Chirurgisches oder katheterinterventionelles Trauma: Aortenklappenersatz, Herztransplantation, geplanter oder ungeplanter AV-Block im Rahmen von Ablationen
Seltene genetische Erkrankungen: z. B. myotone Dystrophie, Mitochondrienerkrankungen
Entscheidender pathophysiologischer Mechanismus ist die Abnahme des Herzminutenvolumens durch die Bradykardie.6
Solange das Schlagvolumen kompensatorisch erhöht werden kann, bleiben die Patienten asymptomatisch.6
Bei einer gleichzeitigen LV-Dysfunktion ist diese Kompensation nur gering oder gar nicht möglich.
Bei AV-Blockierungen kann durch das gestörte Zusammenspiel von Vorhof und Ventrikel zusätzlich die diastolische Füllung gestört werden.
Bradykardien können abhängig von der zugrunde liegenden Störung permanent oder intermittierend auftreten.
Folge des verminderten kardialen Auswurfs ist eine verschlechterte Organperfusion, wobei vor allem die zerebrale Minderperfusion zur Symptomatik beiträgt.5
Prädisponierende Faktoren
Höheres Alter
Strukturelle, v. a. ischämische Herzerkrankungen
ICPC-2
K28 Funktionseinschr. / Behinderung (K)
ICD-10
Relevante Diagnosen
I44 Atrioventrikulärer Block und Linksschenkelblock
I45 Sonstige kardiale Erregungsleitungsstörungen
I46 Herzstillstand
I47 Paroxysmale Tachykardie
I48 Vorhofflimmern und Vorhofflattern
I49 Sonstige kardiale Arrhythmien
Diagnostik
Patienten mit Herzrhythmusstörungen stellen eine besondere Herausforderung für die Hausärzte dar, weil die Symptome zum Zeitpunkt der Vorstellung oder bei der Untersuchung häufig schon nicht mehr nachweisbar sind.7
Diagnostische Kriterien
Es existiert keine definierte Herzfrequenz, bei deren Unterschreitung ein Herzschrittmacher indiziert ist.6
Entscheidend ist die Korrelation zwischen Symptomatik und Bradykardie.6
Dokumentation der Bradykardie
Es wird unterschieden zwischen:
persistierender Bradykardie
intermittierender Bradykardie
mit EKG-Nachweis
vermutet (ohne EKG-Nachweis).
Die Diagnose der persistierenden Bradykardie erfolgt durch Ruhe-EKG (siehe auch Checkliste EKG)
Diagnose der intermittierenden Bradykardie durch Ruhe-EKG oder längerdauernde EKG-Aufzeichnungen (LZ-EKG oder Loop Recorder)
Bei einer vermuteten, aber nicht dokumentierten Bradykardie im Einzelfall Provokationstests (Kipptisch, Karotissinusmassage) oder elektrophysiologische Untersuchung
Störungen der Erregungsbildung und -leitung als Ursache für Bradykardie und assoziierte Symptome
Symptome seltener als 1 x pro Monat: implantierbarer Event Recorder
Therapie
Therapieziel
Symptomatische Bradykardien verhindern.
Allgemeines zur Therapie
Persistierende Bradykardie
Bei persistierender Sinusbradykardie (einschließlich chronotroper Inkompetenz) und klarem Zusammenhang mit Symptomatik soll ein Schrittmacher implantiert werden.8
Bei nur vermutetem Zusammenhang soll die Indikation sehr kritisch gestellt werden, im Einzelfall (vor allem bei älteren, multimorbiden Patienten mit schwieriger Zuordnung) ist eine Implantation aber möglich (IIb-Indikation).8
Bei nicht verzichtbarer bradykardisierender Medikation (z. B. Betablocker nach Infarkt/bei Herzinsuffizienz) sollte diese beibehalten und ein Schrittmacher implantiert werden.8
Bei höhergradigem AV-Block (AV-Block 3. Grades oder AV-Block 2. Grades Mobitz) besteht eine Schrittmacherindikation sowohl bei vorhandener als auch bei fehlender Symptomatik.8
bei fehlender Symptomatik prognostische Indikation zur Vermeidung eines plötzlichen Herztods
Bei AV-Block 2. Grades Wenckebach ergibt sich die Indikation nur bei eindeutiger Symptomatik.8
Intermittierende Bradykardie
Bei einer eindeutigen Korrelation zwischen Symptomen und EKG-Befund besteht die Indikation zur Schrittmacherimplantation.6
Intermittierende Pausen können verursacht sein durch:
Intermittierende Störung der Sinusknotenfunktion: Hierzu gehört auch die Pause nach Beendigung von Vorhofflimmern vor Einspringen des Sinusknotens.
intermittierender AV-Block 2. oder 3. Grades, einschließlich Vorhofflimmern mit intermittierend bradykarder Überleitung
Auch bei asymptomatischen Patienten sollte bei dokumentierten Pausen > 6 s eine Schrittmacherimplantation erwogen werden.8
Zu den primär nicht dokumentierten, aber vermuteten Bradykardien gehören:
Die Evidenz für eine SM-Implantation bei neurokardialer Synkope ist nur schwach, kann im Einzelfall nach kardioinhibitorischer Reaktion in der Kipptischuntersuchung erwogen werden.8
Die Diagnose Karotissinussyndrom sollte nur bei anamnestisch typischer Karotisreizung (z. B. Krawatte binden, Kopfdrehung) vor Synkope gestellt werden, die Auslösung einer Asystolie durch Karotismassage ist besonders im Alter unspezifisch.8
Bei unklarer Synkope mit vorbestehendem Schenkelblock sollte primär eine Dokumentation der Ursache angestebt werden, z. B. durch implantierbaren Event Recorder.8
Im Einzelfall kann eine elektrophysiologische Untersuchung hilfreich sein.8
Mit Symptomen, die klar einer Bradykardie zugeordnet werden können (I/B).
Mit Symptomen, die vermutlich einer Bradykardie zugeordnet werden können (IIb/C).
AV-Block
AV-Block 3. Grades oder AV-Block 2. Grades Mobitz unabhängig von der Symptomatik (I/C)
symptomatischer AV-Block 2. Grades Typ Wenckebach und AV-Block 2. Grades mit intra- oder infrahisärer Lokalisation (IIa/C)
persistierende Symptome i. S. e. Schrittmachersyndroms bei AV-Block 1. Grades mit PQ > 300 ms (IIa/C)
Intermittierende Bradykardie
Sick-Sinus-Syndrom inkl. Brady-Tachy-Typ mit symptomatischer Bradykardie infolge Sinusarrest oder SA-Block (I/B)
Intrinsischer intermittierender oder paroxysmaler AV-Block 2. oder 3. Grades (inkl. Vorhofflimmern mit intermittierender bradykarder Überleitung (I/C)
Rezidivierende neurokardiale Synkope ohne Prodromi mit dokumentierten, symptomatischen Pausen durch Sinusarrest und/oder AV-Block bei Patienten ≥ 40 Jahre (IIa/B)
Asymptomatische Pausen (Sinusarrest oder AV-Block) > 6 s bei Patienten mit Synkope (IIa/C)
Wahl des Schrittmachermodus
Bei der Auswahl des Schrittmachersystems müssen zunächst folgende Fragen gestellt werden:
Buchstabe = Stimulationsort (V = Ventrikel, A = Vorhof, D = Ventrikel und Vorhof)
Buchstabe = Detektionsort (V = Ventrikel, A = Vorhof, D = Ventrikel und Vorhof)
Buchstabe = Betriebsmodus (I = inhibiert, D = getriggert und inhibiert)
Buchstabe = Frequenzanpassung (R = Rate)
DDD-Systeme sind überwiegend 1. Wahl sowohl bei Sinusknotenfunktionsstörungen als auch bei AV-Überleitungsstörungen
Löst im Vergleich zur Einkammerstimulation seltener Vorhofflimmern aus.
Außerdem tritt durch die abgestimmte Erregung von Vorhof und Kammer seltener ein unangenehmes Schrittmachersyndrom auf, dadurch erhöht sich die Lebensqualität.
Eine Ausnahme ist Vorhofflimmern mit langsamer Kammerfrequenz, hier sind VVI-Schrittmacher 1. Wahl.
Eine Vorhofstimulation wäre hier sinnlos (bei Vorhofflimmern keine mechanische Kontraktion durch Stimulation induzierbar), sodass auf die Vorhofelektrode verzichtet werden kann.
AAI-Schrittmacher sind bei primär reiner Sinusknotenerkrankung möglich.
Sie sind allerdings nur 2. Wahl, da 1–2 % der Patienten jährlich eine AV-Blockierung entwickeln mit Notwendigkeit zur Reintervention und Aufrüstung auf ein DDD-System.6
Ein Zweikammer-Schrittmacher mit Erhalt der spontanen AV-Überleitung ist indiziert zur Reduktion des Risikos für Vorhofflimmern und Schlaganfall, zur Vermeidung eines Schrittmachersyndroms und zur Verbesserung der Lebensqualität (I/B).
Eine Frequenzadaptation sollte bei Patienten mit chronotroper Inkompetenz aktiviert werden, insbesondere bei jungen und körperlich aktiven Patienten (IIa/C).
AV-Block
Bei Patienten im Sinusrhythmus sollte ein Zweikammer-Schrittmacher gegenüber einem ventrikulären Einkammer-Schrittmacher bevorzugt werden, um ein Schrittmachersyndrom zu verhindern und die Lebensqualität zu verbessern (IIa/A).
Permanentes Vorhofflimmern mit AV-Block
Ein ventrikulärer Einkammer-Schrittmacher mit Frequenzadaptation wird empfohlen (I/C).
Intermittierende Bradykardie
Eine Aufrechterhaltung der spontanen AV-Überleitung wird empfohlen (I/B).
Implantation des Herzschrittmachers
Die Implantation eines Herzschrittmachers erfolgt heutzutage häufig ambulant, alternativ im Rahmen eines kurzstationären Aufenthaltes.
Durchführung des Eingriffs in Lokalanästhesie, evtl. mit Sedation9
Früher galt ein Herzschrittmacher als absolute Kontraindikation für eine Magnetresonanztomografie (MRT).11
Dies ist ein relevantes Problem, da bis zu 75 % der Schrittmacherpatienten aufgrund von Begleiterkrankungen im weiteren Verlauf eine Indikation für eine MRT aufweisen.6
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass bei konventionellen Schrittmachern unter bestimmten Rahmenbedingungen MRT mit vertretbarem Risiko durchgeführt werden kann.11
Ist der Nutzen durch den Einsatz einer MRT höher als das potenzielle Risiko, kann daher eine Durchführung erwogen werden.5
Mittlerweile sind auch MRT-kompatible Schrittmachersysteme verfügbar und werden zunehmend implantiert.
Bei modernen, MRT-fähigen Schrittmachern gilt die Durchführung (bis zu 1,5 Tesla) unter Beachtung der Herstellerangaben als sicher.5
Vor der Untersuchung muss Rücksprache mit einer Herzschrittmacherspezialistin/einem Herzschrittmacherspezialisten genommen werden, und der Schrittmacher muss vor der MRT umprogrammiert werden.5
Bei Patienten mit konventionellen kardialen Implantaten kann eine MRT mit 1,5 T mit niedrigem Komplikationsrisiko durchgeführt werden, wenn angemessene Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden (IIb/B).
MRT-fähige Schrittmachersysteme
Bei Patienten mit MRT-fähigen Herzschrittmachersystemen kann eine MRT mit 1,5 T sicher durchgeführt werden, wenn die Hersteller-Empfehlungen befolgt werden (IIa/B).
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf und Prognose
In einer retrospektive Analyse von Schrittmacherpatienten betrug insgesamt die 5-Jahre-Überlebensrate 66 %, die 20-Jahre-Überlebensrate 21 %.12
Schrittmacherpatienten ohne relevante Komorbiditäten haben eine ähnliche Lebenserwartung wie die Allgemeinbevölkerung.13
Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern und nichtkardiale Komorbiditäten haben den größten Anteil an der Reduktion der Lebenserwartung bei Schrittmacherpatienten.13
Komplikationen
Bei den derzeitigen Schrittmachersystemen und -techniken liegt die Komplikationsrate bei 1–6 %.14
Bestimmte Komplikationen werden künftig möglicherweise durch neue System und Implantationstechniken vermieden werden können, z. B. durch sondenfreie Herzschrittmacher.16-17
Bei der Beurteilung der Fahreignung ist zwischen Fahrern der Gruppe 1 (vereinfacht handelt es sich hier um Privatfahrer) und Fahrern der Gruppe 2 (vereinfacht handelt es sich hier um die Berufsfahrer) zu unterscheiden.19-20
Gruppe 1 (Privatfahrer)
Nach Schrittmacherimplantation/-wechsel ist die Fahreignung vorhanden.
Eine kardiologische Bestätigung der adäquaten Schrittmacherfunktion und Wundheilung ist erforderlich.
Regelmäßige kardiologische Kontrollen sind notwendig.
Gruppe 2
Schrittmacherimplantation ohne Schrittmacherabhängigkeit und ohne Synkopen in der Anamnese sowie nach Aggregatwechsel: Fahreignung nach 1 Woche vorhanden.
Schrittmacherimplantation mit Synkopen in der Anamnese, bei Schrittmacherabhängigkeit und nach Elektrodenwechsel: Fahreignung nach 4 Wochen vorhanden.
Eine kardiologische Bestätigung der adäquaten Schrittmacherfunktion und Wundheilung ist erforderlich.
Regelmäßige kardiologische Kontrollen sind notwendig.
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Autoren
Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.
Ingard Løge, spesialist allmennmedisin, universitetslektor, institutt for sammfunsmedisinske fag, NTNU, redaktør NEL
Jens Kastrup, overlege, professor dr. med., Kardiologisk laboratorium, Rig
Jørn Bathen, overlege, Kardiologisk avdeling, St. Olavs Hospital, Trondheim
Ziel der Therapie mit einem Schrittmacher (SM) ist die Normalisierung eines zu langsamen Herzschlags (Bradykardie). Therapiebedürftigkeit besteht beim Auftreten von durch die Bradykardie bedingten klinisch relevanten Symptomen wie:1
Schwindel
Synkopen
Herzinsuffizienz.