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2018-W22Fernbehandlung: Fluch und Segen der Telemedizin

Fernbehandlung: Fluch und Segen der Telemedizin

Der Deutsche Ärztetag hat mit großer Mehrheit für eine Lockerung des Fernbehandlungsverbots gestimmt. Die Landesärztekammern werden dies in ihre rechtsverbindlichen Berufsordnungen übernehmen. In Baden-Württemberg laufen hierzu bereits Modellprojekte. Was in anderen europäischen Ländern schon Alltag ist, soll nun auch hierzulande realisiert werden. Wie wird das dann konkret im hausärztlichen Alltag aussehen? Man richtet eine Telefon- und Online-Sprechstunde ein, und dann? Wer ruft da an? Die alten immobilen Patienten oder doch nur die jungen, mit Erkältung, Gastroenteritis und Kopfschmerzen, die sich den Weg zum Arzt ersparen wollen?

Eine telemedizinische Sprechstunde könnte zu einer Arbeitserleichterung führen, weil banal erkrankte Menschen nicht unbedingt in die Praxis kommen müssen oder manche Probleme bei bekannten chronisch erkrankten Patienten telefonisch gelöst werden könnten (z. B. Besprechung der Medikation bei Diabetikern). Oder aber es entsteht eine erhebliche zusätzliche Arbeitsbelastung, weil Patienten, die normalerweise gar keinen Arzt konsultieren würden, hier ungehemmt wegen kleiner Wehwehchen wie Fußpilz Kontakt aufnehmen. Da eine Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung via Telefon nicht erlaubt sein soll, werden aber Patienten mit banalen Erkrankungen auch weiterhin in die Praxen kommen müssen.

Letztendlich wird es die Mehrzahl der Patienten bleiben, die wir persönlich sehen müssen. Das Handwerk der Hausärzte besteht ja nicht nur aus Reden, sondern auch aus Sehen, Tasten, Riechen, Auskultieren, Otoskopieren usw. Eine zumindest kurze körperliche Untersuchung ist bei vielen Krankheitsbildern erforderlich, schon allein, um einen abwendbar gefährlichen Verlauf zu erkennen. Das gilt nicht nur für Brustschmerzen, Schwindel oder Atemnot. Auch hinter einem hartnäckigen Husten kann, wie jeder weiß, eine Pneumonie, ein Lungentumor oder eine andere ernste Erkrankung stecken. Was wäre hier durch eine Telekonsultation erreicht? Nur ein zusätzliches Gespräch darüber, dass der Patient in die Praxis kommen soll. Auch ältere Patienten mit chronischen Erkrankungen werden, schon aus Gewohnheit, einen persönlichen Kontakt vorziehen.

Das Konzept der Fernbehandlung können auch wir deutschen Ärzte nicht dauerhaft ablehnen. Aber für eine Telemedizin, die für alle Beteiligten vorteilhaft ist, sind sinnvolle und praktikable Konzepte nötig.

Marlies Karsch, Chefredakteurin

 

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Der Deutsche Ärztetag hat mit großer Mehrheit für eine Lockerung des Fernbehandlungsverbots gestimmt. Die Landesärztekammern werden dies in ihre rechtsverbindlichen Berufsordnungen übernehmen. In Baden-Württemberg laufen hierzu bereits Modellprojekte. Was in anderen europäischen Ländern schon Alltag ist, soll nun auch hierzulande realisiert werden. Wie wird das dann konkret im hausärztlichen Alltag aussehen? Man richtet eine Telefon- und Online-Sprechstunde ein, und dann? Wer ruft da an? Die alten immobilen Patienten oder doch nur die jungen, mit Erkältung, Gastroenteritis und Kopfschmerzen, die sich den Weg zum Arzt ersparen wollen?
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