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Hirsutismus

Allgemeine Informationen

Definition

  • Vermehrte Körperbehaarung bei Frauen an anderen Körperstellen als z. B. auf dem Kopf, in den Achselhöhlen oder in der Genitalregion, d. h. in androgen-abhängigen Bereichen.1
  • Die Störung ist ein Zeichen für eine verstärkte androgene Stimulation der Haarfollikel, die meist durch eine erhöhte Menge zirkulierender Androgene (endogene oder exogene) oder auch durch andere Veränderungen der Haarbiologie, wie eine erhöhte Androgensensitivität der Haarfollikel, verursacht wird.2
  • Die Grenze zwischen normaler und übermäßiger Behaarung ist fließend.
    • Nur die Hälfte der Fälle mit leichtem Hirsutismus und Eumenorrhö wird auf Hyperandrogenismus zurückgeführt.2
    • Allerdings ist unklar, wie häufig bei der anderen Hälfte der Frauen ein subklinischer – leichter oder vorausgehender – Hyperandrogenismus, etwa aufgrund eines bislang unerkannten polyzystischen Ovarialsyndroms, vorliegt.2
  • Hirsutismus ist nur eines von vielen Symptomen für Hyperandrogenismus. Andere Anzeichen sind:
  • Als Hypertrichose bezeichnet man allgemein eine verstärkte Körperbehaarung bei Männern oder Frauen. Zwar ist laut ICD-10 der Hirsutismus (L68.0) eine Unterform der Hypertrichose (L68.-)3, es ist jedoch international gebräuchlich, bei Frauen den Begriff Hypertrichose nur für androgenunabhängige verstärkte Körperbehaarung zu verwenden.1,4

Häufigkeit

  • Die Prävalenz von Hirsutismus wird bei Frauen im gebärfähigen Alter auf ca. 5–15 % geschätzt.5-7 Eine verlässliche Einschätzung aufgrund belastbarer Prävalenzdaten ist jedoch bislang nicht möglich.8
  • Hirsutismus entsteht bei 70–80 % der Frauen mit erhöhtem Androgenspiegel.6

Ursachen

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.2
  • Bei mehr als 80 % der Betroffenen beruht der Hirsutismus auf einem erhöhten Androgenspiegel, z. B. bei:
    • dem polyzystischen Ovarsyndrom (70–80 % der Fälle)
    • Hyperprolaktinämie
    • dem Cushing-Syndrom
    • der Einnahme von androgen wirksamen Medikamenten
    • einem androgenproduzierenden Ovarialtumor
    • ovarialer Hyperthekose (Hyperplasie der Thekazellen).
  • Etwa 5–20 % aller Betroffenen und etwa die Hälfte der eumenorrhoischen Frauen mit nur mit leichtem Hirsutismus haben einen idopathischen Hirsutismus (siehe Abschnitt Differenzialdiagnosen).
    • Ob der idiopathische Hirsutismus auf veränderten Wirkmechnismen der Androgene im Haarfollikel (kutaner Hyperandrogenismus) beruht, oder auf anderen Veränderungen der Haarbiologie, ist unklar.
    • Eine leichte Zunahme der Behaarung in der Menopause ist aufgrund der sinkenden endogenen Östrogenproduktion normal.

Diagnostische Überlegungen

Diagnostische Aufgaben

  • Zu unterscheiden ist zwischen:
  • Diagnostik immer bei:
    • schneller Entwicklung, meist kürzer als 1 Jahr
    • schneller Zunahme von Hirsutismus und (anderen) Virilisierungszeichen
    • Beginn nach dem 20. Lebensjahr, d. h. außerhalb der Pubertät.

Bewertung des diagnostischen Bedarfs

  • Auf Grundlage
    • des Hirsutismusgrades nach dem Ferriman-Gallwey-Score – Normalwerte sind:2
      • bei Frauen europäischer oder schwarzafrikanischer Abstammung: < 8
      • bei Frauen aus dem Mittelmeerraum und Mittleren Osten: < 9–10
      • bei Frauen aus Südamerika: < 6
      • bei Frauen aus Asien zwischen < 2 (z. B. Han-Chinesinnen) und < 7 (z. B. Südchinesinnen).
      • Jede der 9 androgensensitiven Körperregionen ist mit einem Score von 0 (unbehaart) bis 4 (offensichtlich viril) versehen. Die 9 Scorewerte werden zu einem Gesamtscore addiert. Bei Frauen mitteleuropäischer Herkunft ist ein Gesamtscore bis 8 normal.2
    • des Alters bei Krankheitsbeginn
    • des evtl. Leidensdrucks der Betroffenen im Hinblick auf die verstärkte Behaarung.

Pathologie

  • Erhöhte Testosteronmengen bei Frauen mit Hirsutismus beruhen meist auf einer erhöhten LH-Sekretion der Hypophyse. Dadurch wird die lokale Androgenproduktion in den Ovarien stimuliert.
  • Dehydroepiandrosteron-Sulfat (DHEAS) ist ein männliches Sexualhormon, das fast ausschließlich in der Nebenniere gebildet wird, was jedoch nur selten Ursache für Hirsutismus ist.9
  • Fast das gesamte zirkulierende Testosteron ist an das Sexualhormon-bindende Globulin (SHBG) und an Albumin gebunden, während freies Testosteron die biologisch aktivste Form ist.10
  • In der Pubertät nimmt die Androgenproduktion zu, was das Wachstum von Haaren in der Achselhöhle und im Genitalbereich erklärt. Bei Mädchen ist der Androgenanstieg jedoch nicht so hoch, dass z. B. das Bartwachstum stimuliert wird.
  • Zwar haben 80–90 % aller Frauen mit Hirsutismus eine messbare Hyperandrogenämie, und die meisten Frauen mit Androgen-Serumspiegeln, die über dem Doppelten des Normalwertes liegen, haben einen mehr oder weniger stark ausgeprägten Hirsutismus. Im Gegensatz zu anderen Virilisierungszeichen zeigt der Grad des Hirsutismus jedoch keine konsistent nachweisbare Korrelation mit dem Androgenspiegel.7

Konsultationsgrund

  • Übermäßige Körperbehaarung
    • Das Symptom kann eine enorme psychische Belastung darstellen und sich stark auf die Lebensqualität auswirken.
  • Besorgnis wegen der Ursachen

Abwendbar gefährlicher Verlauf

  • Androgenproduzierende Tumoren
    • Vorsicht bei kürzlichem Beginn und schneller Zunahme der Behaarung!

ICPC-2

  • T29 Endo./metab./ernäh. Sympt.., andere

ICD-10

  • L68 Hypertrichose3
    • L68.0 Hirsutismus

Differenzialdiagnosen

Idiopathischer Hirsutismus

  • Hirsutismus ohne Hyperandrogenämie2
  • Tritt familiär gehäuft auf. Die Prävalenz variiert ja nach ethnischer Gruppe.
  • Setzt kurz nach der Pubertät ein und schreitet langsam fort. Die Frau hat einen regelmäßigen Menstruationszyklus.
  • Die Größe der Ovarien ist normal.
  • Keine Anzeichen für androgenproduzierende Neoplasien; normale Funktion der Nebennierenrinde

Polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS)

Hyperplasie der Nebennierenrinde

  • Selten, kommt bei weniger als 5 % der Frauen mit Hyperandrogenismus vor.1,11-12
  • Es können starker Hirsutismus, AkneMenstruationsstörungen und Infertilität vorkommen.
  • Kann kongenital sein oder spät eintreten.
  • Spät eintretende Hyperplasie der Nebennierenrinde überlappt klinisch mit PCOS.

Androgenproduzierende Tumoren der Nebennieren oder Ovarien

  • Sehr selten, trifft nur auf 0,2 % der Frauen mit Hyperandrogenismus zu.11
  • Meist Ovarialtumor (am häufigsten Arrhenoblastom), seltener in den Nebennieren (Nebennierenkarzinom mit schlechter Prognose). Über die Hälfte sind maligne Tumoren.13
  • Beginn außerhalb der Pubertät
  • Rasche Zunahme der Körperbehaarung, Zeichen für Virilisierung
    • Akne, Klitoromegalie, tiefere Stimme, gesteigerte Libido, Zunahme der Muskelmasse, seltene oder gar keine Menstruationen, Verschwinden des Brustgewebes oder normaler weiblicher Körperkonturen, übelriechender Schweiß, Verlust der Temporalbehaarung und Kahlheit
  • Deutlich erhöhte Androgenwerte
  • Produziert der Tumor andere Nebennierenrindenhormone, kann die Patientin auch an Kopfschmerzen, Schwitzen, Übelkeit und Erbrechen, kardiovaskulären und metabolischen Störungen leiden.

Hyperprolaktinämie

  • Seltene Ursache für Hirsutismus
  • Wird häufig durch Medikamente (s. u.) oder prolaktinproduzierende Mikroadenome in der Hypophyse ausgelöst.
  • Frauen können an Amenorrhö (primäre, sekundäre), Galaktorrhö und Infertilität leiden.
  • Männer an Erektionsstörungen und Infertilität
  • Evtl. Symptome einer sellären Raumforderung wie Gesichtsfeldausfall und Kopfschmerzen

Medikamenteninduziert

  • Hirsutismus kann durch eine große Anzahl von Medikamenten verursacht werden, z. B.:1
    • Neuroleptika, u. a.:
      • Aripiprazol
      • Olanzapin
    • Antidepressiva, u. a.:
      • Bupropion
      • Fluoxetin
      • Paroxetin
      • Trazodon
      • Venlafaxin
    • Antikonvulsiva, u. a.:
      • Carbamazepin
      • Clonazepam
      • Lamotrigin
      • Pregabalin
      • Zonisamid
    • systemische Kortikosteroide
    • Immunsuppressiva und -modulatoren, u. a.:
      • Ciclosporin
      • Interferon-alpha
      • Mycophenolat
      • Tacrolimus
    • Dantrolen (Muskelrelaxanz zur Behandlung der malignen Hyperthermie)
    • Diazoxid (zur Behandlung von Hypoglykämien)
    • Donepezil (Antidementivum)
    • Östrogene
    • Isotretinoin (Retinoid zur Behandlung schwerer Akne)
    • Progestine (Gestagenanaloga), z. B. zur oralen Kontrazeption
      • Orale Kontrazeptiva, die Levonorgestrel, Norethindron und Norgestrel enthalten, haben häufig einen stärkeren androgenen Effekt als die Präparate, die Ethynodiol, Norgestimat und Desogestrel enthalten.
    • Testosteron und -Analoga (z. B. Anabolika).
  • Medikamente, die Hyperprolaktinämie verursachen, können auch zu Hirsutismus führen. Dazu zählen z. B.:14
    • Neuroleptika wie:15
      • Haloperidol
      • Chlorpromazin
      • Amisulpirid
      • Risperidon
      • Zotepin
      • Ziprasidon
      • Olanzapin
    • Antidepressiva (Näheres im Artikel Depression) wie:
      • SSRI
      • TZA
      • MAO-­Hemmer
    • Metoclopramid
    • Östrogene
    • orale Kontrazeptiva (20–30 % der Frauen unter 35 μg Ethinylestradiol).
  • Andere Medikamente können eine androgenunabhängige Hypertrichose induzieren, z. B.:
    • Acitretin (Retinoid zur Behandlung von Hautkrankheiten wie Psoriasis)
    • Cetirizin (Antihistaminikum der 2. Generation)
    • Citalopram (SSRI)
    • topische Kortikosteroide
    • Etonogestrel, subkutanes Implantat zur hormonellen Kontrazeption
    • Phenytoin (Antikonvulsivum)
    • Minoxidil (zur Behandlung der androgenetischen Alopezie).

Adipositas

Anamnese

Besonders zu beachten 

Andere Fälle in der Familie?

  • Bei ca. der Hälfte der betroffenen Frauen sind auch andere Familienmitglieder betroffen.

Beginn der Beschwerden?

  • Beginn in jungem Alter spricht für ein polyzystisches Ovarsyndrom.16
  • Beginn mit 50 Jahren oder älter kann auf eine ovarielle Hyperthekose (Hyperplasie der Theca interna in den Ovarien) oder maligne Erkrankung hinweisen.

Schnelle Entwicklung?

  • Eine schnelle Entwicklung über einen kurzen Zeitraum kann auf eine hormonelle Erkrankung oder einen Tumor in den Nebennieren oder Ovarien hinweisen.

Menarche

Menstruationsstörungen?

Kinderlosigkeit?

  • Frauen mit polyzystischem Ovarsyndrom haben eine eingeschränkte Fertilität.

Abdominalschmerzen?

  • Anzeichen für pathologische Prozesse im Abdomen?

Medikamente?

  • Nimmt die betroffene Frau androgene Medikamente ein (anabole Steroide, Phenytoin, Danazol, Minoxidil, Ciclosporin, orale Kontrazeptiva)?
  • Aripiprazole, Bimatoprost, Bupropion, Carbamazepin, Clonazepam, Kortikosteroide, Ciclosporin, Dantrolen, Diazoxid, Donepezil, Östrogene, Eszopiclon, Fluoxetin, Interferon alpha, Isotretinoin, Lamotrigin, Leuprolid, Mycophenolat, Olanzapin, Paroxetin, Pregabalin, Progestine, Selegilin, Tacrolimus, Testosteron, Tiagabin, Trazodon, Venlafaxin, Zonisamid?

Andere Umstände

  • Übergewicht, metabolisches Syndrom
  • Anzeichen einer Virilisierung, z. B. Klitoromegalie, tiefe Stimme und Zunahme der Muskelmasse?
    • Können Anzeichen für androgenproduzierende Tumoren sein, aber die meisten Tumoren schütten nur mäßige Mengen Androgene aus.13

Klinische Untersuchung

Anzeichen für Virilisierung?

  • Männliche Behaarung
  • Vergrößerter Larynx
  • Klitoriswachstum
  • Brustatrophie
  • Männliche Muskelmasse
  • Akne

Anzeichen für endokrines Syndrom?

  • Hirsutismus
  • Striae
  • Stammfettsucht – „Buffalo Hump“
  • Mondgesicht
  • Dünne, atrophische Haut mit reduzierter Wundheilung und schlechte Widerstandskraft
  • Hautblutungen
  • Proximale Myopathie
  • Osteoporose: Anzeichen für Kompressionsbruch
  • Erhöhte Reizbarkeit
  • Amenorrhö (primäre, sekundäre)
  • Reduzierter Infektionswiderstand
  • Psychische Veränderungen, vor allem Depression
  • Galaktorrhö

Weitere Anzeichen?

  • BMI und Taillenumfang
  • Blutdruck

Ergänzende Untersuchungen

In der Hausarztpraxis

Bei Spezialist*innen – Endokrinologie/Gynäkologie

  • Gynäkologische Untersuchung, vaginaler Ultraschall
  • Androgene im Serum
    • Benigner Hirsutismus zeichnet sich durch einen normalen bis leicht erhöhten Androgenspiegel aus.
    • PCO-Syndrom
      • 6080 % der Frauen mit PCOS haben einen erhöhten Testosteronspiegel.
    • Neoplasien sind gekennzeichnet durch eine starke Erhöhung von:
      • Testosteron > 7 nmol/l – die Referenzwerte variieren jedoch zwischen den Laboren.
      • Dehydroepiandrosteron-Sulfat (DHEA-S) > 19 µmol/l, weist auf nebennierenbedingte Ursachen hin8, ist jedoch eine unzuverlässige Untersuchung, deren Wert häufig etwas zu hoch ist.20
    • Sexualhormon-bindendes Globulin (SHBG)
      • Ist bei Hyperandrogenismus häufig niedrig.
    • Der Grad von Hirsutismus korreliert nur bedingt mit dem Androgenspiegel.
  • Andere Hormone
    • Prolaktin ist bei Prolaktinom erhöht.
    • 17-OH-Progesteron ist bei 21-Hydroxylasemangel erhöht
    • Kortisol im Serum ist beim Cushing-Syndrom erhöht.21
    • LH/FSH werden bei Verdacht auf ein polyzystisches Ovarsyndrom gemessen, kann aber bei PCO genauso gut normal sein.
  • Ggf. weitere Bildgebung
    • Abdomen-CT oder -MRT
      • CT oder MRT der Nebennieren kann zur Unterscheidung zwischen Adenom und Karzinom hilfreich sein.22
    • Schädel-CT/-MRT (Hypophyse)
    • Laparoskopie
    • Angiografie

Maßnahmen und Empfehlungen

Indikationen zur Überweisung

  • Die meisten Frauen mit Hirsutismus können, falls sie eine Behandlung wünschen, in der Hausarztpraxis behandelt werden.
  • Eine vollständige, hormonelle Diagnostik beim Spezialisten ist erforderlich bei Patientinnen mit Hinweisen auf ovariale oder adrenale Neoplasien, z. B.:
    • rasch progredienter Hirsutismus
    • plötzlich einsetzende Symptome
    • Virilisierung.
  • Eine Bestimmung des Androgenspiegels ist ratsam bei Frauen mit einem erhöhten Ferriman-Gallwey-Score (s. o.) und bei Frauen mit unerwünschtem lokalen Haarwachstum  auch bei normalem Ferriman-Gallwey-Gesamtscore.2
  • Patientinnen, bei denen Verdacht auf einen androgenproduzierenden Tumor besteht, sollten an eine Praxis für Endokrinologie und/oder Gynäkologie überwiesen werden.
  • Patientinnen mit Verdacht auf endokrinologische Erkrankung sollten an eine Praxis für internistische oder gynäkologische Endokrinologie überwiesen werden, z. B. bei Verdacht auf:
  • Patientinnen mit PCO-Syndrom sollten an eine gynäkologische Praxis überwiesen werden.

Maßnahmen

Allgemeines

  • Gewichtsreduktion
    • Wird Übergewichtigen empfohlen, da Übergewicht zu erhöhten Androgenwerten, erhöhtem Risiko für Diabetes und kardiovaskulären Erkrankungen führt.23
  • Medikamentös bedingter Hirsutismus wird durch Dosisreduktion oder Absetzen des Medikaments behandelt.

Symptomatische Therapie

  • Falls die zugrunde liegende Ursache für Hirsutismus nicht behandelbar ist, wird eine symptomatische Behandlung durchgeführt.
  • Lokale Haarentfernung6
    • Rasieren
    • Enthaarungscreme24
    • Laserbehandlung25-26
    • Fotoepilation
    • mechanisches Epilieren
    • Elektroepilation
  • Keine der genannten Behandlungen führt nach Abschluss der Behandlung zu verstärktem Haarwuchs.20

Medikamentöse Therapie

  • Medikamente bei mäßigen bis starken Beschwerden
    • Wirken entweder durch Unterdrücken der Androgenproduktion oder durch Blockieren der Wirkung der Androgene an den Haarfollikeln.9 Maximaler Therapieerfolg setzt eine 9- bis 12-monatige Behandlung voraus.
    • Bei prämenopausalen Frauen ist ein testosteronsenkender Ovulationshemmer (Östrogen-Progesteron-Kombination) 1. Wahl.2,9
      • Hemmt die LH-Produktion und das Haarwachstum in androgensensitiven Hautarealen.
      • Präparate mit antiandrogenen Gestagenen wie Drospirenon oder Cyproteronacetat einsetzen.
      • Bei Frauen mit erhöhtem thrombembolischen Risiko: Ovulationshemmer mit möglichst niedriger Ethinylestradioldosis (üblich sind 20 μg) und einem Gestagen mit niedrigem Thrombembolierisiko wählen, z. B. Levonorgestrel. Näheres dazu siehe Artikel Wahl des Verhütungsmittels.
  • Nach 6 Monaten ohne ausreichendes Ansprechen: ggf. zusätzliche Gabe eines Antiandrogens2
    • Eine Metaanalyse zeigt, dass Antiandrogene bei der Behandlung prämenopausaler Frauen mit Hirsutismus wirksam sind (NNT = 3).27
    • Wegen ihres teratogenen Potenzials sollen sie jedoch nicht bei schwangeren Frauen eingesetzt werden oder bei Frauen, die schwanger werden können (Ia).2,27
    • infrage kommende Substanzen:2
      • Cyproteronacetat
      • Spironolacton (Zulassung nur bei primärem Hyperaldosteronismus, sonst off label)
      • Finasterid (off label).
  • Der Therapieerfolg einer medikamentösen Behandlung im Hinblick auf die Behaarung ist eher gering, eine Langzeitbehandlung kann jedoch zukünftigen Haarwuchs verzögern.
  • Laut eines Rote-Hand-Briefs vom 16.06.2020 ist die Anwendung von Cyproteronacetat in einer Dosierung über 25 mg/d mit einem erhöhten Risiko für Meningeome assoziiert.
    • Für ausgeprägte Androgenisierungserscheinungen bei der Frau, die eine Hormonbehandlung erfordern, ist Cyproteronacetat 10 mg oder 50 mg angezeigt, wenn mit cyproteronhaltigen Arzneimitteln mit niedriger Dosis oder mit anderen Behandlungsoptionen keine zufriedenstellenden Ergebnisse erreicht werden konnten.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Endocrine Society. Evaluation and Treatment of Hirsutism in Premenopausal Women: An Endocrine Society Clinical Practice Guideline, Stand 2018. www.endocrine.org
  • Endocrine Society. Diagnosis and Treatment of Polycystic Ovary Syndrome, Stand 2013. www.endocrine.org
  • Deutsche Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie. Cushing-Syndrom (Hyperkortisolismus) im Kindesalter. AWMF-Leitlinie Nr. 174-010. S1, Stand 2020. www.awmf.org

Literatur

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  3. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 2020. Stand 20.09.2019; letzter Zugriff 30.03.2020 www.dimdi.de
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Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
L68; L680
T29
cushing; hyperprolaktinämie; vermehrte Körperbehaarung; Hyperandrogenismus; Virilisierung; anomale Behaarung; Androgenspiegel; Cushing-Syndrom; PCOS; polyzystisches Ovarsyndrom; Androgene
Hirsutismus
BBB MK 18.06.2020 Rote-Hand-Brief zu Cyproteron. U-MK 09.07.2018
CCC MK 01.04.2020 Überarbeitet, neue LL. chck go 1.7.
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Vermehrte Körperbehaarung bei Frauen an anderen Körperstellen als z. B. auf dem Kopf, in den Achselhöhlen oder in der Genitalregion, d. h. in androgen-abhängigen Bereichen.1
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