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Chronische Dysphagie

Allgemeine Informationen

  • Sofern nicht anders gekennzeichnet, basiert dieser Artikel auf folgenden Referenzen.1-3

Definition

  • Chronische Schluckbeschwerden verschiedener Ätiologie
  • Störungen des Schluckmechanismus können von allen beteiligten Strukturen von den Lippen bis zum unteren Ösophagussphinkter ausgehen.

Diagnostische Überlegungen

  • Ohne ein entsprechendes Screening wird eine Dysphagie häufig nicht oder nicht rechtzeitig erkannt.
  • Besonders bei älteren Patient*innen auch an folgende Erkrankungen denken:
  • Weitere mögliche Ursachen (Näheres siehe Abschnitt Differenzialdiagnosen):
    • akute zerebrale ErkrankungsbilderFunktionsstörung
    • progrediente neuronale oder internistische ErkrankungsbilderErkrankungen
    • Traumata
    • Krankheits- oder Operationsfolgen
    • SchStrahlenschädigung nach Bestrahlungden
    • Sterbeprozess.

Mögliche Folgen

  • Ein normaler Schluckmechanismus ist wichtig, weil dadurch sichergestellt wird, dass sich die Atemwege beim Schlucken schließen, ansonsten.
    • Sonst besteht Aspirationsgefahr mit nachfolgenden Pneumonien und Septikämien.
  • Eine Dysphagie führt bei vielen Patient*innen dazu, dass weniger Nahrung aufgenommen wird und sich der Ernährungszustand verschlechtert.25
    • Ohne ein entsprechendes Screening wird eine Dysphagie häufig nicht oder nicht rechtzeitig erkannt.
    • Dies kann zu Aspirationen mit nachfolgenden Pneumonien und Septikämien führen.

Häufigkeit

  • Dysphagie ist ein häufiges Problem, insbesondere auch bei:

Diagnostische Überlegungen

  • Bei älteren Patient*innen ist immer auch an die Möglichkeit eines Ösophaguskarzinoms zu denken.5
  • Weitere  Erkrankungen, an die vor allem bei älteren Patient*innen gedacht werden muss, sind neurodegenerative Krankheiten wie das Parkinson-Syndrom.3
  • Komplikationen
    • Die Aspiration von Nahrung kann bei Dysphagie zu Komplikationen führen, und es kann zu Pneumonien kommen.6-7

Konsultationsgrund

  • Meistens Schluckbeschwerden
  • Unerklärliche Fieberspitzen, rezidivierende Infektionen der unteren Atemwege, anhaltender Husten und ständiges Räuspern können auf eine Aspiration hindeuten.

Abwendbar gefährliche Verläufe

  • Eine Dysphagie sollte abgeklärt werden, auch wenn der normale Alterungsprozess ursächlich sein kann.1

ICD-10

  • Nach ICD-10-GM, Version 20226
    • R13 Dysphagie8

Differenzialdiagnosen

Gastroösophageale Refluxkrankheit

  • Siehe Artikel Gastroösophageale Refluxkrankheit.
  • Betrifft alle Altersgruppen, die Inzidenz steigt aber mit dem Alter.
  • Refluxsymptome mit Sodbrennen in Hals/Brust, saurem Aufstoßen, brennenden Schmerzen im Epigastrium, Linderung durch Antazida/PPI, manchmal verbunden mit Dysphagie und Husten.
  • Die Diagnose erfolgt klinisch, kann aber mit Endoskopie (ÖGD/Magenspiegelungösophagoskopisch54) oder in der 24-Stunden-pH-Metrie bestätigt werden.
  • Die Dysphagie kann auf einer Entzündung (Ösophagitis) oder einer narbigen Striktur im Ösophagus beruhen.
  • Auch eine Hiatushernie kann den Beschwerden zugrunde liegen.
  • Es kann im Verlauf zu einer ringförmigen Verengung der unteren Ösophagusabschnitte durch hypertrophe Schleimhaut kommen (Schatzki-Ring).

AchalasieMotilitätsstörungen

  • SieheKönnen Artikel mit Schmerzen in mittleren Brustbereich verbunden sein.

Achalasie.

  • Motilitätsstörung des Ösophagus, die durch verminderteVerminderte Peristaltik im distalen Speiseröhrenabschnitt und einemit Störung der koordinierten Erschlaffung des unteren Ösophagussphinkters gekennzeichnet ist.
  • Ursächlich ist meist eine Dysfunktion der Ganglienzellen im submukösen Plexus myentericus (Auerbach-Plexus).
  • Setzt meist im Alter zwischen 30 und 60 Jahren ein.
  • Allmählich einsetzende Dysphagie für feste und meist auch für flüssige Speisen.
  • Im Röntgenbreischluck des Ösophagus zeigt sich eine Dilatation und die typische „Vogelschnabel“-Einengung des distalen Ösophagus.
  • Eine Ösophagus-Manometrie bestätigt die Diagnose.

Motilitätsstörungen

Bei systemisch entzündlicher Erkrankung

Ösophaguskarzinom

  • Siehe Artikel

    Nach Ösophaguskarzinom.

  • Meist in einem Alter von über 70 Jahren
  • Zunehmende Schluckbeschwerden, Gewichtsabnahme, reduzierter Allgemeinzustand und Anämie
  • Die Diagnose wird mittels ÖGD/Gastroskopie gestellt.

Krebserkrankungen in Kopf und Hals

Ösophagusdivertikel

  • Siehe Artikel Ösophagusdivertikel.
  • Divertikel sind Ausbuchtungen der Schleimhaut, die durch die muskuläre Schicht des Ösophagus dringen.
  • Am häufigsten bei Patient*innen mittleren und höheren Alters (Zenker-Divertikel)
  • Die Symptome entwickeln sich schleichend in Form von Dysphagie und Husten während der Mahlzeiten und Beschwerden im Rachenraum.
  • Die Diagnose lässt sich am einfachsten durch einen Röntgenbreischluck des Ösophagus stellen.

Eosinophile Ösophagitis

  • Siehe Artikel Eosinophile Ösophagitis.
  • Betrifft vor allem jüngere Patient*innen.
  • Gekennzeichnet durch chronische Dysphagie seit Kindes-Schlaganfall oder Jugendalter
  • Die typischsten Symptome sind neben der Dysphagie das Gefühl, dass die Nahrung stecken bleibt, sowie Brennen im Brustbereich.
  • Die Diagnose basiert auf den endoskopischen und histologischen Befunden. Es sind Biopsien entlang des gesamten Ösophagus erforderlich.

Schlaganfall

TIA
  • Siehe Artikel Schlaganfall und TIA.
  • Häufig liegen Risikofaktoren wie Hypertonie, Diabetes mellitus, Herzklappenerkrankung, Vorhofflimmern und eine Arteriosklerose vor.
  • Koinzidenz z. B. mit einer Karotisstenose oder einer subkortikalen arteriosklerotischen Enzephalopathie (SAE).
  • Typische Zeitmuster des Auftretens:
    • Sekunden: typisch für eine Embolie
    • Minuten: typisch für eine Hirnblutung
    • Minuten bis Stunden: typisch für eine Thrombose.
  • Die Symptome variieren je nach Lokalisation und Schweregrad. Es kann zu fokalen Defiziten kommen.
  • TIA: Die Symptome und Beschwerden verschwinden innerhalb von 24 Stunden, in der Regel sogar innerhalb 1 Stunde.
  • Dysphagie ist eine Komplikation bei bis zu 2/3 aller Patient*innen mit Schlaganfall. Die Dysphagie erhöht das Risiko für Infektionen der unteren Atemwege.9
  • Eine Dysphagie führt bei vielen Patient*innen dazu, dass weniger Nahrung aufgenommen wird und sich der Ernährungszustand verschlechtert.
  • Ohne ein entsprechendes Screening wird eine Dysphagie häufig nicht oder nicht rechtzeitig erkannt.
  • Dies kann zu Aspirationen mit nachfolgenden Pneumonien und Septikämien führen.
  • Patient*innen mit Schluckstörungen haben daher ein erhöhtes Risiko, eine Aspirationspneumonie sowie längerfristig eine Mangel- oder Fehlernährung zu entwickeln.
  • Bei allen Schlaganfall-Patient*innen soll ein Screening auf Dysphagie durch die Hausärzt*innen oder spezifisch geschultes Personal durchgeführt werden.

Leitlinie: Schlaganfall25

Dysphagie-Assessment

  • Bei Patient*innen mit Schluckbeschwerden und/oder pathologischenpathologischem Screeningbefund sollte ein weiterführendes Assessment der Schluckfunktion angeboten werden (II–III/B).
  • Patient*innen ohne pathologischen Screeningbefund sollte ebenfalls ein weiterführendes Assessment angeboten werden, wenn andere etablierte klinische Prädiktoren für das Vorliegen einer Dysphagie oder deren Komplikationen vorhanden sind, wie (II–III/B):
    • schweres neurologisches Defizit
    • Dysarthrie
    • Aphasie
    • ausgeprägte Fazialisparese.

Schluckrehabilitation

  • Patient*innen mit einer Dysphagie soll eine oropharyngeale Schluckrehabilitation angeboten werden, die sich aus restituierenden, kompensatorischen und/oder adaptiven Maßnahmen zusammensetzt (Ib/A).

Sondenernährung

  • Ist enterale Ernährung voraussichtlich länger erforderlich (> 28 Tage), soll, bei nicht-palliativernichtpalliativer Intention, nach 14–28 Tagen die Anlage einer PEG-Sonde angeboten werden (Ib/A).

 Neurodegenerative

Bei Erkrankungen

neurodegenerativer Erkrankung

Leitlinie: Neurogene Dysphagien31

Diagnose

  • Neurogene Dysphagien lassen sich meist durch Eigen-, Fremd- und Familienanamnese sowie spezielle neurologische Untersuchungsbefunde diagnostizieren.
    • Bei ätiologisch unklarer Dysphagie sollte in differenzialdiagnostischer Hinsicht hypothesengesteuert vorgegangen werden.
  • Bei Unklarheit bezüglich des Vorliegens einer Dysphagie bzw. von Aspirationen soll zunächst ein standardisiertes Screeningverfahren, danach eine ausführliche klinische Schluckuntersuchung erfolgen.
  • Unter den apparativen Diagnoseverfahren ergänzen sich Videofluoroskopie und Endoskopie des Schluckens in ihrer Aussagekraft.

Pharmakotherapie

  • VorBei Einleitung einer Pharmakotherapie bei Patient*innen mit neurogener Dysphagie sollte das Störungsmuster so präzise wie möglich bestimmt werden.
  • Pharmakologische Therapien einer neurogenen Dysphagie können als Ergänzung einer logopädischen/ sprachtherapeutischen Schlucktherapie insbesondere bei Patient*innen mit dem Leitsymptom eines verzögerten Schluckreflexes in Betracht gezogen werden.
  • Aufgrund der begrenzten Evidenz für pharmakologische Therapieansätze sollten diese Therapien auf Einzelfallbasis erwogenMuskelerkrankungen und einer Risiko-Nutzen-Analyse unterzogen werden.

Mundhygiene

  • Bei Patient*innen mit neurogener Dysphagie sollte zur Reduktion des Pneumonierisikos eine gute Mundgesundheit etabliert und ggf. eine konsequente Mundhygiene durchgeführt werden.

Diätetische Interventionen

  • Texturmodifzierte Kost, angedickte Flüssigkeiten und/oder systematische Veränderungen der Bolusgröße sollten nur nach entsprechenden Befunden einer individuellen Schluckuntersuchung verordnet werden.
  • Das Andicken von Flüssigkeiten kann bei Patient*innen mit neurogener Dysphagie eingesetzt werden, die Aspirationen bei Flüssigkeiten zeigen.
  • Um die Patientencompliance zu verbessern, sollten unterschiedliche Andickungsmittel angeboten und getestet werden.
  • Texturmodifzierte Kost kann bei Patient*innen mit chronischer Dysphagie eingesetzt werden, um den Ernährungszustand zu verbessern.
  • Trotz des Einsatzes von texturmodifzierter Kost und angedickter Flüssigkeit weisen Patient*innen mit neurogener Dysphagie ein erhöhtes Risiko für Malnutrition, Dehydratation und Aspirationspneumonien auf und sollten daher im Hinblick auf diese Komplikationen überwacht werden.

Logopädische/sprachtherapeutische Dysphagietherapie

  • Vor Einleitung einer Dysphagietherapie sollten die Ätiologie und das Störungsmuster der Dysphagie ermittelt werden.
  • Eine systematische, regelmäßige und individualisierte logopädische/sprachtherapeutische Schlucktherapie sollte bei Patient*innen mit neurogener Dysphagie, insbesondere bei Personen mit Dysphagie nach Schlaganfall, frühzeitig eingesetzt werden.

Therapie der Hypersalivation

  • Bei Patient*innen mit neurogener Dysphagie und beeinträchtigender Hypersalivation kann eine Injektionsbehandlung mit Botulinumtoxin oder eine Therapie mit Anticholinergika erfolgen.
  • Gelingt unter einer medikamentösen Therapie keine ausreichende Symptomkontrolle oder verhindern Nebenwirkungen eine Fortführung dieser Behandlung, kann eine Radiotherapie der Speicheldrüsen erwogen werden.

Chronische Öffnungsstfunktionsstörungen des oberen Ösophagussphikters (OÖS)

  • Zur Behandlung von chronischen Öffnungsstörungen des OÖS kommen in Betracht:
    • krikopharyngeale Myotomie, offen oder endoskopisch
    • Dilatation mittels Ballon oder Bougie
    • Botulinumtoxin-Injektion, transkutan oder endoskopisch
  • Die Indikation soll nur in einem interdisziplinären Spezialistenteam gestellt werden.
  • Kriterien für eine interventionelle oder chirurgische Behandlung
    • Das Störungsmuster wurde mittels Videofluoroskopie und hochauflösender Manometrie (HRM = High Resolution Manometry) präzise beschrieben.
    • Eine ätiologische Einordnung der dem Störungsbild zugrunde liegenden Dysphagie ist erfolgt.
    • Ausreichend langer (ca. 1 Jahr) und dennoch nicht ausreichend erfolgreicher konservativer Therapieversuch. 
    • Ein therapierefraktärer Reflux wurde ausgeschlossen.
    • Eine suffiziente hyolaryngeale Elevation ist vorhanden.

Therapierefraktäre Glottisschlussinsuffizienz

  • Ggf. minimalinvasive operative Verfahren zur Medialisierung der Stimmlippen, die den Glottisschluss verbessern und so einen effektiveren Hustenstoß ermöglichen sowie das Aspirationsrisiko reduzieren.

Muskelerkrankungen

Kopf-Hals-Tumoren

  • Sind häufig durch Schmerzen, Schluckbeschwerden und Ohrenschmerzen gekennzeichnet.

Maligne Tumoren

Benigne Tumoren des Ösophagus

  • Leiomyome
  • Lipome
  • Polypen

Ösophagusdivertikel

  • Siehe Artikel Ösophagusdivertikel.
  • Divertikel sind Ausbuchtungen der Schleimhaut, die durch die muskuläre Schicht des Ösophagus dringen.
  • Am häufigsten bei Patient*innen mittleren und höheren Alters (Zenker-Divertikel)
  • Die Symptome entwickeln sich schleichend in Form von Dysphagie und Husten während der Mahlzeiten und Beschwerden im Rachenraum.
  • Die Diagnose lässt sich am einfachsten durch einen Röntgenbreischluck des Ösophagus stellen.

Lokale Entzündung

Ösophagitis

  • Eosinophile Ösophagitis
    • Betrifft vor allem jüngere Patient*innen.
    • gekennzeichnet durch chronische Dysphagie seit Kindes- oder Jugendalter
    • Typische Symptome sind neben der Dysphagie das Gefühl, dass die Nahrung stecken bleibt, sowie Brennen im Brustbereich.
    • Die Diagnose basiert auf den endoskopischen und histologischen Befunden. Es sind Biopsien entlang des gesamten Ösophagus erforderlich.
  • Ösophageale Candida-Infektion

Pharyngitis

Orale Mukositis

Seltenere Erkrankungen

Verletzungen

  • Nach Kopfverletzungen11
  • Nach Einnahmedem Schlucken ätzender Substanzen
  • Durch Medikamente, z. B. Doxycyclin, Chinidin, NSAR, Eisenpräparate, Alendronsäure
    • Symptome
      • Gefühl, als ob Tablette im Hals stecken würde.
      • Thoraxschmerz
      • Schmerzen beim Schlucken (Odynophagie)
      • Das Schlucken fester Nahrung ist zunehmend gestört.

Psychische Störungen

Presbyphagie

  • Zunehmende Schluckbeschwerden infolge normaler Alterungsprozesse
  • Kommt bei einer relativ großen Zahlvielen pflegebedürftigerrftigen ältererlteren Patient*innenMenschen vor.13

SelteneStimmbandlähmung

  • Beispielsweise Rekurrensparese nach Struma-OP oder OP an HWS, Lunge oder Schädelbasis
  • Heiserkeit, Aspirationsneigung, geschwächte Hustfunktion

Seltenere Ursachen

Anamnese

Lokalisierung?

  • Können die Patient*innen die Stelle beschreiben, an der das Hindernis sitzt?
  • Häufig können die Patient*innen gut lokalisieren, wo die Beschwerden auftreten.

Verlauf

  • Verlauf über die Zeit? Progredienz?
  • Was verursacht die Beschwerden? Feste Speisen? Alle Speisen? Flüssigkeiten?
  • Gewichtsverlauf?

Häufige Symptome

  • Schluckbeschwerden
  • Sodbrennen: Kann auf Reflux hinweisen.
  • Husten und Räuspern vor, während und nach dem Schluckvorgang kann auf einen neurologischen Defekt mit Aspiration hinweisen.
  • Globusgefühl
    • Mechanisches Hindernis, z. B. Fremdkörper, unvollständig geschluckte Nahrung oder Raumforderung?
    • Kann auch auf einer psychosomatischen Erkrankung beruhen.
  • Aufstoßen von unverdautem Essen kann auf Divertikel hinweisen.
  • Gefühl eines kompletten Verschlusses: Verdacht auf eine Krebserkrankung oder Achalasie
  • Gewichtsabnahme: Verdacht auf eine Krebserkrankung

Weniger deutliche Symptome

  • Das Essverhalten ist möglicherweise verändert.
  • Patient*innen essen z. B. langsamer und vermeiden gesellschaftliche Zusammenkünfte.
  • Sie müssen sich häufig räuspern und den Hals befreien.
  • Mahlzeiten werden vermieden.
  • Mahlzeiten werden in die Länge gezogen.
  • Es treten rezidivierende Infektionen der unteren Atemwege auf.
  • Das Atemmuster nach dem Schlucken ist verändert.
  • Es treten atypische Brustschmerzen auf.

Risikofaktoren

Klinische Untersuchung

Allgemeines

  • Allgemein- und Ernährungszustand?
  • Kognitive Funktionen?
  • Anzeichen für andere Erkrankungen?

Spezielle Aspekte

  • Stomatitis oder Glossitis? Mundwinkelrhaghaden?
  • Orale oder oropharyngeale Ulzeration oder Schwellung?
    • Verdacht auf lokale Krebserkrankung
  • Schwellungen und Knoten am Hals?
  • Unerklärliche Fieberspitzen, „feuchte“ und heisere Stimme? Kann auf Aspiration hindeuten.
  • Die Patient*innen sollen unter Beobachtung essen und trinken.
  • Stimmbandlähmung?
    • Als Folge einer zervikalen oder thorakalen Neoplasie?
  • Zungenfaszikulationen?

Ergänzende Untersuchungen

In der Hausarztpraxis

Bei Spezialist*innen

Aspirationsscreening3

  • Wasser-Schluck-Tests
    • z. B. folgender Aspirationstest (nach Prof. Dr. Dziewas)
      • Teil 1: Für den 50 ml Wassertest werden die Patient*innen in eine sitzende Position gebracht. Anschließend erhalten sie zunächst 1 ml (1/3 Teelöffel), dann 3 ml (1 Teelöffel) und in Folge die restliche Flüssigkeit in 5-ml-Portionen. Während des Tests und bis zu 5 Minuten später sollen die Patient*innen auf Aspirationshinweise beobachtet werden. Hierzu zählen Husten, Atemnot oder Veränderung der Stimmqualität nach dem Schlucken. Der Test ist bei Auftreten dieser Anzeichen abzubrechen.
      • Teil 2: Zur Überprüfung der pharyngealen Sensibilität wird die Rachenhinterwand der Patient*innen mit einem Wattestäbchen einmal links und einmal rechts sanft berührt. Die Patient*innen sollen beurteilen, ob sie die Berührung gespürt haben, und ob ein Seitenunterschied wahrnehmbar ist. Als Aspirationsgefährdung wird die gestörte pharyngeale Sensibilität gewertet.
      • Interpretation: Das Aspirationsrisiko ist als hoch einzuschätzen, wenn einer der beiden Untertests oder beide pathologisch sind.
  • Mehr-Konsistenzen-Tests
    • Evaluierung von verschiedenen Nahrungsmittel-Konsistenzen

Dysphagie-Assessment

  • Klinische Schluckuntersuchung1
    • Untersuchung zur Beurteilung, ob eine funktionelle oder eine strukturelle Ursache vorliegt.
    • Kann von Logopäd*innen durchgeführt werden.
  • Flexible endoskopische Evaluation des Schluckakts (FEES)
  • Videofluoroskopische Evaluation des Schluckakts (VFSS)

Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD)/Endoskopie54

  • Ermöglicht eine gleichzeitige Biopsie.147
  • Gleichzeitig können Hypopharynx und Larynx inspiziert werden.

Ösophagus-Manometrie

  • Ist die empfohlene Untersuchung bei Verdacht auf ösophageale Motilitätsstörungen.15-16
  • Ermöglicht die Unterscheidung zwischen verschiedenen Typen von Motilitätsstörungen.17-18
  • Hat die Ösophagus-Breischluck-Untersuchung weitgehend ersetzt.
  • Näheres siehe auch Artikel Ösophagusspasmus.

24-Stunden-pH-Metrie

Maßnahmen und Empfehlungen

Indikationen zur Überweisung

  • Die Überweisung zu verschiedenen Fachrichtungen kann sinnvoll sein:
    • Gastroenterologie/Ernährungsmedizin
    • HNO
    • Neurologie
    • Logopädie.

Indikationen zur Klinikeinweisung

  • Bei schwerer Dysphagie, die zu Ernährungsproblemen führt oder mit hohem Aspirationsrisiko einhergeht.

Empfehlungen/Therapie

  • Therapie je nach Grunderkrankung
  • Die Prognose und Therapiemöglichkeiten der zugrunde liegenden Erkrankung sind entscheidend für die weitere Behandlung.
  • Bei einem Teil der Patient*innen kann eine entsprechende Anpassung der Nahrungsaufnahme bzw. der Ernährungsform hilfreich sein.
    • angedickte Nahrung
    • kleine Mengen
  • Logopädische und rehabilitative Behandlung, z. B.:3
    • Shaker-Übung
      • aus der liegenden Position heraus als isometrischer Übungsteil 3 Kopfhebungen für jeweils 60 ssec
      • danach 60 ssec Pause
      • anschließend 30 isokinetische, rasche Kopfhebungen
    • Exspiratory Muscle Strength Training (EMST)
      • Die übende Person atmet durch ein PEEP-Ventil gegen einen erhöhten Widerstand aus.
  • Bei neurogener Dysphagie evtl. zusätzlich:31
    • apparative Stimulationsverfahren wie:
      • pharyngeale elektrische Stimulation (PES)
      • neuromuskuläre elektrische Stimulation (NMES)
      • transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS)
      • repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS).
    • medikamentMedikamentöse Behandlung erwägen. Dazu kommen vor allem TRPV1-Agonisten infrage. Sie stimulieren sensible Äste des N. laryngeus recurrens und des N. glossopharyngeus im Pharynx und im Larynx.
      • Capsaicinoide
      • Piperine (aus schwarzem Pfeffer).
    • Zur Therapie einer Dysphagie bei Schlaganfall und neurodegenerativen Erkrankungen siehe auch die Leitlinienempfehlungen oben.2-3

Leitlinie: Neurogene Dysphagien1

Pharmakotherapie

  • Vor Einleitung einer Pharmakotherapie bei Patient*innen mit neurogener Dysphagie sollte das Störungsmuster so präzise wie möglich bestimmt werden.
  • Pharmakologische Therapien einer neurogenen Dysphagie können als Ergänzung einer logopädischen/ sprachtherapeutischen Schlucktherapie insbesondere bei Patient*innen mit dem Leitsymptom eines verzögerten Schluckreflexes in Betracht gezogen werden.
  • Aufgrund der begrenzten Evidenz für pharmakologische Therapieansätze sollten diese Therapien auf Einzelfallbasis erwogen und einer Risiko-Nutzen-Analyse unterzogen werden.

Mundhygiene

  • Bei Patient*innen mit neurogener Dysphagie sollte zur Reduktion des Pneumonierisikos eine gute Mundgesundheit etabliert und ggf. eine konsequente Mundhygiene durchgeführt werden.

Diätetische Interventionen

  • Texturmodifzierte Kost, angedickte Flüssigkeiten und/oder systematische Veränderungen der Bolusgröße sollten nur nach entsprechenden Befunden einer individuellen Schluckuntersuchung verordnet werden.
  • Das Andicken von Flüssigkeiten kann bei Patient*innen mit neurogener Dysphagie eingesetzt werden, die Aspirationen bei Flüssigkeiten zeigen.
  • Um die Patientencompliance zu verbessern, sollten unterschiedliche Andickungsmittel angeboten und getestet werden.
  • Texturmodifzierte Kost kann bei Patient*innen mit chronischer Dysphagie eingesetzt werden, um den Ernährungszustand zu verbessern.
  • Trotz des Einsatzes von texturmodifzierter Kost und angedickter Flüssigkeit weisen Patient*innen mit neurogener Dysphagie ein erhöhtes Risiko für Malnutrition, Dehydratation und Aspirationspneumonien auf und sollten daher im Hinblick auf diese Komplikationen überwacht werden.

Logopädische/sprachtherapeutische Dysphagietherapie

  • Vor Einleitung einer Dysphagietherapie sollten die Ätiologie und das Störungsmuster der Dysphagie ermittelt werden.
  • Eine systematische, regelmäßige und individualisierte logopädische/sprachtherapeutische Schlucktherapie sollte bei Patient*innen mit neurogener Dysphagie, insbesondere bei Personen mit Dysphagie nach Schlaganfall, frühzeitig eingesetzt werden.

Therapie der Hypersalivation

  • Bei Patient*innen mit neurogener Dysphagie und beeinträchtigender Hypersalivation kann eine Injektionsbehandlung mit Botulinumtoxin oder eine Therapie mit Anticholinergika erfolgen.
  • Gelingt unter einer medikamentösen Therapie keine ausreichende Symptomkontrolle oder verhindern Nebenwirkungen eine Fortführung dieser Behandlung, kann eine Radiotherapie der Speicheldrüsen erwogen werden.

Chronische Öffnungsstörungen des oberen Ösophagussphikters (OÖS)

  • Zur Behandlung von chronischen Öffnungsstörungen des OÖS kommen in Betracht:
    • krikopharyngeale Myotomie, offen oder endoskopisch
    • Dilatation mittels Ballon oder Bougie
    • Botulinumtoxin-Injektion, transkutan oder endoskopisch
  • Die Indikation soll nur in einem interdisziplinären Spezialistenteam gestellt werden.

Therapierefraktäre Glottisschlussinsuffizienz

  • Ggf. minimalinvasive operative Verfahren zur Medialisierung der Stimmlippen, die den Glottisschluss verbessern und so einen effektiveren Hustenstoß ermöglichen sowie das Aspirationsrisiko reduzieren.

Quellen

LeitlinieLeitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Neurogene Dysphagie. AWMF-Leitlinie Nr. 030-111. S1, Stand 2020. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Schlaganfall. AWMF-Leitlinie Nr. 053-011. S3, Stand 2020. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Ösophagoskopie. AWMF-Leitlinie Nr. 017-060. S1, Stand 2015 (abgelaufen)2021. www.awmf.org

Literatur

  1. Leslie P, Carding PN, Wilson JA. Investigation and management of chronic dysphagia. BMJ 2003; 326: 433-6. PubMed
  2. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Schlaganfall. AWMF-Leitlinie Nr. 053-011, S3, Stand 2020. www.awmf.org
  3. Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Neurogene Dysphagie. AWMF-Leitlinie Nr. 030-111. S1, Stand 2020. www.awmf.org
  4. World Gastroenterology Organisation Global Guidelines. Dysphagia. Global Guidelines and Cascades. 2014. Milwaukee, WGO www.worldgastroenterology.org
  5. Charous SJ. Assessment of dysphagia. BMJ Best Practice. Last reviewed: 14 Aug 2022; last updated: 15 Oct 2021. bestpractice.bmj.com
  6. Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Ösophagoskopie. AWMF-Leitlinie Nr. 017-060. S1, Stand 2015 (abgelaufen)2021. www.awmf.org
  7. LundyDeutsche DSGesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Schlaganfall. AWMF-Leitlinie Nr. 053-011, Smith CS3, ColangeloStand L, Sullivan PA, Logemann JA, Lazarus CL, et al. Aspiration: causes and implications. Otolaryngol Head Neck Surg 1999; 120: 474-4782020. PubMed
  8. Smith CH, Logemann JA, Colangelo LA, Rademaker AW, Pauloski BRwww. Incidence and patient characteristics associated with silent aspiration in the acute care settingawmf. Dysphagia 1999; 14: 1-7. PubMedorg
  9. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 20202022. Stand 2017.09.20192021; letzter Zugriff 1514.1008.2020.2022 www.dimdi.de
  10. Perry L, Love CP. Screening for dysphagia in acute stroke. Dysphagia 2001; 16: 7-18. PubMed
  11. Calcagno P, Ruoppolo G, Grasso M, De Vincentiis M, Paolucci S. Dysphagia in multiple sclerosisprevalence and prognostic factors. Acta Neurol Scand 2002; 105: 40-43. PubMed
  12. Schurr M, Ebner K, Maser A, Sperling K, Helgerson R, Harms B. Formal swallowing evaluation and therapy after traumatic brain injury improves dysphagia outcomes. J Trauma 1999; 46: 817-823. PubMed
  13. McManus M. Dysphagia in psychiatric patients. J Psychosoc Nurs Ment Health Serv 2001; 39: 24-30. PubMed
  14. Lee A, Sitoh Y, Lieu P, Phua S, Chin J. Swallowing impairment and feeding dependency in the hospitalised elderly. Ann Acad Med Singapore 1999; 28: 371-376. PubMed
  15. ASGE Standards of Practice Committee; Pasha SF, Acosta RD, Chandrasekhara V, et al. The role of endoscopy in the evaluation and management of dysphagia. Gastrointest Endosc. 2014; 79: 191-201. PubMed
  16. Smout A. Manometry of the gastrointestinal tract: toy or tool? Scand J Gastroenterol 2001; 234 (suppl): 22-28. www.ncbi.nlm.nih.gov
  17. Pandolfino JE, Kahrilas PJ. American Gastroenterological Association medical position statement: clinical use of esophageal manometry. Gastroenterology. 2005;128:207-208. PubMed
  18. Kahrilas P. Esophageal motility disorders: current concepts of pathogenesis and treatment. Can J Gastroenterol 2000; 14: 221-231. PubMed
  19. Richter J. Oespohageal motility disorders. Lancet 2002; 359: 169-170. PubMed

Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Caroline Beier, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg 
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
R13
Schluckbeschwerden; Störungen des Schluckmechanismus; Schluckstörung; Schmerzen beim Schlucken; Schluckuntersuchung; Schluckstörungen; Schluckprobleme; Achalasie; Zenker Divertikel; Reflux; Ösophagitis; Ösophagus; Larynx; Struma; Striktur; Dysphagie; Insult; TIA; Karzinom; Ösophaguskarzinom; Barium Breischluck; ÖGD; Gastroskopie; Neurodegenerative Erkrankungen; Odynophagie; Schatzki-Ring; Web-Stenose
Chronische Dysphagie
CCC MK 20.04.2020 DEGAM-LL Schlaganfall eingefügt. U-NH 11.10.17
BBB MK 20.09.2022 revidiert, neue LL, gestrafft. BBB MK 20.10.2020 auf der Basis der neuen LL noch einmal revidiert. BBB MK 15.04.2020 grundlegend überarbeitet, LL berücksichtigt. Revision at 17.12.2015 13:01:45: German Version
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Sofern nicht anders gekennzeichnet, basiert dieser Artikel auf folgenden Referenzen.1-3 Chronische Schluckbeschwerden verschiedener Ätiologie Störungen des Schluckmechanismus können von allen beteiligten Strukturen von den Lippen bis zum unteren Ösophagussphinkter ausgehen.1
Magen-Darm-Trakt
Dysphagie, chronische
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dysphagie-chronische
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Dysphagie, chronische
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