Die Sonografie (Ultraschalluntersuchung) gehört zu den am häufigsten eingesetzten bildgebenden Verfahren und ist bei der Untersuchung des Abdomens oft die apparative Diagnostik der ersten Wahl.2
Die Untersuchung ist breit verfügbar, vielseitig einsetzbar, kostengünstig, nichtinvasiv und risikoarm.
Nachteile der Untersuchung bestehen in der begrenzten Auflösung, dem Auftreten von Artefakten und der Untersucherabhängigkeit.
Die Sonografie des Abdomens kann zur Abklärung von Pathologien verschiedener Organe (z. B. Leber, Milz und Nieren) sowie zur Notfalldiagnostik nach schweren Unfällen eingesetzt werden.
Technische Grundlagen
Eingesetzt wird ein Schallkopf, der Ultraschallwellen aussendet. Diese werden an Grenzflächen von Geweben reflektiert und der Schallkopf registriert Amplitude und Verzögerung der reflektierten Wellen.
Verschiedene Schallköpfe mit unterschiedlicher Eindringtiefe und Auflösung stehen zur Verfügung.
Aus der Intensität der reflektierten Schallwellen wird eine Darstellung in Graustufen errechnet, die dem Bild der Sonografie im B-Mode entspricht.
Der A-Mode war die ursprüngliche Darstellungsweise der Sonografie und wird heute kaum verwendet.
Der M-Mode erlaubt eine genaue Darstellung der Bewegung von Strukturen im Zeitverlauf und wird oft eingesetzt.
Die Reflektions- und Streuungseigenschaften eines Gewebes werden als Echogenität bezeichnet.
Die Darstellung von Strukturen niedriger Echogenität (z. B. Flüssigkeit, Hämatome) ist dunkel.
Die Darstellung von Strukturen hoher Echogenität (z. B. Luft) ist hell.
Weitere ultraschallbasierte Anwendungen
Doppler-Verfahren: Erfassung und Darstellung von Strömungen durch Doppler-Effekt
Basiert auf unterschiedlicher Reflektion von Grenzflächen in Bewegung.
Continuous Wave Doppler (CW-Doppler)
Pulsed Wave Doppler (PW-Doppler)
Duplexsonografie: Kombination aus B-Mode und PW-Doppler
Farbkodierte Duplexsonografie: Farbige Darstellung der Strömungsrichtungen im Bild. Rot entspricht üblicherweise einer Strömung auf den Schallkopf zu, blau von dem Schallkopf weg.
Für bestimmte Untersuchungen wird der Schallkopf endoskopisch näher an dem zu untersuchenden Organ platziert (Endosonografie).
Bei der kontrastmittelgestützten Sonografie („Contrast Enhanced Ultra Sound“, CEUS) wird ein stark echogenes Kontrastmittel aus kleinen Gasbläschen intravenös verabreicht.3-4
Dies kann z. B. in der differenzialdiagnostischen Abklärung von gutartigen Leberraumforderungen durch charakteristisches Perfusionsverhalten hilfreich sein.4
Im Rahmen von Interventionen (z. B. Punktionen, Biopsien) werden viele Eingriffe durch ultraschallgestützte Führung erleichtert.5
Bei der Behandlung eines Polytraumas wird eine frühe abdominelle Ultraschalluntersuchung zum Nachweis von freier Flüssigkeit („Focused Assessment with Sonography for Trauma", FAST) empfohlen.6
Die erweiterte E-FAST-Sonografie beurteilt darüber hinaus das Vorliegen eines Pneumothorax.
Durch kontrastmittelunterstütze Sonografie („Contrast Enhanced Ultra Sound", CEUS) kann eine mögliche Organverletzung besser nachgewiesen weden.3
Ultraschalluntersuchung zur Früherkennung des abdominalen Aortenaneurysmas (AAA) wird als einmalige Screening-Maßnahme seit Beginn des Jahres 2018 für Männer ab 65 Jahren angeboten.
Die DEGUM befürwortet, die Indikation auf Frauen und Männer ab 55 Jahren mit Risikofaktoren, wie Diabetes und Rauchen, zu erweitern.7
Untersuchung
Vorbereitung
Der Raum sollte abgedunkelt werden.
Das Gerät sollte für die Dokumentation auf Papier, Film oder elektronisch eingerichtet sein.
Der Patient sollte nach Möglichkeit mindestens 4 Stunden vor der Untersuchung nichts mehr gegessen haben, damit die Gallenblase voll ist und möglichst wenig Luft im Darm die Untersuchung behindert.8
Die Untersuchung kann am nicht nüchternen Patienten durchgeführt werden, jedoch ist die Aussagekraft oft schlechter.
Erläutern Sie dem Patienten den Zweck und den Ablauf der Untersuchung.
Der Patient wird üblicherweise im Liegen untersucht.
Um den Kontakt zwischen Schallkopf und Haut zu verbessern, wird Ultraschall-Gel verwendet.
Durch Anhalten des Atems in Inspiration oder Exspiration während der Untersuchung können die Bedingungen verbessert werden.
Durchführung
Die Untersuchung des Abdomens sollte nach einem festen Schema durchgeführt werden.
Dabei kann die Untersuchungsreihenfolge abgewandelt werden.
Das gesamte Abdomen sollte lückenlos untersucht werden, und jedes Organ sollte in mehreren Schnittebenen dargestellt werden.9-10
Ein möglicher Untersuchungsgang orientiert sich an der Abfolge der Dokumentationsempfehlungen der DEGUM:
Als Standardschallkopf wird der 3.5-5 Mhz-Konvexschallkopf verwendet.
Für die Untersuchung von Bauchdecke und Darm wird der 5-10 Mhz-Linearschallkopf verwendet.
bei Kindern ggf. Untersuchung der Organe auch mit dem Linearschallkopf
Aufbewahrungspflicht
Für Ultraschallbilder gibt es keine spezielle Aufbewahrungsfrist, es gilt die allgemeine berufsrechtliche Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren, gem. § 10 Abs. 3 BO.10
Solide Raumforderungen stellen sich echogen, Abszesse eher echoarm und Zysten echoleer dar.12
Die kontrastmittelgestützte Sonografie erlaubt die Unterscheidung von benignen und malignen Raumforderungen.4
parenchymatöse Erkrankungen der Leber
bei Leberzirrhose unregelmäßige, wellige Oberfläche, stumpfer Leberrand, inhomogenes Parenchym, erhöhte Echogenität, Atrophie und Aszites
bei alkoholischer oder nichtalkoholischer Steatosis hepatis homogen erhöhte Echogenität der Leber (im Vergleich mit Nierenparenchym)
Veränderungen im Blutfluss der V. portae, portokavale Anastomosen
Darstellung mittels Farbdopplersonografie
Akute Cholezystitis mit verdickter Wand (ausgefüllter Pfeil) und Gallensteinen (leerer Pfeil)
Gallenblase und Gallenwege
Die Gallenblase stellt sich normalerweise als echoleere, birnenförmige Struktur mit glatter Wandung dar. Die Füllung hängt vom Zeitpunkt der letzten Nahrungsaufnahme ab.
Mögliche Verletzungsfolgen sind Lazerationen, Organruptur und Blutungen.
Retroperitoneale Blutungen sind schwer zu beurteilen.
freie Flüssigkeit im Peritonealraum bei intraabdomineller Blutung
Bei stumpfen Bauchtraumata ist die Milz das Organ, das am häufigsten verletzt wird.
Eine kontrastmittelgestützte Ultraschalluntersuchung (CEUS) ermöglicht eine bessere Darstellung parenchymatöser Verletzungen.
Die FAST-Sonografie („Focused Assessment with Sonography for Trauma") gehört zu den ersten durchgeführten Untersuchungen nach schweren Verletzungen.6
Eine Computertomografie (CT) wird meist anschließend durchgeführt, weil parenchymatöse Verletzungen und retroperitoneale Blutungen so besser darzustellen sind.
Hämangiom der Leber (Pfeil) in der Sonografie (Quelle: Wikipedia; CC BY-SA 3.0)
Akute Cholezystitis mit verdickter Wand (ausgefüllter Pfeil) und Gallensteinen (leerer Pfeil) in der Sonografie (Quelle: Wikipedia; CC BY-SA 3.0)
Akute Cholezystitis mit leicht verdickter Gallenblasenwand (3,5 mm, Pfeil) in der Sonografie (Quelle: Wikipedia, CC BY-SA 4.0)
Quellen
Leitlinien und Empfehlungen
Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). Sonographie Standard-Abdomen: Empfehlungen der Sektion Radiologie der DEGUM, Stand 2008. www.degum.de
Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). Dokumentationsempfehlungen für abdominelle Sonografie im Kindes- und Jugendalter, Stand 2006. www.degum.de
European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology (EFSUMB). Guidelines and Good Clinical Practice Recommendations for Contrast Enhanced Ultrasound (CEUS) in the Liver, Stand 2012. www.efsumb.org
European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology (EFSUMB). Guidelines and Recommendations for the Clinical Practice of Contrast-Enhanced Ultrasound (CEUS) in Non-Hepatic Applications, Stand 2017. www.efsumb.org
European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology (EFSUMB). Recommendations and Guidelines for Gastrointestinal Ultrasound (GIUS), Stand 2016. www.efsumb.org
European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology (EFSUMB). Recommendations and Clinical Guidelines for Intestinal Ultrasound (GIUS) in Inflammatory Bowel Diseases, Stand 2018. www.efsumb.org
Literatur
Lohnstein M, Eras J, Hammerbacher C. Der Prüfungsguide Allgemeinmedizin - Aktualisierte und erweiterte 3. Auflage. Augsburg: Wißner-Verlag, 2018.
Schmidt G, Görg C. Kursbuch Ultraschall: Nach den Richtlinien der DEGUM und der KBV. 6. Auflage. Thieme 2015. books.google.de
European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology (EFSUMB). Guidelines and Recommendations for the Clinical Practice of Contrast-Enhanced Ultrasound (CEUS) in Non-Hepatic Applications. / Leitlinien und Empfehlungen für den klinischen Einsatz des kontrastverstärkten Ultraschalls (CEUS) bei nicht-hepatischen Anwendungen. Stand 2017. www.efsumb.org
European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology (EFSUMB). Guidelines and Good Clinical Practice Recommendations for Contrast Enhanced Ultrasound (CEUS) in the Liver. Stand 2012. www.efsumb.org
Lorentzen T, Nolsøe CP, Ewertsen C, Nielsen MB, Leen E, Havre RF, Gritzmann N, Brkljacic B, Nürnberg D, Kabaalioglu A, Strobel D, Jenssen C, Piscaglia F, Gilja OH, Sidhu PS, Dietrich CF; EFSUMB. EFSUMB Guidelines on Interventional Ultrasound (INVUS). Ultraschall Med. 2015; 36(5): E1-14. pmid:26468774 PubMed
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU): Polytrauma / Schwerverletzten-Behandlung. AWMF-Leitlinie Nr. 012 - 019. Stand 2016, zuletzt überarbeitet 2017. www.awmf.org
DEGUM. Tickende Zeitbombe „Bauchaortenaneurysma“. Ultraschall in der Medizin 2018; 02: 230. doi:10.1055/a-0575-0189 DOI
European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology (EFSUMB). Recommendations and Guidelines for Gastrointestinal Ultrasound (GIUS), Stand 2016. www.efsumb.org
Stenzel MS, Mutze SM , Dahse HP , Delorme SD , Strunk HS. Dokumentation Sonographie Abdomen nach Empfehlung der Sektion Radiologie der DEGUM. Fortschr Röntgenstr 2008. doi:10.1055/s-2008-1074037. www.thieme-connect.com
Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin. Informationen zum Fach. Berlin, o.D. (Zugriff: 10.04.2018). www.degum.de
Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). Dokumentationsempfehlungen für abdominelle Sonografie im Kindes- und Jugendalter, Stand 2006. www.degum.de
European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology (EFSUMB). Recommendations and Clinical Guidelines for Intestinal Ultrasound (GIUS) in Inflammatory Bowel Diseases / Empfehlungen und klinische Leitlinien für den gastrointestinalen Ultraschall (GIUS) chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Stand 2018. www.efsumb.org
Autoren
Jonas Klaus, Arzt, Freiburg im Breisgau
Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
Asbjørn Ødegård, overlege, røntgenavdelingen, Regionsykehuset i Trondheim