Definition:Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC) ist eine erbliche Herzmuskelerkrankung, die vor allem den rechten Ventrikel betrifft und pathologisch durch den Ersatz von Herzmuskelgewebe durch Fett- und Bindegewebe gekennzeichnet ist.
Häufigkeit:Die Prävalenz liegt bei ca. 20–50/100.000.
Symptome:In der Frühphase mit beginnenden strukturellen Veränderungen sind die Patienten noch symptomfrei, klinisch manifest wird die ARVC meist durch Palpitationen, Synkopen oder plötzlichen Herztod. Im weiteren Verlauf der Erkrankung Symptome der Herzinsuffizienz.
Befunde:Häufig unauffälliger Untersuchungsbefund; im weiteren Verlauf Ödeme, Halsvenenstauung als Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz.
Diagnostik:Zur Diagnosestellung werden die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen herangezogen: Ruhe-EKG (Epsilon-Welle und T-Negativierung in Abl. V1–V3), Langzeit-EKG (ventrikuläre Tachykardien), Echokardiografie (Dilatation und Funktionsstörung des rechten Ventrikels), MRT (Fettinfiltrationen), molekulargenetische Untersuchung, evtl. Endomyokardbiopsie.
Therapie:Vermeidung von Wettkampfsport, in Abhängigkeit von der Risikostratifizierung Betablocker, ICD-Implantation.
Allgemeine Informationen
Definition
Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC) ist eine erbliche Herzmuskelerkrankung, die vor allem den rechten Ventrikel betrifft.1
Eine alternative, gebräuchliche Bezeichnung ist arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie (ARVD).1-2
Die Pathologie ist gekennzeichnet durch den Ersatz von Myokard durch Fett- und Bindegewebe.3
Das Septum und der linke Ventrikel können mitbetroffen sein.2,4
Allgemein handelt es sich bei Kardiomyopathien um eine heterogene Gruppe von Erkrankungen des Herzmuskels, die zu einer kardialen Dysfunktion führen.7
Nach dem europäischen Klassifikationssystem der Kardiomyopathien, das im Vergleich zum amerikanischen stärker klinisch orientiert ist, erfolgt die Klassifikation primär in 5 Phänotypen:8
geringe bis ausgeprägte Dilatation des rechten Ventrikels
Ausbildung von Aneurysmen der freien rechtsventrikulären Wand.
Veränderungen treten vorwiegend im sog. „Dysplasie-Dreieck“ des rechten Ventrikels (Bereich zwischen anteriorem Infundibulum, Apex und diaphragmalem Anteil) auf.
Septum und linker Ventrikel bleiben zumeist ausgespart, können im Einzelfall aber mitbetroffen sein.2,4
Schwierige Diagnosestellung der ARVC, es gibt keinen einzelnen spezifischen Test.3
Aktuell werden strukturelle/funktionelle, histologische, elektrokardiografische, rhythmusbezogene und familiäre/genetische Kriterien für die Diagnosestellung berücksichtigt.15
Histologisch kann die Diagnose definitiv gestellt werden.3
Allerdings niedrige Sensitivität aufgrund der segmentalen Verteilung und da Biopsien meistens aus dem (häufig nicht betroffenen) Septum entnommen werden.3
bei Biopsie der freien Wand bessere Sensitivität, aber Gefahr der Perforation/Tamponade
Elektrophysiologische Untersuchung
Nicht Bestandteil der Primärdiagnostik, kann zur Abgrenzung gegenüber benigner RVOT-Tachykardie (rechtsventrikuläre Ausflusstrakt-Tachykardie) erwogen werden.19
Genetische Beratung
Patienten mit ARVC wird eine genetische Beratung empfohlen.20
Bei durch andere Kriterien begründeter Diagnose schließt ein „negatives“ Ergebnis einer Gendiagnostik eine ARVC aber nicht aus.13
Umgekehrt muss bei „positivem“ Ergebnis der Genuntersuchung dieses im Gesamtkontext auf Plausibilität überprüft werden, da eine gefundene Mutation alleine nicht krankheitsdefinierend ist.13
Indikationen zur Überweisung
Ein erster Verdacht auf eine erbliche Herzrhythmusstörung wird in der Regel durch den Hausarzt (evtl. gemeinsam mit hinzugezogenem Facharzt) gestellt.13
Hausärzte sollten durch eine gründliche Familienanamnese Betroffene aus offensichtlichen „Risikofamilien" für plötzlichen Herztod identifizieren.13
Entscheidung über weiterführende diagnostische Schritte (spezielle Bildgebung, Event Recorder, invasive Diagnostik, molekulargenetische Untersuchung) sollte in enger Zusammenarbeit mit Spezialisten erfolgen.13
Therapie
Therapieziel
Das Hauptziel der Behandlung ist die Verhinderung eines plötzlichen Herztodes.
Allgemeines zur Therapie
Die Behandlung kann folgende Komponenten umfassen:
Anpassung des Lebensstils, vor allem hinsichtlich sportlicher Aktivitäten
ICD-Therapie (ICD = implantierbarer Kardioverter-Defibrillator): entscheidende Maßnahme zur Verhinderung des plötzlichen Herztods
katheterinterventionelle Behandlung: Ablation von arrhythmogenen Foci
chirurgische Therapie: Herztransplantation
Lebensstilanpassung
Starke sportliche Aktivität (insbesondere isometrisch) kann die rechtsventrikuläre Belastung bei genetisch determinierter Störung der Zellkontakt-Stabilität verstärken.21
Auslösung von Herzrhythmusstörungen sind möglich, es besteht ein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Herztod.
Auf Wettkampfsport sollten ARVC-Patienten daher verzichten.19
Leichter Freizeitsport (v. a. dynamische Belastungen) ohne Wettkampfcharakter ist möglich.21
Es sind allerdings keine prospektiv-randomisierten Studien verfügbar, ein Nutzen der ICD-Therapie wurde in Beobachtungsstudien/Registern aufgezeigt.22-25
Die ICD-Implantation wird bei Patienten empfohlen mit ≥ 1 Episode mit hämodynamisch instabiler, anhaltender ventrikulärer Tachykardie oder Kammerflimmern.22
Aufgrund möglicher Komplikationen ist stets eine sorgfältige Abwägung einer ICD-Therapie notwendig, auch wenn sie primär für Patient und Arzt die „sicherste“ Therapieoption zu sein scheint.13
Medikamentöse Therapie
Es gibt insgesamt nur eine begrenzte wissenschaftliche Evidenz zur medikamentösen Therapie bei ARVC.
Antiarrhythmika
Amiodaron reduziert symptomatische Tachykardien, verbessert aber wahrscheinlich nicht die Prävention eines plötzlichen Herztods.22
Empfohlen daher bei ICD-Trägern mit häufigen adäquaten Schocks zur Reduktion der Schockanzahl22
Betablocker
Arrhythmien getriggert durch adrenerge Stimulation, vor allem während und nach körperlicher Belastung22
Betablocker sollten bei allen ARVC-Patienten unabhängig von Arrhythmien erwogen werden.22
Herzinsuffizienztherapie
Bei ARVC-Patienten mit Rechts- und/oder Linksherzinsuffizienz ist die medikamentöse Behandlung entsprechend der Herzinsuffizienzleitlinien empfohlen.20,22
Katheterinterventionelle Therapie
Eine Katheterablation ist keine Methode der 1. Wahl bei ARVC.
Empfohlen bei Patienten mit anhaltenden ventrikulären Tachykardien oder zahlreichen adäquaten Schocks trotz maximaler medikamentöser Behandlung einschließlich Amiodaron
Klinisches Management und Verhinderung des plötzlichen Herztods sollten in Abhängigkeit von einer Stratifizierung in Risikogruppen durchgeführt werden.4
Gesamtmortalität 18,5 % (mittleres Alter 54 ± 19 Jahre)
jährliche Todesrate 2,3 %
Todesursachen
plötzlicher Herztod 29 %
progredientes Rechtsherzversagen 59 %
Verlaufskontrolle
Regelmäßige Risikostratifizierung und Therapieüberprüfung sollte in enger Zusammenarbeit zwischen behandelndem Hausarzt, Facharzt und spezialisiertem Zentrum lebenslang erfolgen.13
Lebenslange Verlaufskontrollen im Abstand von 1–2 Jahren empfohlen für:22
Erfassung neuer oder sich verschlechternder Symptome
Erfassung einer Progression morphologischer oder funktioneller Veränderungen des rechten (und linken) Ventrikels
Reevaluation des Risikos für plötzlichen Herztod
Optimierung der Behandlung.
Neben der klinischen Untersuchung sollte die Verlaufskontrolle umfassen:22
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Autoren
Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i.Br.
Definition:Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC) ist eine erbliche Herzmuskelerkrankung, die vor allem den rechten Ventrikel betrifft und pathologisch durch den Ersatz von Herzmuskelgewebe durch Fett- und Bindegewebe gekennzeichnet ist.
Herz/Gefäβe/Kreislauf
Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie
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