In vielen Fällen lässt sich die Ursache einer rektalen Blutung nicht klären.
Diagnostische Überlegungen
Blutungen im oberen Teil des Magen-Darm-Trakts führen eher zu Teerstuhl (Meläna), wobei eine heftige Blutung im oberen Magen-Darm-Trakt auch zu direktem Blut im Stuhl führen kann, wenn sich das Blut nicht lange genug im Darm aufhält. Hier kommt es meist aber auch zu Kreislaufinstabilität.
Bei Personen über 40 Jahren, bei denen Blut im Stuhl vorkommt, sollte auch immer an ein Kolonkarzinom gedacht werden.2-3
ICD-10
A08 Virusbedingte und sonstige näher bezeichnete Darminfektionen
A09 Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiösen und nicht näher bezeichneten Ursprungs
C18 Bösartige Neubildung des Kolons
C19 Bösartige Neubildung am Rektosigmoid, Übergang
C20 Bösartige Neubildung des Rektums
D12 Gutartige Neubildung des Kolons, des Rektums, des Analkanals und des Anus
K50 Crohn-Krankheit
K51 Colitis ulcerosa
K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis
K57 Divertikulose des Darms
K63.5 Polyp des Kolons
K64 Hämorrhoiden und Perianalvenenthrombose
K92.2 Gastrointestinale Blutung, nicht näher bezeichnet
R19.5 Sonstige Stuhlveränderungen
Differenzialdiagnosen
Hämorrhoiden
Hämorrhoiden sind Gefäßaufweitungen unter der Schleimhaut im Analkanal aus erweiterten Venen und arteriovenösen Gefäßformationen.4
Häufigstes Symptom ist die transanale schmerzlose Blutung.
Sie kann einmalig, rezidivierend oder kontinuierlich über einen längeren Zeitraum auftreten.
oft bei Defäkation
Meist kommt es zu hellroten Blutauflagerungen auf dem Stuhl.
Die Ursache und Pathogenese der Hämorrhoiden sind häufig unklar. Zu den möglichen Ursachen zählen Obstipation, Schwangerschaft, chronische Lebererkrankungen (portale Hypertension) und lang anhaltende Diarrhö.
Neben der Anamnese sind Inspektion, Palpation, Proktoskopie und Rektoskopie erforderlich.
Analfissur
Man unterscheidet primär akute und primär chronische (länger als 8 Wochen) Analfissuren, die häufig traumatisch (z. B. Geburt) entstehen und meist in der hinteren Kommisur (6 Uhr in Steinschnittlage) sind.
Charakteristisch für die chronische Fissur ist die Ausbildung sekundärer Veränderungen, z. B. hypertrophierter Analpapillen, aufgeworfener Wundränder, sog. Vorpostenfalte und Fistelbildung.5
Sekundäre Fissuren können mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen assoziiert sein, erregerbedingt oder medikamenteninduziert.
Die Betroffenen können das Einreißen u. U. spüren. Frisches Blut im Stuhl, die Blutung ist meist geringer als bei Hämorrhoiden.
Häufig stechender Schmerz bei Defäkation
Führt zu Sekretion und Feuchtigkeit in der Analregion.
Kolonpolypen
Die meisten Kolonpolypen sind symptomfrei und werden zufällig entdeckt.
Bestätigung der Diagnose mit endoskopischen, histologischen, radiologischen und laborchemischen Methoden.8
Colitis ulcerosa
Die Colitis ulcerosa betrifft häufig jüngere Patient*innen. Die Prävalenz liegt bei 3–4 Fällen pro 1.000 Personen. Die Ursache ist unbekannt, genetische und Umweltfaktoren scheinen beteiligt zu sein.
Diffuse, unspezifische Schleimhautentzündung in unterschiedlicher Ausdehnung
Die Erkrankung ist in verschiedenen Teilen des Kolons lokalisiert, der Dünndarm ist nicht betroffen.
Blutige Diarrhöen mit Eiter und Schleim, rektale Tenesmen; zeitweilige Beeinträchtigung des Allgemeinzustands
Das kolorektale Karzinomrisiko ist bei Patient*innen mit Colitis ulcerosa im Vergleich zur Normalbevölkerung erhöht.9
Die Diagnose erfolgt mittels einer Kombination von Anamnese, klinischer Untersuchung und typischen laborchemischen, sonografischen, endoskopischen und histologischen Befunden.9
DivertikulitisDivertikulose
Bei einer DivertikulitisDivertikulose bestehen multiplen Ausstülpungen der Darmschleimhaut. Zu den Ursachen zählen Darmwandschwäche, gestörte Darmmotilität, ballaststoffarme Ernährung und genetische Prädisposition.
Häufige Komplikation ist die Divertikulitis, die zu einer gedeckten oder offenen Perforation führen kann.
Es können rezidivierende schmerzhafte Schübe, Stenosen, Fisteln und untere gastrointestinale Blutungen auftreten.10
Die Blutungen setzen plötzlich und ohne vorherige Symptome ein.
Eine Divertikelblutung hat eine Ruptur der Vasa recta zur Ursache. Sie äußert sich durch Hämatochezie, in schweren Fällen mit Kreislaufreaktion (RR-Abfall und Pulsanstieg).11
Die meisten Episoden einer infektiösen Gastroenteritis sind selbstlimitierend, eine Diagnostik mit Sicherung des Erregers hat meist keine therapeutische Konsequenz.12
Bei Verdacht auf eine infektiöse Gastroenteritis sollte insbesondere in folgenden Situationen eine Erregerdiagnostik erfolgen:12
Zunächst ist abzuklären, ob es sich um eine akute untere gastrointestinale Blutung handelt, oder ob immer mal wieder Blut im Stuhl beobachtet wird.
Eine akute untere gastrointestinale Blutung sollte immer zur Abklärung stationär eingewiesen werden.14
Bei hämodynamisch instabilen Patient*innen sollten frühzeitig nach Maßnahmen zur Kreislaufstabilisierung endoskopische Untersuchungen (Gastroskopie plus ggf. Rekto-Sigmoido- oder Koloskopie) durchgeführt werden.1,14
Wenn die Blutungsquelle nicht zu entdecken ist, sollte ein CT oder eine CT-Angiografie erfolgen.14,16
Die chronische gastrointestinale Blutung kann ambulant abgeklärt werden.
Bei jungen Patient*innen ohne Alarmzeichen kann eine rektale digitale Untersuchung und eine flexible Sigmoidoskopie ausreichend sein.17
Mit der Darmkrebsvorsorge/-früherkennung für die asymptomatische Bevölkerung sollte ab dem Alter von 50 Jahren entweder durch einen Test auf okkultes Blut im Stuhl (IFOBT) oder eine Koloskopie begonnen werden.6,18
Frauen von 50 bis 54 Jahren können sich für einen jährlichen Test auf okkultes Blut im Stuhl entscheiden.
Männer von 50 bis 54 Jahren können zwischen einem jährlichen Test auf okkultes Blut im Stuhl und einer Darmspiegelung (Koloskopie, alle 10 Jahre) entscheiden.
Frauen und Männer ab 55 Jahre können zwischen einem Test auf okkultes Blut im Stuhl, der alle 2 Jahre durchgeführt wird, und max. 2 Früherkennungs-Darmspiegelungen (Koloskopien) im Abstand von 10 Jahren entscheiden.
Ein positives Testergebnis macht die endoskopische Untersuchung des gesamten Dickdarmes erforderlich.6
Checkliste zur Überweisung
Blut im Stuhl
Zweck der Überweisung
Unterstützende Diagnostik? Behandlung? Sonstiges?
Anamnese
Wann war der Beginn der Symptome? Entwicklung?
Blut im Stuhl? Erscheinung des Stuhls? Spritzer in der Toilette?
Veränderungen des Defäkationsmusters oder des Stuhls?
peranaler Blutabgang bis 4 Stunden nach Krankenhausaufnahme
ASS-Einnahme
mehr als 2 relevante Begleiterkrankungen.
Eine ambulante Versorgung ist gerechtfertigt, wenn es bei eindeutig stabiler klinischer Situation und niedrigem Risikoprofil zu okkultem Blut im Stuhl oder gelegentlichen Blutauflagerungen kommt.14
Bei deutlicher Rektalblutung mit vegetativer Reaktion sollte eine stationäre Versorgung erfolgen.
Ausgeprägte pseudomembranöse Kolitis (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Hämorrhagische ischämische Kolitis (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Crohn-Ulkus im Sigma (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Ileitis terminalis (M. Crohn) (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Colitis ulcerosa mit mittlerer Aktivität (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Ulzeröses Kolonkarzinom (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Divertikelblutung (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Zwei gestielte Kolonpolypen (Adenome) (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Hämorrhoiden I° (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Quellen
Leitlinien
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Gastrointestinale Blutung. AWMF-Leitlinie Nr. 021-028. S2k, Stand 2017. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Koloproktologie. Hämorrhoidalleiden. AWMF-Leitlinie Nr. 081-007. S3, Stand 2019. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Gastroentrologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Kolorektales Karzinom. AWMF-Leitlinie Nr. 021-0070L. S3, Stand 2017. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Diagnostik und Therapie des M. Crohn. AWMF-Leitlinie Nr. 021-004. S3, Stand 2014. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Colitis ulcerosa: Diagnostik und Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 021-009. S3, Stand 2021. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e. V. (DGAV). Divertikelkrankheit/Divertikulitis. AWMF-Leitlinie Nr. 021-020. S2k, Stand 2013. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Gastrointestinale Infektionen und Morbus Whipple. AWMF-Leitlinie Nr. 021-024. S2k, Stand 2015. www.awmf.org
Jones R, et al. Alarm symptoms and identification of non-cancer diagnoses in primary care: cohort study. BMJ 2009; 339: b3094. BMJ (DOI)
Nikpour S, Ali Asgari A. Colonoscopic evaluation of minimal rectal bleeding in average-risk patients for colorectal cancer. World J Gastroenterol 2008; 14: 6536-40. PubMed
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Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland (GEKID). GEKID-Atlas. Stand 8.12.2017 www.gekid.de
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Gemeinsamer Bundesausschuss: Programm zur Früherkennung von Darmkrebs. Zugriff 16.03.2021 www.g-ba.de
Autor*innen
Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Wenn von Blut im Stuhl die Rede ist, ist sichtbares Blut gemeint. Hämatochezie bezeichnet den Abgang von hellrotem oder weinrotem Blut aus dem Rektum.1 Auch verstecktes, also nicht sichtbares Blut im Stuhl, kann diagnostiziert werden, sog. okkultes Blut.