Definition:Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine progressive neurodegenerative Erkrankung, die selektiv die Motoneuronen in allen Teilen des Nervensystems schädigt: im Rückenmark, Hirnstamm und motorischen Kortex.
Inzidenz:Die Inzidenz beträgt ca. 1,5–2,5 Neuerkrankungen je 100.000 EinwohnerEinw. pro Jahr.
Symptome:ALS beginnt meist asymmetrisch und in den Extremitäten. Typische frühe Symptome sind Schwäche und Ungeschicklichkeit der Hand mit einer sich allmählich entwickelnden Atrophie der Muskulatur von Hand und Arm.
Befunde:Zu den frühen klinischen Befunden zählen atrophische Muskelschwäche, oft zunächst in den Händen und Armen, leichte Spastizität der Extremitäten sowie eine generalisierte Hyperreflexie.
Diagnostik:Abgesehen von der EMG dienen weitere Untersuchungen in erster Linie dazu, andere Erkrankungen auszuschließen.
Therapie:Eine kurative Therapie gibt es nicht; die Therapie erfolgt daher symptomatisch und palliativ.
Allgemeine Informationen
Definition
Auch als myatrophe Lateralsklerose oder Motoneuronenerkrankung bezeichnet.
Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine progressive neurodegenerative Erkrankung, die die Motoneuronen aller Teile des ZNS betreffen kann: des Rückenmarks, des Hirnstamms und des motorischen Kortex.1
Bei ALS sind meist sowohl das 1. als auch das 2. Motoneuron betroffen, und es kommt in den nachgeschalteten Muskeln zu Kraftminderung, Atrophie und bei einem Teil der PatientenPatient*innen zur Spastik.
Die ersten (oberen) Motoneuronen sind im motorischen Kortex lokalisiert und leiten die motorischen Potenziale an die zweiten Motoneuronen weiter.
Die zweiten (unteren) Motoneuronen sind die efferenten Nervenzellen, die vom Rückenmark oder Hirnstamm ausgehend zu den einzelnen Muskeln verlaufen.
ALS zählt zu den Motoneuronerkrankungen. Genetische Studien legen nahe, dass die Grenzen zwischen ALS und einigen anderen Motoneuronerkrankungen sowie zu den frontotemporalen Demenzen fließend sind.2-3Folgende Erkrankungen werden heute als Teil des ALS-Spektrums angesehen:
progressive Bulbärparalyse
Flail-Arm-/Flail-Leg-Syndrom
progressive Muskelatrophie (nicht zu verwechseln mit der progressiven Muskeldystrophie)
Körperliche Anzeichen der Krankheit umfassen Ausfallerscheinungen sowohl des 1. als auch des 2. Motoneurons in Form von Muskelschwäche in den Armen, Beinen und im Gesicht sowie Schwierigkeiten beim Sprechen, Schlucken und Atmen. Vor allem infolge der Schluckstörung kommt es zur Hypersalivation (Sialorrhö).
Häufigkeit
Inzidenz
Beträgt international etwa 1,5–2,5 Neuerkrankungen je 100.000 EinwohnerEinw. pro Jahr.1,5
Liegt laut einer süddeutschen Registerstudie in Schwaben bei 3,1/100.000.6
Prävalenz
Liegt wegen der kurzen Lebenserwartung nur bei 6–10 Individuen pro 100.000 EinwohnerEinw.6
Nach Geschlecht
Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Das Verhältnis beträgt ca. 3:2.
Nach Alter
Die Krankheit tritt meist nach dem 50. Lebensjahr auf.
Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei ca. 55 Jahren, aber auch jüngere Menschen können betroffen sein.
Geografische Verbreitung
endemisch erhöhte Prävalenz im pazifischen Raum, z. B. auf Guam7
Bei etwa 10–20 % der von der erblichen Form Betroffenen ist eine Mutation des SOD1-Gens zu beobachten, das das Enzym Cu-Zn-Superoxiddismutase kodiert.
Einer Hypothese zufolge wirkt die Akkumulation und Aggregation des mutierten SOD1-Gens toxisch auf die Organellen und führt somit zum Zelltod.
Interferenz mit anti-apoptotischen Mechanismen kann zum programmierten Absterben des Motoneurons führen.
Exzitotoxizität, oxidativer Stress, Mikrogliaaktivierung, mitochondriale Dysfunktion, gestörter axonaler Transport und Autoimmunität sind diskutierte Mechanismen, die die neuronale Schädigung bei ALS verursachen könnten.1,15-17
Pathophysiologie
ALS ist eine neurodegenerative Erkrankung, die durch den progressiven Verlust kortikaler (frontotemporaler), bulbärer (Pons, Medulla) und spinaler Motoneuronen gekennzeichnet ist.18
Auf das Absterben der motorischen Zellen folgt eine axonale Degeneration mit anschließender Denervation und Reinnervation der entsprechenden Muskeln.
Zu kognitiven Dysfunktionen kommt es bei 20–50 % der Betroffenen, und 5–15 % entwickeln eine frontotemporale Demenz.19-20
Pathologisch-anatomische Befunde
Hauptbefund ist der Verlust der motorischen Vorderhornzellen und der Motoneuronen des Rückenmarks, des Hirnstammes und des Kortex.
Große Neuronen sind als Erste betroffen; untergegangene Zellen werden durch Astrozyten ersetzt.
Überlebende Zellen atroph und mit Lipofuszin gefüllt
Zytoplasmatische Einschlusskörperchen
Bei ausgeprägten Zellverlusten im frontotemporalen Kortex kommt es zur Demenz.
Histologisches Bild einer Low-grade-Entzündung
Prädisponierende Faktoren
Alter über 40 Jahre
Viele Umweltfaktoren wurden als mögliche Risikofaktoren für ALS in Betracht gezogen, aber die Studienlage hierzu ist ungenügend und hat noch keine klaren Hinweise auf einen Zusammenhang erbracht.1,21-23
ICPC-2
N99 Neurologische Erkrankung, andere
ICD-10
G12 Spinale Muskelatrophie und verwandte Syndrome
G12.2 Motoneuron-Krankheit
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
Die Diagnose gründet sich auf Zeichen einer progredienten Degeneration des 1. und 2. Motoneurons in einer oder mehreren Körperregionen.
Die bisher häufig verwendeten El-Escorial-Kriterien sind laut Deutscher Gesellschaft für Neurologie als wissenschaftliches Hilfsmittel anzusehen und für die routinemäßige Anwendung in der Praxis nicht geeignet.4
Die Awaji-Kriterien stützen sich auf den klinischen oder elektrophysiologischen Nachweis von Funktionsstörungen des 1. und/oder 2. Motoneurons.
Die Diagnose anhand der revidierten El-Escorial- oder Awaji-Kriterien weist eine hohe Inter-Rater-Variabilität auf. Die Sensitivität beider Verfahren ist vergleichbar (64 % für El-Escorial- und 63 % für Awaji-Kriterien), die Spezifität beider Verfahren liegt bei 99,5 %. Eine Vereinfachung der diagnostischen Kriterien wäre wünschenswert und wird derzeit diskutiert (Stand Februar 2020).24
Hauptkriterien
Funktionsstörung des 2. Motoneurons
progrediente Kraftminderung und Muskelatrophie
EMG spricht für fortschreitende neurogene Muskelatrophie.
Faszikulationen
Funktionsstörung des 1. Motoneurons
Hyperreflexie
Kraftminderung in den Extremitäten
In etwa 5–10 % der Fälle Beteiligung des frontotemporalen Kortex
Verhaltensauffälligkeiten und kognitive Defizite (Näheres siehe Artikel über frontotemporale Demenz)
Was eher gegen die Diagnose ALS spricht, sie aber nicht ausschließt:
sensible Defizite
Schmerzen (außer Muskelschmerzen)
Beeinträchtigung der Sphinkterfunktion (Ausnahme: bestimmte erbliche Formen).4
Objektivierbare Funktionsstörungen sensorischer Nerven sind nie durch ALS bedingt, sondern nur durch neurologische Komorbidität erklärbar.
Über Monate und Jahre weder starke Fluktuationen noch Stabilisierung der motorischen Defizite, sondern annähernd linearer Progress
Unterschiedliche Lokalisation der betroffenen Muskulatur je nach erkranktem ZNS-Abschnitt: kortikal, bulbär, zervikal, thorakal oder lumbal
Spinaler Krankheitsbeginn
ALS beginnt meist asymmetrisch und in den Extremitäten (bei 75 %), allerdings kann die Krankheit auch in jedem anderen Muskelbereich einsetzen, einschließlich dem N. phrenicus (Respiration).
Es ist zu unterscheiden zwischen einem zervikalen und einem lumbalen Krankheitsbeginn.
Zervikaler Krankheitsbeginn
Typische frühe Symptome sind Schwäche und Ungeschicklichkeit der Hand mit einer sich nach und nach entwickelnden Atrophie der Muskulatur von Hand und Arm.
Die PatientenPatient*innen haben Schwierigkeiten mit feinmotorischen Fingerbewegungen, begleitet von einer charakteristischen Steifigkeit der Finger.
Eine Ausbreitung in die Hand und den Arm der anderen Körperhälfte ist im Laufe von Wochen oder Monaten möglich.
Die Muskelatrophie progrediert, und es kommt mit der Zeit vermehrt zu Faszikulationen.
Faszikulationen erlangen erst dann klinische Bedeutung, wenn sie ausgebreitet und in Verbindung mit einer geschwächten Muskulatur auftreten.
Lumbaler Krankheitsbeginn
Die Muskelschwäche kann ihren Ausgang auch im lumbosakralen Bereich des Rückens nehmen.
Äußert sich in einer Tendenz zum Stolpern sowie in Form von Schwierigkeiten beim Treppensteigen (proximale Schwäche).
Die Krankheit ist ausnahmslos progressiv: Es entwickeln sich nach und nach Spastizität und zunehmende Schmerzen beim Gehen, bis die PatientenPatient*innen schließlich bettlägrig werden.
Progressive Bulbärparalyse
Bei ca. 25 % finden sich Anzeichen einer Bulbärparalyse, noch ehe sich Symptome in anderen Körperregionen ausbilden.
Die gesprochene Sprache verändert ihren Charakter und die Stimme wird zunehmend heiser, bis schließlich auch die Aussprache immer undeutlicher wird (Dysarthrie).
Schluckbeschwerden sind häufig; es kommt zum Verschlucken (Dysphagie).
Die Augen zeigen keine Symptome.
Eine bulbäre Beteiligung kann sich von den unteren Motoneuronen herleiten (Bulbärparalyse) oder von den oberen Motoneuronen (Pseudobulbärparalyse) oder von beiden.
Eine Bulbärparalyse äußert sich in Form einer oberen und unteren Gesichtsschwäche sowie mit reduzierten Zungenbewegungen in Zusammenhang mit einer Atrophie, Schwächung und mit Faszikulationen der Zunge.
Eine Pseudobulbärparalyse ist durch emotionale Labilität (pathologisches Lachen oder Weinen), plötzliche Kieferzuckungen und Dysarthrie gekennzeichnet.
Im Frühstadium ist die ALS oft schwer zu erkennen.
Symptome des 1. Motoneurons sind häufig maskiert und lassen sich erst in der darauf fokussierten neurologischen Untersuchung nachweisen.
Generalisierte Faszikulationen und Krämpfe sind charakteristisch und häufig. Sie sind aber weder spezifisch noch notwendig für die Diagnose ALS.
Atrophische Muskelschwäche, zunächst in den Händen und Armen
Langsame, stetige Ausbreitung von bereits befallenen auf angrenzende Körperregionen
Vermeintlicher „Stillstand“ oder „Besserung“ der Erkrankung machen eine ALS unwahrscheinlich.4
Die Beinmuskulatur bleibt oft lange symptomfrei.
Leichte Spastik der Extremitäten
Generalisierte Hyperreflexie
Evtl. invertierter Plantarreflex (Kontraktion des Antagonisten)
Verteilungsmuster Atrophie: Die Abduktoren, Adduktoren und Extensoren der Finger und Daumen sind oft vor den langen Flexoren betroffen.
Oberarm- und der Schultermuskeln sind erst später betroffen.
Die atrophische Muskelschwäche weitet sich aus und erfasst nach und nach auch Hals, Zunge, Rachen und Larynxmuskulatur, die unteren Extremitäten und den Rumpf.
Bei progressiver Bulbärparalyse
Atrophie, verminderte Beweglichkeit und Faszikulationen von Zunge und mimischer Muskulatur
lebhafter Kieferreflex
Objektive sensorische Befunde sind mit der Diagnose ALS unvereinbar, sofern sie nicht auf eine neurologische Komorbidität zurückzuführen sind.1
Zeigt den Grad der Schädigung motorischer Vorderhornzellen an. Umfassende Fibrillationen und Faszikulationen sind als Zeichen einer aktiven Denervierung zu werten.
Die Nervenleitgeschwindigkeit ist normal.
MRT des Kopfes, der gesamten Medulla oblongata und ggf. des Rückenmarks
Ist oft ohne Befund.
Wird verwendet, um eine spondylotische Myelopathie und Tumoren im Spinalkanal auszuschließen.
FDG-PET
Ist geeignet, einen evtl. Hypometabolismus im primären motorischen Kortex aufzuzeigen.30-31
Während einige hierin nur einen geringen Nutzen sehen18, stellt die Untersuchung für andere ein wichtiges differenzialdiagnostisches Instrument zur Abgrenzung von einer Myopathie dar. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie empfiehlt sie vor allem zur Abgrenzung von einer Polymyositis oder einer Einschlusskörperchenmyositis.4
Bei Demenz: VLCFA (Very Long Chain Fatty Acids) im Serum, Arylsulfatase A im Serum
Kommt nur bei PatientenPatient*innen mit positiver Familienanamnese infrage oder bei jungen PatientenMenschen mit sehr frühem Erkrankungsbeginn und schnellem Progress (Verdacht auf De-novo-Mutation im FUS-Gen).
nur nach vorheriger genetischer Beratung und schriftlicher Einverständniserklärung
Reihenfolge der Gensuche nach Häufigkeit des Auftretens: zunächst nur C9ORF72, dann SOD1, FUS, TARDBP (TDP-43)
bei Verdacht auf Kennedy-Syndrom: Androgenrezeptorgen
Indikationen zur Überweisung
Bei akuten und schweren Lähmungserscheinungen ist eine sofortige Klinikeinweisung angezeigt. Die stationäre Behandlung sollte an einem spezialisierten Zentrum erfolgen.4
Therapie
Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.4,8,18,32
Therapieziele
Progression verlangsamen.
Beschwerden lindern.
Allgemeines zur Therapie
Eine kausale Therapie für ALS gibt es nicht.
Die Schwierigkeiten, denen sich die PatientenPatient*innen im Zuge der fortschreitenden Erkrankung gegenüber sehen, sind so vielfältig und komplex, dass sie einen interdisziplinären und multimodalen Ansatz erfordern.4,33
Erkrankungsmodifizierende Therapie
Eine Reihe unterschiedlicher Präparate wurde getestet, doch ist bisher (Stand Februar 2020) lediglich Riluzol als Wirkstoff für diese Indikation zugelassen; indessen ist die Qualität der Studien noch unbefriedigend.34-35
Randomisiert kontrollierten Studien zufolge scheint Riluzol die mediane Überlebenszeit um 2–3 Monate zu verlängern.35
Ist ggf. zu verschreiben, sobald die Diagnose feststeht.18
Die PatientenPatient*innen sollten versuchen, so lange wie möglich ein normales Leben zu führen.
Selbsthilfegruppen und -vereine können eine wichtige Ergänzung zur medizinischen Behandlung darstellen.
Eine Ernährungsberatung ist insbesondere in fortgeschrittenen Stadien bei bulbärem Befall unverzichtbar. Pürierte Nahrung und Ernährung in flüssiger Form sind dann häufig erforderlich.
Medikamentöse Therapie
Glutamatantagonist Riluzol (Tabletten)
Kann die Initialphase der Erkrankung hinauszögern und verlängert nachweislich die Überlebenszeit von PatientenPatient*innen mit bulbärem Befall um 2–3 Monate.15
Riluzol, Tabletten 50 mg: je 1 Tablette morgens und abends
Verschreibung durch Neurologen
Medikamente in der Entwicklungs- und Erprobungsphase32
Edaravone
Radikalfänger, bindet Peroxylradikale und Peroxynitrit.
Das Medikament seit 2018 in Japan, Südkorea, den USA, Kanada und der Schweiz zugelassen.
In den zulassungsrelevanten Studien konnte eine Verlangsamung der Krankheitsprogression gezeigt werden.
Dieser Effekt scheint auf ALS-PatientenPatient*innen beschränkt zu sein, die den Einschlusskriterien der Phase-III-Studien entsprechen. Dazu zählen: Zeichen einer ALS in mindestens 2 Körperregionen, Erkrankungsdauer von ≤ 2 Jahre, gute Atemfunktion (Forcierte Vitalkapazität ≥ 80 %), geringer bis mittlerer ALS-Schweregrad sowie geringe bis mittlere Krankheitsprogression.
Aufgrund der ablehnenden Bewertung der europäischen Zulassungsbehörde EMA hat der Hersteller den Zulassungsantrag im Juni 2019 zurückgezogen.36-37
Trotz der fehlenden Zulassung von Edaravone in Deutschland ist das Medikament grundsätzlich auch in Deutschland verfügbar und kann über internationale Apotheken importiert werden.
Eine deutsche ALS-Expertengruppe empfiehlt, eine Behandlung mit Edaravone nur bei den PatientenPatient*innen in Erwägung zu ziehen, die den Einschlusskriterien der Phase-III-Studien (s. o.) entsprechen.32,38
Rasagilin
MAO-B-Hemmer, seit langem zur Therapie des M. Parkinson zugelassen.
Eine randomisiert kontrollierte Studie zeigte keinen signifikanten Effekt bezüglich des Überlebens der Gesamtpopulation, aber in der Subgruppe mit schneller Progression einen deutlichen Effekt auf das Fortschreiten der im ALSFRS-R gemessenen Krankheitsschwere.39
Ein Off-Label-Einsatz in dieser Subgruppe kann erwogen werden.32
Derzeit in Phase III der klinischen Entwicklung befindliche Substanzen (Auswahl, Stand Februar 2020):
Arimoclomol
Wirkt als Aktivator der Hitzeschockantwort.
Levosimendan
Soll die Skelettmuskelfunktion des Zwerchfells verbessern.
Hemmt den Tyrosin-Kinase-Rezeptor Kolonie-stimulierenden Faktor 1R (CSF-1R) und verhindert eine CSF-induzierte Proliferation und Expression von inflammatorischen Faktoren.32
Fasudil
Rho-Kinase (ROCK)-Inhibitor
Scheint die axonale Regeneration zu verbessern und die mikrogliale Funktion zu modulieren.
Benzodiazepine (z. B. Lorazepam) sind anxiolytisch wirksam; allerdings ist deren mögliche atemdepressive Wirkung zu berücksichtigen. Sie sind deswegen vorsichtig aufzudosieren.
Geräte zur Hustenhilfe („Cough Assist“) werden von vielen PatientenPatient*innen genutzt, um die Sekretmobilisation zu erleichtern, wenn die Kraft zum Abhusten nicht mehr ausreicht.
Bislang sind keine verlässlichen Aussagen zum therapeutischen Nutzen möglich.45
Ateminsuffizienz
Die Symptome einer chronischen nächtlichen Hypoventilation wie Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit können über Monate und Jahre vor dem endgültigen Versagen der Atmung bestehen und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
Die meisten PatientenPatient*innen sterben an Lungenversagen.
evtl. schleimlösende Mittel wie N-Acetylcystein
ggf. Tracheotomie und künstliche Beatmung
kurzwirksame Benzodiazepine (z. B. Lorazepam) oder Morphin46
SSRI oder Amitriptylin möglicherweise von Vorteil47
Pseudobulbäre emotionale Labilität
Tritt bei bis zu 50 % der Betroffenen auf.
scheinbar grundloses, hemmungsloses Lachen oder Weinen
Es liegt jedoch keine affektive Störung vor, sondern lediglich eine enthemmte Ausdrucksbewegung, was im sozialen Umfeld jedoch starke Irritationen auslösen kann.
Kann mit Amytriptylin, Fluvoxamin oder Chinidin/Dextramethorphan behandelt werden.4,48
Psychosoziale Betreuung von PatientenPatient*innen und Angehörigen durch:
PsychotherapeutenPsychotherapeut*innen
Palliativmediziner*innen
Selbsthilfegruppen.
Palliativmedizin und Sterbebegleitung
Erstellung und kontinuierliche Überprüfung einer Patientenverfügung
Notfallplan für die Familie und Angehörigen
wenn möglich, Anbindung an ein palliatives Netzwerk4
Terminalphase
In einer Studie mit 171 ALS-PatientenPatient*innen starben mehr als 90 % nach ärztlichem Ermessen friedlich, die meisten im Schlaf; bei keinem kam es zu einem qualvollen Ersticken.49
Unruhe und Anzeichen von Atemnot sind am besten mit Morphin oral, subkutan oder intravenös zu behandeln.
Angstzustände können mit Lorazepam oder Midazolam behandelt werden. Die Dosis wird so weit erhöht, bis eine zufriedenstellende Wirkung erreicht ist.
Einer Metastudie zufolge besteht keine Gefahr, die Lebenszeit durch eine dieser Maßnahmen zu verkürzen.46
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Gleichmäßig progredienter Verlauf ohne merkliche Schwankungen. Vermeintlicher Stillstand oder Besserung der Symptomatik sind immer Anlass zur Überprüfung der Diagnose ALS. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt bei progressiver Bulbärparalyse etwa 3 Jahre.
Bei leichteren Verlaufsformen, bei denen in erster Linie die unteren Motoneuronen angegriffen sind, können die PatientenBetroffenen viele Jahre mit der Krankheit leben.
Komplikationen
Rezidivierende Infektionen der Lunge infolge reduzierter Lungenfunktion
Prognose
Etwa die Hälfte der PatientenPatient*innen stirbt innerhalb von 2,5 Jahren nach Diagnosestellung.
Nach 10 Jahren leben noch etwa 10 %.
Die PatientenPatient*innen werden mit der Zeit bettlägrig und pflegebedürftig.
Indikatoren für eine schlechte Prognose
Fälle mit bulbärem Krankheitsbeginn haben eine schlechtere Prognose als Fälle mit spinalem Beginn.
Ein hohes Alter bei Krankheitsbeginn, eine niedrige forcierte Vitalkapazität (FVC), eine kurzer Zeitraum zwischen dem ersten Auftreten der Symptome und dem medizinischen Erstkontakt sowie ein bulbärer Anfangsverlauf sind sämtlich Indikatoren für eine schlechte Prognose.50
In der Regel eine bessere Prognose als andere Verlaufsformen der ALS haben:
Bei der progressiven Muskelatrophie tritt der bulbäre Befall zwar oft erst spät oder gar nicht auf, die Erkrankung schreitet aber oft schnell voran und die Prognose ist mit der anderer Verlaufsformen vergleichbar.51
Verlaufskontrolle
Die Verlaufskontrolle erfordert einen fachübergreifenden Ansatz.
Besonderes Augenmerk gilt Verlaufsparametern, die eine grundlegende Änderung der Therapie einschließlich stationärer Behandlung induzieren können.
Proaktive Begleitung der PatientenPatient*innen mit dem Ziel, Akzeptanz gegenüber der gegenwärtigen Situation zu fördern und auf die zu erwartenden Schwierigkeiten im weiteren Krankheitsverlauf vorzubereiten.
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die PatientenPatient*innen informieren?
Über Selbsthilfegruppen und -vereine
Die PatientenPatient*innen sollten die individuellen Möglichkeiten des sozialen Rückhalts ausloten.
Eine in späten Stadien der Krankheit erforderliche künstliche Beatmung sollte rechtzeitig mit den PatientenBetroffenen und ihren Angehörigen besprochen werden.
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AutorenAutor*innen
Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
TerjeDie Johannessenursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, professor i allmennmedisin, redaktør NEL
Espen Dietrichs, professor og avdelingsoverlege, Universitetet i Oslo og Nevrologisk avdeling, Rikshospitalet, Oslohttps://legehandboka.no/).
G12; G122
N99
Progressive neurodegenerative Erkrankung; Schwäche; Ungeschicklichkeit der Hand; Asymmetrische Parese; Atrophie der Handmuskulatur; Atrophie der Armmuskelatur; Armmuskelatrophie; Handmuskelatrophie; Atrophische Muskelschwäche; Motoneuronenerkrankung; Motoneuronen-Erkrankung; ALS-Spektrum; Progressive Bulbärparalyse; Flail-Arm-/Flail-Leg-Syndrom; Vulpian-Bernhart Syndrom; Progressive Muskelatrophie; Primäre Lateralsklerose; ALS mit frontotemporaler Demenz; C9ORF72-Gen; SOD1-Gen; Familiäre ALS; Glutamattoxizität; Hypersalivation; Bronchiale Hypersekretion
Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
BBB MK 28.02.2020, neue LL.
chck go 5.7.
TH 5.7.16
Definition:Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine progressive neurodegenerative Erkrankung, die selektiv die Motoneuronen in allen Teilen des Nervensystems schädigt: im Rückenmark, Hirnstamm und motorischen Kortex.