Rosazea

Zusammenfassung

  • Definition:Chronische Erkrankung der Gesichtshaut unbekannter Ursache. Gekennzeichnet durch rezidivierende Flush-Episoden, Erythembildung und evtl. Papeln und Pusteln. Augenbeteiligung nicht ungewöhnlich.
  • Häufigkeit:Prävalenz in Deutschland 2,3 %.
  • Symptome:Empfindliche, leicht reizbare Haut mit anfallsartiger Flushsymptomatik und ggf. Pustelbildung. Erstmanifestation meistens zwischen 30.–50. Lebensjahr.
  • Befunde:Erythem, Teleangiektasien, Papeln und Pusteln auf der Stirn, den Wangen und der Nase. Verdickte Talgdrüsen und Lymphödem beim Rhinophym.
  • Diagnostik:Rosazea ist eine klinische Diagnose.
  • Therapie:Auslösende Faktoren vermeiden. Therapie abhängig vom Schweregrad topisch und/oder systemisch.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Die Rosazea ist eine häufige, entzündliche, vornehmlich das Gesicht betreffende Dermatose vorzugsweise des Erwachsenenalters.1
  • Es handelt sich um eine chronische Hauterkrankung unbekannter Ursache.2
  • Charakteristisch ist ein schubweiser Verlauf mit variablen Schweregraden.3
    • rezidivierende Episoden mit flushartigen Erythemen, symmetrischer Rötung der Wangen, Ödemen der Haut, entzündlichen Läsionen in Form von Papeln und Pusteln sowie Teleangiektasien im Gesicht
    • In einigen Fällen sind auch die Augen betroffen.
  • Synonyme: Acne rosacea, Couperose, Gesichtsrose (obsolet: Acne erythematosa, Kupferrose, Kupferfinne, Rotfinne)1

Häufigkeit

  • Rosazea tritt meist im Alter zwischen 30 und 50 Jahren zum 1. Mal auf.
    • 80 % der Betroffenen sind > 30 Jahre bei Erstmanifestation.4
  • Frauen und Männer vermutlich ähnlich häufig betroffen, Frauen jedoch von schwereren Formen1
  • Augenbeteiligung bei etwa 20 % (3–58 % je nach Studie) der Patient*innen1
  • Das Auftreten der Rosazea ist regional unterschiedlich.
    • Prävalenz in Deutschland 2,3 %5
    • Prävalenz in Schweden 10 %6
    • Inzidenz: 1,65/1.000 (Großbritannien)4
  • Gehäuftes Auftreten bei hellen Hauttypen7

Ätiologie und Pathogenese

  • Die Ursachen und die Mechanismen bei der Entwicklung einer Rosazea sind nicht vollständig geklärt.1
  • Genetische, umweltbedingte, vaskuläre und entzündliche Faktoren sowie Mikroorganismen wie Demodex folliculorum (Milbe) und Helicobacter pylori (Hp) werden als mögliche Ursachen vermutet.8-9
    • In einer prospektiven Fall-Kontroll-Studie hatten 49 % der Patient*innen mit Rosazea eine Hp-Infektion im Vergleich zu 27 % in der Kontrollgruppe.10
    • Eine Theorie geht davon aus, dass es sich um eine immunologische Reaktion auf normal vorkommende Mikroben in der Haut handelt, insbes. Demodex folliculorum.
      • Die Dichte der Besiedelung der Haut mit der Milbe Demodex
        folliculorum ist bei Rosazea signifikant höher als auf der Haut der gesunden Vergleichspopulation.1
    • Eine Studie wies ein erhöhtes Auftreten von Staphylococcus epidermidis in Rosazea-Pusteln nach.11
  • In einer Studie wurden bei Patient*innen mit Rosazea erhöhte Cathelicidin- und Serinprotease-Spiegel festgestellt. Dies sind Substanzen, die wichtig für die angeborene Immunabwehr sind.12
  • Eine Studie stellt fest, dass bei Hautläsionen die Anzahl der Mastzellen gegenüber normaler Haut erhöht ist, was darauf schließen lässt, dass Mastzellen bei Rosazea eine Rolle im Entzündungsprozess spielen.13
  • Eine erhöhte Toll-like-Rezeptor-2-Expression könnte ebenfalls zu einer Überaktivierung des Immunsystems mit gesteigert Entzündungsaktivität führen.14

Pathophysiologie

  • Die Erkrankung ist multifaktoriell und nicht vollständig verstanden.
  • Es gibt eine vaskuläre Komponente in Form eines Erythems und Teleangiektasien sowie eine Tendenz zu leichtem Erröten.
  • Außerdem gibt es eine akneähnliche Komponente in Form von Papeln, Pusteln und ölig glänzender Haut.
  • Teilweise tritt eine begleitende Hyperplasie der Talgdrüsen und des Bindegewebes im Bereich der Nase (Rhinophym) auf.
    • Sog. Phyme sind zudem durch ein Lymphödem gekennzeichnet.
  • Auslöserfaktoren
    • Eine Reihe von Faktoren kann eine Rosazea auslösen oder verstärken. Am häufigsten sind dies UV-Licht, Wärme, emotionaler Stress, gewürztes Essen, Alkohol und Sport.15-16 
    • Vereinzelt werden auch Arzneimittel als Auslösefaktoren angenommen. Die Dokumentation hierzu basiert hauptsächlich auf Erfahrung, und betrifft u. a. Antiarrhythmika (Amiodaron) und topische Steroide.17 

Prädisponierende Faktoren

  • Fettige Haut
  • Heller Hauttyp7
  • Positive Familienanamnese7

ICPC-2

  • S99 Hautkrankheit, andere
    • Schließt Rosazea mit ein.

ICD-10

  • L71 Rosazea
    • L71.1 Rhinophym
    • L71.8 Sonstige Rosazea
    • L71.9 Rosazea, nicht näher bezeichnet

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Die Diagnose wird klinisch und auf Grundlage des Aussehens und der Lokalisation des Ausschlags gestellt.1
  • Die Erkrankung manifestiert sich vorrangig zentrofazial; Stirn, Nase, Kinn und Wangen sind am häufigsten betroffen.
  • Leitsymptome sind Flush, persistierende Erytheme, Papeln und Pusteln,
    Lymphödeme sowie Teleangiektasien.
  • Weitere Symptome sind Brennen und Stechen, das Auftreten von Plaques, lokalisierte oder diffuse Ödeme, Hauttrockenheit, das Auftreten von Phymen und/oder eine Augenbeteiligung.

Differenzialdiagnosen

  • Akne in jüngeren Altersgruppen: Komedonen, keine Teleangiektasien und ein weniger ausgeprägtes Erythem
    • Das klinische Erscheinungsbild der Rosacea papulopustulosa kann dem der Akne ähneln; es fehlen jedoch Komedonen, und die Patient*innen sind deutlich älter als typische Betroffene mit Akne.1
  • Periorale Dermatitis
    • kleine Pusteln, evtl. Vesikel um den Mund herum
  • Seborrhoisches Ekzem
    • schuppige Hautreizungen zentral im Gesicht, typisch an medialen Teilen der Augenbrauen, keine Pusteln oder Teleangiektasien
  • Nebenwirkungen von Glukokortikoiden (Steroidakne)
  • Systemischer Lupus erythematodes
    • typisches Schmetterlingserythem
  • Sarkoidose
  • Dermatomyositis 
    • livides Erythem im Gesicht
    • Gottron-Papeln an den Fingern

Psychodermatologie

Leitlinie: Psychosomatische Dermatologie (Psychodermatologie)18

  • Anamnese und Diagnostik
    • Häufig wird eine Erhöhung der Angst und Depressivität bei der Erkrankung beschrieben, die eher Folge als Ursache ist.
    • Die Entstellung ist ein häufiges Problem der Patient*innen und sollte entsprechend psychotherapeutisch bearbeitet werden.
  • Psychotherapie
    • Einzelne Fallstudien zur Umsetzung von Verhaltenstherapie bei Stigmatisierung sind vorhanden, psychodynamische Verfahren und Entspannung wurden in ihrer Wirksamkeit bisher nicht sicher belegt, obgleich dies zu vermuten ist.
  • Psychopharmaka
    • Es liegen keine Studien vor, die eine Wirksamkeit belegen können.
    • wirksame Therapie bei psychogenen Komorbiditäten (AngststörungDepression)

Anamnese und klinische Untersuchung

  • Je nach Stadium leiden die Patient*innen an unterschiedlichen Symptomen.

Stadien1

  • Beginn/Vorstadium – Rosazeadiathese
    • empfindliche, leicht reizbare Haut
    • flüchtige, anfallsartige Erytheme, durch endo- oder exogene Faktoren ausgelöst
      Rosazea, leichte Form
      Rosazea, leichte Form
      • Exogene Faktoren sind irritierende chemische Stoffe, z. B. Kosmetika wie Seife, aber auch Hitze oder Kälte und UV-Strahlung.
      • Endogene Reize sind scharfe Speisen, Alkohol, heiße Getränke, aber auch psychischer Stress.
    • Bei den meisten Patient*innen ist der zentrale Bereich des Gesichts betroffen: Nase, Stirn, Wangen und perioral. Die Periorbitalregion ist ausgespart.
  • Schweregrad I: Rosacea erythematosa-teleangiectatica
    • persistierende Erytheme und Teleangiektasen
    • Gefühl des Stechens und Kribbelns und Wärmegefühl der betroffenen Haut
  • Schweregrad II: Rosacea papulopustulosa
    • Zusätzlicher Hautausschlag mit kleinen Papeln und Pusteln, oft verbunden mit einem Gefühl der Schwellung der Haut; einzelne Bereiche können eine feine Schuppung aufweisen.
    • Selten treten die Effloreszenzen auch an Brust, Hals, Dekolleté und Kopfhaut auf.
      • Unterschied zu Akne: Es treten keine Komedonen auf, und alle Bereiche heilen langsam ohne Narbenbildung ab.
    • evt. Lymphödem
    • Allmählich können die entzündlichen Bereiche zunehmen und Knötchen sowie Plaquebildung auftreten.
    • Bei vielen Patient*innen treten in diesem Stadium auch entzündliche Veränderungen an den Augen und den Augenlidern auf.
Rosazea, schwere Form mit vielen Pusteln und Papeln, ausgeprägtem Erythem, entzündlichen Plaques/Knoten und Ödem.
Rosazea, schwere Form
  • Schweregrad III: glandulär-hyperplastische Rosazea
    • Bindegewebs- und Talgdrüsenhyperplasie, die sich lokalisiert in Form von Knollen, sog. Phymen, sowie diffus manifestiert.
    • Vorzugsweise sind Männer betroffen.
    • Phyme können auch zusammen mit anderen Erscheinungsformen auftreten.
    • Sie sind für die Patient*innen besonders belastend und kommen an Nase (Rhinophym), Kinn/Kiefer (Gnathophym), Stirn (Metophym), Ohr
      (Otophym) oder Augenlid (Blepharophym) vor.

Klinische Einteilung

  • Subtyp 1: erythemato-teleangiektatischer Typ
    • Erythem und Teleangiektasien, aber ohne Pusteln
  • Subtyp 2: papulopustulöse Rosazea
    • Papulopusteln, d. h. akneähnliche Symptome mit einem Erythem als Hintergrund
      Rhinophym
      Rhinophym
    • Graduierung
      • leichter Typ: wenige Papeln oder Pusteln, leichtes Erythem
      • mittelgradiger Typ: Papeln und Pusteln in mäßiger Menge, mittelgradiges Erythem
      • schwerer Typ: viele Pusteln und Papeln, schweres Erythem, evtl. auch entzündliche Plaques/Knoten oder Ödeme
  • Subtyp 3: phymatös
    • Talgdrüsenhyperplasie mit Verdickung der Haut und unregelmäßigen Knoten in der Haut, dies kann an der Nase (Rhinophym), an den Wangen, der Stirn oder den Ohren auftreten.
  • Subtyp 4: okuläre Rosazea
    • Schmerzen und Reizungen in den Augen und um die Augen herum
    • oft klinische Blepharitis oder Konjunktivitis, selten Keratitis
    • Augenveränderungen können Hautveränderungen vorausgehen, ca. 20 % aller Patient*innen mit Rosazea haben Augensymptome.1

Indikationen zur Überweisung

  • Bei ausgeprägter Rosazea mit Plaques oder Knoten
  • Mittelgradige oder etwas schwerere Rosazea mit wenig oder unbefriedigender Wirkung einer 3-monatigen Behandlung
  • Bei phymatösem Typ Überweisung zur plastischen Chirurgie
  • Bei vielen Teleangiektasien kann eine Laserbehandlung erwogen werden.
  • Überweisung zu einer augenärztlichen Praxis
    • okuläre Rosazea 
    • Wenn eine Keratitis nicht ausgeschlossen werden kann.

Checkliste zur Überweisung

Rosazea

  • Zweck der Überweisung
    • Diagnostik? Therapie? Sonstiges?
  • Anamnese
    • Beginn und Dauer der Symptome, Auswirkungen auf die Lebensqualität?
    • Verschlimmernde oder lindernde Faktoren? Andere bekannte Hauterkrankungen? Andere relevante Erkrankung? Familiäre Disposition?
  • Klinische Untersuchung
    • Lokalisation?
    • Symptome: Flush, Erythem, Ödem, Papeln, Pusteln, Hypertrophie/Hautknoten
  • Therapie
    • Bereits durchgeführte Therapiemaßnahmen? Wirksamkeit der Maßnahmen?

Therapie

Therapieziele

  • Abheilung der bestehenden Hautveränderungen
  • Verhindern des Auftretens neuer Hautveränderungen
  • Neuerdings ist das Ziel die völlige Erscheinungsfreiheit.19

Allgemeines zur Therapie

  • Provokationsfaktoren meiden.1
  • Abhängig vom Schweregrad topische oder systemische Therapie
  • Bei glandulär-hyperplastischer Rosazea ggf. Operation durch plastisch-chirurgische Kolleg*innen

Empfehlungen für Patient*innen

  • Die Patient*innen sollten Faktoren vermeiden, bei denen sie den Eindruck haben, dass sie die Symptome verschlimmern, diese können sein:
    • heiße Getränke
    • stark gewürztes Essen
    • Alkohol
    • Stress
    • Sonneneinstrahlung: Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor verwenden!20
    • große Temperaturschwankungen
    • Gefäßerweiternde Medikamente können Erythem und Flush verschlimmern.
    • lokal reizende Produkte (Kosmetika, Feuchttücher).
  • Wenn lokale Kortikosteroide verwendet werden, sollten diese abgesetzt/schrittweise reduziert werden.

Medikamentöse Therapie

Allgemeines zur topischen Therapie

  • In Deutschland sind für die topische Rosazeabehandlung Arzneimittel mit 0,75 % Metronidazol in unterschiedlichen Grundlagen (Creme, Gel, Lotio, Emulsion) und 15 % Azelainsäure in Gelform zugelassen.1
    • Die papulopustulöse Rosazea kann seit 2016 auch mit Ivermectin-Creme 10 mg/g (1 %) behandelt werden.21
    • Zur Behandlung des persistierenden Gesichtserythems kann seit 2014 Brimonidin-Gel (0,3 %) eingesetzt werden.21
    • Weitere Topika werden bei der Rosazea im Rahmen eines Off-Label-Uses eingesetzt (5-prozentige Permethrin Creme; 1-prozentige Clindamycin Zubereitungen; topische Retinoide, speziell Adapalen; Tacrolimus 0,03 oder 0,1-%-Salbe und Pimecrolimus 1-%-Creme; Benzolyperoxid; Kombinationspräparate mit Clindamycin und Erythromycin).1
  • Metronidazol
    • Wirkmechanismus: vermutlich antiinflammatorisch und/oder immunsupprimierend
  • Azelainsäure
    • Wirkmechanismus: antiinflammatorischer Effekt und Normalisierung der Keratinisierung
  • Ivermectin
    • als Creme (1 %) zur Behandlung der Rosazea papulopustulosa zugelassen
    • Wirkmechanismus: Antiparasitikum; reduziert die mittlere Demodex-Milbenzahl über 12 Wochen um mehr als 99 %.19
    • Hat im Vergleich zu Metronidazol eine mäßige (wenn auch statistisch signifikante) Überlegenheit und gleiche Verträglichkeit bei der papulopustulösen, nicht aber bei der nur erythematösen Rosazea.21
    • Aufgrund von Verfahrensfehlern des pharmazeutischen Herstellers gilt der Zusatznutzen nach § 35a SGB V jedoch als nicht belegt.22
  • Brimonidin
    • Alpha-2-Agonist (Vasokonstriktor)23
    • seltene Nebenwirkungen: Schwindel, Bradykardie, Hypotonie
    • Systemische Nebenwirkungen treten vor allem nach Anwendung auf vorgeschädigter Haut oder nach kürzlicher Laser-Behandlung der Haut auf.24

Allgemeines zur systemischen Therapie

  • Einsatz bei schweren oder bei therapieresistenten, leichteren Formen der Rosazea
  • Bisher als einziges Präparat zugelassen für die orale Therapie der Rosazea ist 40 mg/d Doxycyclin.1,19,25
    • Therapiestandard der 1. Wahl
    • Therapeutisch ist die antientzündliche, nicht die antimikrobielle Wirkung von Doxycyclin.19
  • Als Alternative bei Intoleranz gegen Tetrazykline, Therapieresistenz oder Kontraindikationen wie Schwangerschaft stehen Makrolide wie Erythromycin, Clarithromycin und Azithromycin zur Verfügung.1
  • Die antibiotische Therapie ist sehr effektiv gegen die Papeln und Pusteln als Ausdruck der Entzündung, hat allerdings nur einen geringen Effekt auf Erythem und Teleangiektasien.
  • Bei Nichtansprechen einer topischen (Metronidazol, Azelainsäure, Ivermectin) oder systemischen (Doxycyclin) Therapie kann bei der Rosazea papulopustulosa eine Kombination beider Therapiestrategien versucht werden.21 
  • Isotretinoin1
    • Vitamin-A-Säure-Derivat
    • merkliche Reduktion von Papeln, Pusteln, Erythemen und Teleangiektasien
    • niedrige Dosis wie 10–20 mg täglich meist ausreichend
    • Sogar die Reduktion von Rhinophymen kann erreicht werden.
    • Aufgrund der Embryotoxizität ist eine sichere Antikonzeption bei Frauen im gebärfähigen Alter zwingend erforderlich.
    • keine Kombination mit Tetrazyklinen: Gefahr der Hirndrucksteigerung
    • Trotz langjähriger Erfahrung ist die Anwendung aufgrund fehlender Studien off label!

Spezifische Therapie nach klinischem Subtyp

Erythemato-teleangiektatische Rosazea

  • Topische Präparate
    • Verursachen häufig Hautreizungen, und die Wirksamkeit ist bei dieser Form der Rosazea beschränkt.
    • Ausnahme: Brimonidin-Gel (0,3 %) mit guter Wirksamkeit bei Erythemen
    • seit 2014 zur symptomatischen Behandlung des Gesichtserythems bei Rosazea in Deutschland zugelassen26
      • Max. 1g Gel pro Tag kutan auftragen.
  • Laser27
    • Eine Lasertherapie kann die bei Rosazea bestehenden Teleangiektasien und das Erythem verbessern.1
    • Permanente vaskuläre Störungen können mit verschiedenen Formen der Laser- oder hochintensiven Lichtbehandlung therapiert werden (verursacht Koagulation in den Blutgefäßen).
    • Eine Behandlung mit einem gepulsten Farblaser in Dosierungen, die zu Purpura führen, scheint wirksam zu sein.27-28
      • Die Behandlung führte zur Verringerung der Symptome und des Erythems und zu einer Verbesserung der Lebensqualität.
    • Viele verschiedene Methoden werden beschrieben, ähneln sich dabei jedoch in Prinzip und Wirksamkeit.
  • Orales Antibiotikum
    • Kann bei einem gemischten Bild mit Papulopusteln versucht werden – vgl. papulopustulöse Rosazea.

Papulopustulöse Rosazea

  • Leicht oder mittelgradig  
    • Azelainsäure-Gel (15 %) 2 x tgl.29– oder –
    • Ivermectin-Creme (1 %) 1 x tgl.19
    • alternativ: Metronidazol-Creme/Gel (0,75 %) 2 x tgl.3
      • In ATTRACT-Studie ist Ivermectin signifikant der Behandlung mit Metronidazol überlegen.30
  • Mittelgradig oder schwer
    • Orale Antibiotika sind indiziert, wenn die lokale Behandlung keine gute Wirkung zeigt – oder –
    • bei ausgeprägten Nebenwirkungen der lokalen Therapie
    • Antibiotikum der Wahl1
      • Doxycyclin 40 mg/d (Präparat aus 30 mg sofort freisetzendem und 10 mg retardiertem Wirkstoff) für 16 Wochen
    • 2. Wahl oder bei Kontraindikationen: Erythromycin 2 x 250–500 mg
  • Wichtig sowohl bei Ivermectin als auch bei Doxycyclin:
    • Behandlung auch nach Erreichen der Erscheinungsfreiheit fortführen, dann z. B. nur noch alle 2 Tage.19
  • Bei einem Rezidiv während der topischen Langzeitbehandlung:
    • Wiederholen der Antibiotikabehandlung.

Phymatöse Rosazea

  • Behandlung von Patient*innen mit diesem Subtyp in Zusammenarbeit mit Spezialist*innen (plastische Chirurgie, Dermatologie)
  • Rhinophyme werden in erster Linie operativ behandelt (Dermabrasion, CO2-Laser, Elektrochirurgie).
  • Isotretinoin kann in einigen Fällen eine gewisse Wirkung haben (cave: Off-Label-Use!)
    • Standarddosis: 0,3 mg/kg KG/d3
    • meist aber niedrige Dosis wie 10–20 mg täglich ausreichend1
  • Antibiotika haben bei der Behandlung keine Bedeutung.

Okuläre Rosazea1

  • Behandlung der Patient*innen mit diesem Subtyp in Zusammenarbeit mit Spezialist*innen (Ophthalmologie)
  • Ist die kutane Rosazea nicht so stark ausgebildet, dass eine systemische
    Therapie notwendig erscheint, kann bei leichteren Formen der okulären Rosazea eine lokale ophthalmologische Therapie ausreichend sein.
    • Lidrandhygiene
    • Applikation von möglichst geligen, lipidhaltigen Tränenersatzmitteln
    • topisches Cyclosporin (0,05 %, 2 x tgl.) oder
    • topisches Azithromycin 1,5 % (für die ersten 2 Tage 2 x, danach 1 x tgl. für 4 Wochen)
  • Bei Beschwerdepersistenz oder schwerer Symptomatik Doxycyclin für 6 Monate (1. Woche 2 x 40 mg/d, danach 1 x 40 mg/d)

Schwangere und stillende Patientinnen

  • Papulopustulöse Rosazea
    • Erythromycin ist das Mittel der Wahl und darf auch während der Schwangerschaft und Stillzeit gegeben werden.31

Sonderform Rosazea fulminans1

  • Synonym: Pyoderma faciale
  • Selten, Pathogenese ungeklärt
  • Fast ausschließlich bei jungen Frauen auftretend
  • Oft im Rahmen von Hormonumstellungen, z. B. während oder nach einer Schwangerschaft
  • Körperliches Wohlbefinden im Vergleich zum seelischen wenig beeinträchtigt
  • Ausgeprägte, im Gesicht lokalisierte knotige und papulopustulöse Effloreszenzen
  • Therapie: Isotretinoin (systemisch) und Glukokortikoide (topisch und systemisch)1 
    • Einzige Form der Rosazea, bei der Glukokortikoide indiziert sind!

Wirksamkeit

  • Eine Cochrane-Metaanalyse29 kommt zu folgenden Ergebnissen bezüglich der Wirksamkeit der Medikamente:
    • gute wissenschaftlich dokumentierte Wirkung
      • topische Azelainsäure
      • topisches Ivermectin
      • topisches Brimonidin
      • Doxycyclin p. o.
      • Isotretinoin p. o.
    • mäßige dokumentierte Wirkung
      • topisches Metronidazol
      • Tetrazyklin (andere Präparate als Doxycyclin) p. o. 
  • In Deutschland zugelassen als Topika sind Metronidazol, Azelainsäure, Brimonidin und Ivermectin sowie oral Doxycylin 40 mg/d. Der Einsatz der anderen Therapeutika erfolgt als Off-Label-Use.1,21

Weitere Therapien

  • Dobesilat
    • Präparat, das die Kapillarpermeabilität reduziert und zu einem besseren venösen Blutfluss führt (eigentlich entwickelt für chronisch-venöse Insuffizienz).
    • in einzelnen Fallberichten gute Erfolge durch topische Anwendung von 5-%-Creme über 3 Wochen bei therapierefraktärer papulopustulöser Rosazea32
    • Es fehlen jedoch randomisierte, klinische Studien.
  • Helicobacter pylori10
    • In einer Studie zeigte sich bei Patient*innen mit Rosazea im Vergleich zur Kontrollgruppe eine signifikant häufigere Besiedlung mit H. pylori.
    • Nach der Eradikation besserte sich die Hautsymptomatik bei 35 von 36 betroffenen Patient*innen signifikant oder verschwand vollständig. 
  • Kosmetische Therapie14
    • Viele Patient*innen wünschen getönte Kosmetika, um Erytheme und entzündliche Effloreszenzen abzudecken.
    • Eine Reihe solcher Produkte ist speziell für Rosazea erhältlich, manche zugleich mit Lichtschutzfilter.
    • Geringe Beimengungen eines grünen Pigments kaschieren das Erythem.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Der Verlauf ist chronisch-rezidivierend oder progredient über Jahre oder Jahrzehnte.14
  • Die Rosazea hat als chronisch-entzündliche Gesichtsdermatose die Tendenz, nach Absetzen der Behandlung zu rezidivieren.1
    • Durch intensive systemische oder topisch/systemische Kombinationstherapie erreichte Verbesserungen des Hautzustandes können mittels topischer Erhaltungstherapie über längere Zeit erhalten werden.
    • Ausnahme ist die Rosazea fulminans während der Schwangerschaft, die in der Regel nicht rezidiviert.

Komplikationen

  • Opthalmorosazea1
    • Bei bis zu 50 % der Patient*innen Augenbeteiligung
    • am häufigsten Blepharitis (Entzündung der Augenlider) mit trockenem Auge, Fremdkörpergefühl und gerötetem Lidrand
    • bei Konjunktivitis Gefahr der Korneaulzerationen
  • Rhinophym
    • Bindegewebs- und Talgdrüsenhyperplasie der Nase, kann entstellend und sehr belastend für die Patient*innen sein.
  • Bei einigen Patient*innen kann die Erkrankung zu vermindertem Selbstwertgefühl, Depression und Angstzuständen führen.33
  • Für Frauen mit Rosazea besteht vermutlich ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Schilddrüsenkarzinomen (HR 1.59) und Lungenkarzinomen (HR 1.5).34
  • Patient*innen mit Rosazea haben laut einer Metaanalyse wahrscheinlich ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck und Dyslipidämie, jedoch nicht für Schlaganfälle oder ischämische Herzkrankheit.35
    • Die Autor*innen der Metaanalyse empfehlen daher ein Screening auf kardiovaskuläre Risikofaktoren für Patient*innen mit Rosazea.
  • Gehäuftes Auftreten von Migräne als Ko-Morbidität36

Prognose

  • Die Prognose ist sehr unterschiedlich.17
  • Durch die Kombination von topischen und systemischen Präparaten wird heutzutage auch bei schweren Verlaufsformen eine völlige Erscheinungsfreiheit der Haut angestrebt.19

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

  • Rosazea, leichte Form
    Rosazea, leichte Form
  • Rosazea, schwere Form mit vielen Pusteln und Papeln, ausgeprägtem Erythem, entzündlichen Plaques/Knoten und Ödem.
    Rosazea, schwere Form mit vielen Pusteln und Papeln, ausgeprägtem Erythem, entzündlichen Plaques/Knoten und Ödem.
  • Rosazea fulminans
    Rosazea fulminans
  • Rhinophym
    Rhinophym
  • Okuläre Rosazea
    Okuläre Rosazea

Quellen

Leitlinie

  • Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Rosazea. AWMF-Leitlinie Nr. 013-065. S1, Stand 2013 (abgelaufen). www.awmf.org
  • Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). Psychosomatische Dermatologie (Psychodermatologie). AWMF-Leitlinie Nr. 013-024. S1, Stand 2018. www.awmf.org

Literatur

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Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
  • Caroline Beier, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg

Vorversion

  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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