Gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD)

Zusammenfassung

  • Definition:Eine gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD = Gastro Esophageal Reflux Disease) besteht, wenn der Reflux von Mageninhalt störende Symptome und/oder Komplikationen verursacht.
  • Häufigkeit:Ca. 10–25 % der erwachsenen Bevölkerung betroffen.
  • Symptome:Typische Symptome sind Sodbrennen, saures Aufstoßen und Regurgitation.
  • Diagnostik:Klinische Verdachtsdiagnose, Diagnosesicherung durch Endoskopie, evtl. ergänzt durch 24-Stunden-Impedanz-pH-Metrie und Manometrie.
  • Therapie:Lebensstilanpassungen, medikamentöse Therapie vor allem mit Protonenpumpeninhibitoren, evtl. Alginaten. Dauer und Intensität der medikamentösen Therapie abhängig von der genauen Manifestation der Erkrankung. Selten operative Therapie indiziert (laparoskopische Fundoplikatio).

Prüfungsrelevant für die Facharztprüfung Allgemeinmedizin1

Allgemeine Informationen

Definition

  • Eine gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD = Gastro Esophageal Reflux Disease) besteht, wenn der Reflux von Mageninhalt störende Symptome und/oder Komplikationen verursacht.2

Häufigkeit

  • GERD ist
  • Gesamtprävalenz
    • Die Prävalenz in Europa liegt bei 8,8–25,9 % der Bevölkerung.5
    • In Deutschland leidet ca. jeder 5. Erwachsene an relevanten Refluxbeschwerden.6
  • Entwicklung der Prävalenz
    • Zunahme in den letzten Dekaden6
  • Geschlecht
  • Alter

Problemstellung für hausärztliche Praxis

  • GERD ist im Gegensatz zum häufig anzutreffenden Verständnis eine komplexe Erkrankung ohne diagnostischen Goldstandard und mit ungeklärten therapeutischen Problemen.8
  • Vermieden werden sollte daher eine Trivialisierung mit z. B. folgenden Stichpunkten:8
    • GERD = Sodbrennen
    • Endoskopie nur selten notwendig
    • Therapie: PPI für alle und dauerhaft.

Ätiologie und Pathogenese

  • GERD ist eine komplexe Störung mit heterogenen Symptomen und einer vielgestaltigen pathogenetischen Basis.9
  • Grundlage des konventionellen pathophysiologischen Konzepts sind transiente Relaxationen des unteren Ösophagussphinkters mit Zurückfließen von Mageninhalt in den distalen Ösophagus und dadurch verursachten Symptomen und/oder mukosalen Läsionen.3
    • Anatomische Veränderungen (z. B. axiale Hiatushernie) können begünstigend wirken, sind aber nicht notwendig.10
  • Durch das Refluat kommt es zu:10
    • einer Erweiterung von Intrazellularspalten und Eindringen in das Epithel
    • einer Erregung von Nervenendigungen mit Symptomauslösung
      • Das Ausmaß ist auch bestimmt von individueller lokaler Reizschwelle und zentralnervösen Mechanismen.
    • evtl. Schädigung des Epithels mit Erosionen und Ulzerationen
      • bei einigen Patient*innen Entwicklung eines Barrett-Ösophagus (Zylinderzellmetaplasie als Präkanzerose).
  • Inzwischen wird GERD als Überbegriff für eine Gruppe verschiedener Phänotypen mit komplexer pathophysiologischer Matrix verstanden.11
  • Für die Ausprägung von Symptomen gibt es zahlreiche Determinanten, u. a.:12
    • Anzahl der Refluxepisoden
    • proximale Ausdehnung des Refluxes
    • Säuregehalt des Refluats
    • ösophageale Hypersensitivität
    • kognitive Hypervigilanz.
  • Damit verbunden ist eine ausgesprochen variable klinische Präsentation.13
    • kein enger Zusammenhang zwischen Symptomen und Läsionen
    • Symptome und Läsionen können für sich alleine oder in Kombination vorkommen.
  • Bedeutung einer H.-pylori-Infektion14

Phänotypische Manifestationen2

  • Nichterosive Refluxkrankheit (NERD)
    • Refluxbeschwerden mit Beeinträchtigung der Lebensqualität, aber ohne endoskopisch nachweisbare Läsionen
    • Die Hälfte der NERD-Patient*innen wiederum weist keinen pathologischen Reflux auf und kann weiter in 2 Subgruppen unterteilt werden:10
      1. hypersensitiver Ösophagus: Assoziation der Symptome zu physiologischen Refluxereignissen
      2. funktionelles Sodbrennen: Sodbrennen ohne jeglichen Bezug zu Reflux.
  • Erosive Refluxösophagitis verschiedener Schweregrade (ERD)
    • endoskopisch nachweisbare Läsionen (Erosionen, Striktur)
  • Komplikationen der GERD 

Klassifikation (Montreal)

  • Mögliche Einteilung auf Basis der Montreal-Definition-Klassifikation:4,15

Ösophageale Syndrome

Symptomatische Syndrome
  • Typisches Refluxsyndrom
    • Sodbrennen
    • saures Aufstoßen
    • Regurgitation
  • Reflux-Thorax-Schmerzsyndrom
Syndrome mit Ösophagusläsionen

Extraösophageale Syndrome

Etablierte Assoziationen
  • Refluxhusten
  • Refluxlaryngitis
  • Refluxasthma
  • Dentale Erosionen
Mögliche Assoziationen

Prädisponierende Faktoren

  • Genetische Faktoren (positive Familienanamnese)16
  • Übergewicht, Adipositas17
  • Ernährungsgewohnheiten (großvolumige Mahlzeiten, fetthaltig/faserarm, schnelle Nahrungsaufnahme)16
  • Nikotinabusus2
  • Alkohol2
  • Psychische Erkrankungen z. B. Angststörungen, Depression2
  • Schwangerschaft18
  • Hiatushernie4
  • Medikamente, u. a.:16
    • Substanzen mit relaxierendem Effekt auf den unteren Ösphagussphinkter (Kalziumantagonisten, Anticholinergika, Theophyllin, Nitrate)
    • Substanzen, die eine Gastroparese verursachen (Opiate, Steroide).
  • Helicobacter pylori stellt keinen Risikofaktor für die gastroösophageale Refluxkrankheit dar.7

ICPC-2

  • D84 Speiseröhrenerkrankung

ICD-10

  • K21 Gastroösophageale Refluxkrankheit
    • K21.0 Gastroösophageale Refluxkrankheit mit Ösophagitis
    • K21.9 Gastroösophageale Refluxkrankheit ohne Ösophagitis

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Es gibt keinen diagnostischen Goldstandard.13
  • Eine Diagnosesicherung erfordert gemäß Definition den Nachweis, dass Symptome bzw. Läsionen durch Reflux von Mageninhalt bedingt sind.
  • Bei pragmatischem Ansatz muss nicht immer eine Diagnosesicherung angestrebt werden, unterschieden werden sollte daher zwischen:13
    • gesicherter GERD (erfordert apparative Diagnostik)
    • Refluxbeschwerden (klinische Einschätzung, aber diagnostisch nur mäßig zuverlässig).

Diagnosesicherung einer GERD gemäß Lyon-Klassifikation9,11-12

Gesicherte GERD
  • Endoskopie
    • schwere Refluxösophagitis (Los-Angeles-Grad C oder D)
    • peptische Striktur
    • histologisch gesicherte Barrett-Metaplasie > 1 cm
  • 24-Stunden-Impedanz-ph-Metrie
    • Säureexposition > 6 %
Grenzwertige GERD
  • Endoskopie
    • leichte Refluxösophagitis (Los-Angeles-Grad A oder B)
  • 24-Stunden-Impedanz-ph-Metrie 
    • Säureexposition 46 %
    • Refluxepisoden: 40–80
Ausschluss GERD
  • Endoskopie
    • unauffällig
  • 24-Stunden-Impedanz-ph-Metrie
    • Säureexposition < 4 %
    • Refluxepisoden: < 40

Klinische Verdachtsdiagnose einer GERD (Refluxbeschwerden) 

  • Verdachtsdiagnose auf Basis vorliegender Symptome 
  • Zu beachten ist dabei: Typische Refluxsymptome (Sodbrennen, saures Aufstoßen, Regurgitation) kommen zwar häufig vor, sind aber weder hoch sensitiv noch hoch spezifisch.4
  • Eine GERD wird als wahrscheinlich angesehen, wenn2
    • typische Refluxsymptome mindestens 1–2 x/Woche auftreten und
    • mit einer Beeinträchtigung der Lebensqualität einhergehen.
  • Bei Sodbrennen als führendem klinischem Symptom ist die Wahrscheinlichkeit für GERD relativ hoch.2
  • Ansprechen auf PPI ist kein zuverlässiges Diagnosekriterium.4
    • Bei unklaren Symptomen sollte keine PPI-Probetherapie mit diagnostischer Zielsetzung erfolgen, sondern eine weitere Abklärung.2
    • Unabhängig davon ist eine empirische PPI-Therapie bei typischen Refluxbeschwerden im alltäglichen Management sinnvoll.4

Differenzialdiagnosen

Anamnese

Symptomatik

  • Typische Symptome
    • Sodbrennen
    • saures Aufstoßen
    • Regurgitation
  • Weitere mögliche refluxassoziierte Symtome2
    • epigastrische Schmerzen
    • thorakale (auch retrosternale) Schmerzen
    • Brennen im Rachen
    • Reizhusten
    • morgendliches Räuspern
    • belegte Stimme
    • Heiserkeit
    • Asthmaanfälle
  • Alarmsymptome
  • Sonstige funktionelle gastrointestinale Beschwerden2
  • Prädisponierende Faktoren
  • Medikamente (können durch Relaxation des Ösophagussphinkters GERD verursachen oder Symptome einer bestehenden GERD verstärken).2
    • Kalziumantagonisten
    • Nitropräparate
    • Theophylline
    • Anticholinergika
    • Beta-Agonisten
    • Benzodiazepine und andere Schlafmittel
    • Östrogenpräparate zur postmenopausalen Hormontherapie

Klinische Untersuchung

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Labor

  • Blutbild (Anämie)
  • Test auf Blut im Stuhl
  • Helicobacter-pylori-Diagnostik14
    • Eine gastroösophageale Refluxerkrankung stellt per se keine Indikation für eine H.-pylori-Testung dar.
    • Bei Patient*innen mit geplanter oder laufender PPI-Dauertherapie empfehlen die gastroenterologischen Leitlinien neuerdings eine Testung auf H. pylori.
    • Hintergrund ist, dass eine Dauertherapie mit PPI bei H.-pylori-positiven Patient*innen mit einem erhöhten Risiko für eine atrophische Gastritis assoziiert ist. Ob dies auch für die weitere Progression zum Magenkarzinom gilt, ist umstritten, sodass die Umsetzung dieser Empfehlung aktuell nicht zwingend erscheint. (Anmerkung der Redaktion)

Diagnostik bei Gastroenterolog*innen

Endoskopie (ÖGD = Ösophago-Gastro-Duodenoskopie)

  • Standardverfahren zum Nachweis von Refluxösophagitis, Barrett-Ösophagus, Strikturen10
  • Diagnose einer erosiven Refluxösophagitis bei typischen makroskopischen Befunden: fleckige, streifige oder konfluierende Erosionen im distalen Ösophagus20
    • weitere Diagnostik aufgrund der hohen Spezifität dieser Läsionen nicht notwendig
  • Zusammenfassende Einstufung einer Refluxösophagitis nach der Los-Angeles-Klassifikation4,21
    • Grad A und B: leichte Refluxösophagitis
    • Grad C und D: schwere Refluxösophagitis
  • Evtl. Nachweis einer Hiatushernie

Biopsie

24-Stunden-Impedanz-pH-Metrie

  • Standardverfahren zur quantitativen Erfassung eines Säurerefluxes10
    • PPI-Karenz von mindesten 7, besser 14 Tagen vor der Messung13
  • 24-Stunden-Messung über eine Sonde im Ösophagus von:
    • pH-Wert
    • Anzahl und Dauer der Refluxereignisse.
  • Wichtigster Parameter ist die Säureexpositionszeit (AET)/24 Stunden.13
  • Für die Funktionsdiagnostik definierte Cut-off-Werte:22
    • Nachweis eines pathologischen gastroösophagealen Refluxes
      • AET > 6 %
      • > 80 Refluxepisoden/24 h
    • Ausschluss eines pathologischen gastroösophagealen Refluxes
      • AET< 4 %
      • < 40 Refluxepisoden/24 h.
  • Erfassung des Zusammenhangs von Symptomen und Refluxepisoden

Manometrie

  • Nur bei bestimmten Fragestellungen erforderlich, z. B. Differenzialdiagnose bei PPI-refraktären Patient*innen oder Evaluation vor interventioneller Therapie4
  • Beurteilung des unteren Schließmuskels (Lage, Länge, Ruhedruck, schluckreflektorische Erschlaffung) und der Peristaltik im tubulären Ösophagus4
  • Nachweis bzw. Ausschluss einer Hiatushernie4

Indikationen zur Überweisung

Indikation zur ÖGD

  • Auf Wunsch der Patient*innen kann bereits primär, d. h. anstelle einer empirischen Therapie, eine weitere (z. B. endoskopische) Abklärung erfolgen.2
  • Eine ÖGD ist des Weiteren indiziert:
    • unverzüglich bei Vorliegen von Alarmsymptomen2
    • bei Risikofaktoren für einen Barrett-Ösophagus4
    • bei Patient*innen ohne Ansprechen auf eine adäquat durchgeführte PPI-Therapie13
    • bei hohem täglichem PPI-Bedarf bei empirischer Therapie13

Indikation zur Impedanz-ph-Metrie

  • Refluxsymptome und fehlendes Ansprechen auf empirische PPI-Therapie (z. B. zur Diagnostik des hypersensitiven Ösophagus bzw. funktionellen Sodbrennens)2
  • Klinischer Verdacht auf Refluxkrankheit ohne typische Symptome und/oder bei Verdacht auf extraösophageale Manifestationen2

Therapie

Therapieziele

  • Therapieziele bei GERD sind:4
    • zufriedenstellende Symptomkontrolle
    • Heilung von Läsionen in der Speiseröhre
      • Persistenz leichter Veränderungen (Los Angeles A/B) ist akzeptabel.13
    • Verhinderung von Komplikationen

Allgemeines zur Therapie

  • Bestandteil der Therapie können sein:
    • Allgemeinmaßnahmen
    • medikamentöse Therapie
    • operative Therapie
    • interventionelle Therapie.

Allgemeinmaßnahmen

  • Möglichkeiten und Grenzen von Allgemeinmaßnahmen sollten mit den Patient*innen besprochen werden.2
    • Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Patient*innen mit dem Ziel der Gewichtsnormalisierung2
    • Ernährung
      • Meidung individuell unverträglicher Nahrungsmittel und Getränke, Verzicht auf Spätmahlzeiten2
      • Ballaststoffe (Obst, Gemüse), Reduktion von Kaffee, Tee, Sprudel (wirken günstig)13
    • Schlaf
      • mit erhöhtem Oberkörper2
      • ausreichende Nachtruhe13
    • Rauchstopp, Alkoholreduktion (Wirkung nicht gesichert, aber allgemein sinnvoll)4
    • Vermeidung refluxfördernder Medikation13

Medikamentöse Therapie

Protonenpumpeninhibitoren (PPI)

  • Überlegene Wirkung von PPI im Vgl. zu Placebo, Antazida und H2-Antagonisten13
  • In der Vergangenheit wurden verschiedene Risiken durch PPI diskutiert, insgesamt sind PPI aber als Substanzen mit einem sehr guten Sicherheitsprofil einzustufen.4,23-24
  • Laut embryotox.de in der Schwangerschaft einsetzbar; größte Erfahrung mit Omeprazol, das deshalb zu bevorzugen ist.
Art der Einnahme
  • Einnahme ca. 30 min vor einer Mahlzeit13
  • Morgens bessere Wirksamkeit als abends13
  • Zweimal tägliche Gabe verbessert die Wirksamkeit (z. B. 2 × 20 mg wirksamer als 1 x 40 mg).13
Standarddosierung
  • Standarddosierungen verschiedener PPI (je nach Indikation werden auch halbe oder doppelte Standarddosen verabreicht):2
    • Esomeprazol 40 mg
    • Omeprazol 20 mg
    • Lansoprazol 30 mg
    • Pantoprazol 40 mg
    • Rabeprazol 20 mg.

Alginate

  • Ergänzend bei unzureichender Symptomkontrolle oder als Alternative bei leichter Symptomatik bzw. guter Symptomkontrolle13,25
  • Wirkungsweise von Alginaten8,26
    • Gelieren bei Kontakt mit Magensäure.
    • Dadurch Neutralisierung der sog. Acid Pocket, die sich nach Nahrungsaufnahme unter dem Mageneingang bildet, mechanischer Schutz der Speiseröhre nach oben.
    • zusätzlicher Schutz durch Filmbildung auf der Ösophagusmukosa
  • Klinisch günstige Eigenschaften von Alginaten sind:13
    • rascher Wirkungseintritt innerhalb von 5 min
    • bei milder bis moderater GERD vergleichbar wirksam wie 20 mg Omeprazol
    • Können bei Sodbrennen in der Schwangerschaft erfolgreich eingesetzt werden.

Weitere Substanzen

H2-Blocker
  • Wirksamer als Placebo und Antazida, aber weniger effektiv als PPI2
  • Die Wirkung nimmt bei regelmäßiger Einnahme sukzessive ab (Tachyphylaxie).13
Antazida
  • Häufig in der Selbstmedikation eingesetzt, aber keine eindeutige Evidenz für die Wirksamkeit13,27
  • Können ergänzend als Bedarfsmedikation bei Refluxbeschwerden oder NERD verabreicht werden.4
GABA-B-Agonisten
  • Baclofen hemmt die transienten Relaxationen des unteren Ösophagussphinkters.2
  • Option (off label) als ergänzende Therapie bei PPI-refraktären postprandialen Beschwerden, hypersensitivem Ösophagus28
  • Gravierende Nebenwirkungen, häufig sind Schwindel, Schwäche, Müdigkeit.2,28
Antidepressiva
  • Option bei funktionellem Sodbrennen, hypersensitivem Ösophagus4
  • Klinische Daten liegen nur für Citalopram und Fluoxetin vor.8
Prokinetika
  • Substanzen wie Metoclopramid spielen keine Rolle in der Behandlung von GERD.27

Therapieregime für verschiedene Indikationen

  • Die PPI-Therapie kann bei einigen Indikationen zeitlich befristet werden, bei anderen ist aber auch eine Dauertherapie erforderlich.13
  • Empfohlen werden für die Akut- und Langzeittherapie folgende Regime:4

Refluxbeschwerden (keine Endoskopie)

Akut
  • PPI ± Alginat/Antazida
  • Standarddosis des PPI, bei Bedarf Alginat/Antazida
    • Bei leichter Symptomatik können Alginate auch alternativ zu PPI angewandt werden.25
  • Dauer 4 Wochen
Langzeit
  • PPI oder Alginat/Antazida bei Bedarf für intermittierende Beschwerden < 3 Tage pro Woche
  • Standarddosis bei Bedarf
  • Endoskopie empfohlen, Reevaluation nach 6 Monaten

NERD (normaler Endoskopiebefund)

Akut
  • PPI ± Alginat/Antazida
  • Halbe Standarddosis des PPI, bei Bedarf Alginat/Antazida
  • Dauer 4 Wochen
Langzeit
  • PPI oder Alginat/Antazida bei Bedarf
  • Standarddosis bei Bedarf bzw. minimale effektive Dosis
  • Unbefristet

Leichte Refluxösophagitis (Los Angeles A und B)

Akut
  • PPI
  • Standarddosis
  • Dauer 4 Wochen
Langzeit
  • PPI
  • Standarddosis bei Bedarf bzw. minimale effektive Dosis
  • Kontinuierlich oder intermittierend bei Bedarf

Schwere Refluxösophagitis (Los Angeles B und C)

Akut- und Langzeittherapie
  • PPI
  • Standarddosis (evtl. doppelte Standarddosis 1–0–1)
  • Dauer 8 Wochen/auf Dauer

Refluxstriktur

Akut- und Langzeittherapie
  • PPI
  • Doppelte Standarddosis
  • Auf Dauer

Barrett-Ösophagus

Akut- und Langzeittherapie
  • PPI nur bei Refluxbeschwerden und/oder Ösophagitis

Reflux-Thoraxschmerz-Syndrom

Akut
  • PPI
  • Doppelte Standarddosis
  • Dauer 8 Wochen4
Langzeit
  • PPI
  • Dosistitrierung nach klinischem Bedarf
  • Dauer individuell

Verdacht auf extraösophageale Manifestation

Akut
  • PPI ± Alginat
  • Doppelte Standarddosis (1–0–1), bei Bedarf Alginat
  • 12 Wochen
Langzeit
  • PPI ± Alginat
  • Dosistitrierung nach klinischem Bedarf
  • Dauer individuell 

Medikation in der Schwangerschaft

  • GERD bei etwa 30–50 % der Schwangeren, eine Refluxösophagitis liegt bei schätzungsweise 1–2 % der Schwangeren vor.
  • Verordnet werden können (siehe auch embryotox.de):
    • bei leichteren Beschwerden Antazida (Sucralfat) oder der H2-Rezeptor-Antagonist Ranitidin29
    • Alginate8,13
    • Omeprazol aus der Gruppe der PPI29

Vorgehen bei PPI-refraktären Beschwerden

  • Bis zu 50 % der Patient*innen mit Refluxbeschwerden weisen auch nach längerer PPI-Einnahme keine ausreichende Symptomkontrolle auf.13
  • Das folgende diagnostische und therapeutische Vorgehen wird nach 8 Wochen PPI in Standarddosis empfohlen:13
  1. Nach Ausschluss von Alarmsymptomen und anderen Erkrankungen (z. B. Herz, Galle, Pankreas): PPI 2 x tgl., Wechsel auf anderen PPI, auf korrekte Einnahme 30−60 min vor Mahlzeit achten.
    • Dauer 4−8 Wochen, bei persistierenden Beschwerden
  2. PPI für 3–4 Wochen absetzen, dann
  3. ÖGD inkl. Biopsie mit möglichen Diagnosen schwere Refluxösophagitis (Los Angeles C/D), Barrett-Ösophagus, eosinophile Ösophagitis
    • falls keine schwere Ösophagitis, keine eosinophile Ösophagitis
  4. Ösophagusmanometrie
    • falls keine Motilitätsstörung
  5. 24-Stunden-Impedanz-pH-Metrie
    • bei pathologischem Säurereflux: Optimierung Säurehemmung, Kombinationstherapie (z. B. + Alginat), Antirefluxoperation
    • Bei normalem Säurereflux sind die Diagnose und die weitere Therapie davon abhängig, ob Symptome und Refluxepisoden korrelieren oder nicht.
      • Symptome wahrscheinlich refluxbedingt: Diagnose hypersensitiver Ösophagus, therapeutische Optionen: Lifestyle-Modifikation, Alginate, Baclofen (off label), Antidepressiva, Antirefluxintervention
      • Symptome wahrscheinlich nicht refluxbedingt: Diagnose funktionelles Sodbrennen, therapeutische Optionen: Antidepressiva, Verhaltenstherapie

Operative Verfahren

  • Operative (und endoskopische) Verfahren kommen nur für Patient*innen in Betracht, bei denen eine konservative Therapie nicht ausreichend wirkt, nicht vertragen oder nicht gewünscht wird.13

Fundoplikatio

  • Operatives Standardverfahren13,30
  • Die laparoskopische Fundoplikatio soll der offenen Variante vorgezogen werden.2
  • Die OP sollte in Zentren mit besonderer Expertise durchgeführt werden.13
  • Die Patient*innen sollten über Risiken der laparoskopischen Fundoplikatio aufgeklärt werden: Morbidität < 10 %, Komplikationsrate < 5 %, Letalität < 0,2 %.2

Magnetring

  • Implantation eines Magnetrings zur Stärkung des unteren Ösophagussphinkters8
  • Bislang keine Vergleichsdaten zur etablierten Standardoperation13

Neuromodulation

  • Elektrische Stimulation des unteren Ösophagussphinkters über laparaskopisch implantierte Elektroden (Batterie in der lateralen Bauchwand)8

 Endoskopische Verfahren

  • Option bei Patient*innen, die einen etablierten operativen Eingriff nicht wünschen und bei denen keine relevante Hernie vorliegt.4

Transorale Fundoplikatio

  • Einengung des gastroösophagealen Übergangs über einen endoluminalen Zugang4
  • Bislang keine nachgewiesenen Vorteile gegenüber der etablierten laparoskopischen Fundoplikatio8

Mukosaresektion

  • Anti-Reflux-Effekt durch ausgedehnte Mukosaresektion im Bereich der Cardia mit narbiger Schrumpfung8

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Komplikationen

Verlauf und Prognose

  • Meist chronischer Verlauf, Spontanheilungen kommen aber vor.6
  • Häufig gute Kontrolle unter empirischer Therapie, allerdings auch ein erheblicher Anteil der Patient*innen mit unzureichender Symptomkontrolle und daher Notwendigkeit weiterführender Diagnostik/Therapie13
  • Ca. 25 % der Patient*innen weisen eine Neigung zur Progression endoskopischer Befunde auf.6
  • Bei Barrett-Ösophagus besteht die Gefahr der Entwicklung eines Adenokarzinoms, das Risiko ist aber geringer als früher gedacht.6
  • Insgesamt ist die Lebenserwartung von GERD-Patient*innen nicht vermindert.6

Verlaufskontrolle

  • Endoskopische Verlaufskontrollen sind bei Barrett-Ösophagus sowie bei Patient*innen mit Komplikationen erforderlich.2,31
  • Bei Entwicklung von Alarmsymptomen wie Dysphagie oder Gewichtsverlust sollte eine schnelle Kontrollendoskopie erfolgen.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Plattenepithel-Ca des Ösophagus.jpg
Plattenepithel-Ca des Ösophagus (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Stenosierendes Adenokarzinom des Ösophagus.jpg
Stenosierendes Adenokarzinom des Ösophagus (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Short Barett.jpg
Short Barrett (Metaplasie bis zu 3 cm Länge) (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Refluxösophagitis III°.jpg
Refluxösophagitis III° (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Refluxösophagitis II°.jpg
Refluxösophagitis II° (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Gastroösophageale Refluxkrankheit. AWMF-Leitlinie Nr. 021-013. S2k, Stand 2014. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Diagnostik und Therapie der Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome des Ösophagus. AWMF-Leitlinie Nr. 021-023. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. AWMF-Leitlinie Nr. 021-001. S2k, Stand 2022. www.awmf.org

Literatur

  1. Lohnstein M, Eras J, Hammerbacher C. Der Prüfungsguide Allgemeinmedizin - Aktualisierte und erweiterte 3. Auflage. Augsburg: Wißner-Verlag, 2018.
  2. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Gastroösophageale Refluxkrankheit. AWMF-Leitlinie Nr. 021-013, Stand 2014. www.awmf.org
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  4. Labenz J, Borkenstein D, Müller M, et al. Gastroösophageale Refluxkrankheit – Update 2021. Internist 2020; 61: 1249–1263. doi:10.1007/s00108-020-00890-1 DOI
  5. El-Serag H, Sweet S, Winchester C, et al. Update on the epidemiology of gastro-oesophageal reflux disease: a systematic review. Gut 2014; 63: 871-880. doi:10.1136/gutjnl-2012-304269 DOI
  6. Labenz J, Labenz C. Prävalenz und natürlicher Verlauf der gastroösophagealen Refluxkrankheit. Gastroenterologe 2016; 11: 102-109. doi:10.1007/s11377-016-0045-0 DOI
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  11. Katzka D, Pandolfino J, Kahrilas P. Phenotypes of Gastroesophageal Reflux Disease: Where Rome, Lyon, and Montreal Meet. Clin Gastroenterol Hepatol 2020; 18: 767-776. doi:10.1016/j.cgh.2019.07.015 DOI
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Autor*innen

  • Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i.Br.
  • Anneke Damberg, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Berlin
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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