BBB MK 28.03.2023 umfassend revidiert und aktualisiert.
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MK 13.02.2018 (Q)
Parasitäre Infektion
Infektion durch Parasiten
Trypanosoma cruzi
Wanzen
Chagom
Amerikanische Trypanosomiasis
Zoonose
Kongestive Herzinsuffizienz
Kongestive Kardiomyopathie
Chargas-Krankheit mit Herzbeteiligung
Ventrikuläre Arrhythmien
Romaña-Zeichen
Zusammenfassung
Definition:Durch den Parasiten Trypanosoma cruzi verursachte und über Wanzen übertragene Infektionskrankheit. Die Erkrankung verläft in drei Phasen. Bei 20–30 % der unbehandelten Patienten verläuft die Infektion chronisch.
Häufigkeit:Tritt vor allem in Lateinamerika auf. Es wird angenommen, dass etwa 7–18 Mio. Menschen infiziert sind; Kinder sind am häufigsten betroffen.
Symptome:Die Beschwerden in der akuten Phase betreffen häufig Augen oder Haut (Chagom), es kommen Fieber, Müdigkeit und Kopfschmerzen hinzu.
Befunde:Als klinische Befunde in der akuten Phase können Myokarditis, Megakolon/-ösophagus und generalisierte Lymphadenopathie vorliegen. Im chronischen Stadium dilatative Kardiomyopathie, Megakolon.
Diagnostik:Die Diagnosestellung erfolgt mithilfe von parasitologischen und serologischen Methoden.
Therapie:Zur Behandlung der Chagas-Krankheit werden die Triazolderivate Nifurtimox und Benznidazol verwendet. Die Behandlung ist besonders in der akuten Phase wirksam, jedoch können die Symptome auch bei Erwachsenen mit einer chronischen Form der Erkrankung durch eine Behandlung gelindert werden.
Allgemeine Informationen
Definition
Die Chagas-Krankheit (amerikanische Trypanosomiasis) wird durch den einzelligen Parasiten Trypanosoma cruzi (ein Protozoon) verursacht und tritt vor allem in Lateinamerika auf.1-2 Sie ist eine Zoonose.
Die Krankheit verläuft in einer akuten und einer chronischen Phase.
Meist werden Kinder infiziert; bis zu 10 % der infizierten Kinder können in der Akutphase sterben.
Die Infektion kann nach einer Latenzperiode von 10–30 Jahren zu Herzerkrankungen, gastrointestinalen und neurologischen Krankheiten führen.
Kongestive Herzinsuffizienz ist die vorherrschende Todesursache.
Die Krankheit ist nach dem brasilianischen Arzt Carlos Chagas Ribeiro (1879–1934) benannt.
Häufigkeit
Die Krankheit ist in Deutschland selten, sie kommt eigentlich nur bei Einwanderern aus endemischen Gebieten vor. Touristen, die aus den jeweiligen Gebieten heimkehren, können jedoch auch betroffen sein.
Die Chagas-Krankheit ist in den meisten Ländern Süd- und Mittelamerikas, die auf dem Festland liegen. endemisch (nicht auf Karibikinseln).
Die südliche Grenze liegt in etwa der Höhe Nordargentiniens, die nördliche Grenze liegt in Mexiko bzw. im Süden der USA.3
Früher war die Krankheit nur in Lateinamerika weit verbreitet, inzwischen hat sie sich jedoch auch auf andere Kontinente ausgebreitet.4
Die Häufigkeit ist in den letzten 20 Jahren deutlich zurückgegangen, man geht jedoch weiterhin von ca. 7 Mio. infizierten Menschen in Lateinamerika aus.4,5
Andere Quellen sprechen von bis zu 18 Mio. betroffenen Menschen.3
Weltweit sterben jährlich ca. 10.000–15.000 Menschen an der Chagas-Krankheit mit Herzbeteiligung.6
Andere Quellen sprechen von bis zu 45.000 Todesfällen jährlich.3
In vielen südamerikanischen Ländern ist die Chagas-Kardiomyopathie die Hauptursache für nicht koronare Herzerkrankungen.
Aufgrund der zunehmenden Mobilität der Weltbevölkerung wird angenommen, dass über 300.000 infizierte Patienten außerhalb der endemischen Gebiete leben, vor allem in den USA und in Europa.7
Ätiologie und Pathogenese
Die Krankheit ist eine Zoonose mit Reservoir in über 150 Säugetieren, einschließlich Hunden und Katzen.
Sog. vektorübertragene Infektion: Der Parasit wird über blutsaugende Insekten (Raubwanzen/Gattung der Triatominae, 10–30 mm lang3) auf den Menschen übertragen. Sie leben üblicherweise in Wandrissen von Lehm- und Strohhäusern, den üblichen Wohnhäusern der ärmeren Bevölkerung in Dörfern oder Städten Lateinamerikas. Die Wanzen beißen vorzugsweise in der Nacht. Die Trypanosomen entwickeln und vermehren sich im Insektendarm.3
Infektion
Lebenszyklus der Trypanosomen
Infizierte Wanzen hinterlassen parasitenhaltigen Kot, wenn sie Blut saugen.
Die Parasiten werden beim Kratzen aufgrund des durch den Stich ausgelösten Juckreizes in die Haut eingebracht, oder durch direkte Invasion der Schleimhäute von Konjunktiven, Nase und Mund.
Weitere wichtige Übertragungsformen sind die Übertragung von der Mutter auf das Kind während der Schwangerschaft/Geburt und die Übertragung durch Bluttransfusionen oder Organtransplantationen.3
Es wurden auch Ausbrüche in Verbindung mit Lebensmitteln beschrieben; diese wurden wahrscheinlich durch die Kontamination durch infizierte Wanzen während des Produktionsprozesses verursacht.
Die Parasiten gehen von der Haut in die Blutbahn über und dringen dann in verschiedene Zellen ein. Sie vermehren sich intrazellulär.3 Es kommt zur Destruktion von Zellen, Entzündungsreaktionen und Fibrosen.
Prädilektionsstellen sind das Myokard, die glatte Muskulatur und die Gliazellen im Zentralnervensystem.
Das Infektionsrisiko bei kurzen Aufenthalten in endemischen Gebieten ist unbedeutend.
Der Parasit passt sich durch Veränderungen seiner Morphologie, insbesondere in Bezug auf sein Flagellum (Mastigonema), an unterschiedliche Umweltbedingungen an.
Pathophysiologie
Die Inkubationszeit beträgt 5–20 Tage nach Übertragung durch Raubwanzen, 30–40 Tage nach Bluttransfusion.3
Die Infektion verläuft in drei Phasen:
Akutphase (Primärinfektion)
Verläuft weitgehend unbemerkt, da die Symptome typischen Kinderkrankheiten ähneln: Fieber, geschwollene Lymphknoten, Muskelschmerzen, Blässe.
Bei hämatogener Streuung können das Myokard, der autonome Nervenplexus und das zentrale Nervensystem infiziert werden.
Die Infektion des zentralen Nervensystems manifestiert sich als Meningoenzephalitis.8
Die Akutphase dauert 4–8 Wochen, ein Chagom kann 8 Wochen persistieren.3
Nur 5–10 % der Patienten zeigen während dieser Phase Symptome.
Latenzphase
Die Parasiten kommen intrazellulär als amastigote Formen in Pseudozysten in der Herzmuskulatur, im Nervenplexus des Gastrointestinaltraktes und der Harnwege sowie im zentralen Nervensystem vor.
Diese Phase kann 10–30 Jahre oder sogar lebenslang andauern, ohne dass der Patient Symptome entwickelt.
Chronische Form
Etwa 15–40 % der infizierten Patienten entwickeln bis zu 30 Jahre nach der Ansteckung eine chronische Form der Krankheit.
Die chronische Form hat zwei klassische Manifestationen:
Kardiomyopathie mit Herzrhythmusstörungen (wichtigste Form bei ca. 40 %). Komplikationen sind Kardiomyopathie und Herzinsuffizienz.
Mega-Syndrome aufgrund von zerstörtem parasympathischen Nervenplexus: Megaösophagus oder Megakolon
Kardiologische Aspekte
Die chronische Krankheit beginnt meist mit Arrhythmien.
Die autonome Denervierung des Herzens kann zu sinuatrialen und atrioventrikulären Leitungsstörungen führen.
Schenkelblöcke, besonders der Rechtsschenkelblock, der oft in Kombination mit einem linksanterioren Hemiblock auftritt, sind häufig.
Komplexe ventrikuläre Arrhythmien sind häufig; bei 80–90 % der Patienten können elektrophysiologische Untersuchungen ventrikuläre Tachykardien auslösen.9
Im Laufe der Zeit entwickelt sich eine kongestive Kardiomyopathie.10
Infektionsübertragung bei Schwangerschaft und Geburt
Eine transplazentare oder perinatale Übertragung von T. cruzi von der chronisch infizierten, seropositiven Mutter tritt bei 2–8 % der Geburten auf.11
Über 90 % der Mutter-Kind-Infektionen erfolgen intrauterin; das Kind wird dann mit Parasitämie geboren. Das Nabelschnurblut muss unmittelbar nach der Geburt untersucht werden, da T. cruzi sehr umweltlabil ist und innerhalb von 1–2 Stunden zerfallen kann.12
Bei Kindern, die während der Geburt selbst infiziert werden, sind keine Parasiten im Nabelschnurblut enthalten, die Parasitämie entwickelt sich innerhalb des ersten Lebensmonats.
Die Untersuchung von venösem Blut sollte unabhängig vom klinischen Zustand nach 4–6 Wochen erfolgen, um eine asymptomatische perinatale Infektion zu erkennen.
Spezifische IgM-Antikörper gegen T. cruzi im Serum sind bei der Diagnose der perinatalen Chagas-Krankheit wertlos.
Prädisponierende Faktoren
Armut
Immunsuppression
Immunsuppressive Behandlungen mit Zytostatika oder Steroiden können zur Reaktivierung einer latenten Chagas-Krankheit mit schwerer Myokarditis und nekrotisierender Meningoenzephalitis führen.
Bei HIV-induzierter Immunschwäche kommt es auch zu intrazerebralen, tumorähnlichen Chagomen.
ICPC-2
A78 Infektiöse Erkrankung NNB, andere
ICD-10
B57 Chagas-Krankheit
B57.0 Akute Chagas-Krankheit mit Herzbeteiligung
B57.1 Akute Chagas-Krankheit ohne Herzbeteiligung
B57.2 Chagas-Krankheit (chronisch) mit Herzbeteiligung
B57.3 Chagas-Krankheit (chronisch) mit Beteiligung des Verdauungssystems
B57.4 Chagas-Krankheit (chronisch) mit Beteiligung des Nervensystems
B57.5 Chagas-Krankheit (chronisch) mit Beteiligung sonstiger Organe
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
Der klinische Verdacht wird durch parasitologische oder serologische Untersuchung bestätigt.
Die Akutphase tritt hauptsächlich bei Kindern auf, dauert ca. 2Monate.
Erste Befunde sind an der Inokulationsstelle entweder an den Augen (einseitige Ödeme des Ober- oder Unterlides [Romaña-Zeichen], Konjunktivitis, lokale Lymphadenopathie) oder auf der Haut (furunkelartige Läsion mit lokaler Lymphadenopathie [Chagom]) möglich.
Zu den späteren Symptomen gehören u. a. Fieber, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Hepatomegalie, leichte Splenomegalie, Durchfälle und generalisierte Lymphadenopathie.
Teigige, stamm- und gesichtsbetonte Ödeme, erythematöse oder urtikarielle Hauterscheinungen können auftreten, die etwa zwei Wochen anhalten.3
Eine akute Myokarditis kann zu Herzinsuffizienz führen.
Eine Meningoenzephalitis kommt nur bei jüngeren Kindern vor und ist oft tödlich.
Latenzphase
Kann 10–30 Jahre andauern.
Der Patient ist dann asymptomatisch, die Infektion kann jedoch durch serologische Tests und mitunter durch parasitologische Untersuchungen bestätigt werden.
Chronische Phase
Manifestiert sich im 3. und 4. Lebensjahrzehnt in der Regel als Herzerkrankung.
Ist von Arrhythmien, Herzinsuffizienz, Ventrikelaneurysmen sowie systemischen und Lungenembolien gekennzeichnet.
Durch Kammerflimmern kann ein plötzlicher Herzstillstand eintreten.
Als Folge der Schädigung des Nervenplexus können Megakolon und Megaösophagus entstehen, wodurch Symptome wie Schluckschwierigkeiten, Regurgitation, Obstipation und Volvulus hervorgerufen werden können.
Angeborene Chagas-Krankheit
Hierbei fehlen die lokalen Inokulationszeichen; ca. 45 % der Betroffenen zeigen unspezifische Symptome und Zeichen wie zu frühe Geburt, niedriger Apgarwert, niedriges Geburtsgewicht (< 2.500g), Anämie, Hepatosplenomegalie, Ikterus, Hautblutungen und neurologische Ausfälle.7
Ergänzende Untersuchungen
Die Diagnosestellung erfolgt mithilfe von parasitologischen und serologischen Methoden.
Die Diagnosestellung erfolgt meist auf Grundlage der Serologie, in der Regel in Form von Immunfluoreszenz- oder ELISA-Tests mit verschiedenen rekombinanten T.-cruzi-Antigenen. Die Qualität der verfügbaren Schnelltests ist jedoch oft schlecht. Häufig sind Kreuzreaktionen mit Leishmania, Plasmodium, und anderen Protozoen-Erkrankungen sowie mit Treponema pallidum.3
Akutphase
In der Akutphase ist T. cruzi in einem normalen Blutausstrich oder einem dicken Tropfen nachweisbar; in den meisten Fällen gedeiht der Erreger auch auf Standardisolationsmedien.
Einige Monate nach der Infektion sind die Parasiten im Blut nicht mehr nachweisbar. Bei den meisten Patienten geht die Erkrankung in eine asymptomatische Phase mit persistierender Seropositivität über.
Bei einer chronischen Infektion sind etwa 90 % der Patienten bei Tests mit PCR-Methoden T.-cruzi-posititv.
Die mikroskopische Untersuchung von chronisch Kranken ist aufgrund der extrem niedrigen Parasitämie nicht sinnvoll.
Liegt bei einem Patienten zunächst eine Arrhythmie vor, tritt diese üblicherweise so häufig auf, dass sie bei in einem Langzeit-EKG oder sogar einem normalen Ruhe-EKG aufgezeichnet wird.
Bei anamnestischen Hinweisen auf eine schwer zu detektierende Arrhythmie, empfiehlt sich eine Aufzeichnung über mehrere Tage.
Auch ein Belastungs-EKG kann ratsam sein.
Elektrophysiologische Untersuchungen
In Deutschland sollte jeder Patient mit Verdacht auf die Chagas-Krankheit und einer nachgewiesenen oder vermuteten Arrhythmie zur elektrophysiologischen Untersuchung überwiesen werden.
Das Gleiche gilt bei Angaben zu Synkopen/Beinahe-Synkopen.
Therapie
Therapieziel
Die akute Krankheit behandeln und die Parasiten beseitigen.
Prävention der chronischen Form
Allgemeines zur Therapie
Die Triazolderivate Nifurtimox (60–120 Tage) und Benznidazol (30–60 Tage)3 sind die einzigen verfügbaren Medikamente, die zur Behandlung der Chagas-Krankheit verwendet werden können.13 Beide Medikamente sind in Deutschland nicht zugelassen. Die toxischen Nebenwirkungen sind erheblich.3
Die Behandlung wird bei jeder akuten Erkrankung sowie für alle Patienten mit chronischer Erkrankung unter 18 Jahren empfohlen.
Auch in der chronischen Phase kann die Bekämpfung der Parasiten den Krankheitsverlauf möglicherweise abmildern/aufhalten.4
Es gibt keine speziellen Therapieregimes für Kinder, es werden derzeit keine Impfstoffe entwickelt.
Neue Medikamente gegen T. cruzi werden derzeit entwickelt und getestet. Erfolgsversprechend sind Posaconazol, Gamma-Interferon und andere.3
Medikamentöse Therapie
Akute Phase
Die Chagas-Krankheit kann in der akuten Phase mit den Medikamenten Nifurtimox oder Benznidazol behandelt werden.8
Die WHO und die Pan American Health Organization empfehlen die Behandlung von seropositiven Kindern und Jugendlichen während der Latenzphase.14
Chronische Phase
Die antiparasitäre Behandlung während der chronischen Phase ist bei Kindern unter 18 Jahren besonders wichtig.
Die antiparasitäre Behandlung während der chronischen Phase wird auch bei erwachsenen Patienten empfohlen, insbesondere bei einer symptomarmen Infektion, da die Behandlung das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen kann.
Patienten mit Arrhythmien jeglicher Art und/oder Kardiomegalie sollten eine lebenslange Antikoagulationstherapie erhalten.
Herzinsuffizienz
In der chronischen Phase sind als Medikamente Digoxin und evtl. auch ACE-Hemmer indiziert.
Arrhythmie
Bei ventrikulärer Tachykardie wird Amiodaron empfohlen.
Es gibt jedoch derzeit keine sicheren Beweise dafür, dass Amiodaron oder andere Antiarrhythmika die Überlebensrate erhöhen, insbesondere bei einer Linksherzinsuffizienz.
Angeborene Chagas-Krankheit
Durch eine frühzeitige medikamentöse Behandlung können schwere, potenziell lebensbedrohliche, akute Erkrankungen bei fast allen Neugeborenen verhindert werden; darüber hinaus wird in bis zu 70–95 % der Fälle die Entwicklung einer chronischen Infektion verhindert.
Die Behandlung erfolgt mit Benznidazol 10 mg/kg peroral über 60 Tage in Form von in Milch oder Sirup aufgelösten, zerkleinerten Tabletten.
Schwerwiegende Nebenwirkungen treten selten auf.
Das Medikament muss bei Geburten, bei denen das Kind infiziert werden könnte, verfügbar sein.
T.-cruzi-seropositive, schwangere Frauen müssen sich zur Geburt in ein Krankenhaus begeben, in dem entsprechendes Expertenwissen verfügbar ist.
Es gibt keinen Impfstoff gegen die Chagas-Krankheit.4
Die Krankheit ist unter Wildtieren so weit verbreitet, dass eine Impfung der Tiere nicht möglich ist.
Nationale Programme konzentrieren sich auf die Prävention durch Vektorbekämpfung mithilfe von Insektiziden. Weitere Präventionsmöglichkeiten sind Verbesserung der Wohn- und Lebensbedingungen und Aufklärung der Bevölkerung.3
Vermeidung einer Infektion durch Bluttransfusionen, Organtransplantationen oder intrauterin/perinatal
serologisches Screening von Blutspendern in Endemiegebieten und Ländern mit vielen Einwanderern aus Endemieregionen3
In Deutschland werden Personen, die u. a. an einer Trypanosomiasis (Chagas-Krankheit) erkrankt sind oder waren, nicht als Blutspender zugelassen (Ausschlusskriterien für Blutspenden).
Eine Testung der Spender auf Trypanosoma oder Antikörper gegen Trypanosoma findet in Deutschland nicht statt und ist aufgrund der epidemiologischen Situation nicht angezeigt.3
Da eine latente Chagas-Krankheit durch eine immunsuppressive Therapie aktiviert werden kann, müssen Organspenden aus endemischen Gebieten auf Antikörper gegen T. cruzi getestet werden.
Das Antikörper-Screening kann bei der Adoption von Kindern aus endemischen Gebieten erwogen werden; hierfür gibt es jedoch keine Richtlinien.
Meldepflicht
Keine krankheits- oder erregerspezifische Meldepflicht nach dem IfSG, ggf. Meldung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5a (bedrohliche Krankheit)3
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Etwa 20–30 % der infizierten Patienten entwickeln bis zu 30 Jahre nach der Ansteckung eine chronische Form der Krankheit.
Komplikationen
Kardiomyopathie, Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz
Megakolon oder Megaösophagus
Neurologische Folgen
Prognose
Die Chagas-Krankheit ist in Lateinamerika eine endemische, oft tödliche Krankheit.
Zur Spontanheilung kommt es in etwa 70 % der Fälle.3
Die Todesursache ist bei erwachsenen Patienten in 55–65 % der Fälle der plötzliche Herztod, meist nach körperlicher Anstrengung, die eine ventrikuläre Tachyarrhythmie ausgelöst hat.
Weitere häufige Todesursachen sind die chronische Herzinsuffizienz und kardiogene Embolien des Lungen- oder des systemischen Kreislaufs.
Toxisches Megakolon, Volvolus oder Darmperforation mit nachfolgender eitriger Peritonitis sind häufige Todesursachen.3
Trypanosoma cruzi. Schätzungsweise werden jedes Jahr 6–7 Mio. Menschen mit diesem Parasiten infiziert.
Die Chagas-Krankheit kann in der akuten Phase symptomarm sein. Das Bild zeigt einen Jungen mit einem Romaña-Zeichen, einer Schwellung um die Augen (hier auf der rechten Seite); diese Schwellung kann ein Hinweis auf die Erkrankung sein. Foto mit freundlicher Genehmigung von CDC (PHIL).
Giemsa-Färbung eines Blutausstrichs mit Trypanosoma cruzi. Foto mit freundlicher Genehmigung von CDC (PHIL).
Quellen
Leitlinien
Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Atypische erregerbedingte Meningoenzephalitiden. AWMF-Leitlinie Nr. 030-061. Stand 2012. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie. Tachykarde ventrikuläre Herzrhythmusstörungen im Kindes- und Jugendalter - Indikationen zur ICD Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 023-037. Stand 2013. www.awmf.org
Literatur
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Autoren
Birgit Wengenmayer, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Freiburg
Saskia von Sanden, Dr. med. M. A., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Baden-Baden
Tor André Johannessen, Arzt, Trondheim (Anpassung an NEL)
Urban Hellgren, docent och överläkare, Infektionskliniken, Karolinska universitetssjukhuset (Medibas)