Hyperhidrose bedeutet übermäßiges Schwitzen, das nichts mit der physiologischen Wärmeregulation zu tun hat.1
Man unterscheidet zwischen primärer idiopathischer Hyperhidrose und sekundärer Hyperhidrose, die durch andere Erkrankungen (z. B. Hyperthyreose, Erkrankungen des Nervensystems) oder Medikamenteneinnahme hervorgerufen werden kann.
Für Patienten kann eine Hyperhidrose eine beträchtliche Beeinträchtigung der Lebensqualität bedeuten.
Häufigkeit
Es handelt sich um ein verbreitetes Problem. Es wird von einer Prävalenz von etwa 2–4 % der Allgemeinbevölkerung ausgegangen.2
Ätiologie und Pathogenese
Beim Schwitzen geben die Schweißdrüsen wässriges Sekret ab.
Man unterscheidet thermoregulatorisches und emotional bedingtes Schwitzen.
Die ekkrinen Schweißdrüsen kommen im Bereich der Achseln, der Handflächen und der Fußsohlen vor, sind aber auch über den ganzen Körper verteilt.3
Apokrine Schweißdrüsen sind vor allem in der Axilla und in der Urogenitalregion lokalisiert.
Hyperhidrose wird darüber hinaus noch unterteilt in eine generalisierte oder fokale Form.
Die generalisierte Form hat meistens eine Erkrankung als Ursache (sekundäre Hyperhidrose).
Zu den Symptomen der Hyperthyreose zählen Palpitationen, Müdigkeit, Nervosität, Reizbarkeit, Gewichtsabnahme trotz guten Appetits, Schwitzen und Wärmeintoleranz.
Als weitere Befunde neben der Hyperhidrose können Rastlosigkeit, feuchtwarme Haut und Hände, Tremor, Tachykardie, evtl. Vorhofflimmern, lebhafte Reflexe, Exophtalmus oder Struma vorliegen.
Die Diagnose wird durch den Nachweis eines erhöhten FT4- und eines erniedrigten TSH-Spiegels bestätigt.
Ein vermehrtes Schwitzen tritt bei peri- und postmenopausalen Frauen häufig in Zusammenhang mit Hitzewallungen auf.
Meist kommt es zu einem Hitzegefühl und einem plötzlichen Schwitzen auf der Stirn, der Brust und den Armen. Derartige Anfälle treten täglich wenige bis viele Male auf und dauern jeweils einige Minuten an.
Beispiel sind die diabetische Polyneuropathie, die zu Beginn mit Hyperhidrose auffallen kann oder Hyperhidrose an der betroffenen Extremität bei CRPS (chronisch regionales Schmerzsyndrom).3
Primäre Hyperhidrose
Die primäre Hyperhidrose tritt meist fokal auf, häufig sind Achselhöhlen, Handflächen, Fußsohlen, Stirn oder Inguinalbereich betroffen.
Ermöglicht die farbliche Abgrenzung des aktiv sezernierenden Areals.
Gravimetrie
Per Filterpapier wird über eine definierte Zeit (60 s oder 5 min) Schweiß aufgenommen und gewogen.
Man erhält die freigesetzte Schweißmenge in mg/Zeit.
An der Handfläche sind Werte < 20 mg/min und axillär < 50 mg/min als normal anzusehen.4
Maßnahmen und Empfehlungen
Allgemeines
Bei einer sekundären Hyperhidrose sollte die Grundkrankheit behandelt werden.
Zur Behandlung der primären Hyperhidrose stehen verschiedene konservative und operative Maßnahmen zur Verfügung, die individuell und idealerweise stufenweise eingesetzt werden sollten, ggf. aber auch kombiniert werden können.
Behandlung mit Radiofrequenz, Mikrowellen oder Ultraschall
Chirurgische Schweißdrüsenentfernung: Kürettage, Saugkürretage oder Exzision
Systemische Therapie mit Anticholinergika bzw. Neuroleptika oder Psychopharmaka mit anticholinergischer Wirkung
Palmare und plantare Hyperhidrose
Topische Therapie mit Antiperspiranzien
Leitungswasser-Iontophorese
Injektionstherapie mit Botulinumtoxin A
Systemische Therapie mit Anticholinergika bzw. Neuroleptika oder Psychopharmaka mit anticholinergischer Wirkung
Thorakale Sympathektomie
Maßnahmen/Therapie
Aluminiumchloridhexahydrathaltige Externa sind geeignet, die Schweißproduktion zu vermindern.
Obwohl es keine gesicherten Daten über den Zusammenhang von Aluminiumaufnahme und Entstehung von Brustkrebs und Morbus Alzheimer gibt, kann es durch den Gebrauch von aluminiumhaltigen Externa zu einer Überschreitung der wöchentlich tolerierbaren Aufnahmemenge von Aluminium kommen, sodass das Bundesamt für Risikobewertung den Einsatz aluminumhaltiger Externa zumindest nur über intakter (unrasiert) Haut empfiehlt und dazu rät, den Verbrauch aluminiumhaltiger Antitranspiranzien zu reduzieren.1,5
Leitungswasser-Iontophorese
Ist besonders geeignet für die Therapie der palmaren und plantaren Hyperhidrosen, bei der axillären Form ist die Anwendung aufwändiger.
Sie gilt als eine sichere, wirksame und kostengünstige Therapiemethode, die die Patienten zu Hause anwenden können.6-8
Die Leitungswasser-Iontopheres muss als Dauertherapie angewandt werden, allerdings kann man im Verlauf die Anzahl der Anwendungen reduzieren.1
Botulinumtoxin
Sollten topische Behandlungen nicht ausreichen, kann Botulinumtoxin A intrakutan in Hyperhidrosearealen injiziert werden und ist dann mehrere Monate wirksam.9-10
In Deutschland gibt es Präparate, die für die Anwendung in der Axilla die Zulassung haben, in anderen Arealen nur als Off-Label-Therapie anzubieten sind.1
Die Injektionen sind schmerzhaft und können an Händen und Füßen unter topischer oder Leitungsanästhesie gesetzt werden.10
Es kann an den Händen zu einer vorübergehenden Schwächung der Handmuskulatur kommen, weitere Nebenwirkungen treten nicht auf; die Häufigkeit der Anwendungen ist individuell unterschiedlich.
Radiofrequenz, Mikrowellen und fokussierte Ultraschalltherapie können, in mehreren Sitzungen durchgeführt, die Schweißdrüsen zerstören und so die Schweißbildung reduzieren; hierbei sind aber auch thermische Schäden des umliegenden Gewebes, insbesondere Nervenschädigungen möglich.11
Operation
Die lokalen Schweißdrüsen können durch eine Kürettage oder eine Fettabsaugung entfernt werden. Die Wirksamkeit dieser Behandlung ist belegt.12-13
Eine radikale Exzision ist wegen der ausgedehnten Narbenbildung, und Tendenz zur Kontraktur nur in Einzelfällen noch zu empfehlen.
Durchtrennung der Symatikus-Nerven mit verschiedenen Techniken14
Als Nebenwirkungen können eine kompensatorischer Hyperhidrose, Horner-Syndrom, Parästhesien, Pneumothorax, Hämatothorax, Hyperthermie und Bradykardie auftreten.15
Diese Therapie wird kontrovers bewertet, weil es zu schweren unerwünschten Schäden kommen kann.16
Medikamente
Systemische Anticholinergika wie Methantheliniumbromid oder Bornaprin können zumindest zeitweise das Schwitzen reduzieren.
Nachteil sind Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Akkomodationsstörungen, Tachykardien, Miktionsstörungen und Konzentrationsstörungen.1
Bei sekundären Hyperhidrosen infolge einer psychischen Grunderkrankung können auch Psychopharmaka, Tranquilizer, Sedativa und Betablocker hilfreich sein.1
Überweisung bei generalisierter Hyperhidrose
Checkliste zur Überweisung
Übermäßiges Schwitzen
Zweck der Überweisung
Diagnostik? Therapie? Operation? Sonstiges?
Anamnese
Beginn und Dauer? Progression?
Ausmaß der Beschwerden? Wann: stressbedingt, bei emotionalen Reaktionen? Zeichen einer Grunderkrankung?
Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Definition und Therapie der primären Hyperhidrose. AWMF-Leitlinie Nr. 013-059. S1, Stand 2017. www.awmf.org
Literatur
Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Definition und Therapie der primären Hyperhidrose. AWMF-Leitlinie Nr. 013-059, Stand 2017. www.awmf.org
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Autoren
Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
Sylvi Torvund, spesialist i allmennmedisin, Nidarvold legesenter, Trondheim
Kristin Ryggen, overlege, Hudavdelingen, Regionsykehuset i Trondheim
Hyperhidrose bedeutet übermäßiges Schwitzen, das nichts mit der physiologischen Wärmeregulation zu tun hat.1 Man unterscheidet zwischen primärer idiopathischer Hyperhidrose und sekundärer Hyperhidrose, die durch andere Erkrankungen (z. B. Hyperthyreose, Erkrankungen des Nervensystems) oder Medikamenteneinnahme hervorgerufen werden kann.