Bei rund 20 % aller Schwangeren treten Blutungen vor der 20. SSW auf; ein Spontanabort kommt in rund 10 % aller ärztlich registrierten Schwangerschaften vor.3-4
Viele Spontanaborte werden gar nicht als solche eingestuft, sondern als verspätete Menstruationsblutung.
Bis zu 5 % aller Schwangeren erleben mehr als einen Spontanabort, die Wahrscheinlichkleit steigt mit dem Alter der Mutter und der Anzahl der vorhergegangenen Aborte.1
Ätiologie und Pathogenese
Die Ursachen dafür, dass eine Schwangerschaft vor der 24. Woche endet, sind sehr vielfältig, häufig lässt sich die genaue Ursache auch nicht ermitteln, in den meisten Fällen ist eine genauere Diagnostik auch eher bei einem rezidivierendem Abort sinnvoll.
Genetische Ursachen
Die häufigste Ursache sind embryonale/fetale Chromosomenaberrationen, die vor allem im 1. Trimenon auftreten.5
Das Risiko von Chromosemenaberrationen steigt mit dem Alter der Eltern.
Angeborene oder erworbene Fehlbildungen
Uterine Fehlbildungen (z. B. Uterus subseptus) können zu einer veränderten Vaskularisation der Plazenta und somit zum verfrühten Ende einer Schwangerschaft führen.
Ebenso können erworbene Fehlbildungen wie Adhäsionen im Uterus, Myome oder Polypen ein Hindernis für eine einwandfreie Implantation sein.
Inwiefern Luftverschmutzung eine ursächliche Rolle bei Spontanaborten spielt, ist noch nicht abschließend geklärt.9
Mikrobiologische Faktoren
Bakterielle Vaginose durch Mangel an Milchsäurebakterien und daraus folgend Zunahme an vaginalen Bakterien (Gardnerella vaginalis, Prevotella species, Mobiluncus species u. a.)8
Die Auswirkungen von Infektionen in der Frühschwangerschaft sind noch nicht genau bekannt, Infektionen können zu einer fehlerhaften Implantation oder durch Übertragung der infektion auf den Fetus zu einem frühzeitigen Ende der Schwangerschaft führen.8
Ein erhöhtes Risiko für einen Spontanabort besteht bei:
Schilddrüsenerkrankungen sind mit einer erhöhten Häufigkeit für Spontanaborte assoziert, das gilt sowohl für Hyperthyreose als auch Hypothyreose mit oder ohne Autoimmunantikörper.
Insbesondere das Antiphospholipid-Syndrom ist mit einer erhöhten Rate an Frühaborten assoziiert, aber auch andere Koagulationsstörungen wie z. B. die Thrombophilie kommen als Ursache infrage.
O03.0 Spontanabort: Inkomplett, kompliziert durch Infektion des Genitaltraktes und des Beckens
O03.1 Spontanabort: Inkomplett, kompliziert durch Spätblutung oder verstärkte Blutung
O03.2 Spontanabort: Inkomplett, kompliziert durch Embolie
O03.3 Spontanabort: Inkomplett, mit sonstigen und nicht näher bezeichneten Komplikationen
O03.4 Spontanabort: Inkomplett, ohne Komplikation
O03.5 Spontanabort: Komplett oder nicht näher bezeichnet, kompliziert durch Infektion des Genitaltraktes und des Beckens
O03.6 Spontanabort: Komplett oder nicht näher bezeichnet, kompliziert durch Spätblutung oder verstärkte Blutung
O03.7 Spontanabort: Komplett oder nicht näher bezeichnet, kompliziert durch Embolie
O03.8 Spontanabort: Komplett oder nicht näher bezeichnet, mit sonstigen und nicht näher bezeichneten Komplikationen
O03.9 Spontanabort: Komplett oder nicht näher bezeichnet, ohne Komplikation
O20.0 Drohender Abort
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
Viele Spontanaborte gehen von der Patientin unbemerkt vonstatten, die Blutung wird als verspätete Menstruationsblutung angesehen.
Bei jeder Schwangeren muss bei Unterleibsschmerzen und/oder vaginaler Blutung an einen Spontanabort gedacht werden.
Die Diagnostik durch eine gynäkologischen Praxis oder Klinik per Ultraschall und Beta-HCG-Bestimmung dient zur Abgrenzung eines vollständigen Aborts, einer Extrauteringravidität, einer Molenschwangerschaft oder einer lebensfähigen Schwangerschaft mit Komplikationen.
Differenzialdiagnosen
Vitale intrauterine Schwangerschaft
Unklare Schwangerschaftsanlage, (Pregnancy of Unknown Location, PUL)
Eine Verdoppelung der Beta-hCG-Konzentration innerhalb von 48 Stunden wird häufig als Anzeichen eines lebenden intrauterinen Embryos interpretiert.16
Ein Absinken des Wertes deutet auf eine drohende Fehlgeburt hin.
Bei einer Blasenmole sind die Beta-hCG-Werte im Serum bzw. Urin meist deutlich erhöht.15
Serum-Progesteron
Werte unter 19,1 nmol/l (6ng/ml) schließen eine intakte Schwangerschaft aus.12
Indikationen zur Überweisung
Jede Schwangere mit Unterleibsschmerzen und/oder vaginaler Blutung sollte gynäkologisch abgeklärt werden, je nach klinischem Zustand der Patientin sollte ggf. eine Krankenhauseinweisung erfolgen.
Dies gilt auch für Patientinnen mit entsprechenden Symptomen, deren Schwangerschaft bislang noch nicht bekannt war.
Therapie
Therapieziele
Wenn möglich, sollte eine organerhaltenden Therapie angestrebt werden, um weitere unkomplizierte Schwangerschaften zu ermöglichen.
Allgemeines zur Therapie
Bei allen Rhesus-negativen Patientinnen: Anti-D-Prophylaxe
Abwartende, operative oder medikamentöse Behandlung?
Die Auswahl der Therapie ist abhängig von den erhobenen Parametern, dem Ausmaß der Blutung und dem Allgemeinzustand der Patientin.
Manchmal ist eine Kombination verschiedener Verfahren sinnvoll.
Abwartende Beobachtung
Bei leichten Blutungen und sonografisch intakter Schwangerschaft liegt die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt bei ca. 11 %, eine Kontrolle ist nach 10 Tagen sinnvoll.
Bettruhe scheint nicht unbedingt notwendig zu sein.17
Bei unvollständigem Abort ist ein Abwarten des Spontanverlaufs auch möglich, wenn es der Patientin gut geht, keine Infektzeichen bestehen und die Patientin dies wünscht.
Bei mehr als 90 % der Patientinnen ist nach 4 Wochen der Prozess vollendet, eine sonografische Kontrolle und Kontrolle der Beta-hCG-Konzentration sollte erfolgen.12
Ein Wechsel auf eine andere Therapieoption ist jederzeit möglich.
Medikamentöse Behandlung
Entscheidet sich die Patientin für ein medikamentöses Vorgehen, so sollte ein sequentielles Vorgehen mit der Gabe von 200 mg Mifepriston gefolgt von der vaginalen Applikation von 800 µg Misoprostol gewählt werden.18
Der Erfolg stellt sich nach 2–3 Tagen ein, die Versagerquote beträgt 2–5 %.
Kontraindikationen sind schwere Anämie, Gerinnungsstörungen oder eine Infektion.4
Nebenwirkungen sind Übelkeit, Durchfall und Erbrechen.19
Operative Behandlung
Nach der 9. SSW sind die Nebenwirkungen einer medikamentösen Behandlung meist höher und die Akzeptanz der Patientinnen für die medikamentöse Behandlung geringer, sodass eher ein chirurgisches Vorgehen gewählt werden sollte.18
Eine Aspirationskürettage oder Abrasio uteri sollte erfolgen bei:
erfolgloser abwartender oder medikamentösen Behandlung
Infektionen.
Ziel der Therapie der Blasenmole ist die vollständige Entleerung von Trophoblastmaterial aus dem Cavum uteri.15
Aufgrund des aufgelockerten Uterus besteht eine erhöhte Perforations- und Blutungsgefahr.
Bei lebensbedrohlichen Blutungen kann eine Hysterektomie notwendig sein.
Psychologische Betreuung
In vielen Fällen kann ein Angebot für psychologisch, psychosomatische oder psychotherapeutische Verfahren hilfreich für die Betroffenen und ihre Partner*innen sein, insbesondere eine Angstsymptomatik in Folgeschwangerschaften gilt es behutsam aufzufangen.
Ein Mangel an sozialer Unterstützung ist eine wesentliche Risikogröße für eine akute und anhaltende depressive Reaktion nach einer Fehlgeburt.20
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Bei rund 20 % aller Schwangeren kommt es im 1. Trimenon zu einer vaginalen Blutung.
25–50 % aller drohenden Aborte (ohne weitere Diagnostik) enden in einem Abort, bei Nachweis einer intakten Schwangerschaft liegt die Rate bei 11 %.
Bei einem drohenden Abort beträgt die Wahrscheinlichkeit eines Fortbestands der Schwangerschaft knapp unter 90 %, sofern ein lebender Fetus nachgewiesen wird.12
Für die spätere Fertilität scheint es keine Rolle zu spielen, ob abwartend, medikamentös oder operativ behandelt wird.21
Eine zeitliche Begrenzung bezüglich Folgeschwangerschaften scheint nicht notwendig zu sein.22
Die Prognose für spätere Schwangerschaften ist gut.
Es scheint eine Korrelation zwischen Spontanaborten und frühzeitiger Mortalität, insbesondere durch kardiovaskuläre Erkrankungen zu geben.23
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Diagnostik und Therapie beim wiederholten Spontanabort. AWMF-Leitlinie Nr. 015-050. S2k, Stand 2018 (in Überarbeitung). www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Fertilitätsstörungen, psychosomatisch orientierte Diagnostik und Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 016-003. S2k, Stand 2019. www.awmf.org
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Autor*innen
Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Abort; abort; Spontanabort; o03.0 spontanabort, inkomplett, komplicerat med infektion i könsorgan och bäcken; o03.1 spontanabort, inkomplett, komplicerat med utdragen eller ymnig blödning; o03.2 spontanabort, inkomplett komplicerad med embolism; o03.3 spontanabort, inkomplett, med andra och icke specificerade komplikationer; o03.4 spontanabort, inkomplett utan komplikation; o03.5 spontanabort,komplett eller icke specificerad, komplicerat med infektion i könsorgan och bäcken; o03.6 spontanabort,komplett eller icke specificerad, komplicerat med utdragen eller ymnig blödning; o03.7 spontanabort,komplett eller icke specificerad, komplicerad med embolism; o03.8 spontanabort,komplett eller icke specificerad, med andra och icke specificerade komplikationer; o03.9 spontanabort,komplett eller icke specificerad utan komplikation