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Sepsis

Zusammenfassung

  • Definition:Sepsis ist definiert als eine lebensbedrohliche Organdysfunktion, die durch eine fehlregulierte Wirtsantwort auf eine Infektion verursacht wird.
  • Häufigkeit:Im Jahr 2013 280.000 Patient*innen mit Sepsis in Deutschland. Die adjustierte Rate betrug 335/100.000 Einw., die Krankenhaussterblichkeit 24 %.
  • Symptome:Verwirrtheit, Tachypnoe, Fieber, Oligo-/Anurie.
  • Befunde:Hypotonie, Tachykardie, Hyper- oder Hypothermie, Hypoxämie, Thrombozytenabfall, Laktatanstieg, Anstieg von Nieren- und Leberwerten.
  • Diagnostik:VerdachtDiagnosestellung auf bzw. Nachweis einerbei Infektion in Kombination mit demeiner qSOFA-infektbedingten oderOrgandysfunktion (SOFA-Score. Die SIRS-Kriterien werden nicht mehr verwendet).
  • Therapie:Intensivmedizinische Behandlung: Kreislaufstabilisierung mit Volumentherapie und ggf. Vasopressoren, antimikrobielle Therapie.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Sepsis ist definiert als eine lebensbedrohliche Organdysfunktion, die durch eine fehlregulierte Wirtsantwort auf eine Infektion verursacht wird.1-23
  • 2016 Veröffentlichung neuer Definitionen für Sepsis und septischen Schock: „The Third International Consensus Definitions for Sepsis and Septic Shock (Sepsis-3)“1
    • Keine Anwendung mehr der 1991 eingeführten SIRS-Kriterien zur Definition der Sepsis!
      • SIRS-Kriterien sind häufig auch bei Patient*innen ohne lebensbedrohliche Infektion erfüllt.
      • Umgekehrt sind trotz lebensbedrohlicher Infektion die SIRS-Kriterien nicht selten nicht erfüllt.
    • Die bisherige Einteilung in Sepsis, schwere Sepsis (AWMF) und septischer Schock unter Verwendung der SIRS-Kriterien entfällt.

Organdysfunktion – Erfassung mit SOFA-Score

  • Zentrum steht nun der SOFA-Score zur Beurteilung des Schweregrades der Organdysfunktion.
  • SOFA = Sequential (Sepsis-Related) Organ Failure Assessment mit 6 Kriterien:34
    1. Respiration
    2. Gerinnung
    3. Leberfunktion
    4. Herz-Kreislauf-Funktion
    5. ZNS-Funktion (Glasgow Coma Scale)
    6. Nierenfunktion.
  • Für jedes der 6 SOFA-Kriterien werden zwischen zwischen 0 und 4 Punkte vergeben.
  • Organdysfunktion ist definiert als akute Veränderung des SOFA-Score ≥ 2 infolge einer Infektion.
    • Anstieg SOFA-Score ≥ 2 entspricht einer Krankenhausmortalität > 10 %.1
  • qSOFA (quickSOFA) als Screening-Tool für Organdysfunktion außerhalb der Intensivstation (außerhalb des Krankenhauses, Notaufnahme, Normalstation)2
    • qSOFA mit 3 Kriterien (jeweils 1 Punkt)45
      1. Atemfrequenz ≥ 22/min
      2. systolischer Blutdruck ≤ 100 mmHg
      3. Bewusstseinsveränderung (GCS < 15).
    • qSOFA positiv bei ≥ 2 Punkte
      • qSOFA = 2 Punkte: Mortalität 3-fach erhöht2
      • qSOFA = 3 Punkte: Mortalität 14-fach erhöht2

Septischer Schock

  • Untergruppe der Sepsis mit stark erhöhter Mortalität (4060 %) durch schwere hämodynamische und zelluläre, metabolische Veränderungen1
  • Klinisch liegt ein septischer Schock vor, wenn bei Sepsis trotz ausreichender Flüssigkeitszufuhr1
    • die Gabe von Vasopressoren für einen MAP ≥ 65 mmHg notwendig ist.
    • das Serum-Lactat bei > 2 mmol/l iegtliegt.

Häufigkeit

  • Inzidenz56
    • zwischen 2007 und 2013 Anstieg der Krankenhausfälle mit Sepsis von 201.000 auf 280.000
    • Anstieg der adjustierten Rate im gleichen Zeitraum von 256 auf 335/100.000 Einw.
    • Die Inzidenz ist besonders hoch bei Neugeborenen und älteren Patient*innen.
  • Mortalität56
    • zwischen 2007 und 2013 Rückgang der Krankenhausmortalität von 27,0 auf 24,3 %
    • Mortalität beim septischen Schock weiterhin extrem hoch mit ca. 60 %
      • zwischen 2010 und 2013 Rückgang der Mortalität von 61,0 auf 58,8 %
    • ab dem 40. Lebensjahr beinahe linearer Anstieg der Mortalität
  • Trend – wahrscheinliche Ursachen für die Zunahme der Sepsisfälle:56
    • wachsende Zahl älterer Patient*innen
    • Ausweitung auch aggressiver Behandlungen auf immer ältere Menschen
    • gestiegenes Problembewusstsein mit Auswirkung auf die Kodierung und damit statistische Erfassung.

Ätiologie und Pathogenese

  • Eine Sepsis entwickelt sich, wenn eine initiale adäquate Reaktion auf eine Infektion sich zunehmend verstärkt und schließlich außer Kontrolle gerät.67
  • Von einer einfachen Infektion unterscheidet sich die Sepsis durch:1
    • fehlregulierte Immunantwort
    • Organdysfunktion.
  • Das Sepsissyndrom entwickelt sich durch ein Zusammenspiel von pathogenen Faktoren und Wirtsfaktoren (Geschlecht, Alter, Begleiterkrankungen, Umweltfaktoren).1
  • Nach Invasion von Mikroorganismen Erkennung von Keimbestandteilen durch Leukozyten und dadurch Aktivierung des Immunsystems78
    • Lipopolysaccharid (Endotoxin) gramnegativer Bakterien
    • Zellwandbestandteile von Bakterien oder Pilzen
    • Bestandteile von Parasiten
    • virale NeukleinsNukleinsäure
    • Exotoxine grampositiver Bakterien können als Superantigen wirken.
  • Aktivierung immunkompetenter Zellen und Ausschüttung primärer Entzündungsmediatoren (TNF-Alpha, IL-1)89
  • Weitere Verstärkung der Immunantwort durch eine Vielzahl sekundärer Mediatoren89
    • in der Sepsis sequenzielle Erhöhung zunächst pro- und später antiinflammatorischer Zytokine78
  • Pathophysiologisch kommt es zur Beeinträchtigung einer Reihe von Körperfunktionen.89
    • Endothelschädigung mit:
      • Schädigung der Mikrozirkulation
      • Ausbildung eines Kapillarlecks mit Flüssigkeitsverlust ins Interstitium – intravasaler Volumenmangel.
    • Aktivierung des Gerinnungssystems mit disseminierter intravasaler Gerinnung (DICDIG)
    • Stimulation der endothelialen NO-Synthetase mit Vasodilatation und nachfolgender Hypotension
    • Beeinträchtigung der Herzfunktion durch septische Kardiomyopathie
    • wahrscheinlich auch Entwicklung einer endokrinen Dysfunktion
  • Letztlich Beeinträchtigung der Organfunktionen bis hin zum Multiorganversagen
  • Mikrobiologie
    • unterschiedliches Erregerspektrum je nach Region, einzelnem Krankenhaus, Patientenspektrum
    • Häufige Erreger außerhalb der Klinik sind Escherichia coli, Streptococcus pneumoniae und Staphylococcus aureus.
    • Im Krankenhaus sind vermehrt gramnegative Bakterien wie z. B. Pseudomonas aeruginosa und Angehörige der Gattung Enterobacter sowie grampositive Bakterien wie Enterokokken und koagulasenegative Staphylokokken beteiligt.910
    • Zunehmend beteiligt sind multiresistente Bakterien und Pilze.1011

Prädisponierende Faktoren

  • Ausgang fast immer von einem infektiösen Fokus
    • am häufigsten Infektion der Atemwege, Bauchhöhle, Harnwege oder Haut
    • Abszess
    • Wundinfektion
    • intravenöser Katheter
  • Bei der Mehrzahl der Patient*innen liegt eine prädisponierende Grunderkrankung vor.
    • Therapie mit zytotoxischen Medikamenten oder Immunsuppressiva
    • Diabetes mellitus
    • maligne Erkrankung
    • chronische Nieren- und Lebererkrankungen
    • Alkohol- oder Drogenabhängigkeit
  • Höheres Alter

ICPC-2

  • A78 Infektiöse Erkrankung NNB, andere
  • IKA W70 Wochenbettinfektion/-sepsis

ICD-10

  • A40 Streptokokkensepsis
    • A40.0 Sepsis durch Streptokokken, Gruppe A
    • A40.1 Sepsis durch Streptokokken, Gruppe B
    • A40.2 Sepsis durch Streptokokken, Gruppe D
    • A40.3 Sepsis durch Streptococcus pneumoniae
    • A40.8 Sonstige Sepsis durch Streptokokken
    • A40.9 Sepsis durch Streptokokken, nicht näher bezeichnet
  • A41 Sonstige Sepsis
    • A41.0 Sepsis durch Staphylococcus aureus
    • A41.1 Sepsis durch sonstige näher bezeichnete Staphylokokken
    • A41.2 Sepsis durch nicht näher bezeichnete Staphylokokken
    • A41.3 Sepsis durch Haemophilus influenzae
    • A41.4 Sepsis durch Anaerobier
    • A41.5 Sepsis durch sonstige gramnegative Erreger
    • A41.8 Sonstige näher bezeichnete Sepsis
    • A41.9 Sepsis, nicht näher bezeichnet
  • R65.0! Systemisches inflammatorischen Response-Syndrom (SIRS) infektiöser Genese ohne Organkomplikation

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Für die Sepsis existiert keine „Gold Standard“-Diagnostik1
  • Fatalerweise nicht selten Zeitverlust von Stunden bis Tagen bis zur Diagnose Sepsis1112
  • Entwicklung klinischer Kriterien durch die Sepsis-3-Task-Force im Hinblick auf:1
    • Klarheit
    • Nützlichkeit
    • Validität.
  • Identifikation und Management von Patient*innen mit Sepsis in 3 Schritten:1213
    1. Screening und Management von Infektionen
    2. Screening auf Organdysfunktion und Management der Sepsis
    3. Identifizierung und Management einer initialen Hypotension.
  • Unter Verwendung der Tools qSOFA und SOFA ergibt sich folgender Algorithmus2 Patient*in mit V. a. Infektion:
    • qSOFA ≥ 2 Punkte? (Patient*in außerhalb der ICU)
      • Atemfrequenz ≥ 22/min (1 Punkt)
      • systolischer Butdruck ≤ 100 mmHg (1 Punkt)
      • GCS < 15 (1 Punkt)
    • bei qSOFA ≥ 2 Punkte V. a. Sepsis, weitere Abklärung (ICU)
      • Anstieg SOFA ≥ 2 Punkte? (für jedes Kriterium 0–4 Punkte möglich, siehe Tabelle SOFA-Score; der Ausgangs-SOFA-Score kann bei Patient*innen ohne vorbekannte Organdysfunktion als null angenommen werden)
        • Respiration: paO2/FiO2
        • Bewusstsein: GCS
        • Gerinnung: Thrombozyten
        • Leber: Bilirubin
        • Niere: Kreatinin, Urinausscheidung
        • Kreislauf: Blutdruck, Vasopressorenunterstützung
    • bei Anstieg SOFA ≥ 2 Punkte
      • Diagnose Sepsis
    • Diagnose septischer Schock, falls trotz adäquater Volumengabe
      • Vasopressoren notwendig für mittleren Blutdruck ≥ 65 mmHg
      • Serum-Laktat ≥ 2 mmol/l.
  • EineProblematisch Metaanalyseist zur prädiktiven Validität vonbei qSOFA ergibtdie eine schlechteniedrige Sensitivität, beiein nur mittlerer Spezifität hinsichtlichTeil der Mortalität.13
    • qSOFA:Patient*innen Sensitivitätwird 60 %, Spezifität 72 % (d. h. 4 von 10 werden nicht identifiziert, sindalso falsch negativ)
    • SIRS-Kriterien: Sensitivitäteingestuft 88mit %, Spezifität 26 %
    • qSOFA aufGefahr der Intensivstation: Sensitivität 87 %, Spezifität 33 %
    Unterversorgung.14-15

Differenzialdiagnose

Anamnese

  • Hinweise für Infektion (z. B. Husten, Dysurie)?
    • Ambulant und nosokomial erworbene Pneumonie ist der häufigste Fokus für Sepsis und einen septischen Schock.3
  • Bekannte Eintrittsstellen für Keime (z. B. Hautläsionen)?
  • Kürzlich durchgeführter chirurgischer oder invasiver Eingriff?
  • Kürzlicher Krankenhausaufenthalt?
  • Für Infektion prädisponierende Erkrankungen, z. B. Diabetes?
  • Immunsuppressive Therapie?
  • Nicht selten sind die Patient*innen für eine differenzierte Anamnese bereits zu schwer erkrankt.

Klinische Untersuchung

  • Insb. bei noch unklarem Fokus gezielte körperliche Untersuchung auf mögliche Infektionsherde (Haut, Weichteile, Atemwege, Abdomen, Urogenitaltrakt, HNO-Bereich, Herz, Gehirn/Meningen) 
  • Im Allgemeinen reduzierter Allgemeinzustand
  • Folgende Befunde können auftreten:

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Gezielte Bestimmung der Parameter für qSOFA
    • Blutdruck
    • Atemfrequenz
    • GCS
  • Evtl. Blutuntersuchung (Blutbild, Gerinnung, CRP, BSG, Nieren- und Leberwerte) 
  • Evtl. Bestimmung der SauerstoffsO2-Sättigung
  • Evtl. Blutkulturen

Diagnostik in der Klinik

Blutuntersuchung

Blutgasanalyse

Urinausscheidung

  • Oligurie/Anurie?

Gezielte Bestimmung des SOFA-Score

Echokardiografie (v. a. beim septischen Schock)

  • Hinweise für septische Kardiomyopathie?

Mikrobiologie

  • Entnahme adäquater mikrobiologischer Kulturen (einschl. Blut) vor Beginn einer Therapie153,14
    • Sofern hierdurch keine substanzielle Verzögerung des Behandlungsbeginns verursacht wird.
  • Adäquate mikrobiologische Kulturen umfassen immer mindestens 2 Blutkulturen (aerob und anaerob).153,14
  • Mit zunehmendem Schweregrad der Sepsis werden Blutkulturen zunehmend positiv getestet, zu den Diagnosekriterien gehören sie aber nicht.
  • Neuere Verfahren
    • PCR und Schnelltests (< 4 Stunden) ermöglichen ggf. eine wesentlich schnellere Bestimmung als konventionelle Kulturen16, werden jedoch nicht routinemäßig eingesetzt.

Bildgebende Verfahren

  • Im Rahmen der Fokussuche sollten auch bildgebende Verfahren eingesetzt werden, v. a.:
    • konventionelles Röntgen
    • CT
    • Sonografie
    • Echokardiografie.

Indikationen zur Krankenhauseinweisung

  • Bei Verdacht auf Sepsis unverzüglich stationäre Aufnahme

Therapie

Therapieziele

  • Mortalität senken.
  • Organversagen und Komplikationen vermeiden/begrenzen.

Allgemeines zur Therapie

  • Sepsis und septischer Schock sind medizinische Notfälle mit Notwendigkeit eines sofortigen Behandlungsbeginns!153,14

Therapieprinzipien (Surviving Sepsis Campaign Guidelines 2016)

  • Der Abschnitt basiert auf dieserdiesen ReferenzReferenzen.153,14,17

Initiale Wiederbelebunghämodynamische Stabilisierung

  • Gabe von mindestens 30 ml/kg KG kristalloider Lösung i. v. in den ersten 3 Stunden
  • Weitere Flüssigkeitsgabe in Abhängigkeit von wiederholter Neubeurteilung des hämodynamischen Status; die Neubeurteilung umfasst:
    • gründliche klinische Untersuchung
    • Herzfrequenz
    • Blutdruck
    • O2O2-Sättigung (arteriell und zentralvenös)
    • Atemfrequenz
    • Temperatur
    • Urinausscheidung
    • Serum-Laktat.
  • Zielwert für den mittleren arteriellen Druck ≥ 65 mmHg bei septischem Schock mit Vasopressorbedarf
  • Erweiterte hämodynamische Beurteilung (z. B. Echokardiografie) bei unklarer Ursache eines Schocks
  • Noradrenalin als Vasopressor der 1. Wahl

Antimikrobielle Therapie

  • Intravenöse Gabe so früh wie möglich innerhalb 1 Stunde nach Diagnose einer Sepsis oder eines septischen Schocks
  • Empirische Breitspektrumbehandlung mit einer oder mehrerer Substanzen (antibiotisch, ggf. auch antimykotisch oder antiviral)
  • Deeskalation der Behandlung in Abhängigkeit von Sensibilitätsnachweis und klinischer Verbesserung
    • tägliche Neubeurteilung
  • Behandlung über 7–10 Tage ist für die meisten Fälle mit Sepsis oder septischem Schock angemessen.
  • Bestimmung des Procalcitonin-Spiegels kann eine Verkürzung der Therapiedauer unterstützen.

Flüssigkeitsersatz

  • Zum Volumenersatz bei Intensivpatient*innen sollen balancierte kristalloide bzw. balancierte kolloidale Lösungen verwendet werden.17
    • 0,9-prozentige Kochsalzlösung sollte nicht verwendet werden.
  • Bei sehr hohem Kristalloidbedarf zusätzliche Gabe von Humanalbumin möglich17
  • HES (Hydroxyethylstärke) soll nicht verwendet werden.17

Vasopressoren

  • Noradrenalin-Medikament der Wahl
  • Bei Bedarf Ergänzung mit Adrenalin oder Vasopressin, um den Zielblutdruck zu erreichen.
  • Ergänzung mit Dobutamin ist eine Option bei Patient*innen mit anhaltender Minderperfusion.
  • Low-dose-Dopamin zur Nephroprotektion nicht empfohlen

Kortikosteroide

  • Nicht empfohlen, wenn die hämodynamische Stabilisierung mit Flüssigkeitsersatz und Vasopressoren erreichbar ist.
  • Ansonsten Gabe von Hydrokortison 200 mg/d erwägen.
    • Kortikosteroide können möglicherweise zu einer marginalen Reduktion der Mortalität beitragen, aber die Evidenz hierfür ist unsicher.18

Blutprodukte

  • Erythrozytenkonzentrate erst bei Hb < 7g/dl (< 4,5 mmol/l)
    • sofernSofern keine Myokardischämie, eine schwere Hypoxämie oder akute Blutung vorliegen.
  • Gabe von Erythropoetin zur Anämiebehandlung nicht empfohlen
  • FFP zur Korrektur von Gerinnungsparametern nicht empfohlen, sofern keine Blutung vorliegt oder ein invasiver Eingriff geplant ist.
  • Prophylaktische Gabe von Thrombozytenkonzentrat bei Thrombozyten < 10.000/mm3

Immunglobuline

  • Nicht empfohlen

Mechanische Beatmung

  • Siehe den Artikel ARDS.

Blutzuckerkontrolle

  • Zielwert Glukose ≤ 180 mg/dl (≤ 10 mmol/l)

Nierenersatzverfahren

  • Kontinuierliche oder intermittierende Nierenersatzverfahren bei Patient*innen mit akutem Nierenschaden
  • Kontinuierliche Verfahren bei hämodynamischer Instabilität

Bikarbonatgabe

  • Nicht empfohlen zur Verbesserung der Hämodynamik/Verminderung des Vasopressorbedarfs bei pH ≥ 7,15

Thromboembolieprophylaxe 

  • LMWHThromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin (NMH) oder unfraktioniertem Heparin (UFH), sofern keine Kontraindikationen
  • Wenn möglich, Kombination aus pharmakologischer und mechanischer Prophylaxe

Stressulkusprophylaxe 

  • Nur bei Patient*innen mit Risikofaktoren für GI-Blutung (Protonenpumpenhemmer oder H2H2-Antagonisten)

Ernährung

  • Keine parenterale Ernährung bei Patient*innen, die enteral ernährt werden können.
  • Keine parenterale Ernährung in den ersten 7 Tagen bei Patient*innen, die nicht enteral ernährt werden können.
  • Früher Beginn einer enteralen Ernährung empfohlen
  • Minimale „trophische“ Ernährung möglichst innerhalb der ersten 48 h nach Beginn der Sepsis
  • Kombiniert enterale/parenterale Ernährung innerhalb der ersten 7 Tage, sofern eine Steigerung der enteralen Ernährung nicht möglich ist.
  • Bei Kontraindikationen für eine enterale Ernährung frühzeitiger Einsatz einer an die inividuelle metabolische Toleranz adaptierten rein parenteralen Ernährung.
  • Nicht empfohlen sind Gabe von:
    • Omega-3-Fettsäuren als Immunsupplement
    • Selen
    • Arginin
    • Glutamin.

Behandlungsziele

  • Die Behandlungsziele sollten mit Patient*innen und Angehörigen besprochen werden.
  • Palliative Behandlung ggf. in die Planung mit einbeziehen.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Komplikationen

Verlauf und Prognose

  • Von allen erfassten Patient*innen mit Sepsis in Deutschland verstirbt etwa 1/4.5
  • Patient*innen mit septischem Schock  haben eine Mortalität von knapp 60 %.56
  • In einem aktuellen deutschen Register liegt die Sterblichkeitsrate bei fast 75 % vier Jahre nach Diagnosestellung.21
  • Bei Sepsis-Patient*innen häufig prolongierte Phasen der posthospitalen Rehabilitation1112

Verlaufskontrolle

  • Follow-up im Krankenhaus, ggf. in Zusammenarbeit mit den Hausärzt*innen
  • Aktive Nachkontrolle in der hausärztlichen Praxis empfohlen2122
  • Möglicherweise günstige Beeinflussung durch geeignete Rehabilitationsmaßnahmen1112,2223

Patienteninformationen

Patienteniformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Sepsis-Gesellschaft. Sepsis – Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge. AWMF-Leitlinie Nr. 079-001. S3, Stand 2018. www.awmf.org
  • Surviving Sepsis Campaign: International Guidelines for Management of Sepsis and Septic Shock, Stand 20162021. www.survivingsepsis.org
  • Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin. Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen. AWMF-Leitlinie Nr. 001-020. S3, Stand 2020. www.awmf.org

Literatur

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  2. Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin. Neue Definition der Sepsis und des septischen Schocks. www.dgiin.de
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Autor*innen

  • Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.
  • Die ursprüngliche Version dieses ArtikelArtikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
A40; A400; A401; A402; A403; A408; A409; A41; A410; A411; A412; A413; A414; A415; A418; A419; R650!
blodforgiftning; a78 annan infektiös sjukdom; Sepsis
A78
BlutvergiftungSepsis; Infektion; Septischer Schock; Spepsis-SyndromSchock; Hypotonie; Organdysfunktion; fehlregulierte Immunantwort; SOFA-Score; qSOFA; Quick SOFALaktat; Sequential Organ Failure AssessmentVolumenersatz; Sepsis-Releated Organ Failure AssessmentWiederbelebung
Sepsis
CCC MK 26.11.2020 LL zur Volumenersatztherapie. UB 31.07.2020 Text gegendert U-NH 14.03.18 U-MK 23.10.2018
BBB MK 30.06.2022 kritisch revidiert und aktualisiert. Check GO 28.1., MK 22.03.17 (SOFA-Kriterien neu)
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Definition:Sepsis ist definiert als eine lebensbedrohliche Organdysfunktion, die durch eine fehlregulierte Wirtsantwort auf eine Infektion verursacht wird. Häufigkeit:Im Jahr 2013 280.000 Patient*innen mit Sepsis in Deutschland. Die adjustierte Rate betrug 335/100.000 Einw., die Krankenhaussterblichkeit 24 %.
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