Chronisch rezidivierende Bauchschmerzen bei Kindern
Zusammenfassung
Definition:Funktionell oder organisch bedingte Bauchschmerzen, die über einen Zeitraum von mindestens 2 Monaten intermittierend oder konstant auftreten.
Häufigkeit:Rezidivierende Bauchschmerzen haben eine Prävalenz von bis zu 10 %.
Symptome:Bauchschmerzen unterschiedlicher Intensität, undevtl. ggf.in Kombination mit anderen abdominellen Beschwerden im Bauchbereich.
Befunde:AbgesehenBei vonfunktionellen einerBauchschmerzen ggfevtl. vorliegendendiffuser diffusenabdomineller DruckschmerzhaftigkeitDruckschmerz. desDarüber Bauchshinaus ist das Ergebnis derdie körperlichenrperliche Untersuchung meist unauffällig.
Diagnostik:Ggf. weitere Untersuchungen zum Ausschluss Differenzialdiagnosenorganischer Ursachen.
Therapie:AusführlicheBeratung Gesprächeder Betroffenen und ggf. der Eltern, ggf. verhaltenstherapeutischeAnpassung Maßnahmen.der Ernährung, Psychotherapie
Allgemeine Informationen
Definition
Akut vs. chronisch
Bauchschmerzen bei Kindern sind ein sehr häufiges Phänomen.
Man unterscheidet einmalig auftretende akute Bauchschmerzen, die harmlos bis lebensbedrohlich sein können, von chronisch rezidivierenden Bauchschmerzen.
Bei chronischenChronische Bauchschmerzen müssenerfordern organische den Ausschluss organischer Ursachen durch Anamnese, klinische Untersuchung und ggf. durch weiterführende Diagnostik ausgeschlossen werden.1
Organisch vs. funktionell (somatoform)
SindWenn keine organische UrsachenErkrankung ausgeschlossennachweisbar ist, die die Bauchschmerzen mit hoher Wahrscheinlichkeit erklären würde, spricht man von funktionellen chronischenoder somatoformen Bauchschmerzen.
Funktionelle Bauchschmerzen werden nach den Rom-IV-Kriterien1-2 unterteilt in:
funktionelle Bauchschmerzen, nicht anders spezifiziert.
Häufigkeit
Bauchschmerzen gehören zu den häufigsten Symptomen von Kindern, meist bedürfen sie nicht der ärztlichen Abklärung.1
Funktionelle Beschwerden (somatoforme Störungen) haben bei Kindern eine Prävalenz von ca. 10 %. %, beiBei Kleinkindern sind dies meist Bauchschmerzen,. beiBei älteren Kindern liegen die Bauchschmerzen hinter Kopfschmerzen auf Platz 2.23
Ätiologie und Pathogenese
Rezidivierende Bauchschmerzen können in nur etwa 10 % der Fälle auf eine organische Ursache zurückgeführt werden.3
Hierbei gibt es genetische Komponenten,durch die anWeitergabe Kindersowohl weitervererbtgenetischer werden,Komponenten aberals auch ungünstiger Verhaltensmuster ihrerder Eltern. an ihre Kinder53
Bakterielle gastrointestinale Infektionen, Harnwegsinfekte und KuhmilchallergieNahrungsmittelunverträglichkeiten im Säuglingsalter scheinen bei der Genese chronischer Bauchschmerzen bei Kindern eine Rolle zu spielen.65
Definition nach Rom-SplenomegalieIV-Kriterien – folgende Bedingungen sind über einen Zeitraum von mindestens 2 Monaten erfüllt:
abdominelle Schmerzen an mindestens 4 Tagen pro Monat, Abwehrspannung)assoziiert mit einem oder mehr der folgenden Zeichen:
Bezug zur Defäkation
Änderung der Stuhlfrequenz oder -konsistenz.
DieLiegt Rom-IV-Kriterieneine sindObstipationauchvor, beibessert Kindern für die Diagnose eines Reizdarms anwendbar:6
abdominelle Schmerzen im Zusammenhang mitsich der DefäkationSchmerz annicht mindestensdurch 1deren Tag pro Woche in den letzten 3 MonatenBehebung.
SymptombeginnDie 6 Monate vor Diagnosestellung
Veränderungen von Stuhlfrequenz und/oder -konsistenz
Symptome können nach ausreichendersachgemäßer Diagnostik keinernicht anderenvollständig durch eine andere medizinische Erkrankung zugeordneterklärt werden.
Definition nach Rom-IV-Kriterien – eines oder mehrere der folgenden Symptome liegen vor und werden als unangenehm-belastend (bothersome) erlebt:
postprandiales Völlegefühl
vorzeitige Sättigung
epigastrischer Schmerz
epigastrisches Brennen
UND die Untersuchung einschließlich Gastroskopie erbringt keinen Nachweis einer organischen (structural) Erkrankung, die mit hoher Wahrscheinlichkeit die Symptome erklären würde.
Die Prävalenz der Nahrungsmittelallergie lagbei fürKindern Kinder (2004)liegt in Deutschland beiüber 4 4,2 %.810
Ernährungsgewohnheiten
Ca. 13 % aller jungen Erwachsenen geben an, sich an strikte Ernährungsregeln zu halten, und geben dies evtl. auch an ihre Kinder weiter. (Orthorexie).911
Gibt es Familienmitglieder mit ähnlichen Symptomen oder entzündlichen Darmerkrankungen?
Es gibt einen Zusammenhang zwischen abdominaler Migräne und Migräne bei Müttern und Großmüttern.112
Klinische Untersuchung
Abgesehen von einer ggfevtl. vorliegenden diffusen Druckschmerzhaftigkeit des Bauchs ist das Ergebnis der körperlichen Untersuchung bei einem funktionellen Bauchschmerz unauffällig.
JedeJeder weitereHinweis Pathologieauf beieine derorganische körperlichen UntersuchungErkrankung sollte weitere Diagnostik nach sich ziehen.
Fortführen von Wachstums- und Gewichtskurven, um frühzeitig Auffälligkeiten der Gewichts- und Längenperzentilenentwicklung aufzudecken.
Die Ultraschalluntersuchung des Abdomens einschließlich des Retroperitonealraumes ist die initiale bildgebende Methode, dabei sollen Perikard und basaler Pleuraspalt mitbeurteilt werden.1013
Weitere Bildgebung
Röntgen, MRT oder CT sollte Einzelfällen vorbehalten sein und nur unter strenger Indikationsstellung erfolgen.
Endoskopie
Gelegentlich indiziert
Psychische Probleme
Begleitfaktoren wie Stress, Ängste, Depression und emotionale Probleme sollten diagnostisch abgeklärt werden.
Indikationen zur Überweisung
Bei Verdacht auf eine organische Ursache oder hartnäckigen Beschwerden zur weiteren Diagnostik und Therapie
Checkliste zur Überweisung
Funktionelle Bauchschmerzen bei Kindern
Therapie
ZweckDieser Abschnitt bezieht sich auf die Therapie funktioneller Bauchschmerzen. Bei organischen Ursachen orientiert sich die Behandlung an der Überweisung
Aufklärung, dass den Schmerzen keine organische Ursache zugrunde liegt.
Allgemeines zur Therapie
BeiDie organischerberatende Ursacheund wirdggf. entsprechend der Grunderkrankung behandelt.
Bei funktionellen Bauchschmerzen steht die psychologischepsychotherapeutische Unterstützung der betroffenen Kinder und ihrer Eltern steht im Vordergrund.
Die beste und häufig auch einzig erforderliche Behandlung besteht in ausführlichen Gesprächen und der beruhigenden Information, dass keine organische Erkrankung vorliegt.
Eltern und Kinder sollten sich ernstgenommen fühlen.
Den Schwerpunkt bildet die Normalisierung des Alltags, wie z. B. Schulbesuch und Wiederaufnahme alltäglicher Aktivitäten.
Medikamente sollten bei funktionellen chronischen Bauchschmerzen nur in Ausnahmefällen gegeben werden.1,11-1214
Bei Stuhlretention sollte eine Therapie mit Macrogol durchgeführt werden.65
Beginn mit 0,4 g Macrogol pro Kilogramm Körpergewicht, Maximaldosis 1 g pro Kilogramm KG
Auch alternative Heilverfahren oder Komplementärmedizin haben keinen nachweisbaren Effekt auf den Verlauf der Symptome.
Diätetische Maßnahmen (z. B. FODMAP-reduzierte Diät), Nahrungsergänzungsmittel oder Probiotika haben allenfalls in einigen Fällen geringe Effekte.13-15
Psychoedukation, Entspannungsmethoden, kognitive VerfahrenPsychotherapie sowie verhaltensorientierte Maßnahmen bei Kindern und deren Familien tragensind zurwirksam Verbesserungin der SymptomeBehandlung chronischer Schmerzen im Kindes- und Jugendalter.15
Bei Schmerzen, Blähungen und Diarrhö als dominantes Symptom sollte eine Low-FODMAP-Diät (in 3 Phasen: Elimination, Toleranzfindung, Langzeiternährung) empfohlen werden.
Bei Obstipation als dominantes Symptom kann eine Low-FODMAP-Diät (in 3 Phasen: Elimination, Toleranzfindung, Langzeit-Ernährung) empfohlen werden.
Dabei sollten lösliche Ballaststoffe wie Psyllium/Plantago/Ispaghula (Flohsamenschalen) verwendet werden, von der Einnahme nichtlöslicher Ballaststoffe wird abgeraten.
Beginn der Einnahme löslicher Ballaststoffe mit einer Menge von 3–4 g/d
Einnahme in einem Glas Wasser vor dem Zubettgehen
Auch einebei HypnosetherapieReizdarmsyndrom kannvom helfenDiarrhö-Typ oder vom Schmerz-Typ können lösliche Ballaststoffe zur Therapie eingesetzt werden.
Probiotika
Vorläufige Hinweise auf Wirksamkeit bedürfen der Überprüfung in geeigneten Studien.
Systematischen Metaanalysen zufolge scheinen Präparate, die unter anderem Bifidobacterium infantis enthalten, beim Reizdarmsyndrom etwas besser zu wirken als andere.18-19
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Obwohl die Bauchschmerzen bei den meisten Kindern mit der Zeit zurückgehen, persistiert bei einigen Patient*innenkann ein Reizdarmsyndrom auch im Erwachsenenalter persistieren.
Prognose
Die Prognose ist günstig, allerdings besteht eineein erhöhtehtes Tendenz,Risiko für andere somatoforme Störungen im Erwachsenenalter andere psychosomatische Symptome zu entwickeln.19-20
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Autor*innen
MonikaThomas LenzM. Heim, FachärztinDr. für Allgemeinmedizinmed., NeustadtWissenschaftsjournalist, am RübenbergeFreiburg
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Chronisch rezidivierende Bauchschmerzen bei Kindern
U-NH 18.10.17, MK neue LL zur Bildgebung
U-MK 23.05.2018
BBB MK 17.11.2022 umfassend revidiert und gekürzt, neue LL
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Definition:Funktionell oder organisch bedingte Bauchschmerzen, die über einen Zeitraum von mindestens 2 Monaten intermittierend oder konstant auftreten. Häufigkeit:Rezidivierende Bauchschmerzen haben eine Prävalenz von bis zu 10 %.
Pädiatrie
Bauchschmerzen bei Kindern, chronisch rezidivierende