Beim Hinken kommt es zu einer Einschränkung der Gewichtsbelastung einer geschädigten Extremität, sodass sich beim Gehen die Standphase verkürzt und die Schwungphase verlängert.1-2
Die häufigsten Ursachen eines hinkenden Gangs sind Schmerzen, Schwäche oder eine Deformität.3
Ein akut einsetzendes Hinken ist meistens auf eine pathologische Veränderung zurückzuführen, die das Gangmuster stört.
Chronische Formen des Hinkens sind in der Regel auf Muskelschwäche oder eine Deformität zurückzuführen.
Häufigkeit
Ein hinkender Gang stellt in der Hausarztpraxis einen relativ häufigen Konsultationsgrund dar.
In einer Studie wurde eine Prävalenz von 1,8 Fällen je 1.000 Kinder unter 14 Jahren festgestellt. Das Verhältnis Jungen zu Mädchen lag bei 1,7:1 und das Medianalter bei 4,4 Jahren.4
In einer niederländischen Studie wurde in der Hausarztpraxis eine jährliche Inzidenz von 1,5 Fällen je 1.000 Kinder mit einer nicht traumatisch bedingten pathologischen Veränderung der Hüfte festgestellt.5
Diagnostische Überlegungen
Die Ursachen des Hinkens können sehr unterschiedlich sein und reichen von einem lebensbedrohlichen Knochentumor bis hin zu lediglich einem Stein im Schuh.
Am häufigsten sind pathologische Veränderungen des Hüftgelenks die Ursache, wobei sich diese oft in Form von Knie- und Oberschenkelschmerzen bemerkbar machen.6
Initial sind eine genaue Anamnese und körperliche Untersuchung nötig, die ggf. durch Laboruntersuchungen und Bildgebung komplettiert werden.7
Zunächst sollten die allgemeinen kausalen Mechanismen beurteilt werden.
Die Entwicklung eines normalen, stabilen und reproduzierbaren Gangbildes ist erst nach dem 7. Lebensjahr abgeschlossen. Deshalb ist es wichtig, Veränderungen des Gangbildes zu berücksichtigen.8
Bei Kleinkindern liegt meist eine undislozierte Spiralfraktur im mittleren oder unteren Teil der Tibia infolge eines Sturzes oder einer Torsion vor.
Ein leichtes Trauma ist mitunter ausreichend, sodass das Ereignis nicht immer beobachtet wird. Es kann der Verdacht auf eine Kindesmisshandlung entstehen.
Häufigkeit
am häufigsten bei Kleinkindern, aber bis zum Schulalter möglich
Anamnese
akut einsetzendes Hinken, häufig nach einem leichten Torsionstrauma
Klinische Untersuchung
auffälliger Druckschmerz über der Frakturstelle
Diagnostik beim Spezialisten
Röntgenuntersuchung, Nachweis im frühen Stadium jedoch mitunter schwierig
funktionelle oder tatsächliche Beinlängendifferenz
Kann auf ein schiefes Becken oder eine Wirbelsäulendeformität zurückzuführen sein.
Häufigkeit
relativ verbreitet
Anamnese
Es ist ein anomaler Gang zu beobachten.
Die Kinder gleichen die Beinlängendifferenz mitunter dadurch aus, dass sie auf der kürzeren Seite auf den Zehenspitzen gehen oder auf der längeren Seite das Knie beugen.
Klinische Untersuchung
Beinlängendifferenz, mehr als 2 cm gelten als pathologisch.
Die Erkrankung ist auf einen reaktiven Volumenanstieg der Gelenkflüssigkeit im Hüftgelenk zurückzuführen, der vermutlich durch eine systemische Viruserkrankung verursacht oder ausgelöst wird.
Die Erkrankung ist in der Regel selbstlimitierend und klingt innerhalb von 7–14 Tagen ab.
Häufigkeit
Die häufigste Ursache von Hüftschmerzen bei kleinen Kindern, vor allem in der Altersgruppe von 3–8 Jahren
bei Jungen 4- bis 5-mal häufiger als bei Mädchen10
Anamnese
Es entwickeln sich nach und nach Schmerzen und ein hinkender Gang, der Allgemeinzustand ist gut.
Das Kind kann die Hüfte bewegen, sie ist jedoch etwas steif.
Meist liegen einseitige Veränderungen vor, bei 10 % der Patienten sind jedoch beide Seiten betroffen.
idiopathische avaskuläre Nekrose des Femurkopfes mit anschließender Abheilung und Deformität der Hüfte
Häufigkeit
vorrangig bei Jungen im Alter von 5–10 Jahren
Anamnese
Hinken, Schmerzen in der Hüfte, auf der Innenseite des Oberschenkels und im Knie, in der akuten Phase allmähliche Entwicklung der Beschwerden über Wochen oder Monate
Verstärkung der Schmerzen durch Bewegung und Linderung durch Ruhe
in der chronischen Phase evtl. Hinken ohne Schmerzen
Klinische Untersuchung
Die Hüfte wird häufig leicht flektiert und nach außen rotiert gehalten.
Passive und aktive Bewegungen des betroffenen Gelenks, insbesondere die Innenrotation und die Abduktion, sind schmerzhaft.
Diagnostik beim Spezialisten
Die Röntgenuntersuchung ist diagnostisch. Die ersten Veränderungen treten nach 3–4 Wochen auf.
Im Ultraschall zeigt sich eine erhöhte Menge an Flüssigkeit im Gelenk.
In der Szintigrafie und der MRT sind pathologische Veränderungen bereits im frühen Stadium darstellbar.
Maßnahmen
Durch eine frühzeitige Intervention in Form einer Entlastung können die Schädigungen des Femurkopfes begrenzt und das Risiko einer vorzeitigen Arthrose gesenkt werden.
eine Verschiebung bzw. ein Gleiten des Femurkopfes im Verhältnis zum Femurhals im Bereich der Wachstumszone, der Epiphyse
Häufigkeit
Dies ist in der Altersgruppe über 10 Jahren die häufigste Erkrankung der Hüfte.
Jungen sind doppelt so häufig betroffen wie Mädchen.
Anamnese
Die Erkrankung tritt häufig in Form allmählich zunehmender Schmerzen in der Hüfte, dem Oberschenkel oder dem Knie auf. Bei 20–25 % der Patienten sind beide Seiten betroffen.
Knieschmerzen sind in bis zu 15 % der Fälle das initiale Symptom.12
Die Patienten sind häufig übergewichtig, und es besteht eine Assoziation zu endokrinen Störungen (Hypothyreose, Mangel an Wachstumshormonen).
Das Trendelenburg-Zeichen ist positiv, d. h. die Hüfte sinkt auf der gesunden Seite ab, wenn die betroffene Seite belastet wird.
Klinische Untersuchung
Die betroffene Extremität wird häufig in Außenrotation gehalten und ist etwas verkürzt.
Die passive Innenrotation ist nur eingeschränkt möglich und verursacht Schmerzen.
Diagnostik beim Spezialisten
Die Röntgenuntersuchung ist diagnostisch. Besteht der Verdacht auf die Erkrankung, sollte über eine etwaige Überweisung großzügig entschieden werden.
Maßnahmen
Es sollte umgehend eine chirurgische Stabilisierung erfolgen, um eine weitere Verschiebung der Epiphyse zu verhindern.13
Die gegenüberliegende Hüftseite kann ebenfalls betroffen sein. Es sollte darauf hingewiesen werden, dass im Falle des Auftretens von Symptomen ein Arzt aufzusuchen ist.
Ausschlussdiagnose bei Schmerzen im vorderen Kniebereich ohne Vorliegen pathoanatomischer Befunde
Die pathophysiologische Ursache ist unklar und umstritten.
habituelle Patellaluxation und Schwäche des M. vastus medialis als prädisponierende Faktoren, etwa nach einer Knieverletzung mit Hydrops
Häufigkeit
sehr häufige Erkrankung, insbesondere bei sportlich aktiven Jugendlichen und Läufern zwischen 40 und 50 Jahren
Anamnese
vordere Knieschmerzen, Steifigkeit, Neigung zu Gelenkblockaden und Schwächegefühl
maximale Schmerzausprägung beim Hinauf- und Hinabgehen von Treppen oder Anstiegen, beim Hocken und beim Aufstehen nach langem Sitzen
Klinische Untersuchung
für gewöhnlich kaum klinische Befunde; in den meisten Fällen leichte Atrophie des Quadrizeps und verminderte Kraft (sekundär), mitunter Krepitationen bei der Flexion und Extension sowie Gefühl des Blockierens
Diagnostik beim Spezialisten
Ausschluss anderer Ursachen durch eine Röntgenuntersuchung und ggf. eine Arthroskopie
Patellainstabilität
Ursache
Diese kann auf einen erhöhten Q-Winkel oder eine anomale Anspannung in den lateralen Strukturen des Oberschenkels zurückzuführen sein.
Häufigkeit
bei Mädchen häufiger
Anamnese
wiederkehrende oder habituelle Luxation der Patella bei der Flexion des Knies, in der Regel nach lateral
Beschwerden infolge von Überbeanspruchung
Ursache
Überbeanspruchung der unteren Extremitäten
Tendinitiden
Häufigkeit
relativ verbreitet
Anamnese
belastungsbedingte Schmerzen, evtl. von einem Hinken begleitet
Klinische Untersuchung
positiver isometrischer Test des betroffenen Muskels/der betroffenen Sehne
Es handelt sich um einen Defekt des Wirbelbogens, der angeboren sein oder infolge einer Ermüdungsfraktur auftreten kann (Spondylolyse).
Die Erkrankung ruft insbesondere bei Jugendlichen (15–19 Jahre) Symptome hervor und ist mit Sportarten assoziiert, bei denen es zu einer Hyperextension, einer Rotation und einer Torsion kommen kann (Turnen, Stabhochsprung, Wurfsportarten, Handball).
Ein Wirbelgleiten (Spondylolisthesis) tritt in 30–80 % der Fälle auf.
Häufigkeit
Die Prävalenz liegt bei der erwachsenen Bevölkerung bei etwa 7 % (Spondylolyse), doch nur bei 10 % der Betroffenen treten Symptome auf.
Anamnese
Schmerzen im unteren Rücken, die in die Glutealmuskulatur und den Oberschenkel ausstrahlen.
häufig im Tagesverlauf zunehmender Schmerz
Klinische Untersuchung
Der Schmerz nimmt bei der Hyperextension zu, bei der Flexion jedoch nicht.
Die einbeinige Hyperextension der Wirbelsäule in stehender oder liegender Haltung ruft Schmerzen hervor.
Es sollte eine umgehende Punktion zur Diagnosesicherung und anschließende chirurgische Drainage durchgeführt werden, um das Risiko einer späteren Arthrose zu senken.
Ermüdungsfrakturen treten am häufigsten in den unteren Extremitäten auf und sind auf lang anhaltende und wiederholte Belastungen zurückzuführen.
Häufigkeit
Am häufigsten bei Sportlern, bei denen das Trainings- und Wettkampfprogramm zu einem großen Teil aus Laufen und Springen besteht.
Anamnese
Bei nicht ausreichend trainierten Sportlern treten Ermüdungsfrakturen typischerweise einige Wochen bis wenige Monate nach dem Beginn des Lauftrainings auf.
Der Schmerz setzt akut und ohne ein vorausgegangenes Trauma ein, ist stark und intensiviert sich bei Belastung.
Der Schmerz tritt lokalisiert (im Unterschenkel) oder diffus (im Fuß) auf und verschwindet bei Ruhe.
Klinische Untersuchung
lokale Schmerzempfindlichkeit und evtl. Schwellung über der Frakturstelle
Verstärkung der Schmerzen durch Sprungtest
Diagnostik beim Spezialisten
Im frühen Stadium kann die Röntgenuntersuchung ohne Befund sein.
In der Szintigrafie oder MRT sind Veränderungen frühzeitig erkennbar.
Diszitis
Ursache
Entzündung einer Bandscheibe und der beiden benachbarten Wirbelkörper
bei Kindern in der Regel milderer Verlauf als bei Erwachsenen, Operation meistens nicht notwendig14
Auf eine hämatogene Ausbreitung einer systemischen Infektion zurückzuführen, häufig eine Infektion mit S. aureus.
Häufigkeit
Selten, Inzidenz wird auf 1/100.000-250.000 beziffert.
bei Jungen etwas häufiger
Anamnese
subakuter Verlauf mit leichtem Fieber, Rückenschmerzen und Reizbarkeit
Kleinkinder verweigern das Gehen oder gehen langsam und vorsichtig anstatt zu hinken.
Klinische Untersuchung
lokale Schmerzempfindlichkeit über der betroffenen Bandscheibe und gleichzeitig paravertebrale Muskelverspannungen
bei Beteiligung der Hals- oder Lendenwirbelsäule evtl. eingeschränkte Beweglichkeit
benigne und maligne Tumoren, primäre Tumoren oder Metastasen
Ursprung in osteogenem Gewebe (Osteosarkom), im Knochenmark (Ewing-Sarkom) oder in Weichgewebe (Rhabdomyosarkom)
Häufigkeit
Knochentumoren sind im Kindesalter sehr selten.
Die Inzidenz von Knochentumoren wird auf 5,8 Fälle je 1.000.000 Kinder beziffert. Am häufigsten treten sie in der Altersgruppe von 10–25 Jahren auf.
Die Inzidenz des Ewing-Sarkoms wird auf 0,5–1 Fall je 1.000.000 Personen jährlich beziffert. Am häufigsten sind Personen unter 30 Jahren (insbesondere zwischen 5–20 Jahren) betroffen.
Die Inzidenz von Weichteilsarkomen wird auf 8,4 Fälle je 1.000.000 Kinder jährlich beziffert.
Anamnese
Als initiale Symptome können Schmerzen und ein Hinken auftreten, falls der Tumor in den unteren Extremitäten lokalisiert ist.
Langsam zunehmende Schmerzen: An Malignität, Osteomyelitis, rheumatische Erkrankung, Stressfraktur denken.
Nächtliche Schmerzen können neben Wachstumsschmerzen Anzeichen eines gutartigen Tumors (z. B. Osteoidosteom), einer Leukämie oder eines Sarkoms sein.
Bilaterale Schmerzen können auf eine Myositis hindeuten.
Laterale Schmerzen im Oberschenkel können für eine Erkrankung der Lendenwirbelsäule wie etwa eine Diszitis, einen Bandscheibenvorfall oder eine vertebrale Osteomyelitis sprechen.
Schmerzen, die bei Belastung zunehmen, können auf eine Verletzung infolge von Überbeanspruchung, eine Hypermobilität oder eine Ermüdungsfraktur hindeuten.
Schmerzen, die bei Belastung abnehmen, sind typisch für rheumatische Erkrankungen und das regionale Schmerzsyndrom.
Brennende Schmerzen: An eine Nervenbeteiligung denken.
Schmerzauslöser
Was verbessert oder verstärkt die Schmerzen?
Wurden bereits Schmerzmittel ausprobiert? Waren diese hilfreich?
Lokalisation der Schmerzen?
Größere Kinder sind in der Lage anzugeben, wo der Schmerz liegt.
U. U. kann es sich jedoch auch um einen übertragenen Schmerz („Referred Pain“) handeln.
Berücksichtigen Sie, dass es sich bei Knieschmerzen um übertragene Schmerzen aus der Hüfte handeln kann.
Robbt oder krabbelt das Kind lieber oder lässt es sich vermehrt von den Eltern tragen (bei kleinen Kindern)? Dies kann für Schmerzen im Bein sprechen.
In der Regel können die meisten Kinder mit 18 Monaten selbstständig gehen, und viele können auch bereits rennen.17
Bei systemischen Symptomen wie Fieber, Gewichtsverlust, Nachtschweiß und Appetitlosigkeit sollte stets eine Infektion, eine Entzündung oder eine maligne Erkrankung in Betracht gezogen werden.2
Hat das Kind kürzlich andere Erkrankungen durchgemacht?
Bei Infektionen der oberen Atemwege ist eine Sepsis oder eine Poststreptokokkenarthritis in Betracht zu ziehen.
Familienanamnese?
Kann es sich um eine erbliche rheumatologische oder neuromuskuläre Erkrankung handeln?
Hören Sie dem Kind zu und beobachten Sie die Interaktion mit den Eltern.
Im Falle einer körperlichen Misshandlung können Widersprüche zwischen den Symptomen und dem Verletzungsmechanismus bestehen.
Klinische Untersuchung
Allgemeines
Ziel: Ursache des Hinkens und Ort der Pathologie feststellen.
Die Vitalparameter des Kindes inklusive der Temperatur sollten erhoben werden.
Das Kind sollte bis auf die Unterwäsche entkleidet und barfuß untersucht werden.
Sowohl gehend als auch rennend sollte der Gang begutachtet werden.17
Inspektion
Liegen erkennbare Deformitäten vor?
Hautausschlag?
Beschreiben Sie das Hinken des Kindes.
Antalgischer Gang: Hinkender Gang, bei dem der Wechsel zwischen Stand- und Schwungphase gestört ist (kürzere Stand-, längere Schwungphase auf der betroffenen Seite).
Trendelenburg-Gang (Insuffizienz des M. gluteus medius)
Ist die Kraft der Hüftabduktoren nicht groß genug, sinkt das Becken zur gesunden Seite hin ab.
Duchenne-Hinken (entwickelt sich als Folge des Trendelenburg-Gangs)
Der Oberkörper wird lateral zur betroffenen Hüftseite hin geführt. Dies dient dazu, das Moment oder die Kraft zu verringern, die notwendig ist, um das Becken horizontal und im Gleichgewicht zu halten.
steifer Gang, evtl. bei Wirbelsäulenbeschwerden wie einer Diszitis
Kann das Kind auf den Zehenspitzen und den Fersen gehen und auf einem Bein springen?
Untersuchen Sie die Füße auf pathologische Veränderungen: Liegt eine Fußwarze, ein eingewachsener Zehennagel oder eine Deformität vor?
Untersuchen Sie die Wirbelsäule in nach vorn gebeugter Haltung: Gibt es Anzeichen einer Asymmetrie?
Eine eingeschränkte Beweglichkeit und eine lokale Schmerzempfindlichkeit deuten auf eine Diszitis hin.
Bitten Sie das Kind, den Rücken zu strecken und nach hinten zu beugen.
Bei Jugendlichen mit einer Spondylolyse oder einer Spondylolisthesis können sich die lumbosakralen Schmerzen durch die Extension der Wirbelsäule verstärken.
Bei starker Spondylolisthesis zeigt sich im Verlauf der Dornfortsätze eine Lücke.
Galeazzi-Test
Kind in Rückenlage, Knie und Hüfte 90 Grad gebeugt
Unterschiedliche Höhe der Knie ist ein Hinweis auf Beinlängendifferenz.
Untersuchen Sie alle Gelenke der unteren Extremitäten auf Schwellungen, Erytheme und Fehlstellungen.
Ein entzündetes Hüftgelenk ist in der Ruheposition leicht flektiert, abduziert und nach lateral rotiert.
Die passive Innenrotation der Hüfte ist bei Vorliegen pathologischer Gelenkveränderungen fast immer eingeschränkt.
Palpation
Alle Gelenke
Zeichen einer lokalen Entzündung: Rötung, Schwellung, Wärme, Schmerzempfindlichkeit
Zeichen einer Muskelatrophie in einem Bereich der Extremität?
Beweglichkeit
Systematische Untersuchung der aktiven und passiven Beweglichkeit aller Gelenke in liegender Position
Eine asymmetrische Abduktion kann auf eine Hüftdysplasie, aber auch auf eine Entzündung des Hüftgelenks hindeuten.
Schmerzen oder eine eingeschränkte Beweglichkeit bei der passiven Innenrotation der Hüfte sind ein sensitives Zeichen einer pathologischen Veränderung der Hüfte.
Ist bei der Flexion des Hüftgelenks eine Außenrotation zu beobachten, kann dies ein Zeichen einer Epiphysiolyse des Femurkopfes sein (positives Drehmann-Zeichen).
Bei Vorliegen einer Entzündung im Iliosakralgelenk oder einer Hüftpathologie wie dem Morbus Perthes können durch eine Kombination aus passiver Flexion, Abduktion und Außenrotation (Viererzeichen) Schmerzen an der betroffenen Stelle hervorgerufen werden.
Kniegelenk
Palpation: Gelenkflüssigkeit oder Krepitation?
passive und aktive Flexion/Extension des Knies
Sprunggelenke und Füße: Schwellung, eingeschränkte Beweglichkeit?
Spezielle Faktoren
Neurologische Untersuchung
Überprüfung der Reflexe, Kraft und Sensibilität im Seitenvergleich
Ggf. Untersuchung des Abdomens oder der Testikel
Ergänzende Untersuchungen
In der Hausarztpraxis
Bei Verdacht auf Infektion, Entzündung oder neoplastische Erkrankung Bestimmung von BSG, CRP und kleinem Blutbild17
Weitere Labordiagnostik ggf. in Absprache mit Kinderrheumatologen, Pädiater, Kinderchirurgen etc.
Diagnostik beim Spezialisten
Ggf. Gelenkpunktion
ggf. mikrobiologische Untersuchung und Kultur des Punktats
Bildgebende Diagnostik
Röntgen
Bei einem hinkenden Kind sollte die betroffene Region in 2 Ebenen geröntgt werden.18
Da es sich sehr häufig um übertragene Schmerzen aus dem Hüftgelenk handelt, sollte bei unklarem Hinken auch eine nativradiologische Untersuchung mit einer Becken-Übersicht und Lauenstein-Aufnahme durchgeführt werden.17
Das Hüftgelenk ist auf eine Knochenfragmentation (Morbus Perthes), eine Vergrößerung des Gelenkraums (Sepsis, Morbus Perthes, seröse Koxitis) und strukturelle Veränderungen (Dysplasie) zu untersuchen.
Anhand einer Aufnahme der Wirbelsäule lässt sich ggf. eine Diszitis bestätigen.
Bei Kleinkindern, die noch nicht sprechen können, sollte ein Röntgenbild der betroffenen Seite von der Hüfte abwärts angefertigt werden, um eine Fraktur ausschließen zu können.19
Bei multiplen oder auffälligen Frakturen sollte eine Kindesmisshandlung in Betracht gezogen werden.
Ultraschall
Hüftgelenksergüsse lassen sich damit sehr gut darstellen, jedoch kann keine Differenzierung zwischen sterilem und purulentem Erguss erfolgen.17
Bei Verdacht auf eine bakterielle Arthritis sollte sofort eine diagnostische Punktion und bei positivem Befund eine chirurgische Sanierung durchgeführt werden.
Auch bei pathologischen Veränderungen der Weichteile kann eine Sonografie sinnvoll sein.
Skelettszintigrafie
Die Skelettszintigrafie bietet sich als Untersuchung an, wenn Unklarheit bezüglich der Lokalisation einer pathologischen Veränderung besteht; sie zeigt Bereiche mit erhöhtem Knochenstoffwechsel an.20
Eine negative Szintigrafie spricht stark gegen eine Infektion, eine Fraktur und die meisten Tumoren.
CT oder MRT
Bei einem konkreten Verdacht können diese Untersuchungen Klarheit über die jeweiligen Veränderungen schaffen.
Die CT ist am besten zur Darstellung von Veränderungen der Knochenstrukturen, die MRT am besten zur Darstellung von Veränderungen des Weichgewebes, Stressfrakturen, Osteomyelitis und anderen Entzündungen des Knochengewebes geeignet.21
Maßnahmen und Empfehlungen
Indikationen zur Überweisung
Besteht Unsicherheit bezüglich der Diagnose, sollte das Kind umgehend an einen Kinderorthopäden (je nach Fragestellung auch an einen Entwicklungsneurologen, Kinderchirurgen, Kinderrheumatologen) überwiesen werden.
Ein zu spätes Eingreifen kann z. B. bei einer septischen Arthritis zu einer avaskulären Nekrose und einer Deformation des Femurkopfes führen.
Beschreibung der Beschwerden: Lokalisation? Fieber? Allgemeines Krankheitsgefühl? Schmerzen? Ruheschmerz? Nächtlicher Schmerz? Schmerzen bei der Belastung nach Ruhe? Gehstörungen?
Andere relevante Krankheiten?
Regelmäßig eingenommene Medikamente?
Klinische Untersuchung
Allgemeinzustand? Fieber?
Deformität? Beschreiben Sie das Hinken des Kindes. Untersuchen Sie alle Gelenke auf Schwellungen, Erytheme und Fehlstellungen. Testen Sie die passive und aktive Beweglichkeit aller Gelenke sowie die Muskelkraft.
Kinder unter 3 Jahren sind anfällig gegenüber septischen Arthritiden sowie Frakturen. Die seröse Koxitis tritt praktisch nicht auf.
In der Altersgruppe 3–10 Jahre tritt die seröse Koxitis häufig auf, es ist jedoch auch ein Morbus Perthes in Betracht zu ziehen.
In der Altersgruppe 10–15 Jahre kommt eine Epiphysiolyse infrage. Diese erfordert eine umgehende Behandlung.
In allen Altersgruppen: Berücksichtigen Sie die Allgemeinsymptome, und ziehen Sie auch die selteneren Erkrankungen in Betracht.
Besteht Unsicherheit bezüglich der Diagnose, sollte großzügig über eine etwaige Überweisung zum Röntgen oder eine etwaige stationäre Aufnahme entschieden werden.
Hüftgelenksdysplasie links:1 = Azetabulum, 2 = Knochenkern des Hüftkopfs.
Unauffälliger Unterschenkel, von vorne: 1= Tibia, 2= Fibula.
Morbus Osgood-Schlatter, Osteochondrose an der Tuberositas tibia.
Quellen
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Autoren
Lino Witte, Arzt in Weiterbildung, Orthopädie und Unfallchirurgie, Münster
Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
Carl Johan Tiderius, docent och överläkare, Barnortopediska enheten, Ortopediska kliniken, Skånes universitetssjukhus (Medibas)
Arild Aamodt, overlege/professor, Ortopedisk avdeling, Lovisenberg Sykehus, Oslo
Beim Hinken kommt es zu einer Einschränkung der Gewichtsbelastung einer geschädigten Extremität, sodass sich beim Gehen die Standphase verkürzt und die Schwungphase verlängert.1-2