes Heparin [UFH]: 70–100 IE/kg i. v. Bolus, wenn kein GP-IIb/IIIa-Inhibitor geplant, sonst 50–70 IE/kg i. v. BolusAbdomen)
dualeperiphere ThrombozytenaggregationshemmungPulse in(Hinweise Rfückspracher mit dem kooperierenden KatheterlaborAortenaneurysma/-dissektion)
Analgesie bei Schmerzzuständen
EKG
TitrierteRuhe-EKG bei V. a. ACS
hohe Spezifität (ACS bei ischämietypischen Veränderungen und entsprechender Klinik wahrscheinlich)
niedrige Sensitivität (ein negatives EKG schließt ein ACS nicht aus!)
Steuernde Funktion der Hausärzt*innen: Wahl eines bestimmten Verfahrens zur weiteren Abklärung und Erbrechenggf. Überweisung an entsprechende Spezialist*innen
DualeEine Plättchenhemmungweitere (DAPT)Verbesserung der Versorgung von Patient*innen mit akutem Brustschmerz soll durch die flächendeckende Einrichtung von sog. „Chest Pain Units“ erzielt werden.
Ziel ist die rasche und zielgerichtete Abklärung eines akuten oder neu aufgetretenen unklaren Thoraxschmerzes.8
Gabe eines Betablockers i. v. bei STEMI mit geplanter PCI erwRägen (sofern keine Kontraindikationenumliche, keine Herzinsuffizienzzeichen, RR sys > 120 mmHg).
Betablocker vermindern den myokardialen Sauerstoffverbrauch (Reduktion von Puls, Blutdruckapparative und Kontraktilität).
Statine
Beginnpersonelle einer Statin-Therapie so früh wie möglich bei Patient*innen mit ACS empfohlenVoraussetzungen2-3
Statin-Therapie unabhängig von vorbestehenden Cholesterinwerten nach Einweisung und Diagnosestellung
Reanimation undIntegration primin eine Notaufnahmeeinheit mit stäre PCI beindiger wiederbelebtenVerfügbarkeit Patient*innenvon nachdefinierten Herzstillstand und STEMI
AusbildungVerfügbarkeit eines Aneurysmas365 Tage/24 h
PapillarmuskelrupturHerzkatheterlabor mit schwerer MitralklappeninsuffizienzVerfügbarkeit 365 Tage/24 h
Prognose
Rückgangenge der MortalitätVerzahnung nachmit Herzinfarkt parallel zur verstärkten Nutzung von Reperfusionstherapie, primärer perkutaner Koronarintervention (PCI), antithrombotischer TherapieReanimations- und Sekundärprävention2
Bundesärztekammer,Deutsche KassenärztlicheGesellschaft Bundesvereinigung,für ArbeitsgemeinschaftAllgemeinmedizin derund WissenschaftlichenFamilienmedizin Medizinischen Fachgesellschaften(DEGAM). Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische KHK. 5. AuflageBrustschmerz. AWMF-Leitlinie Nr. nvL053-004023. S3, Stand 20192011. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Neue Thrombozyten-Aggregationshemmer, Einsatz in der Hausarztpraxis. DEGAM-Leitlinie Nr. 16. AWMF-Leitlinie Nr. 053-041. S2e, Stand 2019. www.awmf.org
Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische KHK. 5. Auflage, Stand 2019. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie. Pocket-Leitlinie: Therapie des akuten Herzinfarktes bei Patienten mit ST-Streckenhebung (STEMI). Stand 2017. www.dgk.org
European Society of Cardiology. Guidelines for the management of acute myocardial infarction in patients presenting with ST-segment elevation. Stand 2017. www.escardio.org
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie. Pocket-Leitlinie: Akutes Koronarsyndrom ohne ST-Hebung (NSTE-ACS). Stand 20152020.www.dgk.org
European Society of Cardiology. Guidelines for the management of acute coronary syndromes in patients presenting without persistent ST-segment elevation. Stand 2020. www.escardio.org
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brustschmerz. AWMF-Leitlinie 053-023. S3, Stand 2011. www.awmf.org
Literatur
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brustschmerz. AWMF-Leitlinie 053-023. S3, Stand 2011. www.degam.de
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European Society of Cardiology. Guidelines for the management of acute coronary syndromes in patients presenting without persistent ST-segment elevation, Stand 2020. www.escardio.org
Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische KHK. 5. Auflage. AWMF-Nr nvL-004. Stand 2019. www.leitlinien.de
HeroldDeutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brustschmerz. Kurzfassung der AWMF-Leitlinie 053-023, G.Stand Innere Medizin 2019. Köln: Herold, Gerd (Verlag), 20182011. www.herold-innere-medizindegam.de
EuropeanSpeake SocietyD, ofTerry CardiologyP. GuidelinesTowards forevidence based emergency medicine: best BETs from the managementManchester ofRoyal acuteInfirmary. myocardialFirst infarctionECG in patientschest presenting with ST-segment elevation, Stand 2017pain. www.escardio.org
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Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Neue Thrombozyten-Aggregationshemmer, Einsatz in der Hausarztpraxis. DEGAM-Leitlinie Nr. 16. AWMF-Nr 053-041. Stand 2019. www.awmf.org
Post F, Giannitsis E, Darius H. Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung für „Chest Pain Units“. Kardiologe 2015; 9: 171-181. doi:10.1007/s12181-014-0646-0 DOI
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie. CPU - Zertifizierung von Chest Pain Units. cpu.dgk.org
Autor*innen
JonasMichael KlausHandke, ArztProf. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg imi. BreisgauBr.
Stefan Bösner, Prof. Dr. med., MPH, DTM&H, Arzt für Allgemeinmedizin, Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Marburg (Review)
Dirk Nonhoff, Dr. med., Facharzt für Allgemeinmedizin, Köln
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Brustschmerz bezeichnet eine Schmerzempfindung im weiteren Sinne (auch Brennen, Druckgefühl, Ziehen, Stechen, Missempfindung) im Bereich des vorderen und seitlichen Thorax.1