Anatomisch wird zwischen vorderer und hinterer Blepharitis unterschieden.1
Die vordere umfasst die Haut, die Augenlider sowie die Lidfollikel.
Die hintere zeichnet sich durch eine Entzündung des inneren Teils des Augenlids aus bis zum Übergang zu den Bindehäuten mit häufigem Befall der Meibom-Drüsen; man spricht auch von einer Meibom-Drüsen-Dysfunktion.2
Es gibt eine akute und eine häufigere chronische Form.2
Häufigkeit
Die Blepharitis ist eine der häufigsten ophthalmologischen Erkrankungen.3
An trockenen Augen leiden weltweit 5–34 % der Bevölkerung, die Prävalenz steigt mit dem Alter signifikant an.4
3/4 der Betroffenen mit trockenen Augen leiden an einer Blepharitis.1
30–50 % der Patient*innen mit kutaner Rosazea entwickeln eine Augenbeteiligung in Form einer Ophthalmorosazea mit Blepharitis und trockenem Auge.5
Ätiologie und Pathogenese
Staphylokokken sind die häufigsten Erreger einer infektiösen, akuten Blepharitis.
Blepharitiden anderer bakterieller oder viraler Genese (Herpes-Infektion) kommen ebenfalls vor.
Eine chronische Störung der Meibom-Drüsen kann entweder hypo- und hypersekretorisch sein.6 Es kann zu Störungen des Tränenfilms (trockene Augen) kommen.
Ist die Meibom-Drüsen-Dysfunktion mit einer Entzündung assoziiert, liegt eine Blepharitis (Entzündung der Lidkante) oder Meibomitis (Entzündung der Meibom-Drüsen) vor.4
Ein Milben- oder Filzlausbefall der Augenlider kann zu einer Blepharitis führen.7
In 30 % der Fälle liegt eine Infektion mit Demodex–Milben vor.2
Eine Blepharitis kann ebenfalls als Nebenwirkung bei einer Isotretinoin–Therapie auftreten.2
akute Infektion einer Follikeldrüse im Augenlid (Zeiss- oder Moll-Drüse)
Manifestiert sich durch plötzliches Auftreten einer roten, schmerzhaften Schwellung am Lidrand.
Die Erkrankung kann mit der Blepharitis in Zusammenhang stehen, weil Veränderungen in den Augenlidern zum Verschluss eines Drüsengangs führen können, wodurch es zu einer Sekundärinfektion kommen kann.
Anomale oder geschwächte Meibom-Drüsen führen zu einer eingeschränkten Sekretion und Veränderung des Tränenfilms, was eine übermäßigen Tränenproduktion oder trockene Augen zur Folge haben kann.
3/4 der Patient*innen mit trockenen Augen leiden an Blepharitis.1
Kontaktlinsenunverträglichkeit
Durch Veränderung der Lipidschicht im Tränenfilm kann es zu einer Kontaktlinsen-Unverträglichkeit kommen.
Prädisponierende Faktoren
Blepharitis tritt häufig bei Patient*innen mit Hauterkrankungen mit oder ohne Sekundärinfektion auf.
Häufig liegt eine Hauterkrankung in Form von Seborrhö (ausgeprägte Schuppenbildung), Neurodermitis, Akne oder Rosazea (Gesichtsrötung, Teleangiektasien, ggf. Papeln und Pusteln) vor.
Klinische Untersuchung
Rote und verdickte Augenlidränder
Verklebte Wimpern
Wuchsstörung der Wimpern (Trichiasis) bis hin zum vollständigen Verlust
Narbig veränderte Lidkanten
Ggf. Bläschenbildung
Wenn auch die Bindehaut (Konjunktiva) betroffen ist, zeigt sich eine Rötung des Auges.
Kontaktlinsenträger*innen mit einem akuten, einseitigen, schmerzenden roten Auge mit diffuser ziliarer Injektion und/oder Hornhauttrübung sollen als Notfall in eine Augenklinik eingewiesen werden.8
Augensalben mit Antibiotika (Gentamicin-, Kanamycin-, Ciprofloxacin-Augensalbe, 2- bis 3-mal tgl.) und Kortison können kurzfristig sinnvoll sein.
Kortison am Auge darf nicht bei Herpes-Infektion oder erhöhtem Augendruck verwendet werden.
Bei okulärer Rosazea als Ursache der Blepharitis wird die topische Anwendung von Ciclopsorin und Azithromycin empfohlen.
Topisches Ivermectin oder Metronidazol auf die Lidhaut kann ebenso erwogen werden, wie die systemische Anwendung von Doxycyclin und Azithromycin.5
topisches Ciclosporin (0,05 %, 2 x pro Tag) oder Calcineurininhibitoren (Tacrolimus/Pimecrolimus Hautsalbe 1–2 x pro Tag) zur Reduzierung der Entzündung2,4-5
alternativ Azithromycin-Augentropfen 1,5 % (für die ersten 2 Tage 2 x, danach 1 x tgl. für 4 Wochen)5
Bei Hinweis auf ausgeprägten Milbenbefall (Demodex folliculorum) ggf. Teebaumöl oder/und Ivermectin-Augentropfen (in Deutschland nicht erhältlich, nur über Auslandsapotheke)6
Systemische Therapie
Bei hartnäckig rezidivierender Ophthalmorosazea kann eine orale Therapie mit Doxycyclin (2 x tgl. 50–100 mg) über 6 Monate hilfreich sein.5
Die Nebenwirkungen einer systemischen Therapie bei chronischer Blepharitis scheinen ansonsten den Nutzen zu überwiegen.9
Der Wirkeintritt einer systemischen Therapie erfolgt meist verzögert nach etwa 6–8 Wochen, eine Therapiefortführung über 3–6 Monate ist meist notwendig.5
Weitere Therapien
Thermisch-mechanische Behandlung (manuell oder geräteassistiert) bestehend aus Wärmeapplikation, Massage und Reinigung der Lidkanten6
Die Erkrankung ist häufig chronisch und rezidivierend.
Gute Augenhygiene: Augenbrauen und Lidränder sauber und weich halten.
Es kann sinnvoll sein, bis zu 2- bis 4-mal tgl. feucht-warme Kompressen aufzulegen (5‒10 min).2
Schuppen vom Lidrand täglich mit Babyshampoo und Wattestäbchen entfernen.7
Den Lidrand mit einfacher Augensalbe, ggf. unter leichter Fingermassage, weich halten.
Das Tragen von Kontaktlinsen für die Dauer der Blepharitis unterbrechen, bei rezidivierenden chronischen Blepharitiden wird das Tragen von Kontaktlinsen manchmal dauerhaft nicht möglich sein.
Auf Augenkosmetik verzichten.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Häufig langfristiger/chronischer Verlauf mit Rezidivneigung
Ein chronischer Verlauf und häufige Rezidive können eine Keratitis und Schwächung des Sehvermögens verursachen.
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Autor*innen
Bonnie Stahn, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg
Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
H01; H010
øyelokksbetennelse; eksem på øyelokk; øyelokkseksem; Blefaritt
CCC MK 13.03.2023 revidiert, wenige Änderungen.
CCC MK 03.08.2021 revidiert, neue LL.
Revision at 28.09.2015 13:44:04:
Revidert etter revisjon av nasjonal retningslinje
Revision at 08.05.2013 10:29:18. chck go dtsch LL 4.5.
CCC MK 05.03.2018, LL im Text
Definition:Blepharitis ist eine Entzündung der Augenlidränder durch Infektion oder in Kombination anderer Erkrankungen. Häufigkeit:Häufige Erkrankung. Symptome:Rote, gereizte und verdickte Lidränder.