Definition:Angeborene Anomalie des Herzens, bei der die Aortenklappe lediglich aus 2 statt der üblichen 3 Taschen besteht.
Häufigkeit:Die Prävalenz beträgt ca. 1–2 %.
Symptome:Eine bikuspide Aortenklappe verursacht zunächst keine Symptome, im weiteren Verlauf evtl. Symptome einer Aortenklappenstenose und/oder -insuffizienz.
Befunde:Auskultatorisch durch bikuspide Klappe Ejektionsklick und systolisches Austreibungsgeräusch; ggf. klinische Befunde einer höhergradigen Aortenklappenstenose und/oder -insuffizienz.
Diagnostik:Diagnosestellung erfolgt durch Echokardiografie. Neben Erfassung und Quantifizierung eines Klappenvitiums ermöglicht diese auch den Nachweis einer häufig assoziierten Dilatation der A. ascendens.
Therapie:Bei symptomatischem Vitium Klappenersatz, Ersatz der A. ascendens bei Aneurysma.
Allgemeine Informationen
Definition
Angeborene Anomalie des Herzens, bei der die Aortenklappe lediglich aus 2 statt der üblichen 3 Taschen besteht.
In ca. 80 % der Fälle Fusion von rechts- und linkskoronarer Tasche, in ca. 20 % Fusion von rechts- und akoronarer Tasche1
Ca. 25–50 % der Patienten entwickeln eine Dilatation der Aorta ascendens11-12
Für die Entwicklung des Aneurysmas spielen nicht nur genetische Faktoren, sondern auch das veränderte Auftreffen des Blutstroms auf die Aortenwand eine Rolle.13
Eine Erweiterung der Aorta kann bereits auftreten, wenn noch kein höhergradiges Vitium vorliegt.14
Das Endokarditis-Risiko ist erhöht (intermediäres Risiko).15
Hochfrequentes diastolisches Decrescendo-Herzgeräusch („hauchend oder gießend“)
Punctum maximum 2. ICR rechts („Aorta“) oder 3. ICR links („Erb“)
Manchmal apikal mitt- und spätdiastolisches Rumpeln („Austin-Flint-Geräusch“) durch den Aufprall des Insuffizienzjets auf das vordere Mitralsegel
Häufig auch Systolikum über Erb und Aorta auskultierbar durch die systolische Flussbeschleunigung aufgrund des erhöhten Schlagvolumens (DD Aortenklappenstenose)
Die Palpation des Pulses ist eine einfache, aber diagnostisch wertvolle Methode: Ein normaler Pulsanstieg mit normaler Amplitude schließt eine hochgradige Aortenklappenstenose weitgehend aus.
routinemäßig nicht erforderlich, im Einzelfall zur detaillierten und ggf. räumlichen Darstellung der Strukturen von Klappenapparat und throrakaler Aorta
Nachweis einer Aortendissektion bei entsprechendem klinischem Verdacht (Methode der Wahl hierfür ist aber CT)
MRT oder CT Thorax
Für die Diagnostik einer bikuspiden Klappe und Quantifizierung eines Vitiums im Vergleich zur Echokardiografie von untergeordneter Bedeutung
Wichtig für die Darstellung der thorakalen Aorta und Quantifizierung eines Aortenaneurysmas
Präoperative Erfassung von Kalzifikationen der Aorta mittels CT
Vor kathetergestützten Aortenklappenimplantationen (TAVI) CT-gestützte Ausmessung des Klappenrings
Screening
Ein Screening auf Erweiterung der A. ascendens kann erwogen werden bei Angehörigen 1. Grades von Patienten mit bikuspider Aortenklappe.18
Indikationen zur Überweisung
Bei Herzgeräusch und klinischem V. a. auf relevantes Vitium
Bei Patienten mit bekannter bikuspider Aortenklappe sollte echokardiografisch der Durchmesser der Aortenwurzel und der aszendierenden Aorta bestimmt werden.18
Therapie
Therapieziele
Die Prognose bei höhergradigem Klappenvitium und/oder Aortenaneurysma verbessern.
Komplikationen (z. B. kardiale Dekompensation/Aortendissektion) vermeiden.
Allgemeines zur Therapie
Eine bikuspide Aortenklappe ist per se keine OP-Indikation.
Bei symptomatischen Vitien besteht die Indikation zu Klappenersatz oder -rekonstruktion.
Desweiteren ergibt sich eine OP-Indikation bei Aneurysma der A. ascendens, wobei der Cut-off für die Indikation zum Ascendensersatz durch das Vorliegen einer bikuspiden Aortenklappe beeinflusst wird (s. u.).
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Behandlung einer Aortenklappenstenose ist rein symptomorientiert, d. h. ggf. Therapie einer Herzinsuffizienz entsprechend den aktuellen Leitlinien.19
Bei Aortenklappeninsuffizienz beruht die medikamentöse Therapie auf Nachlastreduktion und dadurch Verminderung des Regurgitationsvolumens
Verwendet werden vor allem Ca-Antagonisten (Dihydropyridine) und ACE-Hemmer.
Bei Patienten mit bikuspider Aortenklappe und Dilatation der A. ascendens werden üblicherweise Betablocker und/oder Losartan verabreicht (allerdings keine eindeutige Evidenz).20
Operative Therapie
Klappenersatz
Die Indikation zum Klappenersatz ergibt sich aus den Leitlinien für das Management von Klappenerkrankungen.20
Neben dem operativen Klappenersatz ist neuerdings auch der kathetergestützte Klappenersatz (TAVI) eine Option.21
Rekonstruktion der Klappe
Bei Patienten mit dominierender Aortenklappeninsuffizienz kann bei einem Teil der Patienten eine Rekonstruktion der Klappe durchgeführt werden, ggf. kombiniert mit Aortenersatz.22-24
Neuere Daten weisen darauf hin, dass auch Parameter wie Dicke, Steifheit und Wandstress der Aorta für die Risikostratifikation Bedeutung haben, derzeit beruht die Entscheidung zur OP aber überwiegend auf der Messung des Diameters.25
Insbesondere bei älteren, komorbiden Patienten mit bikuspider Aortenklappenstenose und erweiterter A. ascendens ist wahrscheinlich auch der isolierte Klappenersatz eine sichere Option.11
Vom simultanen Aortenersatz profitieren vor allem jüngere Patienten mit niedrigem OP-Risiko und überwiegender Aortenklappeninsuffizienz.11
Die aktuellen Guidelines stellen folgende Indikationen zur operativen Versorgung eines Aneurysmas der A. ascendens unter spezieller Berücksichtigung auch des Vorliegens einer bikuspiden Klappe:20
Leitlinie: Indikation zur Operation bei Erkrankung der Aortenwurzel20
Die Operation sollte erwogen werden bei Patienten mit Aortenwurzelerkrankung mit einem maximalen Diameter der Aorta ascendens von (IIa/C):
≥ 45 mm bei Marfan-Syndrom und zusätzlichen Risikofaktoren (z. B. familiär gehäufte Dissektionen, Zunahme des Diameters > 3 mm/Jahr)
≥ 50 mm bei Vorliegen einer bikuspiden Klappe mit zusätzlichen Risikofaktoren (z. B. familiär gehäufte Dissektionen, Zunahme des Diameters > 3 mm/Jahr)
≥ 55 mm für alle anderen Patienten.
Wenn die Operation primär wegen der Aortenklappe indiziert ist, sollte ein Ersatz der Aortenwurzel oder tubular Aorta ascendens erwogen werden, falls ≥ 45 mm, insbesondere bei Vorliegen einer bikuspiden Klappe (IIa/C).
Endokarditis-Prophylaxe
Die bikuspide Aortenklappe zählt zu den Veränderungen mit intermediärem Endokarditis-Risiko, hier wird eine antibiotische Endokarditis-Prophylaxe derzeit nicht empfohlen.26
Patienten sollten auf die Notwendigkeit einer guten Zahnhygiene hingewiesen werden.26
Patienten mit bikuspider Klappe gehören zur Gruppe mit intermediärem Risiko.26
Verlauf und Prognose
Die Prognose wird durch im Wesentlichen durch ein hämodynamisch relevantes Vitium und/oder die Erkrankung der thorakalen Aorta bestimmt.
Sporttauglichkeit
Wettkampfsport
bei bikuspider Aortenklape ohne relevante Stenose oder Insuffizienz und ohne Dilatation der Aorta (< 40 mm) keine Einschränkungen für Wettkampfsport30
Bei bikuspider Aortenklappe und Aortendilatation zwischen 40 und 45 mm ist Wettkampfsport bis zu mittleren statischen und dynamischen Belastungen möglich.30
bei biskuspider Aortenklappe und Aortendilatation > 45 mm nur Wettkampfsportarten mit niedrigen statischen und dynamischen Belastungen (z. B. Golf, Schießen, Billard)30
Freizeitsport
Geeignet für Patienten mit bikuspider Aortenklappe und Aortendilatation sind ausdauerorientierte Belastungen mit niedrigen Intensitäten und geringem Krafteinsatz (z. B. moderater Dauerlauf, Radfahren in ebenem Gelände, Nordic-Walking oder Walking).30
Verlaufskontrolle
Bei relevantem Vitium oder Dilatation der Aorta jährliche Verlaufskontrollen
Auch bei asymptomatischer bikuspider Aortenklappe sind systematische Verlaufskontrollen in größeren Abständen sinnvoll (z. B. nach 5 Jahren) zur Erfassung eines beginnend relevanten Vitiums oder einer Erweiterung der Aorta.
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patienten informieren?
Die Erkrankung entwickelt sich häufig zu einer behandlungsbedürftigen Herzklappenerkrankung und/oder Erkrankung der Hauptschlagader.
Wenn Symptome vorliegen, sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen erforderlich, um die Notwendigkeit einer Intervention zu evaluieren.
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Autoren
Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.
Ingard Løge, spesialist allmennmedisin, universitetslektor, institutt for sammfunsmedisinske fag, NTNU, redaktør NEL
Definition:Angeborene Anomalie des Herzens, bei der die Aortenklappe lediglich aus 2 statt der üblichen 3 Taschen besteht. Häufigkeit:Die Prävalenz beträgt ca. 1–2 %.