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Burning-Mouth-Syndrom (BMS)

Zusammenfassung

  • Definition: Multifaktorielles, vermutlich somatoformes Schmerzsyndrom, das durch Missempfindungen, Schmerzen und Brennen an der Zunge und in der Mundhöhle charakterisiert ist. Definitionsgemäß ist das Syndrom nicht durch klinische Befunde oder Laborbefunde erklärbar.
  • Häufigkeit: Selten; am häufigsten bei Frauen in der Postmenopause.
  • Symptome: Häufig sind unterschiedliche Beschwerden mit der Erkrankung verbunden, darunter Brennen in der Mundhöhle, Mundtrockenheit und veränderte Geschmackswahrnehmung.
  • Befunde: Verteilungsmuster von Schmerz und Sensibilitätsstörungen weicht oft von den Versorgungsgebieten der potenziell betroffenen Hirnnerven ab. Kann mit Auffälligkeiten in der somatosensorischen Testung und mit den histologischen Zeichen einer Small Fiber Neuropathie einhergehen. Häufig psychische Begleitsymptomatik wie Angst, Depressivität, Persönlichkeitsstörungen.
  • Diagnostik: Sorgfältige Inspektion der Mundhöhle. Sensibilitätstests von Mundschleimhaut und Gesicht. Psychische Evaluation. Als ergänzende Untersuchungen kommen u. a. ausführlichere neurologische Untersuchung, Schirmer- und Saxon-Test, Blutuntersuchungen zum Ausschluss von Infektionen, Anämie oder anderen Erkrankungen infrage.
  • Therapie: Trotz der unbefriedigenden Beweislage stehen psychotherapeutische Verfahren, die sich bei anderen Störungen des somatoformen Erkrankungsspektrums und chronischen Schmerzerkrankungen bewährt haben, an erster Stelle.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Synonyme: Glossodynie, Zungen- und Schleimhautbrennen, idiopathisches Syndrom der brennenden Zunge
  • Multifaktorielles Schmerzsyndrom, das durch Missempfindungen, Schmerzen und Brennen an der Zunge und in der Mundhöhle charakterisiert ist. In der Regel ist das Syndrom nicht durch klinische Befunde oder Laborbefunde erklärbar.1

Häufigkeit

  • Es liegen keine verlässlichen epidemiologischen Daten vor.
  • In einer amerikanischen Studie betrug die Inzidenz 11,4 je 100.000 Personen.2
  • Frauen scheinen 3- bis 7-mal häufiger betroffen zu sein als Männer.2-3
  • Tritt selten vor dem 30. Lebensjahr, am häufigsten bei Frauen über 70 Jahren auf.2
  • Die Frage, ob die Definition der Erkrankung nicht zu eng ist und ob das Syndrom nicht zusammen mit anderen Erkrankungen der Mundhöhle auftreten kann, wird diskutiert.

Ätiologie und Pathogenese

  • Die Genese des BMS ist unbekannt. Eine mögliche Erklärung ist die Dysfunktion der für den Geschmack verantwortlichen Gehirnnerven.
  • Viele der vorgeschlagenen Pathomechanismen erklären das Syndrom nur für kleine Gruppen des BMS. Die Geschmacksstörungen, die in etwa 2/3 der Fälle auftreten4, weisen auf eine komplexere Pathogenese hin.5

Somatoforme Schmerzerkrankung

  • Näheres zur Diagnostik und Therapie siehe den Artikel Somatoforme Körperbeschwerden und die S3-Leitlinie Funktionelle Körperbeschwerden.6
  • Die S1-Leitlinie Psychosomatische Dermatologie zählt die Glossodynie (ICD-10 K14.6) unter die möglichen Beschwerden im Rahmen einer somatoformen Störung.7-8
  • Somatoforme Störungen und chronische Schmerzerkrankungen sind häufig von (weiteren) psychischen Störungen begleitet, wie Angststörungen, Depression oder Persönlichkeitsveränderungen. Das trifft auch auf das BMS zu.9-10
    • Einer finnischen Kohortenstudie zufolge liegt bei vielen Betroffenen bereits vor dem ersten Auftreten von BMS-Symptomen eine psychische Störung vor.10
  • Nach einem psychobiologischen Modell der somatoformen Störungen spricht man von 2 Schlüsselprozessen:6
    1. Erhöhung der sensorischen Aktivität, auch mit biologischer Komponente (chronische Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse und neuronaler Zelluntergang als Folge)
    2. Fehlfunktionen im System zur Signalfilterung, sodass die normale Hemmung von afferenten Nervenimpulsen herabgesetzt ist, was zu einer erhöhten Reizempfindlichkeit führt (Gate-control-Theorie, Hyperalgesie-Konzept).

Diskutierte biologische Komponenten

  • Neuropathische Ursachen?
    • Diese Konzepte beruhen auf der Beobachtung von Small-Fiber-Neuropathien in kleinen Fallserien mit BMS-PatientenPatient*innen. In einer Studie an 12 PatientenPatient*innen fanden sich histologische Zeichen einer Small-Fiber-Neuropathie11, in einer anderen Studie zeigten etwa 3/4 von insgesamt 46 PatientenPatient*innen in der Quantitativen Senorischen Testung (QST) Hinweise auf eine Small-Fiber-Neuropathie.12
    • Neben einer Small-Fiber-Neuropathie wurden sowohl Hypo- als auch Hypersensitivität beobachtet. Dies kann darauf hinweisen, dass verschiedene ätiologische Erklärungsmodelle zu gleichen Symptombildern führen können.11-13
    • Allerdings liegen nur bei einem Teil aller BMS-Betroffenen somatosensorische Auffälligkeiten vor.4
    • Die postulierte Small-Fiber-Neuropathie ist möglicherweise Folge der oben beschriebenen chronischen Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse und afferenten Sensorik im Rahmen einer gestörten Stressverarbeitung. Somit stehen die Small-Fiber-Hypothese und die Interpretation von BMS als somatoforme Störung nicht im Widerspruch.6
  • Veränderte Speichelbildung?14-15
    • Bei Menschen mit BMS scheint die Inzidenz subjektiver Mundtrockenheit höher zu sein als bei anderen, die Speichelmenge/-bildung scheint sich jedoch nicht von der bei gesunden Menschen zu unterscheiden.
    • In Studien mit kleinen Fallzahlen unterschied sich die Zusammensetzung des Speichels von BMS-Betroffenen geringfügig von der gesunder Kontrollpersonen. Muzine, Phosphate, IgA, pH-Wert und die elektrophoretisch ermittelte Proteinzusammensetzung waren unterschiedlich.
    • Einer bislang nicht durch geeignete Studien überprüften Hypothese zufolge könnte die erhöhte Viskosität des Speichels bei BMS-Betroffenen dazu beitragen, dass bestimmte Nozizeptoren wie der Vanniloidrezeptor 1 (VR1) verstärkt gegenüber Reizen exponiert sind. Letzteres wiederum wäre auch mit dem Konzept einer somatoformen Störung durch gestörte Stressverarbeitung in Einklang zu bringen (gestörte Hemmung afferenter Nervenimpulse, s. o.).
  • Hormonelle Veränderungen?
    • Dass die Erkrankung bei postmenopausalen Frauen gehäuft auftritt, kann als Hinweis auf die pathogenetische Relevanz hormoneller Faktoren gedeutet werden. Das Absinken des Hormonspiegels führt u. a. zu einer verminderten Speichelproduktion16 (s. o.). Eine Hormonersatztherapie scheint jedoch nicht bei allen postmenopausalen Frauen eine Wirkung auf das BMS zu haben.
  • Erkrankungen der Mundhöhle?
    • Definitionsgemäß liegt bei BMS eine klinisch unauffällige Mundschleimhaut vor (siehe Abschnitt Diagnostische Kriterien).
    • Erkrankungen der Mundhöhle können aber BMS-artige Symptome induzieren und sind daher wichtige Differenzialdiagnosen.

Prädisponierende Faktoren

ICPC-2

  • D83 Mund-/Zungen-/Lippenerkrankung
  • D20 Mund-/Zungen-/Lippenbeschwerden

ICD-1017

  • F45 Somatoforme Störungen
    • F45.4 Anhaltende Schmerzstörung
  • K14 Krankheiten der Zunge
    • K14.6 Glossodynie (Zungenbrennen, Zungenschmerz)

Diagnostik

  • Es handelt sich um eine Ausschlussdiagnose.
  • Schmerzen, die in den Schleimhäuten der Mundhöhle lokalisiert sind, ohne erkennbare dentale oder organmedizinische Ursache für diese Symptome.18
  • BMS-artige Symptome können auch als Folge einer anderen Erkrankung auftreten und werden dann nicht als BMS klassifiziert.4
  • Wenn das Brennen im Mund trotz der Behandlung potenzieller somatischer Ursachen bestehen bleibt oder der klinische Befund unklar ist, ist die Diagnose zu überdenken.

Diagnostische Kriterien

  • Nach den internationalen Klassifikationen von orofazialen Schmerzen (ICOP)4 und Kopfschmerzerkrankungen (ICHD-3):1

Burning-Mouth-Syndrom

  • A: Orale Schmerzen, auf die B und C zutrifft.
  • B: täglich wiederkehrende, > 2 Stunden anhaltende Schmerzepisoden, über > 3 Monate persistierend
    • Die Diagnose kann auch früher als nach 3 Monaten gestellt werden, wenn sämtliche sekundäre Burning-Mouth-Symptome ausgeschlossen wurden.
    C: Beide Schmerzcharakteristika sind erfüllt:
    1. brennend
    2. oberflächlich in der Mundschleimhaut spürbar.
  • D: Die Mundschleimhaut ist klinisch unauffällig, und keine lokalen oder systemischen Ursachen erklären den Schmerz.
    • Die QST ist oft auffällig, die klinischen Sensorikprüfungen zeigen jedoch nur sehr selten leichte sensorische Defizite.
  • E: Kann nicht besser durch eine andere ICOP- oder ICHD-3-Diagnose erfasst werden.

Burning-Mouth-Syndrom mit somatosensorischen Veränderungen

  • Orale Schmerzen, die die Kriterien A–C erfüllen (s. o.).
  • D: Beide Kriterien sind erfüllt:
    1. Die Mundschleimhaut ist klinisch unauffällig und keine lokalen oder systemischen Ursachen erklären den Schmerz.
    2. somatosensorische Veränderungen in der qualitativen oder quantitativen sensorischen Testung (negative oder positive sensorische Zeichen).

Burning-Mouth-Syndrom ohne somatosensorische Veränderungen

  • Orale Schmerzen, die die Kriterien A–C erfüllen (s. o.).
  • D: Beide Kriterien sind erfüllt:
    1. Die Mundschleimhaut ist klinisch unauffällig und keine lokalen oder systemischen Ursachen erklären den Schmerz.
    2. keine somatosensorischen Veränderungen in der qualitativen oder quantitativen sensorischen Testung.

Differenzialdiagnosen

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.19
    • Schleimhauterkrankungen
    • Nährstoffmangel (Vitamin B1, B2, B6, B12, Folsäure, Eisen, Zink u. a.)
      • Führen in der Regel zu einer Beteiligung mehrerer oraler Bereiche und können Schleimhautveränderungen verursachen.
    • Mundtrockenheit (z. B. Sjögren-Syndrom, Nebenwirkungen von Bestrahlung/Chemotherapie/Medikamenten, veränderte Speichelzusammensetzung, altersbedingte Xerostomie)
      • Führt häufig zu einer veränderten Geschmackswahrnehmung und Missempfindungen beim Essen.
    • Schädigungen des 3. Trigeminusastes (V3)4
      • Bei der BMS variiert das Verteilungsmuster der Beschwerden häufig. Oft sind die Symptome beim BMS bilateral, und die Beschwerden nehmen beim Essen ab.
      • Näheres siehe Artikel Trigeminusneuralgie.
    • Glossopharyngeusneuralgie
    • Nebenwirkungen von Medikamenten wie ACE-Hemmer, TZA oder Anticholinergika
      • Das Auftreten der Symptome korreliert mit dem Medikationsbeginn.
    • Bruxismus
      • Kann zu Verspannungen der Kiefermuskulatur und hierdurch zu Schmerzen in der Mundhöhle führen.

    Anamnese

    • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.5,20
      • Es treten häufig unterschiedliche Arten von Beschwerden auf, insbesondere Brennen in der Mundhöhle, Mundtrockenheit und veränderte Geschmackswahrnehmungen.
      • Häufig erwachen die PatientenPatient*innen beschwerdelos. Im Lauf des Tages nehmen die Symptome zu und sind am frühen Abend am stärksten.
      • Keine Schmerzen beim Essen, Schlafen oder wenn sich die betroffene Person auf etwas anderes konzentriert.
        • Schmerzlinderung beim Lutschen eines Bonbons oder beim Kaugummikauen
        • Hypersensitivität gegenüber heißen oder scharfen Speisen
      • Bei mehr als 50 % der von oromukosalen Schmerzen Betroffenen treten die Beschwerden spontan (ohne auslösenden Substanzen) auf, während 1/3 die Symptome mit Zahnbehandlungen, Medikamenten oder anderen Erkrankungen in Verbindung bringen.
      • Das Brennen tritt häufig in unterschiedlichen Bereichen der Mundhöhle auf. Dabei sind die vorderen 2/3 der Zunge, der vordere Teil des harten Gaumens und die Schleimhäute an der Innenseite der Unterlippe am häufigsten betroffen. Die Gesichtshaut ist in der Regel nicht betroffen. Das Verteilungs- und Ausbreitungsmuster kann unabhängig von der Anatomie der peripheren Nerven sein.
      • Die Schmerzen, die im Rahmen der Erkrankung auftreten, werden häufig als mittelgradig bis stark beschrieben und in vielen Fällen mit Zahnschmerzen verglichen.
      • Subjektive Mundtrockenheit, gesteigertes Durstgefühl und eine veränderte Geschmackswahrnehmung werden von vielen PatientenPatient*innen im Zusammenhang mit diesem Syndrom beschrieben. Bei 2/3 der PatientenPatient*innen ist die veränderte Geschmackswahrnehmung anhaltend, sie wird häufig als bitter und/oder metallisch beschrieben.
      • Eine Lokalanästhesie kann die Geschmacksveränderungen reduzieren, sie führt jedoch häufig dazu, dass das Brennen zunimmt.
      • Unabhängig von den Umständen des Auftretens persistieren die Schmerzen über viele Jahre.
      • Oft von Krebsangst begleitet
      • Symptomverstärkung beim Sprechen, unter Stress oder Müdigkeit
      • Erfolglose Behandlungsversuche mit NSAR, lokalen Kortikoiden, Gurgeln, Zahnreinigung und Ähnlichem
      • Schmerz ist oft von Missempfindungen begleitet, z. B.:
        • „taub“
        • „wund“
        • „Zähne reiben unangenehm an der Schleimhaut“.
        • „zusammenziehend“
        • „rau“
        • „klebrig“.
      • Begleitende psychische Störung?
        • aktuell oder in der Vorgeschichte
        • bei der betroffenen Person oder in deren Familie

      Klinische Untersuchung

      • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.4,20
        • Sorgfältige Inspektion der Mundhöhle
        • Sensibilitätsprüfungen von Mundschleimhaut und Gesichtshaut
        • Druckschmerz über den Nervenaustrittspunkten der Trigeminusäste?
        • Allgemeine internistische Untersuchung (Rheumatologie, Stoffwechsel, Endokrinologie)

        Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

        • Blutuntersuchungen
        • Urintest im Hinblick auf Glukosurie
        • Allergietests, wenn der Verdacht einer Reaktion auf Lebensmittel, Lebensmittelzusatzstoffe, Zahnimplantate o. Ä. besteht.
        • Pilz- oder Bakterienkultur anlegen.

        Diagnostik beimbei SpezialistenSpezialist*innen

        • Ggf. LH- und FSH-Bestimmung
        • Ggf. weitere klinische Untersuchung der Hirnnerven (Gesichts- und Zungenmotorik, Geruchs- und Geschmackstests, Augenmuskelprüfungen, Visus, Hörtest)
        • Ggf. weitergehende klinisch neurologische Untersuchung (Kraft- und Sensibilitätsprüfungen, Reflexe, Gang- und Standprüfungen, kognitive Tests)
        • Ggf. Schirmer-Test
        • Ggf. Saxon-Test: Ein Mulltupfer wird vor und nach 2-minütigem Kauen abgewogen. Die Gewichtsdifferenz entspricht der Speichelproduktion. Normal sind > 3 g/2 min.21
        • Ggf. Speichelanalyse
        • Ggf. rheumatologischer Status21
          • Antikörper gegen Ro (auch Sjögren-Syndrom-Antigen A, SS-A)
          • Antikörper gegen La (auch Sjögren-Syndrom-Antigen B, SS-B)
          • RF
          • ANA
        • Ggf. Schleimhautbiopsie, besonders bei sichtbaren Veränderungen

        Indikationen zur Überweisung

        • Weiterführende Untersuchungen wie Speichelsekretionstests (Sialometrie) oder Geschmackstests, neurophysiologische Untersuchungen, z. B. bei Verdacht auf Neuropathie
        • Eine multidisziplinäre Herangehensweise ist empfehlenswert:
          • ggf. Neurologie, HNO, Rheumatologie, Zahnmedizin, Psychosomatik und Psychotherapie.

        Therapie

        Therapieziel

        • Symptome lindern.

        Allgemeines zur Therapie

        • Die Datenlage zur Therapie des BMS ist wegen der geringen Qualität der bislang durchgeführten Studien unzureichend.22
        • Für keine Therapiemethode konnte bislang ein zuverlässiger Wirksamkeitsnachweis erbracht werden.18,22-23

        Psychotherapie

        • Die Vermutung, dass Psychotherapie beim BMS wirksam ist, stützt sich bislang nur auf eine einzige kontrollierte Studie24 niedriger methodischer Qualität.22
          • In dieser Studie wurden insgesamt 30 Personen mit therapierefraktärem BMS randomisiert entweder mit kognitiver Therapie (CT) behandelt oder ohne Behandlung fortlaufenden Kontrolluntersuchungen unterzogen.
          • Am Ende des 6-monatigen Beobachtungszeitraums war die Symptomschwere bei den CT-Behandelten signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe. 27 % erreichten unter der CT Symptomfreiheit.
        • Als Argumente für einen kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansatz, teilweise in Kombination mit psychodynamischen Ansätzen, werden darüber hinaus angeführt:
          • Die Ähnlichkeit des Krankheitsbilds mit anderen somatoformen Störungen und chronischen Schmerzerkrankungen, bei denen die Wirksamkeit psychotherapeutischer Verfahren gut belegt ist.6-7
          • die Nicht-Invasivität psychotherapeutischer Methoden8
          • der Mangel an sicheren, nebenwirkungsarmen Alternativen.8

        Empfehlungen für PatientenPatient*innen

        • Zur Symptomlinderung kann eine Reihe von Maßnahmen versucht werden.
          • Alles vermeiden, was die Mundhöhle reizt, wie Mundspülungen auf Alkoholbasis, Zimt, Minze oder Zigarettenrauch.
          • Lutschen/Kauen von Eiswürfeln oder von zuckerfreiem Kaugummi kann lindernd wirken.
          • Zahnersatz o. Ä. über Nacht herausnehmen.

        Medikamente und andere Therapieformen

        • Eine Cochrane-Metaanalyse22 konnte bei keinem der bei BMS in randomisiert kontrollierten Studien untersuchten Medikamente eine eindeutige Wirksamkeit feststellen.
        • Aus Studien sehr niedriger Qualität kommen vorläufige Hinweise auf eine kurzfristige Wirksamkeit von:22
          • Bestrahlung mit langwelligem Laser (Rot- und Infrarotlicht)
          • topische Anwendung von Clonazepam25
            • Wegen des Risikos der systemischen Absorption und den damit verbundenen Risiken, u. a. dem hohen Abhängigkeitspotenzial von Benzodiazepinen, ist von einem solchen Off-Label-Use topischer Benzodiazepine in der Regel abzuraten.8
            • Dabei ist auch die hohe Komorbidität somatoformer Störungen mit Suchterkrankungen zu berücksichtigen.
            • Benzodiazepine sind daher bei diesem Erkrankungsspektrum, abgesehen von einer maximal wenige Wochen dauernden Behandlung in begründeten Ausnahmefällen, kontraindiziert.6,8
          • mechanische Zungenprotektoren
          • Gabapentin, mit oder ohne Alpha-Liponsäure
        • Mit ebenfalls sehr niedriger Beweiskraft wurden vorläufige Hinweise auf eine langfristige Symptomreduktion für folgende Verfahren gefunden:22
          • Psychotherapie (s. o.)
          • Mundspülung mit Capsaicin
          • topische Anwendung von Clonazepam25 (Warnhinweis s. o.).

        Verlauf, Komplikationen und Prognose

        Verlauf

        • Die Erkrankung ist als chronisches somatoformes Schmerzsyndrom einzustufen.
        • Spontane Besserungen im Lauf der Jahre sind bei etwa 1–2 von 3 Betroffenen beschrieben.26

        Komplikationen

        Prognose

        • Eine komplette Spontanremission tritt bei etwa 3 % der Betroffenen ein.26
        • Bisher wurden keine zuverlässigen Verlaufsprädiktoren identifiziert.

        Patienteninformationen

        Worüber sollten Sie die PatientenPatient*innen informieren?

        • Grundsätzlich ist die Erkrankung harmlos, kann jedoch die Lebensqualität erheblich einschränken.

        Patienteninformationen in Deximed

        Quellen

        Leitlinien

        • Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie, Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin. Funktionelle Körperbeschwerden. AWMF-Leitlinie Nr. 051-001. S3, Stand 2018. www.awmf.org
        • Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). Psychosomatische Dermatologie (Psychodermatologie). AWMF-Leitlinie Nr. 013-024. S1, Stand 2018. www.awmf.org

        Literatur

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        6. Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie, Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin. Funktionelle Körperbeschwerden. AWMF-Leitlinie Nr. 051-001, Klasse S3, Stand 2018. www.awmf.org
        7. Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). S1 Leitlinie Psychosomatische Dermatologie (Psychodermatologie). AWMF-Leitlinie Nr. 013-024, Stand 2018. www.awmf.org
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        AutorenAutor*innen

        • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
        • TrineDie Hessevikursprüngliche PaulsenVersion dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, allmennlege og redaksjonsmedarbeider i NEL https://legehandboka.no/).
brennende munn syndromet (bms); Brennende munn syndromet
brennende munn syndromet (bms); Brennende munn syndromet
brennende munn syndromet (bms)D20; Brennende munn syndrometD83
burning mouth syndrome; bms; Glossodynie; Stomatodynie; Zungenbrennen; Schleimhautbrennen; idiopathisches Syndrom der brennenden Zunge; Syndrom der brennenden Zunge; Zungenschmerz
Burning-Mouth-Syndrom (BMS)
BBB MK 04.11.2019, stark überarbeitet, aktuelle LL; 23.02.16: Nær alle referanser skiftet ut. Oppdatert etiologi og terapi (THP). 08.12.2014: Noen mindre endringer. Dtsch LL, chck ho 23.5.16
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Definition: Multifaktorielles, vermutlich somatoformes Schmerzsyndrom, das durch Missempfindungen, Schmerzen und Brennen an der Zunge und in der Mundhöhle charakterisiert ist. Definitionsgemäß ist das Syndrom nicht durch klinische Befunde oder Laborbefunde erklärbar.
Hals/Nase/Ohren
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