Definition:Akute, selbstlimitierende,polymorphe entzündliche Hauterkrankung, beiErkrankung der esHaut sichund/oder umder eineSchleimhäute mit einerpolymorphen InfektionErythemen. Häufigste Ursachen sind virale Infektionen (meist HSVHerpes-1simplex-Virus) oderund seltener mit Medikamenten assoziierte Überempfindlichkeits- bzw. Autoimmunreaktion handeltMedikamente.
Häufigkeit:NichtSchätzungen seltenzur jährlichen Inzidenz liegen zwischen 0,01 und 1 %, meist bei jungen Erwachsenen.
Symptome:SymptomProdromalphase istmit dasFieber plötzlicheund AuftretenKrankheitsgefühl. Jucken und Brennen im Bereich von symmetrischen erythematösen HautverHautländerungensionen, teilweiseSchmerzen rezidivierendim Bereich von Schleimhauterosionen.
Befunde:KlinischeInitial Befundetypische kokardenförmige Läsionen, im Verlauf variierendes Erscheinungsbild. Betroffen sind Hautausschlag,vor hauptsächlichallem aufdie den Streckseiten derstreckseitigen Extremitäten, den Handflächen und Fußsohlen. TeilweiseSchleimhautbeteiligung Befallvor derallem oralen Schleimhäute. In der Regel symmetrische Verteilung. Target-/schießscheibenartige Effloreszenzen sind typischenoral.
Diagnostik:FallsKlinische erforderlichDiagnosestellung, istim eineEinzelfall Hautbiopsieergänzend diagnostischBiopsie/Histologie. In der Regel klinische Diagnosestellung.
Differenzialdiagnose:Blasenbildende Hauterkrankungen mit schwerwiegendem Verlauf müssen differenzialdiagnostisch bedacht und ggf. ausgeschlossen werden.
AkuteDas Erythema multiforme (EM) ist eine akute, selbstlimitierende,polymorpheErkrankung inflammatorischeder HauterkrankungHaut und/oder der Schleimhäute mit polymorphen Erythemen.1-2
Es handelt sich um eine Hypersensitivitätsreaktion, die meist durch virale Infektionen (v. a. HSV) oder Medikamente verursacht wird.3
Charakteristisch ist Befall von Lippen und Mundschleimhaut, aber auch Genitalschleimhaut und Konjunktiven können makulär, papulös, urtikariell oder bullösbetroffen sein.
Die oralen Schleimhäute sind in 50 % mitbetroffen, dann meist in milder Ausprägung.4
am häufigesufigsten Krankheitsbild,in genaueder Zahlen2. liegenbis nicht4. vor.Lebensdekade45-6
Vorkommen überwiegendselten bei jungenKindern < 3 Jahre und Erwachsenen > 50 Jahre1,45
Kinder und ältere Menschen (> 60 LJ) sind selten betroffen.
Männer sind etwas häufiger betroffen.
Ätiologie und Pathogenese
Ätiologie
BeiÜber den90 % meistender PatientenFälle gehenwerden Herpes-simplex-Typ-1(HSV-1)-durch Infektionen dem Exanthem voraus oder treten nach Ausbruch des Exanthems klinisch in Erscheinungausgelöst.47
Durchvor molekularbiologische Methoden konnte HSV-DNA in läsionaler Haut nachgewiesen werden.
Es gibt Hinweise auf eine genetische Prädisposition des Erythema multiforme mit folgenden HLA-Assoziationen: HLA-DQw3, DRw53, AW33.
Auch Assoziationen mit anderen Infektionen wie HSV-2, Orf-Virus, Histoplasma capsulatum, EBV, Streptokokken oder Mykoplasmen sind beschrieben.4
Häufig wird das EEM nach Medikamenteneinnahme auch in Kombination mit Infektionen beobachtet.
Pathogenetisch handelt es sich um eine zelluläre zytotoxische (Auto-)Immunreaktion gegen Keratinozyten.4,7
Infektionen
Mehr als die Hälfte der Fälle beruht auf einer Infektion mit demallem Herpes-simplex-Virus.7-9 (HSV)
bei Kindern auch gehäuft durch Mykoplasmen-Infektion, Streptokokken-Tonsillitis und Pilzinfektionen
Insgesamt sind weiterezahlreiche InfektionsursachenAuslöser in der Literatur beschrieben, manche Fälle bleiben aber auch ätiologisch ungeklärt.1,4,6,8-10
Darüber hinaus gibt es Berichte über Erythema multiforme in Verbindung mit Impfstoffen und anderen Viren.
Bei bestimmten Patienten treten rezidivierende Ausbrüche auf, insbesondere bei Reaktivierung von HSV-1 und HSV-2.11-12
Medikamente
Beim Erythema multiforme stellen Medikamente eine ebenfalls mögliche Ursache dar, häufig jedoch in Kombination mit einer (viralen) Infektion.13
Medikamente (systemisch oder lokal) als mögliche Auslöser:2
Zytotoxische Immunreaktion gegen Keratinozyten (die toxischz. B. epidermaleHSV-Antigene Nekrolyseexprimieren), CD8-positive T-Lymphozyten induzieren Apoptose der Keratinozyten.4 als Differenzialdiagnosen sind dagegen fast immer auf Medikamente zurückzuführen.
blasenbildende Hauterkrankungen nach Medikamenteneinnahme, meist ältere Patienten, deutlich schwerwiegenderer Verlauf, oft Intensivpflichtigkeit, hohe Letalität
OftProdromi (ca. 1 Woche vor Auftreten der Hautläsionen), bei EM minor nur mild, bei EM major oft ausgeprägt
Fieber
grippeartiges Krankheitsgefühl
Symptome
schnelle und symptomarm,schubweise ohneEntstehung Prodromivon Hautläsionen innerhalb einiger Tage4
AmJuckreiz häufigstenoder inBrennen der Altersgruppe 20–40 Jahre
Am Ausschlag kann geringer Juckreiz und ein brennendes Gefühl auftreten.
Die einzelnen Läsionen zeigen sich schnell als zahlreiche, scharf umgrenzte rote und rosafarbene Makulae, die nach und nach papulös werden.
Erythema multiforme
Oft werden die Papeln kontinuierlich größer und entwickeln sich zu Plaques mit mehreren Zentimetern Durchmesser.
Der zentraleim Bereich der Papeln wird zunehmend intensiver dunkelrot, braun oder lila, und dort können sich gelegentlich Krusten und Blasen bilden.Hautläsionen7
DieSchmerzen einzelnenim LBereich von Schleimhautläsionen verbleiben mindestens eine Woche lang.1
Selten schwere Verlaufsformen wurden früher als Erythema multiforme major mit Übergang zum Stevens-Johnsons-Syndrom (SJS) bezeichnetBrennen, heuteLakrimation, wirdPhotophobie, dasVisusminderung SJSbei jedoch als pathogentisch distinkte Hautreaktion angesehen.Augenbeteiligung5
Fieber, beeinträchtigter Allgemeinzustand, Blasenbildung in bullöser Form und Schleimhauterosionen
InitialZurückliegende ist(ca. eine1–2 erythematöseWochen) PapelInfektionen zu(v. a. erkennen, und später entwickelt sich eine Kokarde mit einer dunklen Mitte, umgeben von einem helleren und weiter außen einem rötlichen Bereich.HSV)
BlasenbildungMedikamente tritt(v. a. inNSAR, schwererenSulfonamide, FällenAntibiotika, auf.Antiepileptika)
Vorerkrankungen
Klinische Untersuchung
DasArt Erythemader multiformeHautläsionen
initial tritterythematöse Plaques mit Entwicklung einer typischen Kokardenform: zentrale dunkelrote Zone, umgeben von heller erythematöser Zone, außen dunkelroter Ring4
im Verlauf evtl. variierendes Erscheinungsbild der Läsionen7
Variante des EM majus (Fuchs-Syndrom): ausschließliche Beteiligung von Konjunktiven und Zunge)Genitalschleimhaut4
Erythema
Ergänzende multiforme
Typische Target-(Schießscheiben-)Läsionen bestehen aus 3 konzentrischen Bereichen mit dunkelroten Farbänderungen, die sichUntersuchungen in der Regelhausärztlichen aufgrund des Venendrucks akral auf den Händen und Füßen befinden.
Zentrale Blasenbildung ist möglich.
Target-Läsionen sind oft erst einige Tage nach Beginn des Hautausschlags erkennbar.
Das histologische BildLabor ist typisch:häufig Korbgeflechtartiges orthokeratotisches Stratum corneum, ausgeprunauffägtes intra- und subepidermales Ödem bis hin zur subepithelialen Blasenbildungllig.4
Die Entzündungsparameter können erhöht sein (BSG, CRP, Leukozyten).4
Evtl. serologische Untersuchungen auf zurückliegende Infektionen (HSV, Mykoplasmen).10
Diagnostik bei Spezialist*innen
Biopsie/Histologie
Vor allem auch zum Ausschluss anderer Hauterkrankungen
Klinikeinweisung bei V. a. schwere, insbesonderegeneralisierte der blasenbildenden HauterkrankungenHautreaktion (SJS/TEN, SSSS, TSS, Pemphigus, bullöses Pemphigoid u. a.), die einen teilweise sehr schweren klinischen Verlauf nehmen können.
Bei Unsicherheit bezüglich der Abgrenzung zu einer schwerwiegend verlaufenden blasenbildenden Hauterkrankung Krankenhauseinweisung, da diese Erkrankungen schnell einen foudroyanten Verlauf nehmen können.
Therapie
Therapieziele
SchwerwiegendeSymptome Verlaufsformen erkennen und Differenzialdiagnosen nicht übersehenlindern.
Bei einer Behandlung von Erythema multiforme ist – soweit möglich – die zugrunde liegende Ursache zu identifizieren. Der erste Schritt inBeendigung der Therapieverursachenden ist in diesem Fall, die vermutete Infektion zu behandeln oder das auslösende Medikament abzusetzen.14Medikation
Leichte Fälle erfordern keine medikamentöse Behandlung.
Der Einsatz antiinflammatorischer Medikamente sollte mit Bedacht erfolgen, um medikamentös bedingte Reaktionen an der Haut nicht zu verstärken.
Beim Erythema multiforme treten Papeln und Plaques mit mehreren Zentimetern Durchmesser auf. Typisch ist ein Schießscheiben-(Target-) Phänomen, teilweise Blasenbildung.
Quellen
Literatur
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AutorenAutor*innen
CarolineMichael BeierHandke, Prof. Dr. med., FachärztinFacharzt für AllgemeinmedizinInnere Medizin, HamburgKardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i.Br.
ToreDie Sursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärnhult,rztlichen överläkare,Online-Handbuch Hudmottagningen,Norsk KungsbackaElektronisk Legehåndbok (MedibasNEL, https://legehandboka.no/)
Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
Sylvi Torvund, spesialist i allmennmedisin, Nidarvold legesenter, Trondheim
Kristin Ryggen, overlege, Hudavdelingen, Regionsykehuset i Trondheim.