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Zwangsgedanken und Zwangshandlungen

Allgemeine Informationen

Definition

  • DerSofern nicht anders gekennzeichnet, basiert der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Zwangsgedanken
    • Ideen, Vorstellungen oder Impulse (Intrusionen), die dendie Patientenbetroffene Person immer wieder stereotyp beschäftigen.
    • Sie sind fast immer quälend, derdie PatientPerson versucht häufig erfolglos, Widerstand zu leisten.
    • Die Gedanken werden als zur eigenen Person gehörig erlebt, selbst wenn sie als unwillkürlich und häufig abstoßend empfunden werden.
    • Die häufigsten Zwangsgedanken sind:2
      • Kontaminationsgedanken (50 % der Betroffenen)
      • pathologische Zweifel (42 %)
      • somatische Zwangsbefürchtungen (33 %)
      • übersteigertes Symmetriebedürfnis (32 %)
  • Zwangshandlungen oder -rituale
    • Stereotypien, die ständig wiederholt werden.
    • Sie werden weder als angenehm empfunden, noch dienen sie dazu, an sich nützliche Aufgaben zu erfüllen.
    • DerDie Patientbetroffene Person erlebt sie oft als Vorbeugung gegen ein objektiv unwahrscheinliches Ereignis, das ihmihr Schaden bringen oder bei dem ersie selbst Unheil anrichten könnte.
    • Im Allgemeinen wird dieses Verhalten als sinnlos und ineffektiv erlebt, es wird immer wieder versucht, dagegen anzugehen.
    • Die häufigsten Zwangshandlungen sind:2
      • Kontrollrituale (60 %)
      • Waschrituale (50 %)
      • Zählzwänge (36 %)
      • zwanghaftes Fragen (34 %)
    • Angst ist meist ständig vorhanden.
      • Werden Zwangshandlungen unterdrücktvermieden, verstärkt sich die Angst deutlich.
      • Oft lindert das Ausführen der Zwangshandlung die Angst vorübergehend.
  • Zwangsgedanken und -handlungen treten meist in Kombination auf.

Häufigkeit

  • Leichter ausgeprägte Zwangshandlungen
    • ca. 15–30 % der Bevölkerung
  • Zwangsstörungen
    • Lebenszeitprävalenz laut internationalen epidemiogischenepidemiologischen Studien: 1–3  % 2-3
    • 12-Monats-Prävalenz in Deutschland43
      • Frauen 4,0  %
      • Männer 3,3  %
    • Punktprävalenzmittleres international
      • ErwachseneErsterkrankungsalter: 0,8 %
      • Kinder/Jugendliche zwischen 5 und 15 Jahren: 0,25 %
  • Zwangsstörungen treten zumeist ab einem Alter von rund 20 Jahren auf.
  • Zur Häufigkeit von Zwangssymptomen im Kindes- und Jugendalter gibt es keine verlässlichen Daten.
    • Bei jüngeren Patienten ist die Grenze zwischen entwicklungspsychologisch normalem passageren Verhalten und klinisch relevanter Zwangsstörung unscharf.Jahre24
  • Keine großen Unterschiede zwischen der Inzidenz bei Männern und Frauen
    • Möglicherweise beruht die in vielen Studien bei Frauen etwas höhere Inzidenz von Zwangsstörungen darauf, dass Frauen im Vergleich zu Männern eher bereit sind, über psychische Probleme zu sprechen und sich in Behandlung zu begeben.2

Diagnostische Überlegungen

  • Patienten mit diesen Beschwerden fühlen sich abgelehnt und unzureichend respektiert.
  • Sie nehmen ihre Probleme als einzigartig und sich selbst daher als von der Norm abweichend wahr.
    • Daher können diese Patienten ihre Probleme mit Zwangsgedanken oder -handlungen meist nicht zutreffend beschreiben.
    • Häufig suchen die Patienten nach anderen Ursachen ihrer Probleme.

Varianten1

  • Vorwiegend Zwangsgedanken oder Grübelzwang
    • Diese können die Form von zwanghaften Ideen, bildhaften Vorstellungen oder Zwangsimpulsen annehmen, die fast immer für die betreffende Person quälend sind.
    • Manchmal sind diese Ideen eine endlose Überlegung unwägbarer Alternativen, häufig verbunden mit der Unfähigkeit, einfache, aber notwendige Entscheidungen des täglichen Lebens zu treffen.
    • Die Beziehung zwischen Grübelzwängen und Depression ist besonders eng.
  • Vorwiegend Zwangshandlungen (Zwangsrituale)
    • Die meisten Zwangshandlungen beziehen sich auf:
      • Reinlichkeit (besonders Händewaschen).
      • wiederholte Kontrollen, die garantieren, dass sich eine möglicherweise gefährliche Situation nicht entwickeln kann.
      • übertriebene Ordnung und Sauberkeit.
    • Diesem Verhalten liegt die Furcht vor einer Gefahr zugrunde, die den Patienten bedroht oder von ihm ausgeht.
      • Das Ritual ist ein wirkungsloser oder symbolischer Versuch, diese Gefahr abzuwenden.
  • Zwangsgedanken und -handlungen, gemischt

Komorbidität

Psychisch

Dermatologisch

  • Zwangshandlungen können die Haut, Haare und Nägel betreffen, z. B.:
    • Trichotillomanie
      • z. B. isoliert an den Augenbrauen
    • Onychotillomanie (Zerstören oder Ausreißen der Nägel)
    • Onychophagie (Nägelkauen)
    • Akne excoriée
      Akne excoriée
      Akne excoriée
      • vernarbte, gereizte Gesichtshaut durch exzessive Manipulation meist gering ausgeprägter Akneeffloreszenzen
    • Dermatitis durch exzessives Hände- oder Körperwaschen.

Konsultationsgrund

  • SeltenDer sind ZwangsgedankenAbschnitt oderbasiert Zwangshandlungenauf derdieser Grund für den ArztbesuchReferenz.
  • Einige stellen sich vor, weil Bekannte, Familie oder Freunde sie dazu drängen.2
  • Die PatientenBetroffenen suchen häufigselten wegen andererihrer Zwangsgedanken oder -handlungen ärztliche Hilfe. Meist sind andere Beschwerden medizinischeder Hilfe aufGrund, z.  B.:
    • Wegen trockener Haut und einem Handekzem, das durch übermäßiges Waschen entstandenentstandene ist.Hauttrockenheit oder Handekzeme
    • wegen SchlafproblemenSchlafstörungen
    • wegen depressiverdepressive Verstimmung.

Abwendbar
  • Es gefährlichedauert Verläufe
    • Siehe Abschnitt Differenzialdiagnosen.
    • Unterdiagnostik?
      • Viele Studien zeigen, dass esmeist Jahre dauern kann, bis PatientenPatient*innen mit einer Zwangsstörung die richtige Diagnose erhalten: Bis zum Beginn einer adäquaten Therapie vergehen im Durchschnitt 17 Jahre.

    ICPC-2

    • P29 Psych. Sympt. / Beschw., andere

    ICD-10

    • F42.- Zwangsstörung1
      • F42.0 Vorwiegend Zwangsgedanken oder Grübelzwang
      • F42.1 Vorwiegend Zwangshandlungen [Zwangsrituale]
      • F42.2. Zwangsgedanken und -handlungen, gemischt
      • F42.8 Sonstige Zwangsstörungen
      • F42.9 Zwangsstörung, nicht näher bezeichnet

    Differenzialdiagnosen

    • EineSofern entscheidendenicht diagnostischeanders Frage istgekennzeichnet, obbasiert dieder aktuellenAbschnitt Symptomeauf dieser Referenz.2
    • Alle im RahmenFolgenden eineraufgeführten ZwangsstStörungrungen oderkönnen sowohl mit Zwangssymptomen einhergehen als Begleitsymptomeauch begleitend zu einer anderen – u. U. mit Zwangssymptomen assoziierten – Störung aufgetreten sindauftreten.

    Zwangsstörung

    • Siehe die Artikel Zwangsstörung und Zwangsstörungen bei Kindern und Jugendlichen.
    • Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen
    • Die Patientenbetroffene versuchenPerson versucht, die Gedanken zu unterdrücken oder zu ignorieren.
    • Die betroffene PatientenPerson erlebenerlebt die Gedanken als zur eigenen Person zugehörig.
    • Zwangshandlungen werden ausgeführt, um Bedrohungsgefühle und Ängste zu mindern.
    • Die betroffene PatientenPerson erlebenerlebt die Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen als übertrieben oder sinnlos.
    • Die Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen werden als quälend erlebt, kosten sehr viel Zeit und wirken sich negativ auf den Alltag, soziale Aktivitäten oder Beziehungen aus.

    Pathologisches Horten

    • HSofern nicht anders gekennzeichnet, basiert der Abschnitt auf dieser Referenz.5
    • Der Zwangsstörung eng verwandt, aber im DSM-5 erstmalig als eigenstäufigndige zeigenStörung Patientenaufgeführt.6
    • Geschätzte Prävalenz in Deutschland bei hoher Dunkelziffer: 5 %
    • Stark schambehaftet; nur ein Bruchteil der Betroffenen sucht therapeutische Hilfe.
      • Bei entsprechenden Hinweisen Fremdanamnese anstreben.
    • Gekennzeichnet durch anhaltende Schwierigkeit, sich von Gegenständen zu trennen, „Vermüllung“ der Wohnung (umgangssprachlich „Messie-Syndrom“).
      • bei manchen Betroffenen kombiniert mit exzessiver Beschaffung von Gegenständen, z. B. exzessives Kaufen und/oder Sammeln, seltener auch durch Diebstahl
    • Begleiterkrankungen
    • Therapie
      • Wie bei (anderen) Zwangsstörungen eine Tendenz zur phobischen Vermeidung.
        • Hierbei werden Situationen vermieden,ist die Zwangsgedankenstörungsspezifische (Angstkognitive vorVerhaltenstherapie Katastrophen,mit quälendeintensiver Gedanken)Exposition oder1. Zwangshandlungen (Waschzwang durch Schmutz, Kontrollzwang durch Benutzung von Türen, Schlössern usw.) auslösenWahl.
        • Charakteristischim fürIdealfall Zwangshandlungenals ist,aufsuchende dasspsychotherapeutische ihreIntervention Ausführungin Ängsteder kurzfristigWohnung mindert.der betroffenen Person

      Zwanghafte Persönlichkeitsstörung

      • Siehe Artikel Persönlichkeitsstörungen (PS).
      • Gemeinsam mit Zwangsstörung
        • Beschäftigung mit Sauberkeit, Ordnung und Genauigkeit
      • Unterscheidend
        • Ich-Syntonie: Gedanken, Gefühle und Impulse werden als zum eigenen Ich zugehörig empfunden. Bei einer Zwangsstörung erlebt der Betroffene diese als Ich-dyston, d.  h. als Gedanken und Impulse, die sich ihm unfreiwillig aufdrängen.
        • fehlende Intrusionen
        • stabiles Muster
        • fehlender Widerstand gegen die Ausführung zwanghafter Impulse

      Affektive Störungen

      Depression 

      • Hauptsymptome
        • gedrückte Stimmung
        • Interessenverlust, Freudlosigkeit
        • Antriebslosigkeit oder schnelle Ermüdbarkeit
      • Gemeinsam mit Zwangsstörung
        • Grübeln
        • Schuldgefühle
        • Angst
      • Unterscheidend
        • keine neutralisierenden Rituale
        • Grübeln richtet sich eher auf Vergangenheit.
        • keine Intrusionen
        • kein Widerstand

      Generalisierte Angststörung

      • Siehe Artikel Generalisierte Angststörung.
      • Gemeinsam mit Zwangsstörung
        • Grübeln
        • Sorgen
        • Angst
      • Unterscheidend
        • Chronische Sorgen, die auf alltägliche Ereignisse gerichtet sind.
        • fehlende Rituale
        • fehlender intrusiver Charakter der Sorgen

      Soziale Phobie und spezifische Phobien

      • Siehe Artikel Soziale Phobie und Artikel Spezifische Phobien.
      • Eine Gruppe von Störungen, bei der Angst ausschließlich oder überwiegend durch eindeutig definierte, eigentlich ungefährliche Situationen hervorgerufen wird.
      • In der Folge werden diese Situationen typischerweise vermieden oder mit Furcht ertragen.
      • Die Befürchtungen der Patienten können sich auf Einzelsymptome wie Herzklopfen oder Schwächegefühl beziehen, häufig gemeinsam mit sekundären Ängsten vor dem Sterben, Kontrollverlust oder dem Gefühl, wahnsinnig zu werden.
      • Allein die Vorstellung, dass die phobische Situation eintreten könnte, erzeugt meist schon Erwartungsangst. Bei Vermeidung der Situation lässt die Angst nach.
      • Phobische Angst tritt häufig gleichzeitig mit Depression auf.
        • Ob zwei Diagnosen, phobische Störung und depressive Episode, erforderlich sind, richtet sich nach dem zeitlichen Verlauf beider Zustandsbilder und nach therapeutischen Erwägungen zum Zeitpunkt der Konsultation. 
      • Gemeinsam mit Zwangsstörung
        • Vermeidung
        • Angst
        • sozialer Rückzug
      • Unterscheidend
        • keine aktive Neutralisierung der Ängste, z.  B. durch Rituale
        • Angst nur in sozialen Situationen bzw. in Gegenwart des gefürchteten Auslösers

      Schizophrenie

      • Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen können im Rahmen einer Schizophrenie oder anderer psychotischer Störungen auftreten.
      • Gemeinsam mit Zwangsstörung
        • bizarr wirkende Ideen
        • magisches Denken
        • sozialer Rückzug
      • Unterscheidend
        • Einsicht nicht mehr gegeben.
          • Zwangsgedanken werden als nicht zur eigenen Person zugehörig und nicht als übertrieben oder sinnlos erlebt.
        • parathymer Affekt (äußerer Gefühlsausdruck läuft den erlebten Emotionen entgegen) 
        • Gefühl der Beeinflussung und des Gemachten
        • Zwangshandlungen weisen einen stärker stereotypen Charakter auf.
        • Wahnvorstellungen oder Halluzinationen

      Hypochondrie

      • Siehe Artikel Hypochondrie.
      • Gemeinsam mit Zwangsstörung
        • Furcht, eine Krankheit zu haben.
        • Suche nach versichernden Aussagen anderer
      • Unterscheidend
        • Erleben körperlicher Missempfindungen
        • fehlende Rituale
        • Überzeugung, an einer Erkrankung zu leiden.

      Körperdysmorphe Störung

      • Diese Patienten leiden unter der wahnhaftenWahnhafte Überzeugung, in abstoßender Weise körperlich missgestaltet zu sein.
      • Gemeinsam mit Zwangsstörung
        • Wiederholte Befürchtungen, die unrealistisch sind.
        • repetitives, teilweise ritualisiertes Kontrollverhalten
      • Unterscheidend
        • keine Intrusionen
        • Gedanken thematisch begrenzt auf das eigene Aussehen

      Tic- und Tourette-Störung

      • Siehe Artikel Tics und Tourette-Syndrom (TS).
      • Zwangsstörungen treten häufig in Verbindung mit dem Tourette-Syndrom auf.
      • Typische Zeichen des Tourette-Syndroms:
        • unkontrollierbare motorische Tics (Zucken)
        • unkontrollierbare vokale Tics (Räuspern, Schmatzen, Grunzen)
        • Koprolalie (zwanghafter lautstarker Gebrauch von häufig vulgären Begriffen).
      • Gemeinsam mit Zwangsstörung
        • ritualisiertes, stereotypes Verhalten
      • Unterscheidend
        • fehlende Intentionalität des Verhaltens

      PANDAS

      • Siehe Artikel Poststreptokokken-Erkrankungen.
      • Pediatric Autoimmune Neuropsychiatric Disorder Associated with Streptococcal Infections
        • Selteneseltene Form der Zwangsstörung im Jugendalter bei Infektion mit beta-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A
        • evtl. schnelle Remission unter Antibiose oder Plasmapherese
        • In einer US-amerikanischen Fallkontrollstudie wurde bei jugendlichen Patienten mit Zwangsstörungen in den ersten 3 Monaten vor Krankheitsbeginn eine erhöhte Rate an Streptokokkeninfektionen gefunden.6 
      • Gemeinsam mit Zwangsstörung
        • Zwangsbefürchtungen und -rituale
      • Unterscheidend
        • Nachweis antineuronaler Autoantikörper
        • abrupter Beginn
        • episodischer Verlauf
        • Beginn in der Kindheit

      Impulskontrollstörungen

      • BeispieleKörperbezogene Wiederholungszwänge (körperbezogene repetitive Verhaltensstörungen, ICD-11 6B25), z. B.:
        • Trichotillomanie, z. B. isoliert an den Augenbrauen
        • Onychotillomanie (Zerstören oder Ausreißen der Nägel)
        • Onychophagie (Nägelkauen)
          Akne excoriée
          Akne excoriée
        • Dermatillomanie (zwanghaftes Zupfen oder Quetschen der Haut)
          • Akne excoriée: vernarbte, gereizte Gesichtshaut durch exzessive Manipulation meist gering ausgeprägter Akneeffloreszenzen
      • Lippenbeißen, Wangenkauen
      • pathologischesPathologisches Spielen
      • Kleptomanie
    • Gemeinsam mit Zwangsstörung
      • subjektives Dranggefühl
      • Erleichterung nach Handlungsausführung
    • Unterscheidend
      • Handlungen per se angenehm und befriedigend
      • vorausgehende Gedanken nicht aversiv und selten intrusiv

    Essstörungen (Anorexia nervosa)

    • Siehe Artikel Anorexia nervosa.
    • Gemeinsam mit Zwangsstörung
      • überwertige Ideen
      • rigides Kontrollieren
    • Unterscheidend
      • Ideen auf Körpergewicht und Körperbild beschränkt

    Autismus

    • Siehe Artikel Autismus-Spektrum-Störungen.
    • Gemeinsam mit Zwangsstörung
      • zwanghafte und stereotype Verhaltensmuster
    • Unterscheidend
      • Kommunikationsstörungen

    Demenz

    Zwangssymptome nach Hirnverletzung

    • Siehe Artikel Schädel-Hirn-Trauma (SHT).
    • Gemeinsam mit Zwangsstörung
      • Zwangsbefürchtungen und -rituale
    • Unterscheidend
      • nachgewiesene Hirnpathologie
      • stärkere kognitive Beeinträchtigungen

    Substanzinduzierte Zwangsstörung

    • Nach Konsum von Kokain, Amphetaminen oder anderen Stimulanzien, oft im Zuge einer substanzinduzierten Psychose

    Erkrankungen der Basalganglien

    • Zwangssymptome können auch im Rahmen einer Erkrankung auftreten, die die Basalganglien betrifft, z.  B.:

    Anamnese

    • Sofern nicht anders gekennzeichnet, basiert der Abschnitt auf dieser Referenz.7

    Wichtige Fragen

    DiagnostikZwangssymptome

    • Die folgenden Fragen können bei der Erkennung und diagnostischen Einordnung von Zwangssymptomen helfen:
      • Waschen Sie sich sehr häufig?
      • Putzen Sie sehr viel?
      • Kontrollieren Sie sehr viel, z. B. Türen, Wasserhähne, Schlösser?
      • Fällt es Ihnen schwer, Dinge wegzuwerfen?
      • Haben Sie immer wieder den unwiderstehlichen Drang, Dinge, die Sie nicht unbedingt benötigen, zu kaufen, kostenlos zu erwerben oder zu sammeln?5
      • Haben Sie aufdringliche Gedanken mit unangenehmen Inhalten, die Sie nur schwer loswerden?
      • Brauchen Sie für Alltagstätigkeiten sehr lange?
      • Machen Sie sich Gedanken um Ordnung und Symmetrie?
      • Seit wann bestehen die Symptome?
      • Was löst die Zwangssymptome aus?
      • Haben Sie etwas dagegen unternommen?
      • Wie oft gelingt es Ihnen, die Handlungen zu unterlassen, zu denen sie durch die Zwangsgedanken gedrängt werden?
      • Wie stark fühlen Sie sich durch die Zwangsgedanken und -handlungen  beeinträchtigt?

    Ausmaß und Schwere

    • Bezugspersonen oder Angehörige sollten, sofern möglich, in die Befunderhebung in Bezug auf Alltag, Teilhabe und Lebensqualität einbezogen werden.2
    • Wie häufig und wie stark wird die betroffene Person an der Ausübung alltäglicher Aktivitäten gehindert?
    • Seit wann treten die Symptome auf?
    • Sind sie im Laufe der Zeit stärker geworden?
    • Fühlt sich die betroffene Person deprimiert oder haben die Zwangsgedanken depressiv geprägte Inhalte?

    Grad der Beeinträchtigung

    • In welchem Ausmaß ist die betroffene Person durch zeitraubende Rituale und Gedanken behindert?
    • Inwiefern ist sie durch Einschränkungen behindert, die eine Folgeerscheinung der Störung darstellen (z. B. Vermeidung öffentlicher Plätze)?

    Klinische Untersuchung

    • BeiSofern Verdachtsfällennicht sollenanders dasgekennzeichnet, Vorliegenbasiert der diagnostischenAbschnitt Kriterienauf einerdieser Zwangsstörung nach ICD-10 geprüft und infrage kommende Komorbiditäten (sReferenz. o.) abgeklärt werden.
      • Dies sollte bei diagnostischer Unsicherheit mithilfe eines ICD-10-basierten Untersuchungsverfahrens geschehen, z. B.:2

      Diagnostik in der hausärztlichen Praxis

      • InternationaleAllgemeine Diagnose-Checklistenkörperliche (IDCL)Untersuchung inkl.:
        • orientierende neurologische Untersuchung
        • CompositeHinweise Internationalauf Diagnostic Interview (CIDI)
        • Diagnostisches Interview für Psychische Störungen (DIPS).
        Streptokokkenerkrankung?
    • DieHautzeichen klinischeeines UntersuchungWasch- oder Putzzwangs (Dermatitis?) oder eines körperbezogenen Wiederholungszwangs, z. B. Dermatillomanie, Trichotillomanie?
    • Hinweise auf Drogenkonsum/Einnahme von Patienten mit Zwangsstörungen sollte eine klare Diagnose ergeben, die auch den Patienten mitgeteilt wird.
    • Organische Erkrankungen des Gehirns und andere psychische Störungen sollten ausgeschlossen werden (s. Abschnitt Differenzialdiagnosen)
    • Trockene Haut oder EkzemeStimulanzien?

    Diagnostik beimbei SpezialistenSpezialist*innen

    • Weiterführende psychische Evaluation
    • Strukturelle Bildgebung (CT oder MRT) des Gehirns bei:
      • Patienten mit Erstmanifestation der Symptome im Alter über 50 Jahre
      • Verdacht auf zerebrale Pathologie, z. B.:
        • raumfordernder Prozess im Gehirn
        • vaskuläre Läsionen
        • neurologische Systemerkrankung.
    • Neuropsychologische Screening-Untersuchung bei allen Patienten mit Erstmanifestation der Symptome im Alter über 50 Jahre
    • Ausführliche neuropsychologische Untersuchung bei Verdacht auf kognitive Einschränkung (z. B. Demenzsymptome)
    • Weitere Testverfahren
      • zur Ermittlung des Schweregrads der Zwangssymptomatik
        • z. B. anhand der Yale-Brown Obsessive-Compulsive Scale (Y-BOCS)
      • zur Verlaufsdiagnostik
      • ggf. zur Quantifizierung der Einschränkungen von Lebensqualität und Alltagsfunktionen2

    Maßnahmen und Empfehlungen

    • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.2

    Indikationen zur Überweisung

    • Bei Verdacht auf eine Zwangsstörung oder andere psychische Störung zur weiterführenden Diagnostik (Psychosomatik, psychologische Psychotherapie, Psychiatrie, Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie und -psychotherapie)
    • Ggf. zur weiteren neurologischen oder neuropsychologischen Diagnostik (s.  o.)
    • Zur Behandlung einer Zwangsstörung (s.siehe dort), bevorzugt zu einer störungsspezifischen kognitiven Verhaltenstherapie mit intensiver Exposition
    • Ggf. zur Diagnostik und Mitbehandlung dermatologischer Komorbidität (s.  o.)

    Indikationen zur stationären BehandlungKrankenhauseinweisung

    • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.2
    • Bei Vorliegen mindestens eines der folgenden Kriterien soll eine stationäre Therapie erfolgen:
      1. Gefahr für das Leben
      2. schwerwiegende Vernachlässigung oder Verwahrlosung
      3. Wenn das Zwangs- und Vermeidungsverhalten entweder so schwerwiegend ist oder so gewohnheitsmäßig ausgeführt wird, dass ein normaler Tagesablauf und das Wahrnehmen einer ambulanten Therapie nicht mehr möglich sind.
    • Bei Vorliegen mindestens eines der folgenden Kriterien sollte eine stationäre Therapie erfolgen:
      1. starker Leidensdruck und starke Beeinträchtigung der psychosozialen Funktionsfähigkeit
      2. Versagen leitliniengerechter störungsspezifischer ambulanter Therapie
      3. Psychische oder somatische Komorbidität, die eine ambulante Behandlung erheblich erschwert.
      4. Fehlen leitliniengerechter störungsspezifischer ambulanter Therapiemöglichkeiten.

    Maßnahmen

    • In leichten Fällen von Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen sind keine Maßnahmen zur Eliminierung der Symptome erforderlich, sofern die betroffene Person nicht stark unter diesen leidet oder durch die Störung erheblich eingeschränkt ist.
    • Zur Behandlung von Zwangsstörungen siehe dort.

    Patienteninformationen

    Patienteninformationen in Deximed

    Patientenorganisationen

    Quellen

    Leitlinien

    • Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde. S3-Leitlinie Zwangsstörungen. AWMF-Leitlinie Nr. 038-017, Stand 20132022wwwregister.awmf.org

    Literatur

     
    1. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). ICD-10-GM Version 2018.2023, Stand 2216.09.2017; letzter Zugriff 232022.01.2018 www.dimdi.de
    2. Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde. S3-Leitlinie Zwangsstörungen. AWMF-Leitlinie Nr. 038-017, Stand 20132022. wwwregister.awmf.org
    3. Bebbington PE. Epidemiology of obsessive-compulsive disorder. Br J Psychiatry 1998; 35(suppl): 2-6.
    4. Hapke U, Robert- Koch-Institut. DEGS Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland. Psychische Gesundheit in der Bevölkerung - Aktuelle Daten und Hintergründe. Online-Ressource, 26.03.2015; letzter Zugriff am 24.01.2017. www.bfr.bund.de
    5. TheBrakoulias ExpertV, ConsensusStarcevic PanelV, forBelloch A, et al. Comorbidity, age of onset and suicidality in obsessive-compulsive disorder (OCD): An international collaboration. Compr Psychiatry 2017;76:79-86. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
    6. Heim TM. Pathologisches Horten: Die Angst vor dem Ausmisten. InFo Neurologie + Psychiatrie 2023; 25: 55. www.springermedizin.de
    7. American Psychiatric Association. Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen DSM-5®. Deutsche Ausgabe herausgegeben von Falkai P und Wittchen HU. Mitherausgegeben von Döpfner M, Gaebel W, Maier W, et al. Göttingen: Hogrefe 2018.
    8. Brock H, Hany M. Obsessive-Compulsive Disorder. Treatment2023 ofMay obsessive-compulsive disorder29. JIn: ClinStatPearls Psychiatry 1997;58:Suppl 4:2-72Internet.
    9. MellTreasure LK,Island Davis(FL): RL,StatPearls OwensPublishing; D2023 Jan. Association between streptococcal infection and obsessive compulsive disorder, Tourette's syndrome, and tic disorderwww. Pediatrics 2005ncbi. 116(1):56-60nlm. PMID: 15995031 PubMednih.gov

    AutorenAutor

    • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
    • Sten Thelander Överläkare, Farsta-Skarpnäck Psykiatriska Vårdenhet, Psykiatri Södra, Stockholm
    F42-; F420; F421; F422; F428; F429
    P29
    Zwangsrituale; Grübelzwang; Intrusionen; Pathologisches Horten; Messie-Syndrom; PANDAS
    Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
    DDD MK 06.03.2023 OCD Land verlinkt, auf Empfehlung von Prof. Weckbecker.
    BBB MK 11.09.2023 revidiert und stellenweise gekürzt. CCC MK 26.01.2018, komplett überarbeitet
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    DerSofern nicht anders gekennzeichnet, basiert der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1 Zwangsgedanken Ideen, Vorstellungen oder Impulse (Intrusionen), die dendie Patientenbetroffene Person immer wieder stereotyp beschäftigen. Sie sind fast immer quälend, derdie PatientPerson versucht häufig erfolglos, Widerstand zu leisten. Die Gedanken werden als zur eigenen Person gehörig erlebt, selbst wenn sie als unwillkürlich und häufig abstoßend empfunden werden. Die häufigsten Zwangsgedanken sind:2 Kontaminationsgedanken (50 % der Betroffenen) pathologische Zweifel (42 %) somatische Zwangsbefürchtungen (33 %) übersteigertes Symmetriebedürfnis (32 %)
    Psychische Störungen
    Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
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    Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
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