Unwillkürliche und nicht aufhaltbare komplette Blasenentleerung, ausgelöst durch Lachen. Damit unterscheidet sich diese Form der Inkontinenz von der Stressinkontinenz, die zwar auch durch Lachen ausgelöst werden kann, aber nur mit begrenzten Mengen abgehenden Urins einhergeht.
Rezidivinkontinenz (nach einer Harninkontinenzoperation wiederkehrende Inkontinenz, ICD-10 N39.47!)1
Häufigkeit
Variiert mit der Definition von Harninkontinenz, speziell mit den Anforderungen für Häufigkeit und Menge.
Etwa die Hälfte aller inkontinenten Frauen hat eine „reine“ Belastungsinkontinenz, während 1/10 eine „reine“ Dranginkontinenz hat, d. h. Urinverlust begleitet von starkem Harndrang. Etwa 1/3 hat eine Mischung aus diesen Inkontinenzformen.8
Prävalenz
Die Prävalenz der Harninkontinenz wird abhängig von der Population auf 3−55 % geschätzt.9
In einer norwegischen Untersuchung fand man eine Prävalenz von 25 %, stark abhängig vom Alter.8
Dabei betrug die Prävalenz für eine moderate bis schwere Urininkontinenz, definiert als beeinträchtigend, 7 %.
In einer Studie von Cheater und Castleden fand sich für eine sozial störende Inkontinenz (bei Männern und Frauen) ein ähnlich hoher Anteil von 6 % der Bevölkerung.10
Eine Untersuchung unter Studentinnen (Durchschnittsalter 22,5 Jahre) zeigte eine Prävalenz von unwillkürlichem Harnverlust von 12,6 %.11
Die Inkontinenzrate bei Patient*innen in Pflegeeinrichtungen liegt bei über 50 %.12
Risikofaktoren
Alter?
Laut einer kalifornischen Studie mit 4.103 Frauen im durchschnittlichen Alter von 56 ± 15,8 Jahren nimmt die nominale Inkontinenzprävalenz zwar mit höherem Alter zu, nach Adjustierung von Kovariaten wie Adipositas, Schwangerschaften und Geburten, Menopause und Hormontherapien zeigte sich jedoch, dass das Alter allein kein unabhängiger Risikofaktor für Harn- oder Stuhlinkontinenz ist.13
Nach vaginalen Geburten ist das Risiko für eine langfristige Stressinkontinenz fast doppelt so hoch wie nach Kaiserschnitt-Entbindung. Dieser Unterschied ist bei jüngeren Frauen besonders ausgeprägt. Auch das Risiko für eine Dranginkontinenz ist nach vaginaler Geburt höher als nach Sektio.17
Prävalenzdaten für „jegliche“ und für „schwerere“ Inkontinenz aus norwegischen Daten18
Nullipara: Prävalenz 10,1 % und 3,7 %
Frauen, die durch Kaiserschnitt geboren haben: Prävalenz 15,9 % und 6,2 %.
Frauen, die vaginal geboren haben, Prävalenz 21,0 % und 8,7 %.
Weitere Risikofaktoren, die besonders bei älteren Patientinnen relevant sind:19
zu bewerten, ob der Urinverlust durch eine Krankheit verursacht ist, die eine ursächliche Behandlung erfordert.
die Art und das Ausmaß der Inkontinenz zu bestimmen.
den subjektiven Leidensdruck und die Motivation der Patientin für eine Behandlung zu evaluieren.
Eine Miktionsliste ist nützlich zur Abgrenzung verschiedener Störungen beim Wasserlassen. Je nach Ausführlichkeit der Informationen unterscheidet man nach den Vorgaben der „International Continence Society“ zwischen:
Miktionskalender: Zeitpunkte der Miktionen
Miktionsprotokoll: Zeitpunkt und Volumina der Miktionen
Miktionstagebuch: Hier werden zusätzlich Zeitpunkt und Volumen der Trinkmenge, von der Blase ausgehende Symptome wie imperativer Harndrang und Inkontinenzepisoden aufgezeichnet.
Konsultationsgrund
Laut einer US-amerikanischen Studie verschweigt die Hälfte aller betroffenen Frauen den Ärzt*innen gegenüber ihre Inkontinenz.22
Am häufigsten suchen harninkontinente Frauen ärztliche Hilfe
Form der Inkontinenz, die Folge einer neurogenen Detrusorhyperaktivität oder Detrusor-Sphinkter-Hyperaktivität/Dyssynergie ist. Es kommt dabei zum teilweisen oder kompletten Verlust der willentlichen Steuerung der Blasenentleerung.
Typisch sind häufig unterbrochener Harnstrahl und Startschwierigkeiten.
Die verursachende Läsion der Nervenbahnen liegt auf Höhe des Rückenmarks, sodass die Verbindung zwischen Harnblase und Gehirn gestört oder unterbrochen ist. Der Muskeltonus sowohl in Detrusor als auch im Sphinkter ist reflektorisch erhöht.
Die häufigste Ursache für eine spinale Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie ist eine komplette Querschnittlähmung.
Weitere Erkrankungen mit häufiger Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie: Multisystematrophie, multiple Sklerose, konnatale Fehlbildungen, z. B. Myelomeningozele
Eine systematische Inkontinenzdiagnostik kann mithilfe von Fragebögen erfolgen. Sie ist z. B. fester Bestandteil des hausärztlich-geriatrischen Basisassessments (Näheres siehe Artikel Geriatrische Untersuchung).
Bei kognitiv eingeschränkten Menschen ist beim Beantworten der Fragen ggf. die Unterstützung von Angehörigen oder Pflegekräften erforderlich.
Idealerweise sollte an 2–3 Tagen über 24 Stunden protokolliert werden:
Miktionsfrequenz
Miktionsvolumen
Häufigkeit des Harnverlustes
Harndranggefühl
Vorlagenverbrauch
Trinkmenge
Schlaf-Wach-Rhythmus.
Optionale Tests
Stresstest
Urinabgang beim Husten, Niesen oder körperlicher Bewegung (z. B. Kniebeugen) als Hinweis auf eine Belastungsinkontinenz
PAD-Test
Wiegen der nassen Windel oder Vorlage eines Tages oder einer Nacht, Trockengewicht abziehen.
Diagnostik bei Spezialist*innen
Wenn keine klare Ursache für eine Harninkontinenz vorliegt oder die Primärbehandlung keine Wirkung erzielt, kann eine weitere Diagnostik indiziert sein.
Urodynamische Untersuchungen können indiziert sein und sollten insbesondere vor einer operativen Inkontinenzoperation und obligat vor einen Re-Inkontinenzoperation durchgeführt werden.
Vaginale Untersuchung
Hustentest (Provokation von Urinverlust durch Husten bei voller Blase während einer vaginalen Untersuchung)
Maßnahmen und Empfehlungen
Indikationen zur Überweisung
Mangelnde Wirkung von nichtinvasiven Maßnahmen bei einer motivierten Patientin
Verdacht auf oder manifeste spezifische Erkrankung, z. B. gynäkologische oder neurologische Erkrankung mit Behandlungsindikation
Anhaltende Schmerzen beim Wasserlassen
Makrohämaturie, die nicht mit einem HWI assoziiert ist.
Inkontinenz in Zusammenhang mit Becken-Operationen oder -bestrahlungen
Bei Mischinkontinenz zielt die Behandlung zunächst auf jene Inkontinenzbeschwerden ab, die die höchste Belastung für die Patientin bedeuten.
Die meisten Fälle von Stress-, Drang- oder Mischinkontinenz sollten versuchsweise in der Hausarztpraxis behandelt werden.
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patientinnen informieren?
Dass eine Harninkontinenz nicht gefährlich ist (vorausgesetzt, eine klinische Untersuchung zum Ausschluss der Differenzialdiagnosen wurde durchgeführt).
Deutsche Gesellschaft für Geriatrie. S2e-Leitlinie Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten, Diagnostik und Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 084-001. S2e, Stand 2019. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Interdisziplinäre S2e-Leitlinie für die Diagnostik und Therapie der Belastungsinkontinenz der Frau. AWMF-Leitlinie Nr. 015-005. S2e, Stand 2013 (abgelaufen). www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Diagnostik und Therapie von neurogenen Blasenstörungen. AWMF-Leitlinie Nr. 030-121. S1, Stand 2020. www.awmf.org
Literatur
Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 2019. Stand 21.09.2018; letzter Zugriff 29.07.2019. www.dimdi.de
Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Diagnostik und Therapie von neurogenen Blasenstörungen. AWMF-Leitlinie Nr. 030 - 121, Klasse S1, Stand 2020. www.awmf.org
Melchior H. Harninkontinenz im Alter. Dtsch Arztebl 1996; 93(6): A-316 / B-252 / C-240 www.aerzteblatt.de
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Interdisziplinäre S2e-Leitlinie für die Diagnostik und Therapie der Belastungsinkontinenz der Frau. AWMF-Leitlinie Nr. 015 - 005, Stand 2013 (abgelaufen). www.awmf.org
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Autor*innen
Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
Klaus Gebhardt, Facharzt für Allgemeinmedizin, Bremen (Review)
Fr
Die ursprüherengliche Autor*innen
TerjeVersion Johannessendieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, professor i allmennmedisin, redaktør NEL
Arnfinn Seim, førsteamanuensis i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
Per Bergsjø, professor emeritus, drhttps://legehandboka. medno/)., Universitetet i Bergen. Spesialist i kvinnesykdommer og fødselshjelp, forsker ved Nasjonalt folkehelseinstitutt, Oslo
CCC MK 03.08.2020 aktuelle LL, kaum Änderungen.
U-NH 01.11.17
BBB MK 31.07.2019, neue LL;
Revision at 27.08.2015 17:16:21:
Final German Version, Titel geändert, Formatierungen korr. GO 19.2.; Rev. Gebhardt 16.1.17
Unfreiwilliges Wasserlassen oder Urinverlust Urologisch-symptomorientierte Einteilung
Dranginkontinenz
Belastungs-/Stressinkontinenz, 3 Schweregrade nach Ingelmann-Sundberg5-6
Grad 1: Urinverlust beim Husten, Niesen, Pressen und Lachen
Grad 2: Urinverlust beim Heben, Laufen und Treppensteigen
Grad 3: Urinverlust beim Stehen ohne körperliche Betätigung.
Misch(harn)inkontinenz (kombinierte Belastungs- und Dranginkontinenz)
Reflexinkontinenz (Detrusorhyperaktivität)
Überlaufinkontinenz