Nahrungsmittelunverträglichkeit bei Kindern

Allgemeine Informationen

Definition

  • Lebensmittelunverträglichkeiten umfassen alle nichttoxischen Reaktionen auf Lebensmittel und werden in 2 Hauptgruppen eingeteilt:1
    1. Allergien
      • Wenn das Immunsystem beteiligt ist, handelt es sich um eine Nahrungsmittelallergie. Allergien werden in IgE-vermittelte und nicht-IgE-vermittelte Reaktionen eingeteilt.
      • Bei einer IgE-vermittelten Nahrungsmittelallergie kommt es zu klassischen allergischen Reaktionen in Mundhöhle, Rachenraum, Magen-Darm-Trakt, Atemwegen bzw. auf der Haut und evtl. zu einer Anaphylaxie.2
    2. Intoleranzen
      • Intoleranzen umfassen Enzymdefekte, pharmakologische Wirkungen und psychische Wirkungen durch Lebensmittel sowie undefinierte Mechanismen.
      • Das Immunsystem ist dabei nicht beteiligt. 
  • Zwischen einer Nahrungsmittelallergie und einer Nahrungsmittelintoleranz kann manchmal nur schwer unterschieden werden.3

Reaktionsarten

  • Bei einer Nahrungsmittelallergie und einer Nahrungsmittelintoleranz können verschiedene Symptome wie Urtikaria, Verschlimmerung von Neurodermitis, Diarrhö, Erbrechen, Asthma, Juckreiz, Kopf- und Bauchschmerzen auftreten.
  • Die schwerste Reaktion ist ein anaphylaktischer Schock, der in seltenen Fällen zu einem Herzstillstand und dem Tod führen kann.
  • Die Symptome an sich geben keinen Hinweis auf die Ursache der Reaktion.

Häufigkeit

  • Familiäre Dispositionen sind üblich.
  • Eine Lebensmittelallergie/-intoleranz tritt meist vor dem 2. Lebensjahr zum ersten Mal auf.
    • Ausgenommen sind Lebensmittelreaktionen als Folge von Kreuzreaktionen mit Pollen bei Pollenallergikern, die erst später das erste Mal auftreten.

Prävalenz und Inzidenz

  • Repräsentativen Daten für die Prävalenz der Nahrungsmittelallergie oder -intoleranz in Deutschland liegen begrenzt vor. Folgende Daten betreffen die Prävalenz der Nahrungsmittelallergie in Deutschland:4
    • vermutet: ca. 20 % durch Provokation bestätigt (2004)
      • Kinder: 4,2 %
      • Erwachsene: 3,7 %.
  • Nahrungsmittelallergien treten weit häufiger bei Kindern mit Neurodermitis auf und haben in dieser Gruppe eine Prävalenz von ca. 30 %.5
  • Das Risiko für eine IgE-vermittelte Reaktion ist in Familien höher, in denen bereits die Eltern an einer entsprechenden Allergie leiden.
  • Milchallergie und Toleranzentwicklung
    • 2–3 % aller Säuglinge entwickeln im ersten Lebensjahr eine Milchallergie.6 Eine Kuhmilchallergie tritt sehr selten erst nach dem 1. Lebensjahr auf.
    • Etwa 90 % der Kinder mit einer Milchallergie vertragen im Alter von 4–5 Jahren zumindest etwas Milch oder Milchprodukte und mehr als die Hälfte der Kinder mit einer Ei-Allergie vertragen im Alter von 7–8 Jahren Eier.
  • Eine Glutensensitivität ohne Zölikie wurde bei 0,4-1% von 1100 Kindern, die wegen funktionellen Abdominalschmerzen fachärztlich untersucht wurden, diagnostiziert.7

Ätiologie und Pathogenese

  • Das Wissen um die Ursachen einer Reaktion auf Nahrungsmittel ist lückenhaft.
  • Die Vererbung spielt möglicherweise die wichtigste Rolle, aber auch verschiedene Umweltfaktoren und der immunologische Zustand des Darms bei der Aufnahme von Allergenen können relevant sein.
  • Alle Nahrungsmittel können eine Nahrungsmittelallergie/-intoleranz auslösen, aber es gibt einige Lebensmittel, die für die meisten Reaktionen verantwortlich sind. Die häufigsten Auslöser einer Nahrungsmittelallergie sind:4
    • bei Kindern und Jugendlichen
      • Milcheiweiß
      • Hühnereiweiß
      • Soja
      • Weizen
      • Erdnuss und Baumnüsse
    • bei Erwachsenen
      • pollenassoziierte Nahrungsmittelallergene (Apfel und anderes Kern- und Steinobst inkl. Hartschalenobst)
      • Gemüse (Sellerie, Möhre)
      • Weizen
      • Krusten- und Schalentiere.
  • Die meisten Betroffenen reagieren auf weniger als 3 Nahrungsmittel überempfindlich.8

Pathogenese

  • Es gibt viele unterschiedliche Krankheitsmechanismen, die eine Reaktion auf Nahrungsmittel auslösen können.
    • Es kann sich um Eigenschaften in den Nahrungsmitteln an sich, einen Enzymmangel, Schleimhautveränderungen oder eine Allergie handeln.
  • Viele der Reaktionen sind wahrscheinlich immunologisch bedingt, meist IgE-vermittelt und entstehen unter Beteiligung von Mastzellen, die degranulieren und u. a. Histamin, chemotaktische Stoffe und Leukotriene freisetzen (IgE-vermittelte Typ-1-Nahrungsmittelallergie).

Pathophysiologie

  • Trotz hohem Säuregrad und starker Enzymaktivität im Magen sind 2 % der aufgenommenen Nahrung im Darm hinreichend immunologisch intakt, um eine Nahrungsmittelallergie auslösen zu können.9
  • Die meisten Menschen haben allerdings eine orale Toleranz entwickelt, d. h. eine fehlende aktive Reaktion auf Antigene, die peroral aufgenommen werden, und es kommt nicht zu einer Reaktion.
  • Niedrige Dosen intestinaler Nahrungsmittelantigene steigern die Produktion regulierender T-Zellen im intestinalen Lymphgewebe.
  • Die regulierenden T-Zellen geben dämpfende Zytokine ab, die für eine Verringerung der Entzündungsreaktion sorgen.
  • Bei Säuglingen und Kleinkindern ist die Schleimhautbarriere im Darm noch nicht so ausgeprägt, und darum wird ein größerer Teil der Nahrung komplett absorbiert. Auch das Immunsystem ist noch nicht so gut entwickelt. Daher kommt es wahrscheinlich zu einer höheren Prävalenz von Nahrungsmittelallergien bei Kindern.9

ICPC-2

  • A92 Allergie/allergische Reaktion NNB
  • D29 Gastrointestinale Symptome/Beschwerden n/aD
  • D99 Erkrankung Verdauungsyst., andere

ICD-10

  • R19 Sonstige Symptome, die das Verdauungssystem und das Abdomen betreffen
  • T78 Unerwünschte Nebenwirkungen, anderenorts nicht klassifiziert
    • T78.0 Anaphylaktischer Schock durch Nahrungsmittelunverträglichkeit
    • T78.1 Sonstige Nahrungsmittelunverträglichkeit, anderenorts nicht klassifiziert
    • T78.2 Anaphylaktischer Schock, nicht näher bezeichnet
    • T78.3 Angioneurotisches Ödem
    • T78.4 Allergie, nicht näher bezeichnet
    • T78.8 Sonstige unerwünschte Nebenwirkungen, anderenorts nicht klassifiziert

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

Leitlinie: IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien, Management4

  • Eine detaillierte Anamnese soll Grundlage für die Diagnostik der Nahrungsmittelallergie sein.
  • Spezifische Tests auf IgE-Sensibilisierungen, von der die Anamnese abhängig gemacht wird.
  • Spezifische IgE-Bestimmung und Haut-Pricktest unterstützen die Diagnose einer Nahrungsmittelallergie im Zusammenhang mit der Anamnese und/oder Nahrungsmittelprovokation.
  • Der Nachweis einer Sensibilisierung mittels spezifischer IgE-Bestimmung oder Haut-Pricktest beweist nicht die klinische Relevanz des getesteten Nahrungsmittels und soll allein nicht zu einer therapeutischen Elimination führen.
  • Der fehlende Nachweis einer Sensibilisierung (negatives spezifisches IgE/Haut-Pricktest) schließt eine klinisch relevante IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergie häufig, aber nicht sicher aus.
  • Nur bei eindeutiger Übereinstimmung zwischen den klinischen Angaben der Patienten und dem Testergebnis (Pricktest/IgE-Bestimmung) kann eine Nahrungsmittelallergie diagnostiziert bzw. ausgeschlossen werden. Ist eine solche Übereinstimmung (z. B. durch unklare oder unergiebige Anamnese) nicht oder nicht eindeutig gegeben, soll die klinische Relevanz mithilfe einer oralen Provokation überprüft werden.

Überlegungen

  • Die meisten Lebensmittel können eine Lebensmittelallergie/-intoleranz auslösen, jedoch sind nur wenige Lebensmittel für die meisten Reaktionen bei Kindern verantwortlich:
    • Kuhmilch, Eier, Fisch, Nüsse, seltener Soja und Weizen.
  • Bei Milch tritt eindeutig die häufigste Reaktion auf.
    • Etwa 2,5 % aller Kleinkinder reagieren auf Milch.10
    • Die Toleranzentwicklung schreitet rasch voran; die meisten Kinder haben ihre Milchallergie/-intoleranz im Alter von 4–5 Jahren überwunden11 und ihre Allergie gegen Eier mit 7–8 Jahren.
    • Manche Kinder entwickeln jedoch keine Toleranz.
  • Fisch- und Nussallergien haben generell eine Tendenz, fortzubestehen.

Präsentationsformen

  • Symptome können von fast allen Organsystemen ausgehen, am häufigsten sind jedoch Symptome, die von Haut und Magen/Darm ausgehen. Sie treten gleichermaßen häufig auf.10
  • Normalerweise tritt mehr als ein Symptom auf.
  • Übliche Symptome sind das Aufblühen von atopischen Ekzemen, Urtikaria, andere Ausschläge, Erbrechen, Diarrhö, Obstipation und Magenschmerzen. Diese Symptome können allerdings im Kindesalter andere Ursachen haben.
  • Ein angioneurotisches Ödem oder anaphylaktische Reaktionen sind spezifischere, aber nicht so häufige auftretende Allergiesymptome.
  • Atemwegssymptome wie bronchiale Obstruktion oder schlechtes Wachstum können ebenso vorkommen, Letztgenanntes kann aber auch auf eine mangelhafte Ernährung zurückgeführt werden.

Mögliche Fehldiagnosen

Anamnese

  • Die Anamnese steht im Zentrum der Diagnostik. Allerdings führt eine Vielzahl von unspezifischen Symptomen zu unsicheren symptombasierten Diagnosen.
  • Wichtig: Bei einer doppelblinden Provokation werden normalerweise nur 10–50 % der von Patienten berichteten Lebensmittelreaktionen als Lebensmittelallergie/-intoleranz diagnostiziert, selbst wenn die Angaben vorab den Verdacht einer Lebensmittelallergie/-intoleranz nahelegen.11-12
  • Bei klinischem Verdacht auf eine Glutensensitivität ohne Zölikie könnte eine doppelblinde Provokation notwendig sein.
    • Mithilfe dieses Tests konnten 60 % der Kinder, bei denen der klinischem Verdacht auf eine Glutensensitivität bestand, für gesund erklärt werden (Ib).7 
  • Einige der Diskrepanzen können natürlich auf die rasche Toleranzentwicklung im Kindesalter zurückgeführt werden, sie zeigen aber auch, dass die Diagnose nicht nur auf die Anamnese gestützt werden kann.

Labortests

  • Es fehlt an guten Labortests.
  • Ein Prick-Test in der Haut und der Nachweis von spezifischen Immunglobulinen im Blut (RAST) sind bei Reaktionen direkt infolge der Einnahme von Lebensmitteln relativ sicher und können verwendet werden. Wenn die Reaktionen etwas später einsetzen, sind sie allerdings unsicher.
    • Sensitivität und Spezifität variieren je nachdem, welches Allergen getestet wird; am besten eignet es sich bei Fisch, am schlechtesten bei Obst und Gemüse.
  • IgG- und IgA-Antikörper gegen Gluten und der Endomysium-Test sind geeignete Untersuchungen zum Nachweis einer Zöliakie.
  • Laktosebelastung und andere spezifische Tests können angewandt werden, um enzymatisch bedingte Reaktionen nachzuweisen.
  • Des Weiteren gibt es keine Labortests, die Lebensmittelreaktionen diagnostizieren können, die durch eine andere Immunologie als IgE verursacht werden.
    • Deshalb kann die Diagnostik nicht allein durch Laboruntersuchungen gestellt werden.

Diäten und Lebensmittelprovokationen

  • Ausschlussdiäten und Lebensmittelprovokationen sind in der Diagnostik von Lebensmittelallergien/-intoleranzen häufig eine notwendige Ergänzung zu Anamnese und Labortests.6
  • Bei Kindern mit chronischen Symptomen können systematische Ausschluss- und Wiedereinführungsdiäten in Zusammenarbeit von Arzt und Eltern zu Hause durchgeführt werden.

Differenzialdiagnosen

Lebensmittelintoleranz oder -allergie

  • Sowohl Kinder als auch Erwachsene sind betroffen. Häufig liegen eine bekannte Atopie oder andere allergische Erkrankungen vor.
  • Es handelt sich um eine anomale Reaktion auf Lebensmittel, die nach den Mahlzeiten auftritt. Die Symptome können die Augen, die Nase, die Lunge, die Haut und den Darm betreffen.
  • Die häufigsten Symptome sind Diarrhö, Magenschmerzen, Meteorismus, Übelkeit, Erbrechen und Unwohlsein.
  • Es liegen nur selten klinische Befunde vor.
  • Ggf. können eine Untersuchung auf IgE-Antikörper und ein Prick-Test in der Haut erfolgen, um allergische Reaktionen (Ausschlag beim Prick-Test) von Intoleranzen zu unterscheiden. Erwägen Sie eine Ausschlussdiät oder eine Lebensmittelprovokation (Facharzt).

Laktoseintoleranz

  • Tritt am häufigsten bei Menschen aus Ländern rund um den Äquator auf. Keine atopische Anlage.
  • Sie wird auf einen Mangel oder Reduktion des Enzyms Laktase in der Schleimhaut des Dünndarms zurückgeführt, der eine Intoleranz gegenüber Milch und Milchprodukten verursacht. Nach einer Gastroenteritis und bei unbehandelter Zöliakie kommt es häufig zu einer vorübergehenden Intoleranz.
    • Geringe Mengen Milch werden in der Regel toleriert.
    • Durchgereifter Käse wird meist unbegrenzt vertragen, Frischkäse verursacht am meisten Symptome. Laktosefreie Milch und Joghurt werden vertragen.
  • Zu den Symptomen zählen Bauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen und wässrige Diarrhö.
  • Die Laktosebelastung ist meist anomal, hat aber eine geringe Präzision. RAST und Prick-Test sind negativ für IgE.

Milcheiweißallergie

  • Wird durch Milcheiweiß verursacht, häufig liegt eine ausgeprägte atopische Anlage vor.
  • Tritt oft in Verbindung mit Symptomen auf der Haut und/oder im Gastrointestinaltrakt auf. Ebenso können Systemreaktionen und respiratorische Symptome auftreten.
  • RAST und Prick-Test sind positiv für IgE, können aber auch negativ sein.
  • Unbehandelt sind oft begleitende Befunde – wie erniedrigtes Ferritin, eingeschränktes Wachstum/Gewichtszunahme – festzustellen.
  • Bei einigen Patienten können sogar sehr kleine Mengen Protein ausreichen, um eine schwere Reaktion hervorzurufen. Bei anderen Patienten treten sichtbare Symptome erst bei größeren Mengen auf.
    • Achtung: Zusätzlich kann eine sekundäre Laktoseintoleranz vorhanden sein!
    • Normalerweise werden unterschiedlich durchgereifte Käsesorten gleich schlecht vertragen. Joghurt wird nicht vertragen.
  • In einigen Fällen haben Kinder sowohl eine Milcheiweißallergie/-intoleranz als auch eine sekundäre Laktoseintoleranz mit entsprechenden Symptomen.

Orales Allergiesyndrom

  • Pollenallergiker reagieren im Mund mit Juckreiz, Schwellungen und teilweise angioneurotischen Ödemen bei Einnahme von Lebensmitteln, die mit bestimmten Pollen kreuzreagieren (insb. Birkenpollen).
  • Einige Obst- und Gemüsearten sind mit verschiedenen Arten von Pollen verwandt.
  • Häufig werden diese Lebensmittel besser gekocht als roh vertragen, und oft reagieren die Patienten nur in der Pollensaison.
  • Zur Absicherung der Diagnose werden selten Hauttests durchgeführt.

Zöliakie

  • Ist bei Kleinkindern möglich, tritt meist aber erst im Erwachsenenalter nach Jahren mit subklinischem Verlauf auf.
  • Es handelt sich um eine immunologische Störung, bei der der Dünndarm Antigenen verschiedener Getreidearten (Gluten) ausgesetzt wird.
  • Typische Symptome sind ein voluminöser/unangenehm riechender/fettiger Stuhl, Meteorismus, Blähungen, eine Wachstumshemmung und Anzeichen einer Mangelernährung.
  • Häufig liegen kaum Befunde vor. Bei Kindern sind eine schlechte Gewichtszunahme und ein verlangsamtes Wachstum zu beobachten.
  • Zöliakie wird auch in Betracht gezogen bei:
    • rezidivierenden Schmerzen im Abdomen
    • Eisenmangel, der nicht durch die Zufuhr von Eisen ausgeglichen werden kann.
    • Folsäuremangel
    • langwierigen Gelenkbeschwerden
    • unklaren allgemeinen Symptomen
    • Obstipation zusammen mit anderen Symptomen sowie bei einer familiären Vorbelastung für Zöliakie
    • Diabetes mellitus
    • verspäteter Pubertät.

Hühnereiallergie

  • Intoleranz oder Allergie gegen Eier und Eiprodukte

Asthma bei Kindern

  • In der Regel während der Kindheit und Jugend, Anfälle obstruktiver Atmung bei 10 %
  • Die Prävalenz von Asthma bei Erwachsenen beträgt 2−3 %.
  • Entzündliche Erkrankung der Atemwege
  • Können durch Allergien, unspezifische Irritationen und Infektionen der Atemwege sowie körperliche Belastung und psychische Bedingungen ausgelöst werden.
  • Anfall mit Atemnot; evtl. rezidivierende Perioden mit belastendem und langwierigem Husten, Dyspnoe, Pfeifen in der Brust
  • Afebril, merkbarer expiratorischer Stridor, Tachypnoe, Einziehungen, expiratorische Giemen bei der Auskultation
  • Normales CRP, Spirometrie kann reduziertes PEF und FEV1 nachweisen, positiver Reversibilitäts- und/oder Provokationstest mit bekanntem Antigen (Inhalation).

Urtikaria

  • Bei akuter Urtikaria können die Patienten häufig angeben, auf welche Lebensmittel sie reagieren.
  • Eine chronische Urtikaria wird selten oder niemals durch Lebensmittel verursacht.

Atopische Dermatitis

  • IgE-vermittelte atopische Reaktion
  • Häufig wiederholte Beobachtungen von Reaktionen auf bestimmte Lebensmittel; es kann aber auch schwierig sein, einen Zusammenhang festzustellen.
  • Bei Kindern mit schwerem, chronischem atopischem Ekzem kann man häufig eine zugrunde liegende Lebensmittelreaktion feststellen. Eine Diät kann zu einer deutlichen Verbesserung führen.
  • Sowohl Prick-Tests als auch Blutuntersuchungen auf spezifisches IgE sind mit vielen falsch positiven und negativen Ergebnissen unsicher.
  • Ausschlussdiäten, evtl. doppelblinde Lebensmittelprovokationen können durchgeführt werden.

Dermatitis herpetiformis

  • Relativ selten
  • Häufig jüngere Patienten
  • Eine Mehrheit der Patienten weist gleichzeitig eine symptomarme Zöliakie auf.
  • Intensiver papulovesikulärer Juckreiz, zeitweise bullöse Hautkrankheit
  • Vor allem an den Streckseiten von Schultern und Knien (symmetrisch), Nacken und Kopfhaut oder gluteal lokalisiert
  • Die Diagnose wird durch Immunfluoreszenz-Untersuchungen bestätigt.

Anamnese

Allgemeines

Leitlinie: IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien, Management4

  • Die strukturierte Anamnese soll Folgendes berücksichtigen:
    • Auslöser
    • Zeitverlauf
    • Symptome
    • Schweregrad
    • Reproduzierbarkeit
    • Risiko- und Augmentationsfaktoren
    • Familienanamnese
    • Begleiterkrankungen
    • andere allergische Erkrankungen.
  • Bei chronischen Symptomen kann ein Ernährungs- und Symptomprotokoll geführt werden.
  • Eine gründliche Anamnese ist wichtig, um eine korrekte Diagnose zu stellen.
  • Bei Kindern mit chronischen Symptomen ist mit verspäteten Reaktionen zu rechnen.
  • Dadurch ist es schwierig, bestimmte Lebensmittel in Bezug auf die Beschwerden zu setzen; dies führt zur chronischen Ausprägung.
  • Verspätete Reaktionen können durch „atypische“ IgE-vermittelte Reaktionen hervorgerufen werden, bei denen die Symptome ein oder zwei Tage nach der Nahrungsaufnahme klinisch nachgewiesen werden können.
  • Oft handelt es sich dabei um nicht-IgE-vermittelte Reaktionen mit negativen Prick-Test und RAST.

Welche Lebensmittel sind verdächtig?

  • Das häufigste Lebensmittel, das eine nicht IgE-vermittelte chronische Reaktion verursacht, ist Milch.
  • Ebenso sind Reaktionen auf Soja üblich, wenn es als Milchersatz verwendet wurde.
  • Darüber hinaus sollten zuerst Lebensmittel, die in der Ernährung oft vorkommen und chronische Symptome hervorrufen können, verdächtigt werden. Das sind Eier, Weizen und andere Getreideprodukte.

Welche Symptome hat das Kind?

  • Allgemein ist es bei chronischen Erkrankungen notwendig, genauer auf die Symptome einzugehen und darauf, was bei den Eltern hinter der Verwendung der Begriffe liegt.

Atopisches Ekzem?

  • Bei atopischen Ekzemen ist es wichtig, die Schwere und Ausbreitung zu kennen.
  • Bei Kindern mit schwerem, chronischem atopischem Ekzem kann man häufig eine zugrunde liegende Lebensmittelreaktion feststellen. Eine Diät kann zu einer deutlichen Verbesserung führen.
  • Dennoch ist es nicht ungewöhnlich, dass es auch bei leichteren Formen von atopischen Ekzemen durch Nahrungsmittel wie Schokolade, Erdbeeren, Tomaten und Zitrusfrüchten zu einer unspezifischen Verschlimmerung eines bestehenden Ekzems kommen kann.

Asthma bronchiale?

  • Bronchiale Obstruktion wird relativ selten durch Lebenssmittelallergie/-intoleranz verursacht; bei chronischen Beschwerden ist es wichtig, trotz adäquaten Inhalationsmedikamenten eine Lebensmittelallergie/-intoleranz auszuschließen.

Gastrointestinal?

  • Wenn Durchfall erwähnt wird, sollte man fragen: Wie häufig? Wie dünn? Geruch? Schleim? Blut? Größe? Liegt Steatorrhö vor?
  • Bei Bauchschmerzen können Auskünfte, ob das Kind schreit, in der Nacht aufwacht oder das Spielen unterbricht, wichtige Informationen über die Stärke der Schmerzen liefern.
  • Wenn die Bauchschmerzen zu einem bestimmten Zeitpunkt, z. B. vor dem Stuhlgang, auftreten, kann das den Verdacht auf eine Darmerkrankung verstärken.
  • Andere gastrointestinale Symptome könnten Blähungen, Verstopfung, Erbrechen etc. sein.
  • Bei Magen-Darm-Symptomen liegt in der Regel eine Vielzahl von Differenzialdiagnosen, die relevant sein können, vor.
  • Wenn durch die Anamnese keine Lebensmittelreaktion belegt werden kann, sollte das Kind an einen Kinderarzt überwiesen werden.
  • Es ist besonders wichtig, Zeichen für eine Mangelernährung zu klären, da diese Kinder unmittelbar überwiesen werden müssen.

Allgemeine Symptome?

  • Allgemeine Symptome wie Reizbarkeit, Jammern, mangelnder Appetit, Schlafstörungen und Unruhe treten bei unbehandelten Allergien/Intoleranzen häufig auf; sie sind aber nur sehr selten die einzigen Symptome und treten wahrscheinlich sekundär zu anderen Symptomen wie Bauchschmerzen und Juckreiz mit einem daraus resultierenden schlechten Schlaf auf.
  • Es ist wichtig, nach früheren Gewichts- und Größenaufzeichnungen zu fragen.
  • Hat sich das Kind nach der erwarteten Größen-/Gewichtsentwicklung entwickelt?

Sind die Symptome chronisch oder chronisch rezividierend?

  • Es muss untersucht werden, ob die Beschwerden chronisch oder chronisch rezidivierend sind, da lange, gute Perioden ohne gleichzeitige Änderungen der Ernährung gegen eine Lebensmittelätiologie sprechen.

Wie alt war das Kind als die Reaktion das erste Mal beobachtet wurde? Die Erstaufnahme des Lebensmittels?

  • Der Zeitpunkt der Erstaufnahme bietet oft nützliche Informationen.
  • Wenn Beschwerden wie Koliken oder Ekzeme zum ersten Mal während der Stillzeit auftraten und sich verschlimmert haben oder beim Übergang zu fester Nahrung erstmals auftraten, ist es naheliegend, die Ernährungsfaktoren als Ursachen für die Beschwerden des Kindes zu verdächtigen.
  • Wenn die Reaktionen erstmals auftraten, nachdem das Kind etwas älter geworden ist (1,5–2 Jahre) und längere Zeit normale Kost bekommen hat, ist es weniger wahrscheinlich, dass Lebensmittel die Symptome verursachen.

Gastroenteritis?

  • Reaktionen auf Milch, die erstmals nach einer Magen-Darm-Infektion auftraten, deuten zunächst auf eine sekundäre Laktoseintoleranz hin, obwohl auch Allergien und Eiweißintoleranzen in einigen Fällen nach einer Gastroenteritis auftreten können.

Haben sich die Symptome über die Zeit verändert/intensiviert? Wenn ja, wann?

  • Wenn die Beschwerden ihre Form oder Intensität mit der Zeit geändert haben, kann dies mit unbewussten Veränderung bei der Ernährung, z. B. im Urlaub, zusammenhängen. Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass die Beschwerden durch das Essen verursacht werden.

Ernährung

Sind Diäten ausprobiert worden: welche, wie lange, Auswirkungen?

  • Wenn die Eltern Diätversuche unternommen haben, muss bestimmt werden, welche Lebensmittel entfernt wurden, wie lange und wie konsequent.
  • Wenn es zu einem Effekt durch die Diät gekommen ist und mehrere Versuche, das Lebensmittel wieder einzuführen, wieder zu einer Verschlechterung geführt haben, ist es wahrscheinlich, dass eine Lebensmittelallergie/-intoleranz vorliegt.

Milch als Ursache der Beschwerden?

  • Die tägliche Einnahme von Lebensmitteln wie Milch verursacht häufig Symptome mit einer stabilen chronischen Ausprägung.
    • Dadurch ist es schwierig, herauszufinden, ob Milch für die unerwünschten Reaktionen verantwortlich ist.
    • Milch ist die häufigste nicht erkannte Ursache von chronischen Symptomen bei Kindern.
    • Ebenso oft steht Milch in Verdacht, unerwünschte Reaktionen hervorzurufen – häufig auch irrtümlicherweise.
  • Die Eltern können oft keinen zeitlichen Zusammenhang von Milchaufnahme und Symptomen angeben; der Verdacht besteht aber, dass sich der Zustand des Kindes in Perioden mit starkem Milchkonsum verschlimmert.
  • Für Eltern ist es schwierig, eine konsequente milchfreie Diät durchzuführen, da Milch ein Bestandteil in vielen Produkten ist, die täglich verzehrt werden.
  • Die Reaktionen entstehen hauptsächlich:

Weizen/Gluten bei chronischen Symptomen

  • Zöliakie wird traditionell mit Steatorrhö und Malabsorption assoziiert, aber die jüngsten Erkenntnisse weisen darauf hin, dass die Symptome gering ausgeprägt sein können.

Informationen, die dafür sprechen, dass das Essen die Ursache für die Beschwerden des Kindes sein kann

  • Die Reaktion trat zum ersten Mal im ersten Lebensjahr auf.
  • Eine Reaktion wurde mehrmals beobachtet.
  • Keine Reaktion, wenn das Lebensmittel nicht eingenommen wurde.
  • Das Essen kann nicht ohne Auftreten einer Reaktion eingenommen werden.
  • Die Reaktion verändert sich über die Zeit nicht.
  • Es gibt Reaktionen auf das Essen in allen Zubereitungsformen (aber die Reaktion ist bei verarbeiteten Produkten oft schwächer als bei rohen Produkten und kann ignoriert werden).
  • Diese Kriterien sind NICHT ausschließend. Eine Lebensmittelallergie/-intoleranz tritt auf, ohne dass diese Kriterien erfüllt sind; sind sie jedoch erfüllt, spricht dies stark für eine Lebensmittelallergie/-intoleranz.

Informationen, die dagegen sprechen, dass das Essen die Ursache für die Beschwerden des Kindes sein kann

  • Die Reaktion tritt häufig auf, auch wenn das Kind nicht die vermuteten Lebensmittel einnimmt.
    • Stellen Sie sicher, dass die Ernährung wirklich nicht die vermuteten Lebensmittelallergene enthält. Einige Lebensmittel können Allergene enthalten, ohne dass sich die Eltern dessen bewusst sind, z. B. können Fruchtsäfte Molke enthalten.
  • Die Reaktion verändert sich über einen längeren Zeitraum.

Ernährungs- und Symptomtagebuch

  • Vor allem bei chronischen Beschwerden sind Aufzeichnungen der Patienten bzw. der Eltern über 2–3 Wochen mithilfe eines Ernährungs- und Symptomtagebuchs hilfreich.4
  • Ein solches Tagebuch berücksichtigt die Aufnahme von Speisen, Getränken, aber auch Süßigkeiten, Kaugummis etc. sowie in zeitlichem Zusammenhang aufretende Beschwerden.4
  • Nachdem die Patienten ein Tagebuch geführt haben, werden die Eintragungen gemeinsam besprochen.

Klinische Untersuchung

  • Wird den Symptomen und dem Schweregrad angepasst.
  • Achten Sie auf Zeichen für Unterernährung, Abmagerung, Dystrophie, Wachstumshemmung, verspätete Pubertät.
  • Gewichts-/Längenmessungen haben immer eine große Bedeutung und sollten im Zusammenhang mit früheren Messungen betrachtet werden (eigene oder ärztliche).
    • Führen Sie für alle Kinder mit Lebensmittelallergien/-intoleranzen Perzentilkurven.
  • Hautveränderungen oder Anzeichen für andere Allergietypen sind möglich.
  • Zum Ausschluss anderer Diagnosen soll auch eine Untersuchung des Abdomens erfolgen.

Ergänzende Untersuchungen

  • Wenn die Diagnose weiterhin unsicher ist, soll eine Lebensmittelprovokation durchgeführt werden. Provokationen sollten bei Kindern mit episodischen Symptomen wegen des Risikos für schwere Reaktionen allerdings vom Kinderarzt durchgeführt werden.13
  • Achten Sie darauf, möglichst wenige Kinder fälschlicherweise mit einer Lebensmittelallergie/-intoleranz zu diagnostizieren, um unnötige Diäten zu vermeiden.
    • Gleichzeitig ist es wichtig, dass Sie die Möglichkeiten einer nicht erkannten Lebensmittelallergie/-intoleranz bei Kindern mit chronischen Beschwerden nicht ausschließen.

In der Hausarztpraxis

IgE-Messungen

  • Spezifische Tests auf IgE-Sensibilisierungen sollen von der Anamnese abhängig gemacht werden.
  • Messungen spezifischer IgE-Werte können sowohl falsch positiv als auch falsch negativ ausfallen, sie können manchmal aber einen anamnestischen Verdacht bestätigen.4
  • Gesamt-IgE sollte als Interpretationshilfe bestimmt werden.4
  • Speziell bei Kreuzreaktionen kommt es häufig zu falsch positiven Ergebnissen.
  • Nur bei eindeutiger Übereinstimmung zwischen den klinischen Angaben der Patienten und dem Testergebnis (Pricktest/IgE-Bestimmung) kann eine Nahrungsmittelallergie diagnostiziert bzw. ausgeschlossen werden.
  • Ist eine solche Übereinstimmung (z. B. durch unklare oder unergiebige Anamnese) nicht oder nicht eindeutig gegeben, soll die klinische Relevanz mithilfe einer oralen Provokation überprüft werden.4

Allergietests

  • Allergietests geben in der Regel bei Kindern mit chronischen Symptomen wenig Aufschluss, aber Laboruntersuchungen können den Verdacht auf eine immunologische Ursache bekräftigen.
    • z. B. bei einer hohen Zahl der Eosinophilen und hohem Gesamt-IgE

Labortests

  • Labortests, die evtl. sinnvoll sind, um andere Krankheiten auszuschließen:
    • Hb, BSG, CRP, Leukozyten
    • Blutzucker, alkalische Phosphatase, Gamma-GT, Bilirubin, Amylase – Gallensteine als Ursache von Bauchschmerzen?
    • freies T4TSH – bei Gewichtsverlust
    • Folate, Erythrozyten, Serum-Folsäure – oftmals niedrig bei Zöliakie
    • B12, Ferritin, Serum-Eisen, TIBC, MCV, MCHC, Ca, Mg, Zn, P, Albumin – können bei Malabsorption niedrig sein.
      • Anämie, erhöhte alkalische Phosphatase, niedrige Ferritinwerte etc. geben keine Informationen über die Ätiologie, können aber auf eine Unterernährung/Malabsorption hindeuten.
    • Immunglobuline – manchmal wird ein IgA-Mangel beobachtet.
    • Vitamin A, D, E
    • Eosinophile, ECP (bei Asthma)
    • evtl. Stuhlproben zur Untersuchung auf Darmpathogene, Fettmessung, Blut, Schleim usw.
    • IgG-Subklassen, zirkulierende Eosinophile
    • Eine Schweiß-Iontophorese kann auch indiziert sein.

Gluten-Antikörper – Transglutaminase-Antikörper

  • Bei Verdacht auf Zöliakie sollen IgA-Antikörper gegen Gewebstransglutaminase (tTG-IgA-Ak) oder Endomysium (EmA-IgA-Ak)und Gesamt-IgA im Serum bestimmt werden.
    • Der Test hat eine hohe Sensitivität (91–100 %) und Spezifität (94–100 %) und ist damit als Screeningtest bei Patienten mit Verdacht auf Zöliakie geeignet.
    • Bei IgA-Mangel zusätzlich IgG-Antikörper gegen Gewebstransglutaminase (tTG-IgG-Ak) oder deamidierte Gliadinpeptide (dGP-IgG-Ak) bestimmen. 
    • Möglicherweise sollte eine Dünndarmbiopsie erfolgen, bevor Gluten aus der Diät ausgeschlossen wird.

Falsch positive Antikörper

  • Tests auf Antikörper für IgG- und IgA-Typen gegen gewisse Lebensmittelkomponenten werden von einigen Labors durchgeführt und sind vor allem für die Diagnostik von Zöliakie entwickelt worden.
  • Bei einer unbehandelten Zöliakie treten regelmäßig erhöhte Antikörpermengen gegen Kuhmilcheiweiß und häufig auch gegen Eialbumin auf.
    • Dies ist ein Sekundärphänomen und wird auf die beschädigte Schleimhaut im Dünndarm zurückgeführt, deren Durchlässigkeit für Makromoleküle vergrößert wurde.
    • Die Folge ist eine „anomal“ erhöhte Resorption von Lebensmittelantikörpern durch eine pathologische Darmmukosa, die eine immunologische Reaktion hervorruft.
  • Der gleiche Mechanismus führt dazu, dass bei einer unbehandelten Kuhmilcheiweiß-Intoleranz eine erhöhte Menge Antikörper gegen Gluten ohne klinische Bedeutung auftreten kann.
  • Das Antikörperniveau normalisiert sich, wenn einige Zeit eine angemessene Diät gehalten wird.
  • Die Bedeutung von erhöhten Mengen an IgG-/IgA-Antikörpern gegen andere einzelne Lebensmittelkomponenten, wie Kasein, ist nicht bekannt.

Diagnostik beim Spezialisten

Hauttests

  • Hauttests sollen beim Allergologen erfolgen.
  • Das gängige und empfohlene Verfahren ist der Prick-Test.4
  • Auch bei einem Hauttest kann es zu falsch positiven und falsch negativen Ergebnissen kommen. Das Testergebnis soll im Zusammenhang mit der Anamnese beurteilt werden.4

Nahrungsmittelprovokationen

  • In der Regel sind kontrollierte orale Provokationen notwendig, um die Diagnose Nahrungsmittelallergie zu sichern oder eine klinische Toleranz zu beweisen.
  • Das Vorgehen bei Nahrungsmittelprovokationen wird in nationalen und internationalen Leitlinien detailliert beschrieben und sollen in spezialisierten Einrichtungen durchgeführt werden, in denen Notfallmaßnahmen unmittelbar verfügbar sind.4

H2-Atemtest

  • Bei Verdacht auf Laktoseintoleranz oder Fruktosemalabsorption soll ein H2-Atemtest in der Kinderklinik erfolgen. Symptome nach Einnahme der Laktase bestätigen die Diagnose. Laktasemangel kann auch über einen Gentest nachgewiesen werden.

Diätversuche

  • Die Grundpfeiler bei der Diagnose von chronischen Symptomen und eindeutig verdächtigten Lebensmitteln sind Lebensmittelprovokationen und Diätversuche.
  • Da Kinder mit chronischen Beschwerden weiterhin Lebensmittel einnehmen, auf die sie ggf. reagieren, können Lebensmittelprovokationen in Form von Ausschluss- und Wiedereinführungsversuchen zu Hause durchgeführt geführt werden, ohne das Risiko von schweren Reaktionen.
    • Dies gilt jedoch nicht, wenn die Kinder in den letzten Monaten einer komplett allergenfreien Diät gefolgt sind und die chronischen Beschwerden verschwunden sind.
    • Dann müssen sie für eine Lebensmittelprovokation an einen Spezialisten überwiesen werden.
  • Kinder mit Verdacht auf Zöliakie sollte nicht auf eine Ausschlussdiät gesetzt werden, sondern direkt an einen Gastroenterologen überwiesen werden.

Ausschlussdiät

  • Vermutete Nahrungsmittel werden vollständig von der Ernährung ausgeschlossen.
  • In den meisten Fällen wird eine sehr strenge allergenfreie Ernährung empfohlen, da nur eine strenge Diät endgültig eine Milchallergie/-intoleranz ausschließen kann.
  • Die Diät sollte über 2 Wochen mit Symptomerfassung durchgeführt werden.
    • Den Eltern können Schemata mitgegeben werden, in denen sie die Symptome täglich notieren können.
    • Das erleichtert die Beurteilung, ob die Diät eine Wirkung hatte.
  • Falls zeitgleich Infektionen auftreten, verlängert sich die Diätzeit um eine Woche.

Motivation und Information für die Eltern

  • Ermutigen Sie die Eltern, den Diätversuch gut zu planen und konsequent durchzuführen.
  • Der Diätzeitraum sollte so gelegt werden, dass besondere gesellschaftliche Ereignisse, an denen das Kind teilnehmen wird, vermieden werden. Zudem sollten Kindergärten und Schulküche im Voraus informiert werden.
  • Informieren Sie die Eltern darüber, wie das zu überprüfende Lebensmittel deklariert wird, und machen Sie sie auf bestimmte Produkte aufmerksam, die das Lebensmittel enthalten.
  • Die meisten Eltern sind motiviert und führen die Diät konsequent durch, während andere so viele „Diätausrutscher“ haben, dass aus dem Diätversuch keine Schlussfolgerungen gezogen werden können.

Ausschlussdiät bei Verdacht auf Ei-Allergie bei chronischen Symptomen

  • Bei einigen Kindern mit einer bekannten Rohei-Allergie kann eine Reaktion auf Eier in verarbeiteten Lebensmitteln außer Acht gelassen werden, weil sie viel schwächer ausgeprägt ist.
  • Wenn das Kind chronische Symptome oder ein schlechtes Wachstum zeigt, sollte eine totale eifreie Diät bei Kindern mit einer bekannten Ei-Allergie versucht werden.

Wiedereinführungsdiät

  • Nach 2 Wochen Ausschluss wird das Nahrungsmittel wieder eingeführt, und die Symptome werden eine Woche lang aufgezeichnet (Schema).
  • Oft werden die Beschwerden des Kindes nach einem konsequenten Diätzeitraum von 2–3 Wochen nicht besser, sie verschlechtern sich jedoch auch nicht durch die Wiedereinführung der Nahrung in normalen Mengen. Ein Verdacht auf eine Lebensmittelallergie/-intoleranz kann damit ausgeschlossen werden.
  • In anderen Fällen zeigt der Ausschlussversuch, dass die Symptome während der Diät verschwinden und nach Wiedereinführung der Nahrung erneut auftauchen. Eine Lebensmittelallergie/-intoleranz ist dann wahrscheinlich.

Verlässlichkeit

  • In den meisten Fällen kann der Versuch einer Ausschluss- und Wiedereinführungsdiät kombiniert mit der entsprechenden Anamnese ausreichend sein, um eine sichere Diagnose zu stellen.
  • In einigen Fällen ist es notwendig, den Diätversuch zu wiederholen oder doppelblind zu testen.
  • Es kann auch notwendig sein, neue Proben nach dem Diätversuch des Kindes zu nehmen, da sich die Antikörper selbst erst nachweisen lassen, wenn die Symptome abklingen.

Seien Sie aufmerksam!

  • Beachten Sie, dass ein Lebensmittel, wenn es nach einem längeren Zeitraum wieder eingeführt wird, eine stärkere Reaktion hervorrufen kann als in der Zeit, als das Lebensmittel noch Bestandteil der täglichen Ernährung war.
  • Es können ebenso neue Symptome auftreten, zudem können systemische Reaktionen/Anaphylaxie bei Kindern auftreten, die zuvor nur mit sichtbaren, lokale Reaktionen wie atopischen Ekzemen reagiert haben. 
  • Wenn eine komplett allergenfreie Diät für eine längere Zeit durchgehalten wurde, sollten die Eltern den Ausschluss und die Wiedereinführung eines Nahrungsmittels nicht zu Hause durchführen.

Maßnahmen und Empfehlungen

Leitlinie: IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien, Management4

Akuttherapie allergische Reaktion auf Nahrungsmittel

  • Patienten mit Risiko für eine schwere Reaktion sollen mit Notfallmedikamenten, einschließlich eines Adrenalinautoinjektors, ausgestattet werden.
  • Schwere allergische Reaktionen auf Nahrungsmittel sollen primär mit intramuskulär appliziertem Adrenalin behandelt werden.
  • Bei akuten, nicht lebensbedrohlichen Symptomen (bei urtikariellen Reaktionen und Schleimhautreaktionen) können Antihistaminika eingesetzt werden.
  • Die prophylaktische Einnahme von Antihistaminika kann nicht empfohlen werden.

Eliminationsdiät

  • Eine angemessene Eliminationsdiät wird als tragende Säule der Behandlung einer Nahrungsmittelallergie empfohlen.
  • Eine Eliminationsdiät sollte auf einer fundierten Allergiediagnostik basieren. Die Indikation sollte regelmäßig reevaluiert werden.
  • Personen mit Nahrungsmittelallergie, die langfristig eine Eliminationsdiät durchführen, sollten durch eine allergologisch ausgewiesene Ernährungsfachkraft beraten werden.

Kuhmilchallergie

  • Bei einer bestehenden Kuhmilchallergie insbesondere im Säuglingsalter und ggf. Kleinkindesalter:
    • Wenn das Kind gestillt wird, ist die Mutter hinsichtlich Diät zu beraten.
    • Wenn das Kind mit Flaschenmilch ernährt wird, sollen Extensivhydrolysate oder alternativ Aminosäureformula empfohlen werden.
  • Bei einer bestehenden Kuhmilchallergie sind Sojaformula als Kuhmilchersatz Produkte der zweiten Wahl und sollten für Säuglinge unter 12 Monaten nicht empfohlen werden.

Immuntherapie

  • Die spezifische Immuntherapie mit Nahrungsmittelallergenen sollte bei der primären Nahrungs- mittelallergie zurzeit nur im Rahmen von kontrollierten Studien eingesetzt werden.

Indikationen zur Überweisung

  • Kinder sollten in der Regel an einen Kinderarzt oder Allergologen für die Aufnahme und die Verlaufskontrolle der Ausschlussdiäten überwiesen werden.
  • Bei Unsicherheit, ob die Symptome des Patienten auf einer Nahrungsmittelintoleranz/-allergie beruhen, sollte eine Überweisung zum Spezialisten erfolgen.
  • Die orale Nahrungsmittelprovokation (besonders die doppelblind placebokontrolliert durchgeführte) ist der Goldstandard in der Diagnostik IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien.

Diagnostische Eliminationsdiät

  • Eine diagnostische Eliminationsdiät beinhaltet eine kontrollierte Vermeidung von Nahrungsmitteln für einen bestimmten Zeitraum.4
    • Sie sollte nur in Ausnahmefällen länger als 1 bis max. 2 Wochen dauern.
    • Für nicht-IgE-vermittelte Reaktionen können längere Zeiträume (3–4 Wochen) erforderlich sein.
  • Im Anschluss an die diagnostische Eliminationsdiät sollte eine Nahrungsmittelprovokation in spezialisierten Einrichtungen durchgeführt werden, in denen Notfallmaßnahmen unmittelbar verfügbar sind.4

 Orales Allergiesyndrom

  • Wenn die Patienten unter einer Pollenallergie (insbes. Birkenpollen) leiden und angeben, dass sie im Mundbereich auf bestimmte Obst- und Gemüsesorten reagieren, handelt es sich mit höchster Wahrscheinlichkeit um das orale Allergiesyndrom.
    • Birkenpollen kreuzreagieren u. a. mit Nüssen, Äpfeln, Birnen, Kiwis und Steinobst (wie Pflaumen, Kirschen und Pfirsichen).
    • Bei Beifußallergikern kommt es u. a. mit Sellerie, Karotten, Petersilie, Fenchel, Koriander, Senf, Kamille, Anis, Kümmel und Honig zu Kreuzreaktionen.
  • Informieren Sie die Patienten in diesem Zusammenhang darüber, dass die meisten Betroffenen nicht auf alle in der Liste der Kreuzreaktionen aufgeführten Nahrungsmittel reagieren.
  • Häufig werden Nahrungsmittel gekocht besser vertragen als roh, und häufig reagieren die Patienten nur während der Pollensaison.
  • Die Patienten sollen darauf achten, für eine ausgeglichene Ernährung ausreichend anderes Obst und Gemüse zu sich zu nehmen.
  • Falls dies nicht möglich ist, sollen Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden.

Milch

  • Reaktionen auf Milch können auf einer Milcheiweißallergie oder einer Laktoseintoleranz (Laktasemangel) beruhen. Die Anamnese kann Anhaltspunkte geben.
    • Laktoseintolerante Kinder haben in der Regel kurz nach der Milchaufnahme starken Durchfall und Blähungen. Sie vertragen laktosearme Milchprodukte in der Regel gut. Außer Durchfall wirken sie gesund.
    • Kinder mit Kuhmilchallergie haben auch Durchfall, aber weder so häufig noch so dünn. Die Kinder gedeihen jedoch meist nicht besonders gut (Schlafstörungen, Reizbarkeit, erhöhte Neigung zu Infektionen sowie Zeichen von Mangelernährung und schlechter Längen- und Gewichtszuwachs).

Verdacht auf Laktoseintoleranz

  • Bei einem Verdacht auf Laktoseintoleranz ist es nicht erforderlich, bei den Diätversuchen auf sämtliche Milchprodukte zu verzichten.
    • Die Patienten können Hartkäse bedenkenlos essen und vertragen häufig auch kleine Mengen Milch (z. B. in zubereiteten Lebensmitteln).
    • In den meisten Supermärkten ist laktosefreie Milch erhältlich.
    • Eine solchermaßen reduzierte Aufnahme ist bei den meisten erwachsenen Patienten völlig ausreichend, sodass keine weiteren besonderen Nahrungsmittel oder Ergänzungen erforderlich sind.
  • Falls mit dem Umstieg auf laktosefreie Milch innerhalb von 1–2 Wochen Symptomfreiheit erreicht wird, besteht meist keine Veranlassung für weitere Untersuchungen, und die Diagnose lässt sich damit stellen.
  • Falls dennoch Unsicherheit besteht, kann ein H2-Atemtest durchgeführt werden, alternativ dazu ein Gentest.

Verdacht auf Kuhmilchallergie

  • Sämtliche Formen von Milch und Milchprodukten sollen vermieden werden und bei allen zubereiteten Lebensmitteln soll sehr genau auf die Zutatenliste geachtet werden, weil Milch in sehr vielen Produkten enthalten ist.
  • Eine Anleitung durch klinische Ernährungsberater wird empfohlen.
  • Es ist sehr wichtig, dass Sicherheit in Bezug auf die Diagnose herrscht, denn eine milchfreie Diät hat große Konsequenzen für die Patienten.
  • Bei Reaktionen auf Milch findet die Entwicklung einer Toleranz oft besonders schnell statt. Aus diesem Grund sollte eine erneute Bewertung im Kleinkindalter häufig stattfinden, z. B. alle anderthalb Jahre oder jedes Jahr.4

Verdacht auf Mehl- oder Glutenintoleranz

  • Weil die Unterscheidung zwischen Patienten mit Zöliakie (Glutenintoleranz) und Patienten mit Intoleranz aufgrund anderer Ursachen schwierig ist, sollten in der Hausarztpraxis bei Verdacht auf Zöliakie keine Diätversuche geleitet werden.
  • Die Betroffenen sollten direkt zum Gastroenterologen zur weiteren Untersuchung überwiesen werden.

Verdacht auf Ei-Allergie

  • Eier können ohne besondere Konsequenzen für die Betroffenen aus der Ernährung ausgeschlossen werden.
  • Eier sind in vielen zubereiteten Produkten enthalten, sodass die Patienten sich genau in der Zutatenliste informieren müssen.

Verdacht auf Fischallergie

  • Zwar gibt es auch Allergien gegen einzelne Fischarten, aber häufig sind die Patienten gegen mehrere Fischarten sensibilisiert.
  • In der Regel müssen die Patienten auf jeden Fisch verzichten. Möglicherweise ist es angebracht, zu untersuchen, ob die anderen Fischarten vertragen werden.

Nahrungsmittel, die besondere und lebensgefährliche Reaktionen auslösen

  • Einige Patienten reagieren bereits auf extrem geringe Mengen des entsprechenden Nahrungsmittels und können auch beim Einatmen von Allergenen, die sich z. B. bei der Essenszubereitung in der Luft befinden, mit Asthmaanfällen und einem anaphylaktischen Schock reagieren.
  • Überweisen Sie diese Patienten an ein Allergiezentrum, dort erhalten sie entsprechende Beratung und Medikamente.

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patienten informieren?

  • Sorgfältige Einführung über Ausschlussdiäten

Patienteninformationen in Deximed

Checkliste und Symptomerfassung

Ratschläge zur Ernährung

Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittelintoleranzen

Weitere Informationen

Quellen

Leitlinien

  • Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie. Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien. AWMF-Leitlinie Nr. 061-031, Stand 2015. www.awmf.org

Literatur

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  3. Boyce JA, Assa'as A, Burks AW, et.al. Guidelines for the Diagnosis and Management of Food Allergy in the United States. NIH Publication No. 11-7700, 2010. www.ncbi.nlm.nih.gov
  4. Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie. Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien. AWMF-Leitlinie Nr. 061-031, Stand 2015 www.dgaki.de
  5. Eigenmann PA, Sicherer SH, Borkowski TA, et al. . Prevalence of IgE mediated food allergy among children with atopic dermatitis. Pediatrics 1998; 101: 3. pmid:9481027 PubMed
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  11. De Greef E, Hauser B, Devreker T, et al. Diagnosis and management of cow's milk protein allergy in infants. World J Pediatr. 2012;8:19-24. PubMed
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  13. Shah E, Pongracic J. Food-induced anaphylaxis: who, what, why, and where? Pediatr Ann. 2008;37:536-541. PubMed

Autoren

  • Kirsten Zimmermann, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Olching
  • Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim

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