Chagas-Krankheit

Zusammenfassung

  • Definition:Durch den Parasiten Trypanosoma cruzi verursachte und über Wanzen übertragene Infektionskrankheit. Die Erkrankung verläft in drei Phasen. Bei 20–30 % der unbehandelten Patienten verläuft die Infektion chronisch.
  • Häufigkeit:Tritt vor allem in Lateinamerika auf. Es wird angenommen, dass etwa 7–18 Mio. Menschen infiziert sind; Kinder sind am häufigsten betroffen.
  • Symptome:Die Beschwerden in der akuten Phase betreffen häufig Augen oder Haut (Chagom), es kommen Fieber, Müdigkeit und Kopfschmerzen hinzu.
  • Befunde:Als klinische Befunde in der akuten Phase können Myokarditis, Megakolon/-ösophagus und generalisierte Lymphadenopathie vorliegen. Im chronischen Stadium dilatative Kardiomyopathie, Megakolon.
  • Diagnostik:Die Diagnosestellung erfolgt mithilfe von parasitologischen und serologischen Methoden.
  • Therapie:Zur Behandlung der Chagas-Krankheit werden die Triazolderivate Nifurtimox und Benznidazol verwendet. Die Behandlung ist besonders in der akuten Phase wirksam, jedoch können die Symptome auch bei Erwachsenen mit einer chronischen Form der Erkrankung durch eine Behandlung gelindert werden.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Die Chagas-Krankheit (amerikanische Trypanosomiasis) wird durch den einzelligen Parasiten Trypanosoma cruzi (ein Protozoon) verursacht und tritt vor allem in Lateinamerika auf.1-2 Sie ist eine Zoonose.
  • Die Krankheit verläuft in einer akuten und einer chronischen Phase.
    • Meist werden Kinder infiziert; bis zu 10 % der infizierten Kinder können in der Akutphase sterben.
    • Die Infektion kann nach einer Latenzperiode von 10–30 Jahren zu Herzerkrankungen, gastrointestinalen und neurologischen Krankheiten führen.
    • Kongestive Herzinsuffizienz ist die vorherrschende Todesursache.
  • Die Krankheit ist nach dem brasilianischen Arzt Carlos Chagas Ribeiro (1879–1934) benannt.

Häufigkeit

  • Die Krankheit ist in Deutschland selten, sie kommt eigentlich nur bei Einwanderern aus endemischen Gebieten vor. Touristen, die aus den jeweiligen Gebieten heimkehren, können jedoch auch betroffen sein.
  • Die Chagas-Krankheit ist in den meisten Ländern Süd- und Mittelamerikas, die auf dem Festland liegen. endemisch (nicht auf Karibikinseln).
    • Die südliche Grenze liegt in etwa der Höhe Nordargentiniens, die nördliche Grenze liegt in Mexiko bzw. im Süden der USA.3 
    • Früher war die Krankheit nur in Lateinamerika weit verbreitet, inzwischen hat sie sich jedoch auch auf andere Kontinente ausgebreitet.4
  • Die Häufigkeit ist in den letzten 20 Jahren deutlich zurückgegangen, man geht jedoch weiterhin von ca. 7 Mio. infizierten Menschen in Lateinamerika aus.4,5
  • Andere Quellen sprechen von bis zu 18 Mio. betroffenen Menschen.3
  • Weltweit sterben jährlich ca. 10.000–15.000 Menschen an der Chagas-Krankheit mit Herzbeteiligung.6
    • Andere Quellen sprechen von bis zu 45.000 Todesfällen jährlich.3
    • In vielen südamerikanischen Ländern ist die Chagas-Kardiomyopathie die Hauptursache für nicht koronare Herzerkrankungen.
  • Aufgrund der zunehmenden Mobilität der Weltbevölkerung wird angenommen, dass über 300.000 infizierte Patienten außerhalb der endemischen Gebiete leben, vor allem in den USA und in Europa.7

Ätiologie und Pathogenese

  • Die Krankheit ist eine Zoonose mit Reservoir in über 150 Säugetieren, einschließlich Hunden und Katzen.
  • Sog. vektorübertragene Infektion: Der Parasit wird über blutsaugende Insekten (Raubwanzen/Gattung der Triatominae, 10–30 mm lang3) auf den Menschen übertragen. Sie leben üblicherweise in Wandrissen von Lehm- und Strohhäusern, den üblichen Wohnhäusern der ärmeren Bevölkerung in Dörfern oder Städten Lateinamerikas. Die Wanzen beißen vorzugsweise in der Nacht. Die Trypanosomen entwickeln und vermehren sich im Insektendarm.3

Infektion

Lebenszyklus der Trypanosomen
Lebenszyklus der Trypanosomen
  • Infizierte Wanzen hinterlassen parasitenhaltigen Kot, wenn sie Blut saugen.
  • Die Parasiten werden beim Kratzen aufgrund des durch den Stich ausgelösten Juckreizes in die Haut eingebracht, oder durch direkte Invasion der Schleimhäute von Konjunktiven, Nase und Mund.
  • Weitere wichtige Übertragungsformen sind die Übertragung von der Mutter auf das Kind während der Schwangerschaft/Geburt und die Übertragung durch Bluttransfusionen oder Organtransplantationen.3
  • Es wurden auch Ausbrüche in Verbindung mit Lebensmitteln beschrieben; diese wurden wahrscheinlich durch die Kontamination durch infizierte Wanzen während des Produktionsprozesses verursacht.
  • Die Parasiten gehen von der Haut in die Blutbahn über und dringen dann in   verschiedene Zellen ein. Sie vermehren sich intrazellulär.3 Es kommt zur Destruktion von Zellen, Entzündungsreaktionen und Fibrosen.
  • Prädilektionsstellen sind das Myokard, die glatte Muskulatur und die Gliazellen im Zentralnervensystem.
  • Das Infektionsrisiko bei kurzen Aufenthalten in endemischen Gebieten ist unbedeutend.
  • Der Parasit passt sich durch Veränderungen seiner Morphologie, insbesondere in Bezug auf sein Flagellum (Mastigonema), an unterschiedliche Umweltbedingungen an.

Pathophysiologie

  • Die Inkubationszeit beträgt 5–20 Tage nach Übertragung durch Raubwanzen, 30–40 Tage nach Bluttransfusion.3 
  • Die Infektion verläuft in drei Phasen:
    • Akutphase (Primärinfektion)
      • Verläuft weitgehend unbemerkt, da die Symptome typischen Kinderkrankheiten ähneln: Fieber, geschwollene Lymphknoten, Muskelschmerzen, Blässe.
      • Bei hämatogener Streuung können das Myokard, der autonome Nervenplexus und das zentrale Nervensystem infiziert werden.
      • Die Infektion des zentralen Nervensystems manifestiert sich als Meningoenzephalitis.8
      • Die Akutphase dauert 4–8 Wochen, ein Chagom kann 8 Wochen persistieren.3 
      • Nur 5–10 % der Patienten zeigen während dieser Phase Symptome.
    • Latenzphase
      • Die Parasiten kommen intrazellulär als amastigote Formen in Pseudozysten in der Herzmuskulatur, im Nervenplexus des Gastrointestinaltraktes und der Harnwege sowie im zentralen Nervensystem vor.
      • Diese Phase kann 10–30 Jahre oder sogar lebenslang andauern, ohne dass der Patient Symptome entwickelt.
    • Chronische Form
      • Etwa 15–40 % der infizierten Patienten entwickeln bis zu 30 Jahre nach der Ansteckung eine chronische Form der Krankheit.
      • Die chronische Form hat zwei klassische Manifestationen:
        • Kardiomyopathie mit Herzrhythmusstörungen (wichtigste Form bei ca. 40 %). Komplikationen sind Kardiomyopathie und Herzinsuffizienz.  
        • Mega-Syndrome aufgrund von zerstörtem parasympathischen Nervenplexus: Megaösophagus oder Megakolon

Kardiologische Aspekte

  • Die chronische Krankheit beginnt meist mit Arrhythmien.
  • Die autonome Denervierung des Herzens kann zu sinuatrialen und atrioventrikulären Leitungsstörungen führen.
  • Schenkelblöcke, besonders der Rechtsschenkelblock, der oft in Kombination mit einem linksanterioren Hemiblock auftritt, sind häufig.
  • Komplexe ventrikuläre Arrhythmien sind häufig; bei 80–90 % der Patienten können elektrophysiologische Untersuchungen ventrikuläre Tachykardien auslösen.9
  • Im Laufe der Zeit entwickelt sich eine kongestive Kardiomyopathie.10

Infektionsübertragung bei Schwangerschaft und Geburt

  • Eine transplazentare oder perinatale Übertragung von T. cruzi von der chronisch infizierten, seropositiven Mutter tritt bei 2–8 % der Geburten auf.11
  • Über 90 % der Mutter-Kind-Infektionen erfolgen intrauterin; das Kind wird dann mit Parasitämie geboren. Das Nabelschnurblut muss unmittelbar nach der Geburt untersucht werden, da T. cruzi sehr umweltlabil ist und innerhalb von 1–2 Stunden zerfallen kann.12
  • Bei Kindern, die während der Geburt selbst infiziert werden, sind keine Parasiten im Nabelschnurblut enthalten, die Parasitämie entwickelt sich innerhalb des ersten Lebensmonats.
    • Die Untersuchung von venösem Blut sollte unabhängig vom klinischen Zustand nach 4–6 Wochen erfolgen, um eine asymptomatische perinatale Infektion zu erkennen.
    • Spezifische IgM-Antikörper gegen T. cruzi im Serum sind bei der Diagnose der perinatalen Chagas-Krankheit wertlos.

Prädisponierende Faktoren

  • Armut
  • Immunsuppression
    • Immunsuppressive Behandlungen mit Zytostatika oder Steroiden können zur Reaktivierung einer latenten Chagas-Krankheit mit schwerer Myokarditis und nekrotisierender Meningoenzephalitis führen.
    • Bei HIV-induzierter Immunschwäche kommt es auch zu intrazerebralen, tumorähnlichen Chagomen.

ICPC-2

  • A78 Infektiöse Erkrankung NNB, andere

ICD-10

  • B57 Chagas-Krankheit
    • B57.0 Akute Chagas-Krankheit mit Herzbeteiligung
    • B57.1 Akute Chagas-Krankheit ohne Herzbeteiligung
    • B57.2 Chagas-Krankheit (chronisch) mit Herzbeteiligung
    • B57.3 Chagas-Krankheit (chronisch) mit Beteiligung des Verdauungssystems
    • B57.4 Chagas-Krankheit (chronisch) mit Beteiligung des Nervensystems
    • B57.5 Chagas-Krankheit (chronisch) mit Beteiligung sonstiger Organe

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Der klinische Verdacht wird durch parasitologische oder serologische Untersuchung bestätigt.
  • Die Diagnosestellung ist nicht einfach.

Differenzialdiagnosen

Anamnese und klinische Untersuchung

  • Akutphase
    • Die Akutphase tritt hauptsächlich bei Kindern auf, dauert ca. 2Monate.
    • Erste Befunde sind an der Inokulationsstelle entweder an den Augen (einseitige Ödeme des Ober- oder Unterlides [Romaña-Zeichen], Konjunktivitis, lokale Lymphadenopathie) oder auf der Haut (furunkelartige Läsion mit lokaler Lymphadenopathie [Chagom]) möglich.
    • Zu den späteren Symptomen gehören u. a. Fieber, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Hepatomegalie, leichte Splenomegalie, Durchfälle und generalisierte Lymphadenopathie.
    • Teigige, stamm- und gesichtsbetonte Ödeme, erythematöse oder urtikarielle Hauterscheinungen können auftreten, die etwa zwei Wochen anhalten.3
    • Eine akute Myokarditis kann zu Herzinsuffizienz führen.
    • Eine Meningoenzephalitis kommt nur bei jüngeren Kindern vor und ist oft tödlich.
  • Latenzphase
    • Kann 10–30 Jahre andauern.
    • Der Patient ist dann asymptomatisch, die Infektion kann jedoch durch serologische Tests und mitunter durch parasitologische Untersuchungen bestätigt werden.
  • Chronische Phase
    • Manifestiert sich im 3. und 4. Lebensjahrzehnt in der Regel als Herzerkrankung.
    • Ist von Arrhythmien, Herzinsuffizienz, Ventrikelaneurysmen sowie systemischen und Lungenembolien gekennzeichnet.
    • Durch Kammerflimmern kann ein plötzlicher Herzstillstand eintreten.
    • Als Folge der Schädigung des Nervenplexus können Megakolon und Megaösophagus entstehen, wodurch Symptome wie Schluckschwierigkeiten, Regurgitation, Obstipation und Volvulus hervorgerufen werden können.
  • Angeborene Chagas-Krankheit
    • Hierbei fehlen die lokalen Inokulationszeichen; ca. 45 % der Betroffenen zeigen unspezifische Symptome und Zeichen wie zu frühe Geburt, niedriger Apgarwert, niedriges Geburtsgewicht (< 2.500g), Anämie, Hepatosplenomegalie, Ikterus, Hautblutungen und neurologische Ausfälle.7

Ergänzende Untersuchungen

  • Die Diagnosestellung erfolgt mithilfe von parasitologischen und serologischen Methoden.
  • Die Diagnosestellung erfolgt meist auf Grundlage der Serologie, in der Regel in Form von Immunfluoreszenz- oder ELISA-Tests mit verschiedenen rekombinanten T.-cruzi-Antigenen. Die Qualität der verfügbaren Schnelltests ist jedoch oft schlecht. Häufig sind Kreuzreaktionen mit Leishmania, Plasmodium, und anderen Protozoen-Erkrankungen sowie mit Treponema pallidum.3 
  • Akutphase
    • In der Akutphase ist T. cruzi in einem normalen Blutausstrich oder einem dicken Tropfen nachweisbar; in den meisten Fällen gedeiht der Erreger auch auf Standardisolationsmedien.
    • Einige Monate nach der Infektion sind die Parasiten im Blut nicht mehr nachweisbar. Bei den meisten Patienten geht die Erkrankung in eine asymptomatische Phase mit persistierender Seropositivität über.
  • Bei einer chronischen Infektion sind etwa 90 % der Patienten bei Tests mit PCR-Methoden T.-cruzi-posititv. 
  • Die mikroskopische Untersuchung von chronisch Kranken ist aufgrund der extrem niedrigen Parasitämie nicht sinnvoll.
  • Bei Fragen zur Diagnostik kann man sich an das Nationale Referenzzentrum für tropische Infektionserreger am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg wenden.

Diagnostik beim Spezialisten

  • EKG und Langzeit-EKG
    • Liegt bei einem Patienten zunächst eine Arrhythmie vor, tritt diese üblicherweise so häufig auf, dass sie bei in einem Langzeit-EKG oder sogar einem normalen Ruhe-EKG aufgezeichnet wird.
    • Bei anamnestischen Hinweisen auf eine schwer zu detektierende Arrhythmie, empfiehlt sich eine Aufzeichnung über mehrere Tage.
    • Auch ein Belastungs-EKG kann ratsam sein.
  • Elektrophysiologische Untersuchungen
    • In Deutschland sollte jeder Patient mit Verdacht auf die Chagas-Krankheit und einer nachgewiesenen oder vermuteten Arrhythmie zur elektrophysiologischen Untersuchung überwiesen werden.
    • Das Gleiche gilt bei Angaben zu Synkopen/Beinahe-Synkopen.

Therapie

Therapieziel

  • Die akute Krankheit behandeln und die Parasiten beseitigen.
  • Prävention der chronischen Form

Allgemeines zur Therapie

  • Die Triazolderivate Nifurtimox (60–120 Tage) und Benznidazol (30–60 Tage)3 sind die einzigen verfügbaren Medikamente, die zur Behandlung der Chagas-Krankheit verwendet werden können.13 Beide Medikamente sind in Deutschland nicht zugelassen. Die toxischen Nebenwirkungen sind erheblich.3 
  • Die Behandlung wird bei jeder akuten Erkrankung sowie für alle Patienten mit chronischer Erkrankung unter 18 Jahren empfohlen.
  • Auch in der chronischen Phase kann die Bekämpfung der Parasiten den Krankheitsverlauf möglicherweise abmildern/aufhalten.4
  • Es gibt keine speziellen Therapieregimes für Kinder, es werden derzeit keine Impfstoffe entwickelt.
  • Neue Medikamente gegen T. cruzi werden derzeit entwickelt und getestet. Erfolgsversprechend sind Posaconazol, Gamma-Interferon und andere.3

Medikamentöse Therapie

Akute Phase

  • Die Chagas-Krankheit kann in der akuten Phase mit den Medikamenten Nifurtimox oder Benznidazol behandelt werden.8
  • Die WHO und die Pan American Health Organization empfehlen die Behandlung von seropositiven Kindern und Jugendlichen während der Latenzphase.14

Chronische Phase

  • Die antiparasitäre Behandlung während der chronischen Phase ist bei Kindern unter 18 Jahren besonders wichtig.
  • Die antiparasitäre Behandlung während der chronischen Phase wird auch bei erwachsenen Patienten empfohlen, insbesondere bei einer symptomarmen Infektion, da die Behandlung das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen kann.
  • Patienten mit Arrhythmien jeglicher Art und/oder Kardiomegalie sollten eine lebenslange Antikoagulationstherapie erhalten.
  • Herzinsuffizienz
    • In der chronischen Phase sind als Medikamente Digoxin und evtl. auch ACE-Hemmer indiziert.
  • Arrhythmie
    • Bei ventrikulärer Tachykardie wird Amiodaron empfohlen.
    • Es gibt jedoch derzeit keine sicheren Beweise dafür, dass Amiodaron oder andere Antiarrhythmika die Überlebensrate erhöhen, insbesondere bei einer Linksherzinsuffizienz.

Angeborene Chagas-Krankheit

  • Durch eine frühzeitige medikamentöse Behandlung können schwere, potenziell lebensbedrohliche, akute Erkrankungen bei fast allen Neugeborenen verhindert werden; darüber hinaus wird in bis zu 70–95 % der Fälle die Entwicklung einer chronischen Infektion verhindert.
  • Die Behandlung erfolgt mit Benznidazol 10 mg/kg peroral über 60 Tage in Form von in Milch oder Sirup aufgelösten, zerkleinerten Tabletten.
  • Schwerwiegende Nebenwirkungen treten selten auf.
  • Das Medikament muss bei Geburten, bei denen das Kind infiziert werden könnte, verfügbar sein.
  • T.-cruzi-seropositive, schwangere Frauen müssen sich zur Geburt in ein Krankenhaus begeben, in dem entsprechendes Expertenwissen verfügbar ist.
  • Vom Stillen wird nicht abgeraten.15

Weitere Therapien

  • In manchen Fällen wird ein ICD implantiert, die Resultate sind jedoch unterschiedlich, die Indikation ist daher unsicher.5
  • Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie empfiehlt bei der Chagas-Krankheit die Implantation eines ICD.16

Prävention

  • Expositionsprophylaxe: Repellents, imprägnierte Moskitonetze3 
  • Es gibt keinen Impfstoff gegen die Chagas-Krankheit.4
    • Die Krankheit ist unter Wildtieren so weit verbreitet, dass eine Impfung der Tiere nicht möglich ist.
  • Nationale Programme konzentrieren sich auf die Prävention durch Vektorbekämpfung mithilfe von Insektiziden. Weitere Präventionsmöglichkeiten sind Verbesserung der Wohn- und Lebensbedingungen und Aufklärung der Bevölkerung.3 
  • Vermeidung einer Infektion durch Bluttransfusionen, Organtransplantationen oder intrauterin/perinatal 
    • serologisches Screening von Blutspendern in Endemiegebieten und Ländern mit vielen Einwanderern aus Endemieregionen3 
    • In Deutschland werden Personen, die u. a. an einer Trypanosomiasis (Chagas-Krankheit) erkrankt sind oder waren, nicht als Blutspender zugelassen (Ausschlusskriterien für Blutspenden).
    • Eine Testung der Spender auf Trypanosoma oder Antikörper gegen Trypanosoma findet in Deutschland nicht statt und ist aufgrund der epidemiologischen Situation nicht angezeigt.3 
    • Da eine latente Chagas-Krankheit durch eine immunsuppressive Therapie aktiviert werden kann, müssen Organspenden aus endemischen Gebieten auf Antikörper gegen T. cruzi getestet werden.
  • Das Antikörper-Screening kann bei der Adoption von Kindern aus endemischen Gebieten erwogen werden; hierfür gibt es jedoch keine Richtlinien.

Meldepflicht

  • Keine krankheits- oder erregerspezifische Meldepflicht nach dem IfSG, ggf. Meldung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5a (bedrohliche Krankheit)3 

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Etwa 20–30 % der infizierten Patienten entwickeln bis zu 30 Jahre nach der Ansteckung eine chronische Form der Krankheit.

Komplikationen

  • Kardiomyopathie, Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz
  • Megakolon oder Megaösophagus
  • Neurologische Folgen

Prognose

  • Die Chagas-Krankheit ist in Lateinamerika eine endemische, oft tödliche Krankheit.
    • Zur Spontanheilung kommt es in etwa 70 % der Fälle.3 
    • Die Todesursache ist bei erwachsenen Patienten in 55–65 % der Fälle der plötzliche Herztod, meist nach körperlicher Anstrengung, die eine ventrikuläre Tachyarrhythmie ausgelöst hat.
    • Weitere häufige Todesursachen sind die chronische Herzinsuffizienz und kardiogene Embolien des Lungen- oder des systemischen Kreislaufs.
    • Toxisches Megakolon, Volvolus oder Darmperforation mit nachfolgender eitriger Peritonitis sind häufige Todesursachen.3 
    • Die Inzidenz von Ösophaguskarzinomen ist erhöht.3 

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Weitere Patienteninformationen

Illustrationen

Lebenszyklus der Trypanosomen
Lebenszyklus der Trypanosomen
Wanzen der Unterfamilie der Triatominae
Wanzen der Unterfamilie der Triatominae
Trypanosoma cruzi. Schätzungsweise werden jedes Jahr 6–7 Millionen Menschen mit diesem Parasiten infiziert.
Trypanosoma cruzi. Schätzungsweise werden jedes Jahr 6–7 Mio. Menschen mit diesem Parasiten infiziert. 
Die Chagas-Krankheit kann in der akuten Phase symptomarm sein. Das Bild zeigt einen Jungen mit einem Romaña-Zeichen, einer Schwellung um die Augen (hier auf der rechten Seite); diese Schwellung kann ein Hinweis auf die Erkrankung sein. Foto mit freundlicher Genehmigung von CDC (PHIL).
Giemsa-Färbung eines Blutausstrichs mit Trypanosoma cruzi. Foto mit freundlicher Genehmigung von CDC (PHIL).
Giemsa-Färbung eines Blutausstrichs mit Trypanosoma cruzi. Foto mit freundlicher Genehmigung von CDC (PHIL).

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Atypische erregerbedingte Meningoenzephalitiden. AWMF-Leitlinie Nr. 030-061. Stand 2012. www.awmf.org 
  • Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie. Tachykarde ventrikuläre Herzrhythmusstörungen im Kindes- und Jugendalter - Indikationen zur ICD Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 023-037. Stand 2013. www.awmf.org

Literatur

  1. Bern C. Chagas´ disease. N Engl J Med 2015; 373: 455-66. DOI: 10.1056/NEJMra1410150 DOI
  2. Woodhall D, Jones JL, Cantey PT, et al. Neglected parasitic infections: what every family physician needs to know. Am Fam Physician. 2014 May 15;89(10):803-811. . www.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Robert-Koch-Institut. Trypanosomiasis, amerikanische Form (Chagas-Krankheit) in "Steckbriefe seltener und importierter Infektionskrankheiten". Stand 2011. www.rki.de
  4. World Health Organization. Chagas disease (American trypanosomiasis). March 2015. www.who.int
  5. Rassi Jr A, Rassi A, Merin-Neto JA. Chagas disease. Seminar. Lancet 2010; 375: 1388-402. PubMed
  6. Chagas' disease - an epidemic that can no longer be ignored (editorial). Lancet 2006; 368: 619. PubMed
  7. Prata A. Clinical and epidemiological aspects of Chagas disease. Lancet Infect Dis 2001; 1: 92-100. PubMed
  8. Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Atypische erregerbedingte Meningoenzephalitiden. AWMF-Leitlinie Nr. 030-061. Stand 2012. www.awmf.org
  9. Elizari MV. Arrhythmias associated with Chagas' heart disease. Card Electrophysiol Rev 2002; 6: 115-9. PubMed
  10. Rossi MA. Comparison of Chagas' heart disease to arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy. Am Heart J 1995; 129: 626-9. PubMed
  11. Agrelo RS. American trypanosomisis (Chagas disease). I: Heymann DL, red. Control of communicable diseases manual. 18. utg. Washington, D.C.: American Public Health Association, 2004: 557-60.
  12. Okumura M, Aparecida dos Santos V, Camargo ME et al. Prenatal diagnosis of congenital Chagas' disease (American trypanosomiasis). Prenat Diagn 2004; 24: 179-81. PubMed
  13. Urbina JA. Chemotherapy of Chagas disease. Curr Pharm Des 2002; 8: 287. PubMed
  14. Andrade AL, Martelli CM, Oliveira RM et al. Short report: Benznidazol efficacy among Trypanosoma Cruzi-infected adolenscents after a six-year follow-up. Am J Trop Med Hyg 2004; 71: 594-7. PubMed
  15. Bittencourt AL, Sadigursky M, Da Silva AA et al. Evaluation of Chagas' disease transmission through breast-feeding. Mem Inst Oswaldo Cruz 1988; 83: 37-9. PubMed
  16. Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie. Tachykarde ventrikuläre Herzrhythmusstörungen im Kindes- und Jugendalter - Indikationen zur ICD Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 023-037. Stand 2013. www.awmf.org

Autoren

  • Birgit Wengenmayer, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Freiburg
  • Saskia von Sanden, Dr. med. M. A., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Baden-Baden
  • Tor André Johannessen, Arzt, Trondheim (Anpassung an NEL)
  • Urban Hellgren, docent och överläkare, Infektionskliniken, Karolinska universitetssjukhuset (Medibas)

Links

Autoren

Ehemalige Autoren

Updates

Gallery

Snomed

Click to edit