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Monoklonale Gammopathie

Allgemeine Informationen

Definition

  • Unter monoklonaler Gammopathie versteht man eine vermehrte Produktion bestimmter Immunglobuline oder deren Teile (Leicht- oder Schwerketten) durch monoklonale Proliferation immunkompetenter B-Lymphozyten (Plasmazellen).
  • Zu den Proteinen, die im Rahmen einer monoklonalen Gammopathie vermehrt auftreten, zählen:1
    • vollständige Immunglobulinmoleküle einer Klasse (IgG, IgA oder IgM) und eines Typs (z. B. Kappa-IgG )
    • freie Leichtketten des Typs Kappa oder Lambda (Bence-Jones-Proteine)
    • eine Kombination von Immunglobulinmolekülen und freien Leichtketten
    • freie Schwerketten (z. B. Gamma-, Alpha-, My-Kette)
    • unterschiedliche Immunglobulinmoleküle, z. B. di-tri-multiklonale Gammopathie.
  • M-Protein und M-Komponente beschreiben den Befund des monoklonalen Paraproteins (M steht für monoklonal).
  • MGUS ist die Abkürzung für monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz.
    • definiert durch den laborchemischen Nachweis kompletter oder inkompletter, monoklonaler Immunglobuline im Serum von Personen ohne klinische Symptomatik und per se ohne Krankheitswert2
    • Zustand mit erhöhtem Risiko für die Entstehung eines multiplen Myeloms oder anderer lymphoproliferativer Malignome (Morbus Waldenström, Non-Hodgkin-Lymphom) oder einer Amyloidose3

Häufigkeit

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.2,4-6
    • Prävalenz steigt mit dem Alter:
      • > 25 Jahre: 1 %
      • > 50 Jahre: 1–3 %
      • > 70 Jahre: 3–5 %
      • >75 Jahre: 7–8 %.
    • Ein häufiger pathologischer Zufallsbefund beim Routinelabor älterer Menschen
    • Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen.
    • Das MGUS-Risiko ist erhöht bei Menschen mit MGUS-betroffenen Verwandten 1. Grades.

    Diagnostische Überlegungen

    • M-Komponenten im Plasma findet man bei unterschiedlichen Erkrankungen.
      • Die häufigste davon ist die monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz MGUS (50 %).
      • Andere Ursachen sind Myelomatose, solitäre Myelome, Amyloidose, Waldenström-Makroglobulinämie (lgM) und lymphoproliferative Erkrankungen wie Lymphome.
      • Auch nach jahrelanger stabiler asymptomatischer Situation kann die MGUS in eine Myelomatose übergehen.7
    • Für die Heilung ist die frühe Diagnose solitärer Myelome und Lymphome wichtig.

    Mögliche Fehldiagnosen

    • Lymphome
    • Solitäre Myelome

    ICPC-2

    • B29 Beschw. Lymph-/lmmunsyst., andere

    ICD-108

    • R77.1 Veränderungen der Globuline8
    • R77.8 Sonstige näher bezeichnete Veränderungen der Plasmaproteine8

    Differenzialdiagnosen

    Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS)

    • Jährlich kommt es bei ca. 1 % der Fälle zum Auftreten von Lymphomen, AL(Leichtketten-)Amyloidose oder Myelomatose, wobei das Risiko bei IgM MGUS und Non-IGM MGUS erhöht ist.6
    • Diagnostische Kriterien nach International Myeloma Working Group9
      • im Knochenmarksausstrich < 10 % klonale Plasmazellen
      • und Nachweis von monoklonalem Immunglobulin durch Immunelektrophorese
        • monoklonales Protein im Serum: < 30 g/l
        • monoklonales Protein im 24-Stunden-Sammelurin: < 500 mg
      • und keine nachweisbaren Endorganschäden wie Skelettdestruktion, Anämie, Hyperkalzämie oder Niereninsuffizienz
      • und bei Leichtkettentyp: anomaler freier Leichtkettenquotient
    • Risiko der Progression2
      • Für MGUS mit Schwerketten-Immunglobulinen beträgt das Risiko für den Übergang in ein multiples Myelom oder ein anderes malignes Lymphom ca. 1–1,5 % pro Jahr.
      • Wichtigster Risikofaktor ist die Höhe des M-Proteins (> 25 g/l: Progressionsrisiko ca. 50 % nach 20 Jahren, ca. 15 % bei M-Protein < 5 g /l).

    Myelomatose, multiple Myelome

    • Siehe Artikel Multiples Myelom und Plasmozytom.
    • Eine progressive, maligne Erkrankung mit Proliferation der Plasmazellen im Knochenmark
    • Knochenschmerzen, oft im unteren Bereich des Rückens
    • Klinische Manifestationen sind osteolytische Läsionen, Hyperkalzämie, Anämie, Nierenversagen und erhöhte Infektanfälligkeit.
    • Im Urin finden sich monoklonale Leichtketten, sog. Bence-Jones-Proteine, die in seltenen Fällen fehlen können.

    Diagnostische Kriterien nach International Myeloma Working Group9

    • Schwelendes Myelom (Smoldering Myeloma)
      • im Knochenmarksausstrich ≥ 10–60 % klonale Plasmazellen
      • und/oder monoklonales Protein im Serum: ≥ 30 g/l
      • und/oder monoklonales Protein im 24-Stunden-Sammelurin: ≥ 500 mg
      • und keine nachweisbaren Endorganschäden wie Skelettdestruktion, Anämie, Hyperkalzämie oder Niereninsuffizienz
    • Symptomatisches multiples Myelom
      • im Knochenmarksausstrich ≥ 10 % klonale Plasmazellen
        • und/oder monoklonales Protein im Serum und/oder Urin nachweisbar
        • und nachweisbare Endorganschäden
      • oder im Knochenmarksausstrich ≥ 60 % klonale Plasmazellen
      • oder anomaler freier Leichtketten-Quotient > 100 und betroffene Leichtkette ≥ 100 mg/l
      • oder > 1 Herdbefund im MRT
    • Plasmazellleukämie
      • klonale Plasmazellen im peripheren Blut ≥ 2 x 109/l
      • und/oder 20 % Plasmazellen im Differenzialblutbild

    Solitäre Plasmazytome

    • Siehe Artikel Multiples Myelom und Plasmozytom.
    • Sind in der Regel im Schädel oder im Achsenskelett lokalisiert.
    • Diagnostische Kriterien nach International Myeloma Working Group9
      • im Knochenmarksausstrich < 10 % klonale Plasmazellen
      • monoklonales Protein im Serum oder Urin nicht obligat nachweisbar
      • keine nachweisbaren Endorganschäden wie Skelettdestruktion, Anämie, Hyperkalzämie oder Niereninsuffizienz
      • singuläre Knochenmanifestation in MRT oder CT
      • und klonale Plasmazellen bioptisch gesichert

    Amyloidose, primäre

    • Siehe Artikel Amyloidose.
    • Ist gekennzeichnet durch extrazelluläre Ablagerungen von Amyloiden, also abbauresistenter Proteine.
    • Dadurch wird das betroffene Organ in seiner Funktion eingeschränkt.
    • Als Differenzialdiagnose bei monoklonaler Gammopathie kommt die AL(Leichtketten)-Amyloidose infrage. Das Fibrillenprotein besteht dabei aus leichten Ketten monoklonaler Immunglobuline.
    • Klinische Anzeichen sind u. a. Karpaltunnelsyndrom, periphere Neuropathie, nephrotisches Syndrom, Purpura, Kardiomyopathie, Makroglossie.
    • Die Diagnose erfolgt anhand der Protein-Elektrophorese und Biopsie des betroffenen Gewebes (Rektum oder Gingiva mit 80 % Sensitivität).

    Waldenströms Makroglobulinämie

    • Siehe Artikel Morbus Waldenström.
    • Eine Dyskrasie der Plasmazellen führt zu einer erhöhten Produktion des monoklonalen lgM-Proteins.
    • Symptome einer Hyperviskosität: Abgeschlagenheit, Sehstörungen, Blutungen, Kopfschmerz
    • Kälteempfindlichkeit oder Raynaud-Syndrom: monoklonales IgM verhält sich wie ein Kryoglobulin oder Kälte-Agglutinin (autoimmunhämolytische Anämie).
    • Die Diagnose wird mittels Immunelektrophorese gestellt.

    Non-Hodgkin-Lymphom

    • Siehe Artikel Non-Hodgkin-Lymphom
        .
      • Tritt selten vor dem 40. Lebensjahr auf.
      • Ist eine heterogene Erkrankungsgruppe mit neoplastischer Proliferation von lymphoiden Zellen, die gewöhnlich im gesamten Körper verbreitet sind.
      • Typische Allgemeinsymptome sind Nachtschweiß, Juckreiz, Gewichtsabnahme, Antriebslosigkeit und Fieber.
      • Der häufigste Befund sind geschwollene Lymphknoten.
      • Die Diagnose wird anhand einer Biopsie gestellt.

      Hodgkin-Lymphom

      • Siehe Artikel Hodgkin-Lymphom
          .
        • Ist eine chronische Erkrankung mit lymphoretikulärer Proliferation, die lokalisiert oder gestreut auftreten kann.
        • Bimodale Altersverteilung, am häufigsten in den Altersgruppen 20–40 Jahren und über 50 Jahre
        • Typische Allgemeinsymptome sind Nachtschweiß, Juckreiz, Gewichtsabnahme, Antriebslosigkeit und Fieber.
        • Das häufigste Symptom ist ein vergrößerter, schmerzfreier Lymphknoten, der oft in der Halsregion oder Achsel auftritt.
        • Die Diagnose wird anhand einer Biopsie gestellt.

        Chronische lymphatische Leukämie (CLL)

        • Siehe Artikel Chronische lymphatische Leukämie (CLL)
            .
          • Erkrankung des höheren Alters
          • Nahezu 60 % der PatientenPatient*innen sind bei Diagnosestellung asymptomatisch.
          • Die Symptome können asymptomatische Lymphknotenschwellungen, Abgeschlagenheit, Gewichtsabnahme und ein durch eine Splenomegalie bedingtes vorzeitiges Sättigungsgefühl sein.
          • Bei anhaltender Krankheit entwickeln die PatientenPatient*innen AnzeichkinenAnzeichen einer Knochenmarkinsuffizienz.
            • Anämie mit Müdigkeit, Blässe und Dyspnoe
            • häufige Infektionen als Folge von Hypogammaglobulinämie und Leukopenie
            • durch eine Thrombozytopenie bedingte Blutungsneigung
          • Isolierte Lymphozytose (> 10 x 109), 75–98 % der zirkulierenden Leukozyten sind Lymphozyten.

          Schwerkettenkrankheit (Franklin-Syndrom)

          • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.10
            • Seltene maligne lymphoproliferative Erkrankung
            • Dyskrasie der Plasmazellen mit Überproduktion von monoklonalen, schweren Alpha- oder Gammaketten
            • Das klinische Bild ähnelt eher dem Lymphom als der Myelomatose.
            • Anhand der monoklonalen Gammopathie allein nicht von einer MGUS zu unterscheiden

            Anamnese

            Besonders zu beachten

            Allgemeinsymptome?

            Häufige Infektionen?

            Schmerzen?

            • Knochenschmerzen als Folge osteolytischer Läsionen, häufig bei einer Myelomatose.

            Klinische Untersuchung

            Allgemeines

            Spezielle Faktoren

            Ergänzende Untersuchungen

            In der Hausarztpraxis

            Blutuntersuchungen

            • Bei Verdacht auf MGUS2
              • Blutbild einschließlich Differenzialblutbild
              • Elektrolyte (Na, Ka, Ca)
              • Kreatinin, GFR, Harnstoff
              • Gesamteiweiß und Albumin im Serum
              • Beta-2-Mikroglobulin
              • Serumeiweißelektrophorese
              • Quantifizierung von Immunglobulinen
                • IgG < 30 g/l oder IgM und IgA < 20 g/l bei gleichzeitig normalen polyklonalen Immunglobulinen deuten auf MGUS hin.
                • Je höher die M-Komponente zum Diagnosezeitpunkt ist, desto größer ist das Risiko einer Myelomatose-Entwicklung.7
              • Immunfixation im Serum
              • freie Kappa- und Lambda-Leichtketten im Serum quantitativ einschließlich Berechnung des Quotienten
              • qualitativer Test auf Eiweiß im Urin
              • Albumin im Urin
              • proBNP im Serum
            • Ggf. weitere Parameter, z. B. CRP und AP

            Oberbauchsonografie4

            • Hinweise auf Lymphome oder Amyloidablagerungen?
            • Lymphknoten?
            • Milz?

            Diagnostik beimbei SpezialistenSpezialist*innen

            • Knochenmarkspunktion (in der Regel aus dem Beckenkamm)
            • Ggf. Biopsie, z. B. bei Verdacht auf Amyloidose
            • Bei Knochenschmerzen: Skelettröntgen
              • Liegen lytische Knochenläsionen vor?

            Maßnahmen und Empfehlungen

            Indikationen zur Überweisung

            • Monoklonales Protein im Urin
            • Bei MGUS sollte ebenfalls zumzur SpezialistenSpezialist*in überwiesen werden.
              • zur Abgrenzung des Zustandes von anderen Erkrankungen
              • Bis zu 25 % der PatientenPatient*innen werden innerhalb von 15–20 Jahren zudem eine Myelomatose, Makroglobulinämie oder Lymphome entwickeln, sodass ein Nachbeobachtungsbedarf besteht.
            • IgG > 30 g/l oder IgM und IgA > 20 g/l
              • Bei PatientenPatient*innen mit anfangs hoher oder schnell steigender M-Komponente ist eine strikte Therapieadhärenz besonders wichtig.

            Checkliste zur Überweisung

            Monoklonale Gammopathie

            • Zweck der Überweisung
              • Diagnostik, z. B. Knochenmarkpunktion? Behandlung? Sonstiges?
            • Anamnese
            • Klinische Untersuchung
            • Ergänzende Untersuchungen
              • Sonografie
              • Labor
              • Skelettröntgen bei Knochenschmerzen

            Indikationen zur Krankenhauseinweisung

            Indikationen für Sofortmaßnahmen

            Patienteninformationen

            Patienteninformationen in Deximed

            Illustrationen

            Serumproteinelektrophorese, Myelom
            Serumproteinelektrophorese, Myelom

            Quellen

            Literatur

            1. Linnemann M. Diagnostik der monoklonalen Gammopathie. Bioscientia Bericht 68, Stand 2002 www.shg-lymphome-leukaemien-hannover.de
            2. Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) (Hrsg.): Leitlinie Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS). Berlin 2019. www.onkopedia.com
            3. Landgren O. Monoclonal gammopathy of undetermined significance. BMJ Best Practice, last updated Mar 2019. bestpractice.bmj.com
            4. Hensel M, Dreger P, HO AD. IgM-Gammopathie. Differenzialdiagnose, Klinik und Therapie. Dtsch Arztebl 2007; 104(26) www.aerzteblatt.de
            5. Kyle RA, Therneau TM, Rajkumar SV, et al.: Prevalence of monoclonal gammopathy of undetermined significance. N Engl J Med 354:1362-1369, 2006. PMID:16571879 PubMed
            6. Kyle RA, Larson DR, Therneau TM, et al. Long-term follow-up of monoclonal gammopathy of undertemined significance. N Engl J Med 2018 Jan 18; 378(3): 241-249. pmid:29342381 PubMed
            7. Kyle RA, Therneau TM, Rajkumar V, Offord JR, Larson DR, Plevak MF. A long-term study of prognosis in monoclonal gammopathy of undetermined significance. N Engl J Med 2002; 346: 564-9. PubMed
            8. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 2019. Stand 21.09.2018; letzter Zugriff 18.08.2019. www.dimdi.de
            9. Rajkumar SV, Dimopoulos MA, Palumbo A, et al. International Myeloma Working Group updated criteria for the diagnosis of multiple myeloma. The Lancet Oncology. 15:e538-e548, 2014. DOI:10.1016/S1470-2045(14)70442-5 DOI
            10. Berenson JR. Schwerkettenkrankheiten. MSD Manual. 2019; letzter Zugriff 18.08.2019. www.msdmanuals.com

            AutorenAutor*innen

            • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
            • OddDie Kildahlursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Andersen,Handbuch overlege,Norsk dr.Elektronisk med., Medisinsk avdeling, Universitetssykehuset Nord-Norge, Harstad sykehus
            • Honar Cherif, överläkare, Hematologkliniken, Akademiska sjukhuset, UppsalaLegehåndbok (MedibasNEL, https://legehandboka.no/).
R771; R778
B29
Monoklonal gammopati; gammopati; monoklonal; Monoklonal gammopati; Monoklonale Gammopathie; MGUS; Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz; Plasmozytom; Multiples Myelom; monoklonale Immunglobuline; M-Gradient; Bence-Jones-Proteine; Amyloidose; Lymphom; Serumelektrophorese; Panzytopenie; Infektanfälligkeit
Monoklonale Gammopathie
U-NH 22.02.18
CCC MK 20.08.2019, komplett überarbeitet. Aktuelle Quellen. Revision at 26.11.2015 13:11:32: German Version Revision at 24.11.2015 15:25:27: German Version
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Unter monoklonaler Gammopathie versteht man eine vermehrte Produktion bestimmter Immunglobuline oder deren Teile (Leicht- oder Schwerketten) durch monoklonale Proliferation immunkompetenter B-Lymphozyten (Plasmazellen).
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